Mittwoch, 30. September 2015

Kommt jetzt die Zinswende?


Kommt jetzt die Zinswende?

Author D.Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/p50wfxHQoYk

Kommt sie? Oder kommt sie nicht? Die Zinswende. Sollten sich die Vorzeichen an den Rentenmärkten dauerhaft ändern, müssen Berater und Fondsanleger

umdenken.

Vor wenigen Wochen mehrten sich die Anzeichen einer großen Wende: Die erste Leitzinserhö¬hung in den USA seit mehr als zehn Jahren galt als ausgemachte Sache. Die Rentenmärkte hatten begonnen, sich darauf einzustellen. Eine Zinswende wurde nicht nur für die USA, sondern auch für Europa eingepreist. Damit würde eine Normalisierung der Zins¬landschaft beginnen, die weitreichende Konsequenzen auf die Kapitalmärkte hätte und ein strategisches Umdenken erfordern würde. Unübersehbare Zei-chen eines schwächeren Wirtschafts-wachstums in den beiden größten Volkswirtschaften der Welt, den USA und China, ließen dieses Szenario aber wieder unwahrscheinlicher werden.

BUND-FUTURE ALS ZINS-INDIKATOR

Das beste Barometer für die Erwartun-gen an die Euro-Zinsentwicklung ist der Bund-Future, der Terminkontrakt auf deutsche Bundesanleihen. Sie gel¬ten als der „safe haven" schlechthin, der sichere Zufluchtsort für Kapital. Diese Sicherheit bezieht sich allerdings nur auf die Einschätzung, dass Zins- und Tilgungszahlungen für die Anleihen pünktlich geleistet werden. Vor einer Änderung des Zinsniveaus schützen auch deutsche Bundesanleihen nicht. Weil die Bonität hier gar nicht erst in

 

Frage gestellt wird, macht das den hoch¬liquiden Terminkontrakt auf „Bunds" zum Indikator der Zinsentwicklung.

Zwischen der letzten Aprilwoche und der ersten Juniwoche dieses Jahres erlebte der Bund-Future dramatische Kursverluste. Kurseinbrüche von fünf, zehn oder gar 20 Prozent binnen weni-ger Wochen kannten Anleger eher vom Aktien- als vom Rentenmarkt. In diesen Wochen waren es aber vor allem Ren¬tenfonds mit lang laufenden Anleihen, die solche Verluste erlitten. Warnen¬de Stimmen hatte es genug gegeben. Noch am 21. April, unmittelbar vor den crashartigen Kursverlusten, hatte der bekannte US-Rentenfondsmanager Bill Gross getwittert, deutsche zehnjährige Bundesanleihen seien die beste Speku-lation des Lebens auf fallende Kurse. Besser noch als die Spekulation gegen das britische Pfund 1993. Die Frage sei nur das Timing gegen das laufende An-leihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank. Zu diesem Zeitpunkt stand der 10-Jahres-REX-Performance-index bei 619 und der Bund-Future bei 159,9. Beide Gradmesser für die Bör-senkurse von langlaufenden Bundes-anleihen hatten kurz zuvor erst neue Allzeit-Rekordhöhen erreicht. Bis zum 7. Mai ging es dann rasant abwärts: Der REX-Index fiel auf 586, ein Kursverlust

 

von 5,3 Prozent. Der Bund-Future fiel bis auf 153 Prozent, womit alle Gewin-ne seit Anfang Dezember binnen we-niger Tage verloren gingen. Der Tweet von Bill Gross zeigt aber auch, wie schwierig das Timing war, denn wäh-rend Gross noch die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt stellte, war dieser schon gekommen. Zumindest nach In-formationen der Wirtschaftsnachrich-tenagentur Bloomberg soll Gross selbst noch gar nicht in nennenswertem Um¬fang „short" gewesen sein.

Der Kursrückschlag blieb nicht auf deutsche Bundesanleihen begrenzt. Zunächst „erwischte" es auch andere Staatsanleihen, dann weitere Segmente der Rentenmärkte. Die Rendite zehnjäh¬riger US-Bonds stieg von 1,85 Prozent über 2,28 Prozent - ebenfalls zurück auf das Niveau vom vergangenen Dezember. Die Kursverluste an den Rentenmärkten summierten sich binnen drei Wochen auf über eine Billion Dollar.

Sollte das die Zinswende sein? Sollte sie viel schneller und heftiger kommen, als selbst ihre Propheten erwartet hatten? Im Mai kam es zu einer Stabilisierung an den Rentenmärkten, die zum Beginn ei¬ner Gegenbewegung wurde. Als die Ver¬handlungen zum dritten Rettungspaket für Griechenland Ende Juni und AnfangJuli zu scheitern drohten, stieg der Bund-Future binnen weniger Tage von 150 auf 153,4. Deutsche Bundesanlei-hen brachten also binnen weniger Tage Kursgewinne von mehr als zwei Prozent und damit ungefähr das Dreifache des¬sen, was sie als reguläre Jahresrendite einbringen. Als in der zweiten Julihälfte und im August die Anzeichen einer welt¬wirtschaftlichen Abschwächung zunah¬men, verhalf das den Rentenmärkten zu einer weiteren Kurserholung. Der Bund-Future stieg wieder über 155.

KURSGEWINNE VON HEUTE = KURS¬VERLUSTE VON MORGEN?

Kursgewinne haben in den zurücklie-genden Jahren bei Rentenpapieren immer größere Bedeutung gewonnen — in dem Maße, in dem die reguläre Verzinsung immer niedriger wurde. Kein Dauerzustand, das war klar. An-ders als Aktien, die mit dem Wert des Unternehmens immer weiter steigen können, haben die Kurse ein natürli-ches „Gravitationszentrum", nämlich ihre Rückzahlung. Und Höhenflüge weit über den Nennwert müssen früher oder später ins Gegenteil umschlagen. Die Frage ist nur, ob es ein gemächli-cher Sinkflug oder ein Absturz wird.

Dass die Kursverluste von April bis Juni die Anleger nicht so stark getroffen ha¬ben, wie die Zahlen vermuten lassen, liegt vor allem daran, dass „die verlore¬ne Billion" für alle Anleiheinvestoren, die zumindest ein halbes Jahr und län¬ger investiert waren, nur den Verlust vorher erzielter Buchgewinne bedeutet. Die Zahl derer, die erst bei Höchstkur¬sen eingestiegen sind, ist ebenso wie die Zahl derer, die rechtzeitig auf fallende Anleihekurse gesetzt haben, gering. Das Volumen aller marktgängigen Anleihen auf den Welt-Rentenmärkten beträgt insgesamt gut 45 Billionen Dollar.

Auch die Erschütterungen für Ren¬ten- und Mischfonds hielten sich in Grenzen. Hauptverlierer waren, wie zu erwarten, jene Rentenfonds, die erklär-termaßen auf langlaufende Rentenpa-piere ausgerichtet sind, beispielsweise

 

entsprechende Renten-ETFs oder stark an der Benchmark „10 Jahre Bund" ausgerichtete Fonds. Sie verloren alle Gewinne seit Jahresbeginn und gerie¬ten im laufenden Jahr leicht in die Ver-lustzone. Die große Mehrheit der aktiv gemanagten Renten- und der beliebten Mischfonds konnte die Kursverluste aufgrund der breiten Streuung über verschiedene Rentenmarktsegmente und im Durchschnitt meist kürzere Restlaufzeiten abmildern, sodass die Fondsanteile gegenüber Jahresbeginn ganz überwiegend im Plus blieben.

Als Warnsignal für die meisten Misch-fonds sollte man allerdings verstehen, dass wie bereits im Frühjahr 2013 nach der „Tapering"-Ankündigung in den USA parallel zum Rentenmarkt auch die Aktienmärkte den Rückwärtsgang eingelegt haben. Einmal mehr nahm in der Abwärtsbewegung die Korrelation zwischen den Haupt-Assetklassen Ren-ten und Aktien zu. Insbesondere Risi-ko-Paritäts-Strategien gehörten des¬halb zu den Verlierern der Entwicklung von April bis Juni.

„AUSRUTSCHER" ODER TRENDWENDE? Der Kurseinbruch an den Rentenmärk-ten hatte viele „auf dem falschen Fuß erwischt". Und so wurden viele Gründe angeführt, die nicht eine dauerhafte Trendwende an den Rentenmärkten befürchten ließen. Einmal mehr seien Hedgefonds oder selbst handelnde Compüterprogramme der Grund für den Ausverkauf gewesen. Doch den Hin¬tergrund für die fallenden Anleihekurse lieferte die wirtschaftliche Realität: Die konjunkturelle Schere zwischen der

 

schon seit Jahren' gut laufenden US-Wirtschaft und der nun aufholenden Euro-Wirtschaft schließt sich. Dieses Szenario musste an den Kapitalmärk¬ten eingepreist werden, als die Makro-Daten aus etlichen Euro-Ländern wie Spanien, Belgien und Österreich einen Aufschwung in der Eurozone signali-sierten. Damit wurde das Szenario einer dauerhaft schwachen Konjunktur in Eu¬roland, die für viele Jahre der Stimula¬tion durch Anleihekäufe der Notenbank bedarf, weniger wahrscheinlich. Das zu¬nächst bis September 2016 angesetzte Anleihekaufprogramm der EZB könnte dann auslaufen, zumindest aber im Vo¬lumen verringert werden.

Vielleicht könnte das „Tapering", das schrittweise Zurückfahren der An-leihekäufe, sogar schon im Laufe des nächsten Jahres beginnen. Sollten die Inflationsraten sich auf die Zielgröße von zwei Prozent zubewegen, dürfte es der EZB schwer fallen, ihr „Quantitative Easing" in vollem Umfang fortzusetzen. Die an den Kapitalmärkten eingepreiste Inflationserwartung auf Sicht von zehn Jahren vollzog diesen Anstieg schon. Auch der kräftige Anstieg der Kreditver¬gabe spricht für eine wirtschaftliche Be¬lebung und dann steigende Löhne und Preise. Wenn in den letzten Wochen die¬ses Jahres die deflationären Basiseffek¬te des gesunkenen Ölpreises auslaufen, werden die auf Jahresbasis berechneten Inflationsraten wieder steigen. Wenn dann nach der US-Notenbank auch die EZB das Ende von „Quantitative Ea-sing" ankündigt und über erste Leitzins¬erhöhungen spekuliert wird, kommt die Zinswende doch noch.

Mensch vs Maschine in der Fondsindustrie


Mensch vs Maschine in der Fondsindustrie

Author D.Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/jayIqZMb_1M

Die fortschreitende Technik hat die Fondsindustrie verändert. Sie beeinflusst das Informations-, Kommunikations-, Order- und Kontrollverhalten der Anleger ebenso wie das Fondsmanagement. Warum das so ist und welche aktuellen Trends die Digitalisierung unter anderem mit sich bringt.

Der Webstuhl, die Dampfmaschi-

ne, das Automobil, die Glüh-

birne, der Computer und das Internet, der technische Fortschritt hat unsere Welt immer wieder verändert. Im Verlauf dieser Evolution passt sich der Mensch den Entwicklungen mehr oder weniger begeistert an oder droht von der Gruppendynamik versklavt zu werden. Schaut man genauer hin, han-delt es sich dabei um einen fortlaufen-den Prozess, der mal mit größerer und mal mit kleinerer Dynamik verläuft.

 

Lässt man die vergangenen 20 Jahre in der Finanzindustrie im Allgemeinen und der Fondsbranche im Speziellen Revue passieren, lassen sich die Spuren des technischen Fortschritts auch hier unschwer erkennen. Man denke bei-spielhaft nur an die Herausforderung Ende des letzten Jahrhunderts, mit einem Taschenrechner, dem Kursteil einer überregionalen Tageszeitung und den letzten Kontoauszügen verschie-dener Lagerstellen einen ungefähren Kassensturz für seinen Wertpapierbe-

 

sitz bewerkstelligen zu wollen. Heute ist der Anleger von dieser Leistung nur einen Knopfdruck entfernt.

Man kann es drehen und wenden wie man will, die beiden wichtigsten tech-nischen Treiber der vergangenen Jahr-zehnte sind für die Finanzbranche wie auch für den Rest der Dienstleistungs-industrie der Computer und das Inter-net. Ihre 24/7-Verfügbarkeit - mitt-lerweile auch mobil -, Rechenleistung und Vernetzung haben die Art, wieman sich über Wertpapiere informiert, sie handelt und managt, förmlich re-volutioniert. Insbesondere von daher, als die Universalität und die Geschwin-digkeit der Informationsverarbeitung und -verbreitung Transparenz schaf¬fen und die Akteure damit unter Leis-tungs- und Preisdruck setzen. Kein Wunder, dass die unterschiedlichen Marktteilnehmer einerseits enorme Chancen ausmachen, sich aber ande-rerseits auch vor große Herausforde-rungen gestellt sehen. Wie immer hat auch diese Medaille zwei Seiten. So kann man beispielsweise als Anbieter seine Zielgruppen spezifischer und schneller ansprechen, muss aber auch damit leben, dass es immer weniger Marktnischen gibt, in denen man sich verstecken kann und dass auch die eigenen Leistungen messbarer und vergleichbarer werden.

NÄCHSTE RUNDE EINGELÄUTET Sind Fondsplattformen und die Mög¬lichkeit des Online-Bankings mittler¬weile der Fortschritt von gestern, ma-

 

chen derzeit vor allem Schlagworte wie „FinTechs" von sich reden und läuten die nächste Runde ein. Sie bieten auch branchenfremden Eindringlingen die Möglichkeit, ihren Hut in den Ring zu werfen und bergen die Kraft, die Wert-schöpfungskette aufzubrechen, neue Geschäftsmodelle entstehen zu lassen und andere zu substituieren. Umso mehr, als die Digitalisierung nicht im sprichwörtlichen luftleeren Raum fortschreitet, sondern von anderen Markttreibern wie beispielsweise der gesetzlichen Regulierung und verän-derten Kapitalmarktbedingungen be-gleitet wird.

Der sich verschärfende Wettbewerb kommt dabei vor allem den Verbrau-chern zugute. Schließlich profitieren sie von den diversen Möglichkeiten, Angebote zu hinterfragen, den Ver¬lauf ihrer Anlagen zu verfolgen, sich mit Gleichgesinnten über gesammelte Erfahrungen auszutauschen und kos-teneffiziente Orderwege zu nutzen. Und so beobachtet die Politik diese Entwicklungen denn auch mit einem gewissen Wohlwollen, erfreut sich des härteren Wettbewerbs, der besseren Vergleichbarkeit und der sinkenden Margen und Kostenbelastungen und gedenkt lediglich da einzugreifen, wo „FinTechs" versucht sein könnten, infolge von Teildienstleistungen die Finanzmarktregulierung zu umgehen und auszuhöhlen. Zudem wird aus Sicht des Gesetzgebers das Thema der „gesammelten Daten" immer wichti¬ger: wie werden sie erhoben, wie ge¬schützt, welche Formen der Auswer¬tung sind zulässig?

Schaut man sich an, wie die Digitalisie-rung andere Branchen - wie z.B. den stationären Einzelhandel, den Buch-handel, die Unterhaltungs- und Reise-branche - schon verändert hat, ist der Weg, den die Finanzdienstleistungs-industrie in den kommenden Jahren insbesondere im Breiten- und Massen-geschäft nehmen wird, vorgezeichnet. Die zeitliche Verzögerung dürfte sich unter anderem mit der Komplexität

 

und staatlichen Regulierung der Fi-nanzdienstleistungen erklären.

Die Digitalisierung verändert aber nicht nur das Informations- und Kom-munikations-Verhalten und die Distri-butionskanäle, sondern auch das Asset Management selbst. Mit Schnittmenge zur Fondsbranche lassen sich derzeit unter anderem die folgenden aktuel¬len Trends erkennen: „Smart-Beta", als quantitative Optimierung von In-dexinvestments, „Robo-Advice", also die von Algorithmen gestützte Port-foliogestaltung mittels künstlicher Intelligenz, und das „Social-Investing" unter Ausnutzung des Erfahrungsaus-tauschs und der Schwarmintelligenz.

TIMING DER TRENDS SCHWIERIG Wie immer in derartigen Fällen kann man die Richtung des Trends unschwer erkennen, ist aber in der Prognose der Ausgestaltungen und dem Timing der Entwicklungen und Trends überfor-dert. Es ist schwer zu sagen, auf wel¬che Akzeptanz beispielsweise alterna¬tive Beratungsformen via Podcast und Bildtelefonie stoßen und welches Po-tenzial sie besitzen. Wie viele Selbst-entscheider gibt es in Deutschland über die verschiedenen Generationen hinweg betrachtet? Welches „FinTech" hat das Zeug zur sogenannten „Killer-applikation", die neue Standards setzt und die Branche dominieren kann? Welches verschwindet genauso schnell wieder wie es kam? Und was vielleicht noch wichtiger ist: welche Gegenbewe-gungen sind vorstellbar, welche Stör-faktoren können die Entwicklungen beeinflussen?

Die Marktintermediäre, gleich ob An-bieter, Berater, Vermögensverwalter, Presse oder Service-Dienstleister, wer-den sich mit der Thematik und diesen Fragen auseinandersetzen müssen. Sie werden prüfen müssen, was dazu ge-eignet ist, ihre eigenen Geschäftsmo-delle zu ersetzen und was, um sie zu veredeln. Und zwar schon bald. Wer zu spät kommt, den bestraft bekanntlich das Leben!

 

Gewinne mit Zertifikaten


Gewinne mit Zertifikaten

Author D.Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/8ffLIvYa10g

Wer sich das Risiko zutraut, kann mit Zertifikaten durchaus hohe Wetten eingehen, vorausgesetzt, man hat eine klare Marktmeinung — und gute Nerven.

Das hat freilich schon etwas Verlockendes an sich, der Ge¬danke, mit einem Zertifikat gleich einen fünf- oder vielleicht sogar zehnfachen Gewinn zu lukrieren. Ein¬zig, dafür sollte man aber eine klare Marktmeinung haben. Denn viel Spiel¬raum gibt es bei gehebelten Produkten schließlich nicht, je nach Risikostufe. Allein, Anleger, die nicht bloß 1:1 auf einzelne Märkte setzen oder eine regel¬mäßige Kuponzahlung lukrieren wol¬len, können sich durchaus in gehebelte Wetten mit Zertifikate trauen - sie fal¬len unter die Kategorie der Hebelpro¬dukte (in der Ausgabe 2/2015 finden Sie im Gegensatz dazu den Beitrag „Die Meinungsmacher", Zertifikate für Ein¬steiger).

Dabei umfasst Heike Arl;ter, Leiterin Strukturierte Produkte der RCB (Raiff-eisen Centrobank), den typischen Ein-satz: „Hebelprodukte werden in turbu-lenten Zeiten vermehrt gehandelt. Der Anleger nutzt gezielt volatile Phasen im Markt, um mit gehebelten Produk-

 

ten exponentiell an den Marktbewe-gungen zu partizipieren." Auch wenn grundsätzlich auf beide Richtungen ge-setzt werden kann, „überwiegen meis-tens die Long-Produkte, also jene, mit denen man auf steigende Kurse setzt", resümiert Arbter, fügt dabei noch hin-zu: „Wer mit Hebel handelt, ist eher tra-dingorientiert und möchte kurzfristige Marktbewegungen ausnützen. Vielfach wird auch die Charttechnik in der Anla-geentscheidung berücksichtigt."

RISIKEN NICHT UNTERSCHÄTZEN Zum „Hebeln" gibt es dabei grundsätz¬lich zwei gängige Möglichkeiten - sie sind beide nicht ohne Risiken. Allein, eine der ältesten Produktarten sind Turbozertifikate - oft auch Minifu-tures genannt. Anleger müssen bei einem entsprechenden Investment bereit sein, im schlimmsten Fall ei¬nen Totalverlust zu verkraften. Nicht ohne Grund mahnt Christian Glaser, Produktmanager bei der BNP Paribas, deshalb: „Insbesondere Einsteiger grei¬fen oftmals zu schnell zu den großen

 

Hebeln und unterschätzen deren Wir-kung. Es empfiehlt sich stets mit mo-deraten, eher einstelligen Hebeln zu beginnen."

Grundsätzlich profitieren Anleger von der zugrunde liegenden Strategie - bei-spielsweise von der Entwicklung des DAX -, eben mit einem Hebel. Dieser gibt an, um wie viel kräftiger sich der Kurs des Zertifikats im Vergleich zum Basiswert bewegt, und zwar nach oben, aber auch nach unten, wenn man auf fallende Kurse setzt. Je größer der He¬bel ist, desto mehr profitiert man frei¬lich, wenn die Richtung stimmt. Liegt man allerdings falsch und die Entwick¬lung läuft kräftig in die entgegengesetz¬te Richtung, droht ein Totalverlust des eingesetzten Geldes. Und zwar dann, wenn dabei auch noch die festgelegte Barriere berührt wird.

CHANCEN, ABER NICHT RISIKOLOS Dabei gilt: Je höher der gewählte He¬bel ist, desto größer sind nicht nur die Gewinnchancen, sondern auch die Ge- fahr, dass man rasch einen Totalverlust erleidet. Dann nämlich ist auch der Ab-stand zur Barriere sehr klein. Das sollte man vor allem bei sehr schwankungs-freudigen Märkten beachten, bei de¬nen es rasch auch zu einem Richtungs-wechsel kommen kann. BNP-Experte Glaser: „In Marktphasen erhöhter Vo-latilität sollten Anleger die Hebelgröße anpassen, um die stärkeren Bewegung im Basiswert auszugleichen."

Und dann gibt es bei Turbozertifikaten noch eine Eigenheit: Je weiter etwa ein Long-Zertifikat nach oben klettert, desto mehr schwächt sich der Hebel ab. Das lässt sich anhand einer simplen Formel verdeutlichen: Der Hebel be-rechnet sich aus dem Basispreis ¬zum Beispiel der Kurs einer Aktie aus Deutschland - dividiert durch den Zer-tifikatepreis (mal dem Bezugsverhält-nis). Der Zertifikatepreis steigt auf-grund der Hebelwirkung aber überpro-portional schneller als der Basispreis, wenn die Märkte in die richtige Rich-tung verlaufen. Somit schrumpft die gesamte Gleichung, sprich: der Hebel.

INVESTIEREN OHNE BARRIEREN

Etwas kniffliger ist der Verlauf von Faktorzertifikaten. Auf den ersten Moment klingen sie gegenüber Tur-bozertifikate verlockender, da sich der Hebel - der in diesem Fall als Faktor bezeichnet wird - nicht verändert. Es gibt auch einen weiteren Unterschied, auf den Arbter verweist: „Ein Faktor-

 

Zertifikat ermöglicht eine gehebelte Partizipation an der Wertentwicklung des zugrunde liegenden Basiswerts ohne Knock-out-Schwelle."

Was aber nicht bedeutet, dass diese Produktkategorie keine Tücken hat. Bei Faktor-Zertifikaten wird die tägliche prozentuale Veränderung des zugrunde liegenden Marktes herangezogen und mit dem Faktor multipliziert. Genau diese Eigenschaft kann zum Beispiel in Zeiten, in denen der Markt längere Zeit in die falsche Richtung läuft, unvorteil-hafte Auswirkungen haben.

Anhand eines konkreten Rechenbei-spiels lässt sich dies ein wenig verdeut-lichen: Setzt man etwa auf ein DAX Long Zertifikat mit einem Faktor von zwei, bildet das Zertifikat die zweifa¬che tägliche prozentuale Bewegung des DAX ab. Steigt der DAX an einem guten Tag um zwei Prozent, zum Beispiel von 9500 auf 9690 Punkte, würde ein Ein¬satz von 100 Euro in das Zertifikat auf 104 Euro ansteigen (vier Prozent also). Fällt nun der Index am nächsten Tag wieder auf die 9500, ist unterm Strich quasi „nichts passiert".

Mit dem Zertifikat wäre man hinge¬gen leicht im Minus. Denn prozentual wäre der DAX um 1,96 Prozent gesun¬ken. Bei einem Faktor von zwei müss¬ten 3,92 Prozent von den 104 Euro abgezogen werden. Und schon liegt man leicht unter den eingesetzten 100 Euro. Je länger solche Zick-Zack-Phasen anhalten, desto mehr wird man ein Stückchen mehr Geld verlie¬ren. Solange man also die einzelnen Tücken genauso wie die Chancen im Auge behält, haben Faktorzertifikate durchaus ihre Berechtigung.

SEITWÄRTS MIT RENDITEN

Und dann gibt es noch eine weitere Form einer Wette - nämlich jene, dass sich die Märkte seitwärts bewegen. Auch damit kann man Geld verdienen, und zwar anhand sogenannter Inline-Optionsscheine, wie sie beispielsweise die Commerzbank sowie die Sociht

 

G&I&ale anbieten. Der Clou: Solange festgelegte Barrieren nach unten und zugleich auch nach oben nicht berührt werden, erhalten Anleger zum Laufzeit-ende zehn Euro je Schein.

Wird hingegen eine der Barrieren be-rührt, verliert man seinen Einsatz. Gehebelt wird bei „Inliners" dabei indi¬rekt. Denn, je enger die Barrieren ein¬gezogen sind, desto günstiger ist der Schein, da auch die Wahrscheinlich¬keit steigt, dass die Barrieren berührt werden. Passiert bis zum Laufzeitende nichts, kann man mit geringem Einsatz zu zehn Euro je Schein gelangen. Je weiter die Barrieren auseinander klaf¬fen, desto teurer ist der Schein, womit auch die Differenz zu den zehn Euro sinkt. Das spiegelt sich eben in einem kleineren Hebel wider.

Allein, schon aufgrund dessen, dass die Konstruktion und somit die Er-wartung bei dieser Produktkategorie ein wenig anders ist, unterscheidet sich auch der typische Anleger ein we¬nig von den zwei vorherigen Zertifi¬kate-Arten. Zertifikate-Expertin Alana Maue von der Societe G&-i6rale: „Inli-ne-Optionsscheine eignen sich zur Di-versifizierung des eigenen Portfolios und weisen eine einfache Funktions-weise auf. Deshalb greifen nicht nur Trader auf diese Produkte zurück." Letztendlich müssen Anleger freilich selbst entscheiden, wie viel Risiko sie sich zutrauen möchten.

 

Demografische Trends


Demografische Trends

Author D.Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/WtLyzgnnu-w

Es ist ein schleichender Prozess. Die Prognosen lassen jedoch keinen Zweifel: Die Gesellschaften altern. Wie durchschlagend diese Entwicklung ist, zeigen aktuelle statistische Berechnungen. Deutschland ist besonders stark von diesen Alterungsprozessen betroffen. Mittels Demografiefonds können Anleger von diesen prägenden Trends profitieren

Die ie Bevölkerung in der Europäi-

schen Union (EU) wird etwa im

Jahr 2040 auf ihren Höchst-stand von 526 Millionen Menschen anwachsen. In den folgenden zwanzig Jahren ist nach den Daten des jüngsten Konvergenzszenarios von Eurostat von einem Rückgang um rund neun auf 517 Millionen Menschen auszugehen. Mit dieser Gesamtentwicklung geht eine erhebliche Verschiebung der Alters¬strukturen einher: Während die Bevöl¬kerung im erwerbsfähigen Alter stetig abnehmen wird, erwarten Demografie-forscher einen Anstieg des Anteils an über 65-Jährigen auf fast 30 Prozent. Das ist fast eine Verdoppelung gegen¬über dem Niveau von 17,4 Prozent des Jahres 2011.

Diese Alterung hat zwei wesentliche Ursachen: eine steigende Lebenser-wartung bei gleichzeitig niedrigen Ge-burtenraten. In den zurückliegenden 50 Jahren ist die Lebenserwartung bei Geburt um zehn Jahre gestiegen. Nir-gendwo sonst ist die Lebenserwartung höher, schreiben die Statistiker in ihrem jüngsten Bericht: Aktuell werden heu¬te geborene Männer im Durchschnitt 76,7 Jahre sowie Frauen 82,6 Jahre alt - einer Verbesserung des Lebensstan¬dards und der Gesundheitssysteme sei es gedankt. Gleichzeitig bekommen die Frauen aber EU-weit weniger Kinder als früher: Waren es in den 1960er Jah-ren noch durchschnittlich 2,5 Kinder je Frau, sank die Quote bis Anfang der 1990er Jahre auf 1,5 und verharrt seit¬her auf diesem Niveau.

Besonders in Deutschland dürften sich diese Entwicklungen zuspitzen. Dies dokumentieren die kürzlich veröffent-lichten Daten der statistischen Lan¬des- und Bundesämter. Demnach wird die Bevölkerungszahl, ausgehend vom Basisjahr 2013, von 80,8 Millionen bis

im Jahr 2013

 

zum Jahr 2060, je nach Ausmaß der Zuwanderung, auf 73,1 bis 67,6 Mil-lionen Menschen zurückgehen. Dabei wird die Zahl der Menschen unter 20 Jahren um zwei auf 16 Prozent sowie die Gruppe der 20- bis unter 65-Jäh-rigen um zehn auf 51 Prozent sinken. Der Anteil der über 65-Jährigen wird jedoch um etwa zwölf auf dann 33 Prozent ansteigen - und damit mehr als doppelt so hoch ausfallen wie der Anteil der jüngsten Bevölkerungs-gruppe. Sehr deutlich lässt sich dieser Alterungsprozess an der Entwicklung der Bundesbürger ablesen, die 80 Jah- re oder älter sind: ihr Anteil wird sich in 45 Jahren von 4,4 Millionen auf neun Millionen „Hochbetagte" mehr als verdoppeln. So rechnen die Statis¬tiker damit, dass in 50 Jahren etwa 13 Prozent der Bevölkerung und damit etwa jeder Achte dieser Altersgruppe zuzuordnen ist.

Dieser demografische Wandel wird die Volkswirtschaften in der EU eben¬so wie in vielen Teilen der industriali-sierten Welt nachhaltig prägen. Denn obwohl sich einzelne Parameter wie bspw. die Zu- und Abwanderungen von Menschen unterschiedlich ent-wickeln können, gilt die Alterung der Gesellschaften als unumkehrbar und langfristig gegeben. Diese Ver-

 

änderungen machen sich Demogra-fiefonds zunutze. Einmal abgesehen von den jeweiligen Anlagestrategien der Fonds, investieren sie in Regio¬nen und Branchen, in denen sich die¬se Trends abzeichnen. Hierzu zählt nicht nur der gesamte Gesundheits-und Pharmasektor. Weitere Fokus-Branchen sind Reisegesellschaften, Wellness-Anbieter, Sicherheitsunter¬nehmen ebenso wie Automobil- und Technikanbieter - stets vorausge¬setzt, die Alten werden als potenziel¬le Zielgruppe erkannt. Dies lässt sich aber schon heute an vielen altenge¬rechten Produktlösungen erkennen. Das verwundert nicht. Dank vieler Vererbungen und Auszahlungen von Lebensversicherungen zählt die Be-

 

völkerungsgruppe 50plus zu den zah-lungskräftigsten überhaupt.

Zu den Fondsanbietern, die schon län-ger auf diesem Feld aktiv sind, zählt CPRAsset Management. Die zur Amun-di-Gruppe gehörende Investmentbou¬tique aus Paris hat bereits Ende 2009 mit dem „CPR Silver Age" einen Demo-grafiefonds lanciert. Dessen Volumen durchbrach kürzlich die Eine Milliarde Euro-Schwelle. Seit Auflage erzielte das Fondsmanagement ein Plus von 98,8 Prozent, während der MSCI Europe in demselben Zeitraum um 63,5 Prozent stieg. Anfang August legte die Gesell¬schaft mit dem „CPR Global Silver Age" einen entsprechend weltweit ausgerich¬teten Demografiefonds auf.

Geldanlage: Smart Beta ETF


Geldanlage: Smart Beta ETF

Author D.Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/0lh4Kp2ZKCQ

Selbst in der Welt der passiv gehandelten Indexfonds wird immer öfter auf maßgeschneiderte Produkte gesetzt. Welche Möglichkeiten es mit sogenannten Smart-Beta-ETF inzwischen gibt und worauf dabei zu achten ist, lesen Sie jetzt.

 

inen Index zu kopieren, ist in der heutigen Finanzwelt wahr¬lich keine große Hexerei. Mittels sogenannten ETF (Exchange Traded Funds) werden Messlatten einfach nachgebaut, ohne dass dabei teure Entscheidungen von Fondsmanagern einfließen. Allein, bislang wurden sie meist gekauft, um die Wertentwick¬lung großer Standardindizes, wie dem US-amerikanischen Markt, den S&P 500 oder in Europa den Eurostoxx 50 sowie den DAX, abzubilden. Schließlich sei es hier für aktive Fondsmanager mittlerweile sehr schwer, einen Mehr¬wert über die Marktrendite hinweg zu erzielen, auf gut Deutsch ein „Alpha" zu generieren. Da könne man gleich rein auf Index setzen — und somit le¬diglich Marktperformance, sprich das Beta erzielen.

Doch selbst hier macht die Welt der börsegehandelten Passivfonds nicht Halt. Inzwischen scheint das simple Beta-Produkt schon fast als „altmo-disch". Warum nicht selbst an den zugrunde liegenden Indizes ein wenig

 

feilen? Genau das haben sich die An-bieter von sogenannten Smart-Beta-ETF gedacht. Bei diesen Produkten wird nach wie vor ein Index 1:1 abge-gebildet. Aber: Es werden dabei nicht herkömmliche Standardindizes nach-gebaut. Vielmehr handelt es sich um Indizes, die unterschiedliche Schwer-punkte bei der Zusammensetzung auf-weisen — eine Strategie, die scheinbar fruchtet.

Allein in Europa legt das verwaltete Vermögen in Smart-Beta-ETF inzwi-schen stark zu, wie man bei Lyxor be-rechnet hat. Noch Ende 2011 lag das Volumen bei gut 873 Millionen Euro. Inzwischen wurde die Marke von 10 Milliarden Euro geknackt.

Der Grund für das steigende Interesse ist etwa für Heike Fürpaß-Peter, Head of Public Distribution bei Lyxor für Deutschland und Österreich, durch¬aus nachvollziehbar: „Bei Smart-Beta-ETF weichen die zugrunde liegenden Indizes vom traditionellen Ansatz der Marktkapitalisierung ab und können

 

so zu besseren Anlageergebnissen füh-ren." Ein Beispiel laut Fürpaß-Peter sei etwa der klassische Anleihenindizes, „er wird in der Regel so zusammenge-stellt, dass Unternehmen mit hohem Emissionsvolumen, daher einer hohen Verschuldung, eine starke Gewichtung erhalten". Das kann gerade in Zeiten, in denen die Verschuldung ein Rekord-hoch, die Verzinsung ein Rekordtief erreicht hat, durchaus ein wesentli¬ches Argument für alternative Indizes sein.

ALTERNATIVE ANSÄTZE

Und tatsächlich gibt es sie, die alter-nativen Anleiheindizes, bei denen bei-spielsweise die Gewichtung aufgrund der Tilgungsfähigkeit des Emittenten berechnet wird. So lasse sich etwa das Kreditausfallrisiko besser steuern, was sich in der Regel positiv auf das Risiko-Rendite-Verhältnis des Fonds auswirke, so Fürpaß-Peter. Geeignet seien Smart-Beta-ETF letztendlich für jene Anleger, die unter anderem „dabei auch alternative Gewichtungs-methoden in einem diversifizierten Portfolio nutzen möchten", meint die Lyxor-Expertin.

Doch wie wird das in der Praxis letzt-endlich umgesetzt? Bei Lyxor gibt es etwa den Lyxor EuroMTS Highest Rated Macro Weighted Governemnt Bond ETF (FR0010820258), er setzt auf jene europäischen Staatsanleihen mit der besten Bonität. Deutschland macht deshalb derzeit rund die Hälfte des Index aus, Frankreich und Öster-reich sind ebenfalls vertreten. Die In-dexgewichtung wird zusätzlich mittels fundamentaler Faktoren, wie etwa die Schuldenquote, Leistungsbilanz oder Wirtschaftswachstum, angepasst (sie¬he auch Tabelle „Smarte Ansätze").

Auch bei ETF Securities aus England möchte man im Renten-Bereich nicht auf interessante Chancen verzichten. Bernhard Wenger, Executive Director und Head of European Distribution bei ETF Securities, hebt ebenfalls her-vor: „Der traditionelle passive Markt-kapitalisierungs-Ansatz hat vielfach ausgedient. Gerade im Anleihenseg-ment machen Smart-Beta-Produkte besonders großen Sinn." Investoren von Anleihen könnten laut Wenger mit Smart-Beta-ETF letztendlich so¬gar eine bessere Diversifikation errei¬chen als etwa mit Produkten, die sich an herkömmlichen Messlatten orien-tierten. „Das ist insbesondere auch für

 

all jene Großanleger interessant, die in festverzinsliche Anlagen investieren müssen. Denn weshalb soll man Län-der bzw. Unternehmen, die bereits die höchsten Schulden aufweisen, auch noch übergewichten", so der ETF-Ex-perte.

Allein, bei dem jüngsten Konzept von ETF Securities legt man den Fokus auf die Wahrscheinlichkeit der Rückzah-lungsfähigkeit des Emittenten. Heraus kommt der ETFS Lombard Odier IM Global Corporate Bond Fundamental ETF (IE0OBSVYHV63). Hier werden die Bilanzen der Unternehmen im In-dex genau unter die Lupe genommen und jene Schuldner, die gut aufgestellt sind, darin höher gewichtet. Einzelne Branchen werden je nach Beitrag zur Wirtschaftsleistung gewichtet, wes¬halb Anleihen von Banken geringer als in herkömmlichen Indizes gewichtet sind, jene aus dem Einzelhandel umso höher. Zudem enthalten die größten Schuldner eine geringere Gewichtung - ein Kriterium, das auch beim zugrun¬de liegenden Index des ETFS Global Government Bond Fundamental ETF (IE00BSVYHQ11) angewendet wird.

Zusätzlich wird bei den Staaten auf so-ziale Ungleichgewichte, die Größe der Wirtschaftsleistung sowie die Höhe der privaten Haushaltsverschuldung in den Ländern geachtet. Schluss ist

 

damit bei ETF Securities aber lange noch nicht, weitere Produkte sollen folgen. Wenger: „Wir arbeiten bereits an neuen Produktinnovationen, und zwar sowohl im Renten-Bereich, als auch in anderen Assetklassen."

AUCH AKTIENINDIZES LOCKEN

Wobei, auch im Aktienbereich gibt es interessante Entwicklungen im Smart-Beta-Bereich. Schon seit einiger Zeit sieht man beispielsweise beim Markt-führer i-Shares (Tochtergesellschaft von BlackRock) großen Bedarf etwa an Produkten, mit denen sich gröbe¬re Marktschwankungen verringern lassen, wie Bahram Sadighian, Leiter iShares-Vertrieb für Österreich und Osteuropa, unterstreicht: „Wir sehen derzeit eine große Nachfrage nach so¬genannten Minimum-Volatility-ETF." Schließlich gebe es ein gewisses Absi-cherungsbedürfnis gegen eine mögli¬che Zunahme von Kursschwankungen - der sogenannten Volatilität - an den Aktienmärkten. Und das möglicher-weise zu Recht, wie allein die Markt-ereignisse im August verdeutlichten. So könne man laut Sadighian eben mit geringeren Kursschwankungen trotz-dem an den weltweiten Aktienmärk¬ten investiert bleiben.

Doch wie so oft kommt es auch hier auf die Details an. Denn der S&P 500 Minimum Volatility Index, auf den etwa iShares einen ETF anbietet (IE00B6SPMN59), versucht jene Ak-tien auszuloten, die ein geringeres Risiko aufweisen als der Hauptindex selbst, ohne dass dabei aber die Zu-sammensetzung des Passivfonds allzu-weit vom S&P 500 abweicht. Deshalb gibt es auch einige Beschränkungen bei der Zusammensetzung. So darf im Minimum-Vola-Index beispielsweise eine Sektorgewichtung nicht mehr als fünf Prozent von jener Gewichtung im S&P 500 abweichen. Beim S&P 500 Low Volatility hingegen - hier bietet State Street Global Advisors einen ETF an (IE00B802KR88) - werden lediglich jene 100 Titel aus dem Index genommen, die historisch gesehen die geringsten Kursschwankungen auf-weisen.

Doch damit ist im Aktienbereich bei den smarten Produkten längst nicht Schluss. Ein weiteres aktuelles The¬ma sind derzeit schließlich auch die großen Cash-Positionen zahlreicher globaler Konzerne, auch dem widmen sich inzwischen einige „Smart"-ETF. Immerhin nehmen seit Mitte der 1980er Jahre die Bestände allein bei den Unternehmen im S&P 500 Index kontinuierlich zu, zeigt Michael Hu¬ber, Invesco PowerShares-Experte, auf. Im Jahr 2014 erreichten die Cash-Positionen gut 1,4 Billionen Dollar. Weshalb also das Geld nicht an Aktio-näre retournieren? Dies kann freilich sowohl in Form von Dividendenerhö-hungen oder in Form von Aktienrück-käufen erfolgen.

Immerhin entfielen in Europa im Jahr 2014 fast 80 Milliarden Euro auf Ak-tienrückkäufe und mehr als 300 Mil-liarden Euro auf Dividendenzahlun-gen. In den USA machen hingegen Aktienrückkäufe mit mehr als 560 Milliarden Dollar den größeren Bro-cken aus, auf Dividendenausschüttun-gen entfielen 353 Milliarden Dollar. Addiert man weiters die Dividenden-und Rückkaufrendite zusammen, er¬gibt sich daraus die Gesamt-Ausschüt-tungs-Rendite, so Huber von Invesco

 

PowerShares. Diese lag im Vorjahr etwa beim S&P 500 bei 5,2 Prozent.

Auch in diesem Fall gibt es eigene Indi-zes, die mit jenen Unternehmen ausge-stattet sind, die entsprechend Geld an Aktionäre retournieren. Allein, gerade bei Ausschüttungen kann ein genaues Screening wichtig sein, um die Divi-dendenfalle zu vermeiden, sprich jene Werte zu meiden, die lediglich auf-grund des Kurseinbruchs eine hohe Di¬videndenrendite aufweisen, wie Huber von Invesco PowerShares hinzufügt. Allerdings findet auch hier ohnedies die Zusammensetzung auf Indexebene statt. Interessierte Anleger brauchen auch hier lediglich nur den entspre¬chenden „Smart-Beta"-ETF zu kaufen.

Von iShares gibt es etwa den US Equi-ty Buyback Achievers (DE000A14M-BJO). Die zugrunde liegende Mess¬latte (Nasdaq US Buyback Achievers) setzt sich aus Aktien der Nasdaq, der NYSE sowie der NYSE MKT (Small Caps) zusammen, die aufgrund so-

lider   Unternehmensfinanzierungen

auch Aktienrückkaufprogramme durch-führen. Bei Invesco PowerShares geht man mit dem PowerShares Global Buy-back Achievers (IEOOBLSNMW37) ein Stück weiter, hierin sind Aktien aus dem Nasdaq US Buyback Achievers so-wie dem Nasdaq International Buyback Achievers enthalten.

Mit dem Amundi ETF MSCI Europe High Dividend (FR0010718874) wer-den hingegen die rund 100 größten und umsatzstärksten Unternehmen aus 16 europäischen Ländern abge¬deckt, die in ihren jeweiligen Ländern die höchsten Dividendenzahlungen aufweisen. Schon allein aufgrund der tiefen Anleiherenditen könnten diese ETF-Strategien sogar interessante Al-ternativen - freilich auch mit entspre-chendem Marktrisiko - bieten.

Einzig, diese Produkte werden von Experten eher als kurzfristige Beimi-schung empfohlen. Denn langfristig senken die Unternehmen dafür Inves-

 

titionen in Forsdning und Entwick-lung und investierten das Geld nicht in die Zukunft, so die Kritik.

NACHTEILE AUCH BEACHTEN

Allerdings, wie so oft haben Smart-Beta-ETF nicht nur Vorteile. Sie haben freilich auch ihre Schwachstellen, die ebenfalls aufgezeigt werden sollten. Günther Stibbe, Analyst bei Avana In-vest, unterstreicht, dass Smart „nicht unbedingt immer smart ist. Beispiels-weise verloren 2008 gerade Dividen-denstrategien aufgrund des hohen Anteils an Finanzwerten besonders stark an Wert." Auch müsse sich der Anleger laut Stibbe bewusst sein, das jede Strategie in manchen Marktpha¬sen besser „und in manchen Markt¬phasen weniger gut funktioniert".

So zeichneten sich beispielsweise Mi-nimum-Varianz-Strategien durch ein geringeres Risiko als ein herkömmli¬cher Index aus. „Dafür partizipieren Anleger in positiven Marktphasen weniger stark von der Aufwärtsbewe¬gung", unterstreicht Stibbe ein wei¬teres Beispiel. Auch sei dem Avana-Invest-Experten zufolge die derzeit noch geringe Liquidität ein weiterer Nachteil im Vergleich etwa zu einem ETF auf den DAX oder den Eurostoxx 50. Für Anleger steht jedenfalls fest: Wer sich für einen Smart-Beta-ETF entscheidet, muss im Gegensatz zu einem herkömmlichen Indexfonds schon ein gutes Stück genauer wissen, worin er investieren möchte.

 

 

Die neuen Krebs-Killer


Die neuen Krebs-Killer

Author D.Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/MSQnOfDTeYQ

Die neuen Krebs-Killer

Die neuen Krebskiller bedienen sich des körpereigenen Immunsystems, um Tumorzellen auszuschalten. Dabei greifen sie die Moleküle an, mit deren Hilfe es die Tumore geschafft haben, sich vor der Enttarnung durch das Immunsystem zu schützen. Wir nennen einige attraktive „Krebs-Aktien".

uf der diesjährigen global wich-

igsten Fachkonferenz für On-

ologie der American Society of Clinical Oncology (ASCO) waren die sog. „Checkpoint-Inhibitoren" in aller Munde. Denn sie heben zentrale Me-chanismen der Immununterdrückung auf und mobilisieren auf diese Weise den Angriff auf die Tumorzellen. Etwa bei bösartigem Hautkrebs. Bei bis zu 80 Prozent aller Patienten erzielen die neuen Heilmittel in klinischen Tests ein zeitliches oder dauerhaftes Nachlassen der Krankheitssymptome. 20 Prozent aller Patienten mit metastasierendem Melanom haben inzwischen eine Über¬lebenszeit von zehn Jahren.

Christian Lach, Fondsberater des La-cuna Adamant Global Healthcare, gibt einen Überblick über die Entwicklung: „Klassisch wurde Krebs durch Zell-gifte, Chemotherapie oder Bestrah-lungtherapiert, was in einem zweiten

 

Schritt mittels Biotech-Trägersubstan-zen zielgerichteter und effizienter ge-macht wurde. Allerdings stellte sich heraus, dass eine Heilung ohne eine Rolle des Immunsystems nicht mög-lich ist. Tatsächlich ist es so, dass der Körper mittels seines Immunsystems einen Tumor erkennt, diesen aber nicht effektiv angreifen kann, weil der Tumor die als Reaktion darauf gebildeten Abwehrzellen so modu¬liert, dass sie abgeschwächt oder gar gestoppt werden. Die nun entwickel¬ten Checkpoint-Inhibitoren hemmen die Tumorzellen dabei, wenn sie die Abwehrzellen außer Gefecht setzen wollen. Führend in dieser neuen Tech-nologie sind BristolMyers, Roche und Merck (USA), es gibt aber viele andere Biotechfirmen mit ähnlichen Ansätzen wie Incyte und Celldex. Incyte hat sich auf einen indirekten Aktivierungsweg, die Hemmung von IDO (Indolamin-2,3-DiOxygenase), spezialisiert.

Mit den neu entwickelten IDO-Hemmstoffen kann man das körper-eigene Immunsystem stimulieren und zum Angriff gegen den Tumor schicken. Das könnte ein bedeutsa¬mer Therapieansatz werden, mit dem man das letzte Drittel der Krebspa¬tienten, den man bisher nicht helfen kann, erfolgreich therapieren könnte."

Auch Lydia Bänziger, Sektoranalys-tin bei Bellevue Asset Management (BB Biotech), sieht spannende Bio-techtrends. „Sehr interessant sind heute Gentherapien gegen Bluter-erkrankungen oder auch Immunthera-pien gegen Krebs. Beispielsweise zeig-ten einige Unternehmen interessante Ergebnisse bei der sog. Zelltherapie. Dabei werden den Patienten körper-eigene Immunzellen entnommen und so verändert, dass sie den Krebs bes¬ser bekämpfen können."

RASCHE FORTSCHRITTE MÖGLICH Auch Michael Sjöström, Fondsmanager des Pictet Biotech, sieht große Chan¬cen der neuen Krebstherapien. „Wir erleben eine spannende Zeit in der Gesundheitsvorsorge mit hoch innova¬tiven therapeutischen Ansätzen, die in der Lage sind, die Behandlungsformen verschiedenster Krankheitszustände zu revolutionieren. Die Immunonko¬logie verspricht Heilungschancen bei geringeren Nebenwirkungen als bei der Chemotherapie. Ein anderer span¬nender Bereich der Forschung ist die Gentherapie, bei der Krankheiten, die wegen fehlender oder inaktiver Gene entstehen, durch die Wiederherstel¬lung oder Aktivierung jenes Gens in den Zellen eines Patienten geheilt wer¬den können. Nach verschiedenen Rück-schlägen in diesem Bereich wurde das erste Gentherapieprodukt vor Kurzem in Europa zugelassen. Zahllose weitere Studien für ein breites Spektrum von Krankheiten werden zudem zurzeit durchgeführt oder sind geplant, wie etwa Hämophilie und seltene schweren Stoffwechselkrankheiten."

Lacuna-Experte Lach hält insgesamt zwar den Schweizer Roche-Konzern bei der Krebs-Immuntherapie für „am besten aufgestellt" und sieht auch AstraZeneca und Merck (USA) gut im Rennen, bescheinigt Bristol aber, zur-zeit die Führungsposition innezuha-ben. „Es sieht so aus, als ob Opdivo die Standardtherapie werden wird" - mit Milliardenumsätzen. Zurzeit laufen mehr als 50 onkologische Studien, bei denen Opdivo als Monotherapie oder in Kombination mit anderen Wirkstof-fen ausprobiert wird. Erfolg hatte etwa die klinische Prüfung mit Opdivo ge-gen Hautkrebs. Allerdings könnte der Schweizer Konzern Roche der Haupt-gewinner werden. Viel versprechend sind vor allem die klinischen Resultate bei Lungenkrebs. Dort aktivieren sog. PD-Ll-Hemmer (Checkpoint Inhibi-toren) die T-Zellen der Immunabwehr und verwandeln sie in echte Krebs-Killer. Bei einer Studie in Kombination mit Chemotherapie sprachen 67 Pro-

 

zent der Patienten auf die Behandlung an. Das wäre ein deutlicher Fortschritt gegenüber der aktuellen Standard-therapie mit Opdivo. Die US-Gesund-heitsbehörde FDA jedenfalls stuft das Präparat als Therapiedurchbruch zur Behandlung von Lungen- und Blasen-krebs ein. Michael Sjöström ist da noch ein wenig zurückhaltend: „Opdivo ist natürlich ein Meilenstein in der Onko-logie, da es der erste Antikörper ist, der die Tumorbremse löst (anti PD1 mAb). Ob die Antikörper der Wettbewerber, wie jene von Roche, tatsächlich besser wirken, werden die klinischen Daten zeigen. Der Antikörper von Roche ist etwas selektiver (anti PDL1 mAb), ob dies auch einen klinischen Vorteil bringt, ist noch unklar."

Nun zeigt sich, dass die Konzentration der Krebsforschung auf die T-Zellen -eine Untergruppe der weißen Blutkör-perchen, richtig war: Das zeigt auch die CAR-T-Zell-Technologie, die Novartis von der University of Pennsylvania li-zenziert hat. Dabei werden dem Patien-ten T-Zellen entnommen, im Labor mit den Tumor-Antigenen CD19 „geimpft" und dem Patienten danach wieder in-fundiert. Die so veränderten T-Zellen sind nun in der Lage, Tumorzellen zu erkennen. Mit dieser personalisierten T-Zell-Therapie konnten bei Patienten mit Leukämie (ALL) bahnbrechende Re¬sultate erzielt werden. Auch Juno The-

 

rapeutics, Kite Pharma oder Bluebird haben sich auf genveränderte T-Zellen-Therapien spezialisiert. Der Ausblick ist viel versprechend: „Wir erwarten 2015 zehn neue US-Zulassungen, die Krebs-niedikamente betreffen, inklusive In-dikationenerweiterungen und Kombi-nationsmöglichkeiten", meint Sectoral AM-CIO Sjöström. Neben den Pharma-und Biotechriesen wie BMS, Roche, Merck (USA) oder Amgen gibt es noch eine große Anzahl kleinerer Krebsspe¬zialisten. Diese Unternehmen haben natürlich ein erhöhtes Anlagerisiko, sind aber für spekulative Investoren wegen des hohen Kurspotenzials inte¬ressant. Dazu zählen etwa Medivation oder Celldex. Medivation hat derzeit das beste Antiandrogen-Medikament, Xtandi, bei metastasiertem Prostata-krebs. Antiandrogene sind Arzneistof¬fe, die die Wirkung der männlichen Sexualhormone (Androgene) hemmen. Medivation ist dabei, die Anwendungs-gebiete von Xtandi zu erweitern.

ZAHLREICHE NEUZULASSUNGEN Über zehn Krebs-Medikamente wurden in den letzten zwölf Monaten zugelassen und viele stehen knapp davor. „Etwa Op-divo (ein Anti-PD1 mAb-Wirkstoff, also ein Checkpoint-Hemmer) zur Behand¬lung von nicht kleinzelligem Lungen¬krebs und fortgeschrittenem Melanom, oder Pfizers Ibrance (CDK4/CDK6 In-hibitor) gegen fortgeschrittenen Brust-

Geldanlage: Portfolio umstellen


Geldanlage: Portfolio umstellen

Author D.Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/lfOmMCyFgOw

Warten auf die US-Notenbank? Warum eigentlich. Wer in klassischen Anleihenfonds investiert ist, sollte sein Portfolio jetzt umstellen. Denn es gibt an den Rentenmärkten Anlagesegmente, die besser mit der anstehenden Zinserhöhung klar kommen sollten.

ommt sie oder kommt sie nicht? Kaum ein Börsentag vergeht, an dem Analysten und Medien nicht über die erwartete Zinserhöhung durch die amerikanische Notenbank Fed sinnieren. Klar, es wäre immerhin die erste Leitzinserhöhung in den USA seit rund einem Jahrzehnt. Sozusagen eine Zinswende erster Güte. Doch das durch die Entwicklungen in China aus-gelöste Beben an den Börsen weltweit hat gezeigt, wie schnell sich die Erwar-tungshaltungen auch hier verschieben können.

Noch bevor die Börsen auf Talfahrt gingen, hatte FONDS exklusiv be-kannte globale Rentenfondsmanager nach ihrer Einschätzung gefragt. Der Tenor: Ja, die Fed wird die Zinsen in diesem Jahr erhöhen, möglicherweise noch im September, jedenfalls in klei-nen Schritten. Teils wurde der erste Zinsschritt auf 25 Basispunkte bezif-fert. Ein entsprechendes Bild liefert auch die sogenannte Fed Funds Rate. Bloomberg ermittelt diesen Wert auf der Basis der Preisentwicklung von

 

Optionskontrakten (siehe Schaubild auf der nächsten Seite).

Ausgehend vom Februar dieses Jahres bestätigt der Verlauf des Wertes die Einschätzungen der Rentenfondsma-nager: Während die Annahme, dass die amerikanische Notenbank den Zins-schritt schon im September vollziehen wird, zuletzt deutlich schwankte, ver-stetigte sich die Erwartungshaltung, dass mit einer Zinsanhebung erst im Dezember 2015 zu rechnen ist. Die folgenreichen Entwicklungen in China ließen dann beide Erwartungskurven gleichsam fallen. So betonte Mathias Müller, Head of Retail Europe bei Al-lianz Global Investors (AGI), nach dem China-Debakel auf unsere Nachfrage: „Mit den jüngsten Turbulenzen an den Finanzmärkten und der deutlicheren konjunkturellen Abkühlung in den Schwellenländern, vor allem in China, ist die Wahrscheinlichkeit für eine Ver-schiebung des ersten Zinserhöhungs-schritts allerdings zuletzt gestiegen." Zuvor ging man vom Herbst, also dem September-Termin, aus.

 

Aber ist das für Fondsanleger eigent¬lich wichtig? Nein, denn für ihren mit¬tel- bis langfristigen Anlagehorizont ergeben sich schon heute einige Impli-kationen, die es jetzt zu berücksichti¬gen gilt. Die Frage, ob die Zinswende im September, Dezember oder wohl-möglich doch erst im kommenden Jahr eingeläutet wird, erscheint dabei eher von sekundärer Bedeutung. „Die Rentenmärkte bleiben verunsichert, unabhängig vom Zeitpunkt der Zins-entscheidung der Fed, mit negativer Grundtendenz", „Typischerweise und historisch haben Zinserhöhungsschritte in den USA auch in Europa höhere Renditen zur Folge", sagt Müller. Für den Anleihen-Investor bedeutet dies: fallende Kur¬se. Denn die Schuldverschreibungen passen sich in der Folge dem neuen Level bis zu einer marktgerechten Be-wertung an. Diese Reaktion fällt umsostärker aus, je länger das investierte Kapital in einer Anleihe gebunden ist. Daher ist bei Anleihen mit langen Laufzeiten grundsätzlich mit stärke¬ren Kursverlusten zu rechnen als bei sogenannten Kurzläufern.

KEIN SELL-OFF BEI STAATSANLEIHEN „Lange Laufzeiten sollten Anleger auf Grund des Zinsänderungsrisikos der¬zeit meiden", bestätigt Marco Grzesik, Anlageexperte und Leiter Kunden¬betreuung bei PIMCO Global Wealth Management Deutschland und Ös¬terreich. Mit Blick auf die anstehen¬de Zinserhöhung sagt Grzesik, dass diese am US-Rentenmarkt weitgehend eingepreist ist, sodass keine großen Veränderungen zu erwarten sind. Der europäische Anleihen-Markt wird sich dieser Entwicklung nach Einschätzung des Anlage-Experte nicht vollständig entziehen können, erhalte aber durch das fortgesetzte Anleihenkauf-Pro-gramm der EZB Unterstützung.

„In den USA werden die Preise für zehnjährige Staatsanleihen im erstenSchritt fallen", sagt Jörn Wasmund. Der Global Co-Head Fixed Income bei der Deutsche Asset & Wealth Ma¬nagement (DeAWM) schränkt aber dann ein: „Allerdings dürfte die Reak¬tion nach einem ersten Überschie¬ßen verhalten ausfallen, da die Fed gleichzeitig den Ausblick für weitere Zinsschritte dämpfen und eine wei¬tere Verbesserung von Wachstums-und Inflationsindikatoren abwarten wird." Kurzum, es werde zu keinem massiven Sell-off bei Staatsanleihen kommen, da Wachstum und Inflation global strukturell niedrig blieben. Aufgrund der Erwartung weiterer Zinsschritte der Zentralbank würden kurzfristige Zinsen aber leicht stei¬gen. Nur in der Eurozone wird sich die Entwicklung aufgrund der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) auch nach Einschätzung des AGI-Experten anders darstellen: Grund hierfür sei, dass das kurze Zinsende in Euroland durch die quantitative Lockerungspolitik der EZB bei null bzw. im negativen Bereich gehalten wird. „Die Langfristzinsen dürften dagegen leicht nach oben tendieren", ergänzt Müller.

Auch Tristan Perrier, Strategy and Economic Research bei Amundi, er-wartet von einem Zinsschritt in Höhe

 

von 25 Basispunkten nur begrenzte negative Auswirkungen. Zudem dürf-ten sich Euro-Anleihen mit kürzeren Laufzeiten wegen der EZB-Politik we-niger sensitiv gegenüber US-Aktivitä¬ten zeigen. Zudem wird bei Langläu¬fern mit Effekten gerechnet, aber nur geringen und begrenzten Ausmaßes, heißt es. Perrier gibt allerdings zu be-denken: „Wenn US Triple A-Anleihen höher rentieren, wer sollte dann noch das Interesse haben, deutsche Bun-desanleihen oder gar Emerging Mar-kets-Anleihen zu kaufen?"

POPULÄRE US-ANLEIHEN

Tatsächlich sind US Investment Grade-Anleihen immer noch das populärste Investment im Fixed Income-Bereich. Während allerdings im letzten Quartal noch 39 Prozent dieses Segment für attraktiv hielten, sind es derzeit noch 28 Prozent der Investoren. Zu diesem Ergebnis kommt die jüngste „Risk Ro-tation Index Umfrage" im Auftrag von NN Investment Partners unter 120 internationalen institutionellen In-vestoren. „Im Hinblick auf Qualität, Renditeaufschläge und Duration ist und bleibt US Investment Grade eine attraktive As s etklasse", sagt Valentijn van Nieuwenhuijzen, Head of Strate-gy Multi-Asset bei der Gesellschaft. Kommende Zinserhöhungen könntenzwar problematisch sein, würden an dieser Bewertung dennoch nichts än-dern. Auf den folgenden Rängen plat-zieren sich High Yield-Anleihen, Euro Investment Grade-Anleihen sowie Emerging Markets-Anleihen (siehe Grafik unten).

ALTERNATIVEN GESUCHT

Viele Investment Grade-Anleihen ren-tieren jedoch im Negativbereich oder bieten nur einen kleinen Aufschlag gegenüber der Inflationsrate. Hinzu kommen die beschriebenen Unsi-cherheiten hinsichtlich des Zinsände-rungsrisikos, das auch mit Blick auf die seitens der EZB angestrebte Erhö¬hung der Inflationsrate besteht. Au¬ßerdem mussten Anleger bereits in der ersten Hälfte dieses Jahres erhebliche Kursverluste an den Rentenmärkten verkraften (lesen Sie hierzu auch unse-ren Beitrag auf Seite 40). Da erscheint es nur ratsam, nach Alternativen für Staatsanleihen zu suchen, die den eher sicherheitsorientierten Gegenpart der Aktieninvestments im Portfolio dar-stellen können.

Für den DeAWM-Experten sind Cash und ein diversifiziertes Portfolio aus-gesuchter Investment Grade-Unter-

 

nehmensanleihen sowie kurzlaufen¬de europäische High Yield-Anleihen eine viel versprechende Strategie. Die entsprechenden „Deutsche Invest"-Fonds bieten zwar einen effizienten und diversifizierten Zugang zu den ge-nannten Marktsegmenten, erläutert Wasmund, ergänzt aber: „Mit einer mittleren Duration können sich die Fonds Zinssteigerungen jedoch nur begrenzt entziehen." Folglich bieten sich eher flexible Strategien an, die der Fondsanbieter mit dem „Deut¬sche Invest Global Bonds" und dem konservativ ausgerichteten „DWS Zinseinkommen" bereithält. In den zurückliegenden drei Jahren erzielte letztgenannter Fonds (per Ende Juli dieses Jahres) ein durchschnittliches Plus von 2,4 Prozent pro Jahr.

Besser schnitt der „Deutsche Invest Global Bonds" mit einem durch-schnittlichen Plus von 3,7 Prozent per anno ab. Die Fonds streben eine brei¬te Diversifikation über Regionen so¬wie unterschiedliche Zinskurven und Anlagesegmente an, heißt es und be-dienen sich eines aktiven, aber risiko-kontrollierten Managementansatzes. „Einzelne Risiken, wie z. B. Zinssteige-rungen, Ausfallrisiken von Unterneh-

 

mensanleihen, u. a. sollen keine domi-nierende Rolle für die Erzielung einer attraktiven Wertentwicklung sein", ergänzt der DeAWM-Experte.

ETF Securities, Anbieter der bei An-legern immer beliebter gewordenen Exchange Traded Funds (ETF), sieht in fundamental gewichteten Strategien eine sinnvolle Lösung im Anleihen-Be-reich. „Herkömmliche marktkapitali-sierende Indizes oder benchmarknahe, aktive Produkte haben das Problem, dass diejenigen Länder bzw. Unter-nehmen übergewichtet werden, die eh schon die meisten Schulden haben", erläutert Bernhard Wenger, Executive Director und Head of Executive Dis-tribution bei dem ETF-Anbieter. Des-halb hat man gemeinsam mit Lombard Odier Investment Managers im April dieses Jahres drei ETF aufgelegt: den „ETFS Lombard Odier IM Global Go-vernment Bond Fundamental", den „ETFS Lombard Odier IM Corporate Bond Fundamental" sowie den „ETFS Lombard Odier IM Global Corporate Bond Fundamental". Alle drei Fonds messen denjenigen Schuldnern eine höhere Bedeutung bei, bei denen die Rückzahlungswahrscheinlichkeit am größten ist. „In Kombination mit Ren-dite- und Liquiditätsfiltern ergibt dies eine attraktivere und diversifiziertere Asset Allocation als bei herkömmli¬chen Produkten", betont Wenger.

FLEXIBILITÄT ERÖFFNET CHANCEN

„In diesen für Bond-Anleger unsicheren Zeiten sollten sie nach Strategien Aus¬schau halten, die ein größtmögliches Maß an Flexibilität bieten", sagt hin¬gegen Marie-Anne Allier, Head of Euro Aggregate Fixed Income bei Amundi. Sie plädiert deshalb für „Aggregate Fonds", die in ihrer jeweiligen Region die größten Anlagemöglichkeiten be¬inhalten. Die Investmentgesellschaft offeriert einen solchen „All-Wetter"-Fonds für die Eurozone und mit glo¬baler Ausrichtung. So investiert der „Amundi Funds Bond Euro Aggregate" bspw. nicht nur in Staatsanleihen und Covered Bonds, sondern kann auch bis zu einem Drittel des Fondsvermögens außerhalb des Universums z. B. in Wandelanleihen und High Yield-Bonds investieren. Der „Amundi Funds Bond Global Aggregate" kann zusätzlich noch die Währungskarte spielen. „Mit einer großen Zahl kleiner, möglichst nicht miteinander korrelierender In-vestments wollen wir vermeiden, dass einzelne große Wetten die Gesamt-performance beschädigen könnten", erläutert Allier. Das Management folgt einer mittel- bis langfristigen Makro-Ausrichtung, wobei auf Marktereig¬nisse schnell taktisch reagiert werden könne. Per Ende Juli erzielte der Euro-Fonds eine Fünf-Jahres-Performance von 33,2 Prozent. Dabei musste der Fonds in den zurückliegenden zehn Jahren lediglich in 2006 ein knappes Minus von 0,18 Prozent hinnehmen. Beim globalen Aggregate-Fonds, der in demselben Zeitraum ein Plus von 33,6 Prozent erreichte, gab es seit Auflage in den zurückliegenden sechs Jahren in 2011 das einzige Minusergebnis mit 4,9 Prozent.

ERTRAGSCHANCEN AUCH BEI STEIGENDEN ZINSEN

Auch der AGI-Experte hält eine fle¬xible Anpassung an Marktveränderun¬gen für ein entscheidendes Kriterium bei der Auswahl zeitgemäßer Renten¬fonds. Diese Anforderungen erfüllt der „Allianz Flexible Bond Strategy

 

)) Bond-Anleger

sollten nach Strategien Ausschau halten, die ein größtmögliches Maß an Flexibilität bieten.

MARIE-ANNE ALLIER,

Amundi

Fund". „Der Portfoliomanager kann neben Staatsanleihen auch in Unter-nehmensanleihen, High Yield sowie in Schwellenländeranleihen investieren und durch eine negative Duration auch von steigenden Zinsen profitieren", betont Müller. Seit Auflage vor vier Jahren beträgt das Plus 8,5 Prozent. Auf Drei-Jahres-Sicht erreichte das Fondsmanagement einen jährlichen Wertzuwachs von 1,7 Prozent.

Bei Pimco empfiehlt man sogenannte Income-Strategien, wie sie im „Pimco Gis Income Fund" umgesetzt werden. „Wir halten im aktuellen Umfeld Un-ternehmensanleihen für interessant, insbesondere auch an der Schnittstelle von High Yield zu Investment Grade. Hier können wiederum US-Unterneh-mensanleihen eine gute Alternative bieten", sagt Grzesik. Wesentliche Cha-rakteristika des Fonds sind die Vermei-dung von Risikokonzentrationen, das Erzielen unterschiedlicher Dividen-deneinkünfte sowie eine Begrenzung von Anlagen unterhalb des Invest¬ment Grade-Ratings auf 50 Prozent des Fondsvermögens. „Der Fonds wird von unserem Group CIO Dan Ivascyn und Alfred Murate gemeinsam gema-nagt, die 2013 den Titel als Morning-star Fund Managers of the Year, USA, erhielten", ergänzt der Pimco-Experte. Über die Anlageergebnisse lassen sich

 

aber keine aussagekräftigen Angaben machen, da der Fonds noch keine drei Jahre am Markt ist.

Ganz anders ist dies beim „Axa IM FIIS US Short Duration High Yield", der vor mehr als zehn Jahren aufgelegt wurde. Der Fonds investiert in Hochzinsanlei-hen mit Laufzeiten bis zu drei Jahren. Unter der Annahme, dass kurz laufen¬de Anleihen deutlich weniger unter ei¬nem Zinsschritt der Fed leiden werden als Langläufer, bietet der Fonds ein interessantes Risiko-Rendite-Profil, heißt es, weil er die vergleichsweise hohen Renditen des High Yield-Mark-tes mit geringer Volatilität kombiniert. Die geringen Kursschwankungen lägen vor allem in den niedrigen Ausfallra¬ten begründet. „Seit 2001 verzeichne¬ten wir lediglich zwei Zahlungsausfälle bei von uns gehaltenen Anleihen — das entspricht einer Ausfallquote von 0,5 Prozent", betont Reinhard Jährling, Sales Director bei AXA Investment Managers.

Seit Auflage erzielte der Fonds einen Wertzuwachs von 63,2 Prozent. Das entspricht einer jährlichen Wertent-wicklung von 4,9 Prozent. Zusätzlich profitiere der Fonds davon, dass die US-Wirtschaft sich noch in einer ex-pansiven Phase befände, die aber nicht so weit geführt habe, dass sich viele Unternehmen übertrieben stark ver-schuldet hätten. Jährling: „Die Aus-fallraten auf dem High Yield-Markt dürften daher weiter vergleichsweise gering bleiben."