Samstag, 19. Februar 2011

Störe Fische Animals Tiere Natur SelMcKenzie Selzer-McKenzie


Störe Fische Animals Tiere Natur SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Author D.Selzer-McKenzie

Die Störe (Acipenseridae) sind eine Familie großer bis sehr großer, primitiver Knochenfische. Sie leben in Europa, Nord- und Zentralasien und Nordamerika. Primär sind sie Meeresfische, die als anadrome Wanderfische zum Laichen in Süßgewässer aufsteigen. Die nordamerikanischen Schaufelstöre (Gattung Scaphirhynchus) und einige Populationen anderer Störarten, zum Beispiel des Sterlets (Acipenser ruthenus) und des nordamerikanischen See-Störs (Acipenser fulvescens),[1] bleiben ständig im Süßwasser. Störe ernähren sich vor allem von wirbellosen Tieren, die beiden größten Arten als ausgewachsene Exemplare vor allem von Fischen.

Störe leben ausschließlich auf der Nordhalbkugel der Erde. Die Störe der Unterfamilie Acipenserinae kommen in der Alten Welt in Europa (nicht in Italien unterhalb der Poebene, aber in der Adria), in den in das Schwarze Meer entwässernden Flüssen der Türkei, im Schwarzen, Asowschen und Kaspischen Meer, im angrenzenden Teil des Iran, in Westsibirien und dem nördlichen Ostsibirien (unteres Stromgebiet der Lena), im Stromgebiet des Amur, auf Sachalin und Hokkaido, in Korea und in den chinesischen Flüssen Jangtsekiang und Perlfluss vor.

In Nordamerika kommen sie östlich der Appalachen, in den Großen Seen, im Sankt-Lorenz-Strom, in der Hudson Bay und in den Flüssen des pazifischen Nordamerika (westlich der Rocky Mountains) von den Aleuten über Alaska bis Kalifornien vor.

Außerdem besiedeln sie küstennah die angrenzenden Meere, darunter auch die Nord- und Ostsee, die Biskaya, das Weiße Meer, die Karasee, das Ochotskische und Japanische Meer und die Beringsee.

Die Schaufelstöre der Gattung Scaphirhynchus kommen ausschließlich im Süßwasser, in Flüssen im Einzugsgebiet des Mississippi und im Rio Grande vor, ihre Verwandten aus der Gattung Pseudoscaphirhynchus sind auf die Flüsse Amudarja und Syrdarja in Zentralasien beschränkt.
Merkmale [Bearbeiten]

Die meisten Störe werden zwischen einem und drei Meter lang, die kleinste Art, der Kleine Amu-Darja-Schaufelstör (Pseudoscaphirhynchus hermanni), erreicht eine Länge von 27,5 cm[2], die größten, der Europäische und Sibirische Hausen (Huso huso und Huso dauricus), werden maximal über fünf Meter lang und dabei zwischen einer und zwei Tonnen schwer[3][4]. Sie sind damit die größten auch in Süßgewässern vorkommenden Fische.

Störe sind variabel gefärbt, meist hell- bis dunkelbraun, auch schiefergrau oder fast schwarz bis blauschwarz. Bei den Weibchen können die Ovarien bis zu 20% des Gesamtgewichts ausmachen. Sie liefern den berühmten Kaviar. Im unteren Teil des Mitteldarms ist eine Spiralfalte ausgebildet.
Russischer Stör (Acipenser gueldenstaedtii) mit deutlich sichtbaren Knochenplatten

Der schwere, langgestreckte Körper ist mit fünf Längsreihen von gebuckelten Knochenplatten (Scuta) gepanzert. Eine Reihe erstreckt sich entlang der Mittellinie des Rückens, zwei entlang den Seitenlinien und zwei an den äußeren Bauchseiten zwischen den paarigen Flossen. Da die Knochenplatten entlang den Körperkanten liegen, ergibt sich ein abgerundet fünfeckiger Querschnitt. Die Knochenplatten der Jungfische sind rau, bei den älteren Individuen sind sie glatt. Bei einigen Arten können sie mit fortschreitendem Alter teilweise verschwinden [5]. Bei Scaphirhynchus bilden sie eine geschlossene Röhre um den Schwanzflossenstiel. Die restliche Haut ist nackt und körnig, mit kleinen Dentikeln oder Papillen (Ausstülpungen der Haut) versehen. Die Achse im oberen Schwanzflossenlobus (obere Flossenhälfte) ist mit schräg angeordneten, scharfen Ganoidschuppen (Fulcren) bedeckt.

Das Knochenskelett wurde sekundär weitgehend zu einem Knorpelskelett reduziert. Die Chorda dorsalis bleibt lebenslang erhalten, Wirbelkörper bilden sich nicht, sondern nur Neural- und Hämalbogen mit Zwischenstücken (Intercalaria). Die Intercalaria, die an die Hinterhauptregion anschließen, sind miteinander und mit dem hinteren Neurocranium verwachsen. Hier und noch ein Stück dahinter gibt es kurze Rippen. Störe haben eine größere Dichte als Süßwasser, die von einer dicken kollagenfaserreichen Wand umgebene Schwimmblase ist daher ziemlich groß. Wie im Grundbauplan der Actinopteri ist sie mit dem Vorderdarm dorsal verbunden. Luftatmung gibt es bei Stören aber nicht.

Die asymmetrische, mehr oder weniger gegabelte Schwanzflosse ist heterocerk (das Ende der Wirbelsäule biegt sich nach oben und stützt den oberen, größeren und fleischigen Teil der Schwanzflosse). In der Schwanzflosse lassen sich Hypuralia (Stützelemente des Schwanzflossenskeletts) und ventrale Schwanzflossenstrahlen unterscheiden. Eine einzelne Rückenflosse liegt weit hinten, vor dem Schwanzflossenstiel. Die Brustflossenbasis setzt niedrig an, die Bauchflossen befinden sich hinter der Körpermitte. Ein stachelartiger, erster Brustflossenstrahl, der bei einigen Arten verknöchert ist und auf einem gefensterten Brustflossen-Propterygium artikuliert, besteht aus zusammengewachsenen Flossenstrahlen. Die übrigen Flossenstrahlen sind fein gegliedert und viel zahlreicher als die sie stützenden Flossenträger (Pterygiophoren), die in drei Serien übereinander angeordnet sind.
Kopf und Schädel [Bearbeiten]
Kopf des Sibirischen Störs mit nasenartigem Rostrum und Barteln vor dem Maul.

Der Kopf endet in einem harten verlängerten Rostrum, das konisch oder spatenförmig und oft etwas nach oben gebogen ist. Im Rostrum befinden sich Elektrorezeptoren. Es dient also als Sinnesorgan, außerdem hydrodynamisch als Auftriebshilfe. Einige Arten stöbern damit zur Futtersuche im Bodengrund. Die Kiefer der ausgewachsenen Tiere sind zahnlos. Auf dem Gaumen (unpaares „Palatinum“) stehen Querleisten, die funktionell Zähnen ähneln. Das unterständige Maul ist von fleischigen Lippen umgeben, durch die Homandibula weit vorstülpbar (protractil) und mit einer vor ihm liegenden Querreihe von vier Barteln ausgestattet, die von knorpeligen Stäben gestützt werden und als Tast- und chemosensorische Organe dienen. Ein Spritzloch ist bei der Unterfamilie Acipenserinae vorhanden, bei den Schaufelstören (Scaphirhynchinae) nicht. Störe haben weniger als 50 Kiemenreusenfortsätze (Spinae). Branchiostegalstrahlen sind bloß angedeutet.
Vorderkörper des Sibirischen Störs mit den stets etwas geöffneten Kiemen.

Der Kiemendeckel kann die Kiemen nicht völlig bedecken, die Kiemenspalte bleibt stets ein wenig offen, es gibt daher auch keine Saugpumpenphase der Atmung - die Störe verbrauchen wenig Sauerstoff und können dank der offenen Kiemenspalte mit dem Maul in Ruhe den Grund auf Nahrung durchmustern [6]. Die Augen sind schwachsichtig, haben aber noch drei Sehpigmente wie die der wohl sehtüchtigeren Ahnenformen (von denen sehr wenig bekannt ist).

Der Kiemendeckel wird vor allem von einem starken Operculum gebildet (ein Suboperculum ist davon nicht abgegliedert), der Vorkiemendeckel (Präoperculum) besteht nur aus einigen Sinneskanalröhrchen. Das Praeoperculum ist funktionell ein wichtiger Teil des Suspensoriums. Acipenser hat aber kein Suspensorium im Sinne der Knochenfische, sein Kieferapparat gleicht sekundär wieder dem hyostyler Haie. Die Kiemenmembranen sind am Isthmus, dem vordersten Teil der unteren Rumpfmuskulatur zwischen Schultergürtel und Zungenbeinen, angewachsen. Wie sonst nur noch bei den Knochenhechten (Lepisosteidae) befindet sich eine große Opercularkieme innen am Kiemendeckel .
Kopf von Acipenser medirostris mit deutlich sichtbarem Dermatocranium

Der Schädel ist mit einer großen Zahl von Knochenplatten, dem Dermatocranium, gepanzert. Die hinterste dieser Knochenplatten, die unpaare Postoccipitale, ist gleichzeitig die erste Platte der Knochenplattenreihe auf dem Rücken. Auf dem Kopf folgen, von hinten nach vorne, das unpaare Dermosupraoccipitale, die paarigen Knochenplatten Supratemporale (manchmal mehrere auf jeder Kopfseite), Parietale, „Squamosum“, Postfrontalia und Frontalia. Zwischen den Frontalknochen befinden sich noch einige mittlere Knochenplatten (Medialia). Auf dem Rostrum findet man zahlreiche kleinere Knochenplatten (Rostralia), deren Anzahl sehr unterschiedlich ist.[5]
Karyotyp [Bearbeiten]

Der Karyotyp der Störe gehört zu den kompliziertesten aller Wirbeltiere. Eine sehr große Zahl von Chromosomen ist vorhanden, die Hälfte davon sind Mikrochromosomen. Nach der Anzahl der Chromosomen lassen sich die Störe in zwei Gruppen unterteilen, diejenigen mit 120 Chromosomen, die wahrscheinlich diploid sind und die mit 240 Chromosomen, für die Tetraploidie angenommen wird.[7]
Lebensweise [Bearbeiten]

Störe leben auf dem Gewässergrund und ernähren sich vor allem von kleinen, bodenbewohnenden Organismen (Würmer, Krebstiere, Weichtiere, Insektenlarven), einige Arten auch räuberisch von größerer Beute wie Fischen. Sie sind langsame Dauerschwimmer, die mit ihren tragflächenartigen Brustflossen, ähnlich wie Haie, Auftrieb erzeugen. Störe sind sehr langlebig, für den Hausen liegt das maximale veröffentlichte Alter bei 118 Jahren[3]. Ihre Geschlechtsreife erreichen sie erst nach einigen Jahren, und laichen viele Male während ihres Lebens. Die Fortpflanzungszeit liegt im Frühjahr und im Sommer. Alle Störe vermehren sich im Süßwasser. Während der Wanderung ins Süßwasser fressen sie wenig oder nichts. Sie laichen in fließenden Gewässern mit Kies- oder Steinboden. Die froschlaichähnlichen, klebrigen Eier sinken nach dem Ablaichen auf den Gewässerboden. Die Jungfische schlüpfen schon nach wenigen Tagen, verbringen einige Jahre im Süßwasser und wandern dann allmählich ins küstennahe Meer ab.
Systematik und Stammesgeschichte [Bearbeiten]
Äußere Systematik [Bearbeiten]

Die Familie der Störe gehört, als Schwestergruppe der nur zwei Arten umfassenden Familie der Löffelstöre (Polyodontidae), zur Ordnung der Störartigen (Acipenseriformes). Neben diesen beiden Familien werden noch zwei ausgestorbene Familien störartiger Fische zu der Ordnung gezählt, die Chondrosteidae, die die Schwestergruppe der beiden rezenten Familien ist, und die Peipiaosteidae. Die Störartigen werden mit einer Reihe ausgestorbener Fischgruppen zur Unterklasse der Knorpelganoiden (Chondrostei) innerhalb der Klasse der Strahlenflosser (Actinopterygii) zusammengefasst.

Zu den Knorpelganoiden wurden und werden zum Teil noch immer [8] alle Knochenfische gezählt, die ein den Stören vergleichbares Entwicklungsniveau erreicht haben. In dieser Zusammensetzung sind die Knorpelganoiden jedoch eine paraphyletische Gruppe, da sie nicht alle Nachkommen des jüngsten gemeinsamen Vorfahren beinhalten.

In der Kladistik wird nur noch ein Taxon Knorpelganoiden sensu stricto verwendet, zu dem nur die Störartigen und ihre engsten ausgestorbenen Verwandten gehören.

Die systematische Stellung verdeutlicht folgendes Kladogramm[

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