Ameisen Blattschneideameisen Animals Tiere Natur SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Author D.Selzer-McKenzie
Als Blattschneiderameisen bezeichnet man verschiedene Ameisenarten, die mit ihren Mundwerkzeugen Pflanzenblätter in kleine Stückchen zerteilen, die sie in ihren Bau transportieren. Blattschneiderameisen, die sich auf Gras spezialisiert haben, werden auch Grasschneiderameisen genannt.[1] Die mehr als 40 bekannten Arten der Blattschneiderameisen entstammen den beiden Gattungen Atta und Acromyrmex. Ihr Verbreitungsgebiet umfasst die Tropen und Subtropen Amerikas, erstreckt sich also von Louisiana beziehungsweise Texas im Norden bis Patagonien im Süden Argentiniens.
Als erster erkannte der Naturforscher Thomas Belt im Jahre 1874, wozu die Ameisen diese Blätter nutzen: Sie fressen nicht selbst die Blätter, sondern zerkauen sie und verwenden sie als Substrat, um darauf einen speziellen Pilz aus der Gattung der Egerlingsschirmlinge (Leucoagaricus) wachsen zu lassen, von dem sie sich ernähren.
Die Ameisen legen regelrechte Pilzfarmen an, die sie ständig ausbauen und pflegen. Der Pilzanbau erfolgt über eine fein abgestimmte Fließbandkolonne, in der jeder der 29 verschiedenen Schritte von einer speziellen Kaste der Tiere ausgeführt wird. Ein von einer Erntearbeiterin am Bau abgelegtes Blatt wird von einer kleineren Arbeiterin aufgenommen und in Stücke von etwa einem Millimeter Durchmesser zerschnitten. Diese werden von noch kleineren Arbeiterinnen übernommen, zerkaut, zu kleinen Kügelchen geformt und einem Haufen ähnlichen Materials hinzugefügt.
Dieser Materialhaufen, das Substrat, bildet eine Art Garten und ist von Tunnelröhren durchzogen, so dass er in seiner Struktur einem Badeschwamm ähnelt. Der darauf wachsende Pilz breitet sich wie Brotschimmel auf der Pflanzenmasse aus.
Königin der Art Atta colombica mit Brut und Arbeiterinnen auf Pilzsubstrat
Arbeiterinnen der Art Atta colombica zerstückeln das gesamte Blattwerk eines jungen Baumes
Die Pilzgärten werden von den kleinsten Arbeiterinnen kontrolliert: Sie betasten die Oberfläche des Pilzgeflechts und säubern es von Sporen und Pilzfäden fremder Schimmelpilzarten. Sie zupfen immer wieder ein Stück des Pilzrasens aus und bringen es ihren Artgenossinnen als Nahrung oder sie setzen Pilzfäden auf frisches Pflanzenmaterial und legen so neue Kulturen an. Außerdem beißen sie regelmäßig die Enden der Pilzfäden ab und verhindern so die Bildung von Fruchtkörpern. Stattdessen entstehen eiweißhaltige, knollenartige Verdickungen, die Gongylidia genannt werden.
Die Symbiose zwischen den Ameisen und dem Pilz ist dabei so eng, dass beide nicht mehr ohne einander existieren könnten. Denn der Pilz selbst kann von einem Schlauchpilz befallen werden, der ihn zerstört. Forschungen lassen vermuten, dass die Ameisen an ihrem Körper Bakterien tragen, die nicht nur das Wachstum des Schlauchpilzes hemmen, sondern gleichzeitig auch ihren Futterpilz düngen.
Größe und Aufbau eines Nestes [Bearbeiten]
Eine Blattschneiderameisen-Königin kann bis zu 150 Millionen Arbeiterinnen zur Welt bringen, von denen jeweils zwei bis drei Millionen gleichzeitig am Leben sind. Ein Nest ist weit verzweigt und enthält nicht nur Kammern für die Pilzgärten, sondern auch Abfallkammern, in denen tote Ameisen, ausgelaugte Blätter und abgestorbenes Pilzgeflecht entsorgt werden.
Ein in Brasilien von der Art Atta angelegtes, später mit Gips ausgegossenes und letztendlich ausgegrabenes Nest enthielt über eintausend verschieden große Kammern, von denen 390 mit Pilzgärten und Ameisen gefüllt waren. Der Bau erstreckte sich auf einer Fläche von 50 Quadratmetern und war acht Meter tief.[2]
Schäden und Nutzen [Bearbeiten]
Die Ameisen können in Plantagen von Nutzpflanzen wie Zitruspflanzen, Getreide, Kohlpflanzen, Wein, Obst, Kakao, Baumwolle, Kokospalmen und vielen weiteren einen großen Schaden anrichten, denn eine Kolonie kann pro Tag soviel Vegetation schneiden wie eine ausgewachsene Kuh frisst. Jährlich erntet eine durchschnittliche Kolonie Blattschneiderameisen 35 Tonnen Laub.
Einige Arten der Ameisengattung Atta nutzen die Graslandschaften in Brasilien, Uruquay und Argentinien zum Abernten von Pflanzenmaterial. Zu diesen Grasschneiderameisen gehören Atta bisphaerica, Atta capiguara, Atta laevigata und Atta vollenweideri. Es hat sich gezeigt, dass Rinderherden jene Teile der Weiden, die von den grasschneidenden Ameisen besiedelt sind, meiden. Diese Ameisen sind mit gut entwickelten Dornen auf ihrem Rücken ausgestattet. Es wird angenommen, dass dieser Schutzmechanismus genügt, um die Rinder von den Weideplätzen in der Umgebung der Ameisenkolonien fern zu halten.[1]
Da die Ameisen bei dem Ausbau ihres Nestes große Mengen an Erdreich bewegen, belüften sie nicht nur den Boden, sondern bringen auch Nährstoffe in Umlauf, die für andere Organismen wichtig sind. Dschungelboden kann durch die Arbeit der Blattschneiderameisen zehnmal fruchtbarer werden.
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