Montag, 30. Mai 2022
Oilmarkt - der Ölmarkt Author D. Selzer-McKenzie youtube: https://youtu.be/CZ3kSEG7uFc Die Ölpreise haben sich nach dem kräftigen Anstieg zu Beginn des Krieges in der Ukraine beruhigt. Denn das russische Ölan¬gebot sinkt wegen der robusten Käufe Indiens nicht so stark und die Nachfrage steigt infolge der Corona-Lockdowns in China weniger dynamisch als erwartet. Zudem gelangt mit der Freigabe der strategischen Ölreserven zusätzliches Öl an den Markt. Der Ölmarkt dürfte daher in der zweiten Jahreshälfte ausreichend versorgt sein. Wir erwarten einen Rückgang des Brent-Ölpreises auf 90 US-Dollar je Barrel im zweiten Halbjahr. Der Ölmarkt hat sich nach einem fulminanten Start in das Jahr in den vergangenen Wochen merklich beruhigt. Anfang März, kurz nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine, war der Brent-Ölpreis auf fast 140 US-Dollar gestiegen und hatte damit ein 131/2-Jahres-Hoch markiert. Seither schwankt der Preis bis auf wenige Ausnahmen in einer Spanne zwischen 100 US-Dollar und 115 US-Dollar je Barrel (siehe Grafik 1). Der Preisrückgang bei Rohöl ging auch mit einer merklichen Verflachung der Terminkurve einher. Die Preisdifferenz zwischen dem nächstfälligen und dem darauffolgenden Brent-Ter-minkontrakt verringerte sich Ende April auf knapp 20 US-Cent. Nied¬riger war sie zuletzt Ende letzten Jahres. Anfang März betrug sie noch mehr als 4 US-Dollar. Ähnlich stark war auch die Spread-Einengung zwischen dem nächstfälligen und dem in sechs Monaten fälligen Terminkontrakt. Die Preisdifferenz verringerte sich Ende April auf 5 US-Dollar, verglichen mit 19 US-Dollar sieben Wochen zuvor. Die Preisaufschläge für kurzfristig lieferbares Öl sind also kräftig gefal¬len, was auf nachlassende Sorgen vor Lieferengpässen hindeutet Dass sich die Angebotssorgen spürbar verringert haben, liegt nicht an einer Entspannung des Krieges in der Ukraine. Im Gegenteil, er ist mittlerweile in seinem dritten Monat und ein baldiges Ende der Kampfhandlungen ist nicht in Sicht. Der Westen bringt deshalb ein Sanktionspaket nach dem anderen gegen Russland auf den Weg und versorgt die Ukraine mit schweren Waffen. Bis zum Jahresende soll die EU nach Vorstellung der EU-Kommission ihre Ölexporte aus Russland vollständig einstellen, wobei Ungarn und der Slowakei eine längere Übergangsfrist gewährt werden soll, da beide Länder besonders stark von russischem Öl abhängig sind. Die Länder der EU importierten laut Internationaler Energieagentur (IEA) im vierten Quartal 2021 tagesdurchschnittlich 2,3 Millionen Barrel Rohöl und 1,2 Millionen Barrel Ölprodukte aus Russland. Das dürfte inzwischen bereits deutlich weniger sein. So konnte Deutschland seine Abhän¬gigkeit von russischen Ölimporten laut Wirtschaftsminister Robert Habeck auf nur noch 12 Prozent reduzieren, verglichen mit einem Anteil von rund 35 Prozent vor Kriegsbeginn Westliche Käufer verweigern bereits seit Anfang März trotz rekord¬hoher Preisabschläge für die russische Ölsorte Urals den Kauf von russischem Öl (siehe Grafik 2). Grund hierfür sind rechtliche Unsicher¬heiten infolge der Sanktionen und die Sorge vor möglichen Reputa-tionsschäden. Zudem ziehen sich mehr und mehr westliche Ölfirmen und Rohstoffhändler aus Russland zurück und stellen ihr Geschäft mit Russland ein. Allerdings springen dafür bislang andere Länder in die Bresche, die sich an den Sanktionen gegen Russland nicht beteiligen. Ein großer Käufer ist dabei Indien, das seit dem russi¬schen Einmarsch in die Ukraine bereits mehr russisches Öl gekauft hat als im gesamten Vorjahr. Auch China kauft weiterhin Öl aus Russland. Dem auf die Verfolgung von Tankschiffen spezialisierten Unternehmen Vortexa zufolge kamen im April 20 Prozent mehr Tank¬ladungen aus Russland in China an. Daher gelang es Russland, im April tagesdurchschnittlich 850.000 Barrel mehr Öl auf dem Seeweg zu exportieren als im Durchschnitt des vergangenen Jahres. Das könnte wegen des Rückzugs der größten und wichtigsten Rohstoffhändler in Zukunft allerdings schwieriger werden, weil Kauf und Transport des russischen Öls dadurch zusehends erschwert werden dürften. Die EU plant zudem, in Europa ansässigen Unternehmen die Versicherung von Ölladungen aus Russland über den Seeweg zu verbieten. Dies soll nicht nur für Lieferungen nach Europa gelten, sondern unabhängig vom Zielort sein. Da der Großteil der Versicherungsunternehmen für die Schifffahrt europäischem Recht unterliegt, hätte dies gravierende Auswirkungen. Die Käufer von russischem Öl müssten dann nach Alternativen suchen, die Ladun¬gen zu versichern und zu transportieren. Indien verlangt von Russ¬land bereits deutlich stärkere Preisabschläge, damit der Kaufpreis unterhalb von 70 US-Dollar je Barrel liegt. Die höheren Käufe in Asien konnten den Rückgang der Öllieferun¬gen in den Westen und die schwächere Nachfrage in Russland dennoch nicht vollständig ausgleichen, sodass die Rohölproduktion Russlands im April merklich gefallen ist. Sie lag Daten der IEA zufolge bei tagesdurchschnittlich gut 9 Millionen Barrel. Im März waren es noch fast 1 Million Barrel pro Tag mehr. Der Rückgang dürfte sich in den kommenden Monaten fortsetzen. Im Mai soll die tägliche Produktion laut Prognose der IEA 1,6 Millionen Barrel und im Juni 2 Millionen Barrel niedriger liegen als vor dem Ausbruch des Krieges. Der bislang für Mai prognostizierte Rückgang der rus¬sischen Ölproduktion um 3 Millionen Barrel pro Tag im Vergleich zum Vorkriegsniveau soll nun ab Juli erfolgen. Doch auch auf der Nachfrageseite gibt es Bremsspuren. Die IEA revidierte die Nachfrageprognose für das laufende Jahr im März und April deutlich nach unten. Im Vergleich zur Februar-Prognose soll die Nachfrage 2022 nun durchschnittlich 1,2 Millionen Barrel pro Tag niedriger ausfallen. Besonders kräftig ist dabei die Abwärts-revision für das laufende (-1,9 Millionen Barrel pro Tag) und das kommende Quartal (-1,7 Millionen Barrel pro Tag). Die IEA begrün¬det dies mit den negativen Folgen der hohen Ölpreise und der Russland-Sanktionen auf die Weltwirtschaft sowie den Corona-Lockdowns in China. Die Zero-Covid-Strategie der chinesischen Behörden hat das Potenzial, die Ölnachfrage in China hart zu treffen. Die Wirtschafts¬metropole Shanghai mit rund 26 Millionen Einwohnern ist bereits seit Ende März in einem vollständigen Lockdown. Der Hauptstadt Peking mit 22 Millionen Einwohnern droht dasselbe Schicksal. Solange China an seiner Politik der rigorosen Eindämmung von Corona-Infektionen mittels Abriegelung von Millionenstädten fest¬hält, ist immer wieder mit derartigen Lockdownszu rechnen. Davon betroffen sind sowohl der Transportsektor als auch die Industrie, wie der Einbruch der Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe im April auf das niedrigste Niveau seit dem Beginn der Coronapandemie Anfang 2020 zeigt. Der Ölbedarf Chinas würde entsprechend sinken, was sich in niedrigeren Ölimporten wider¬spiegeln sollte. In den Importzahlen für April war davon allerdings noch nichts zu sehen. Sie stiegen sogar auf 10,5 Millionen Barrel pro Tag. Die Rohölverarbeitung fiel aber im April deutlich auf 12,6 Mil¬lionen Barrel pro Tag, was dem niedrigsten Niveau seit März 2020, also dem ersten Corona-Lockdown, entsprach (siehe Grafik 3 auf Seite 41). Die IEA revidierte ihre Nachfrageprognose für China im April für die Monate März bis Mai bereits deutlich nach unten. Die größte Kürzung machte sie für April mit 925.000 Barrel pro Tag. Sollten die Lockdowns noch länger anhalten und weitere hinzu-kommen, dürften weitere Abwärtsrevisionen folgen. Laut IEA ist der Ölmarkt im ersten Halbjahr ausgeglichen und im zweiten Halbjahr leicht unterversorgt (siehe Grafik 4). Nicht in diesen Prognosen enthalten ist die Freigabe aus den strategischen Ölreserven durch die Verbrauchsländer. Die Mitgliedsländer der IEA hatten sich Anfang April darauf verständigt, insgesamt 240 Millionen Barrel aus den Notfallreserven freizugeben. Den Löwenanteil, näm lich 180 Millionen Barrel, stellen dabei die USA. Die Freigabe soll über einen Zeitraum von sechs Monaten erfolgen, was einem zusätzlichen Angebot von rund 1,3 Millionen Barrel pro Tag ent¬spricht. Bezieht man diese Mengen mit ein, ist der Ölmarkt bis weit in den Herbst reichlich versorgt. Das sollte auch den EU-Ländern hinreichend Zeit geben, alternative Anbieter zu finden, bevor das Ölembargo gegen Russland in Kraft tritt. Auch die OPEC+ senkte ihre Nac'ageprognose für das laufende Jahr um knapp 500.000 Ba--e 5:e7. de- hab sogar deutlich übe-- e•-•,=.: • .:-.: —=- I- -=• aus diesem Grund kein .e Produktionskartell hält sza__ _ ----• :: - fest, die Ölproduktion jede erhöhen, so auch im Mai u-d . Da die Otproc....- wie schon erwähnt fallen dürfte, wird von der beschlossenen Ar.ge-botsausweitung in der Realität wohl kaum etwas übrig bleiben, zumal auch mehrere OPEC-Länder nicht in der Lage sind, ihre Pro¬duktion nennenswert zu erhöhen. Im März lag die Produktions¬menge der OPEC+ laut IEA bereits 1,5 Millionen Barrel pro Tag unter dem vereinbarten Niveau. Im April belief sich die Abweichung wegen des Produktionsrück¬gangs in Russland sogar auf fast 2,7 Millionen Barrel pro Tag (siehe Grafik 5). Zudem blieb die Ausweitung der Ölproduktion der zehn an die Förderquoten gebundenen OPEC-Länder laut Umfragen von Reuters und Bloomberg auch im vergangenen Monat hinter der zugesagten Steigerung zurück. Die OPEC-Länder mit freien Förder¬kapazitäten wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait und Irak sind weiterhin nicht bereit, die Produktion stärker zu erhöhen, um den Produktionsrückgang in Russland auszugleichen. Denn zu einem Bruch mit Russland ist man in der OPEC+ trotz des russischen Angriffskriegs in der Ukraine bislang nicht bereit. In den USA ist daher ein Gesetzentwurf auf den Weg gebracht worden, um die OPEC wegen illegaler Preisabsprachen verklagen zu können. Eine Mehrheit im Kongress und eine Unterzeichnung durch den US-Prä-sidenten galten bislang als sehr unwahr-scheinlich. Angesichts rekordhoher Benzin¬preise, einer Inflation auf 40-Jahres-Hoch und der im Herbst anstehenden Kongress¬wahlen kann dies aber nicht mehr völlig ausgeschlossen werden. Alles in allem rechnen wir mit einem Brent-Ölpreis von 105 US-Dollar je Barrel im lau¬fenden Quartal, ehe der Preis im zweiten Halbjahr nachgeben sollte. Denn die Frei¬gabe der Ölreserven im Westen und die verstärkten Käufe Indiens und Chinas lin¬dern teilweise den Wegfall der russischen Öllieferungen nach Europa. Zudem wächst die Ölnachfrage wegen der Russland-Sank¬tionen und der Zero-Covid-Politik in China weniger dynamisch als zuvor erwartet. Der Ölmarkt dürfte daher trotz aller berechtigten Sorgen vor einer Angebotsverknappung in der zweiten Jahreshälfte ausreichend versorgt sein. Zudem könnte im Fall einer Angebotsknappheit zusätzliches Öl aus dem Iran an den Markt gelangen, vorausgesetzt, es kommt zu einer Einigung in den Atom¬verhandlungen und einer Lockerung der US-Sanktionen. Es kann auch nicht ausge¬schlossen werden, dass sich Saudi-Arabien doch noch bereit erklärt, mehr Ö[ zu fördern, beispielsweise im Herbst, nachdem das Kürzungsabkommen der OPEC+ ausgelau¬fen ist und daher kein Grund mehr besteht, auf Russland Rücksicht zu nehmen. Ende des Jahres dürfte Brent bei 90 US-Dollar handeln. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass ein russischer Gaslieferstopp für die EU ausbleibt und es nicht zu dauerhaften Corona-Lockdowns in China kommt.
Oilmarkt - der Ölmarkt
Author D. Selzer-McKenzie
youtube: https://youtu.be/CZ3kSEG7uFc
Die Ölpreise haben sich nach dem kräftigen Anstieg zu Beginn des Krieges in der Ukraine beruhigt. Denn das russische Ölan¬gebot sinkt wegen der robusten Käufe Indiens nicht so stark und die Nachfrage steigt infolge der Corona-Lockdowns in China weniger dynamisch als erwartet. Zudem gelangt mit der Freigabe der strategischen Ölreserven zusätzliches Öl an den Markt. Der Ölmarkt dürfte daher in der zweiten Jahreshälfte ausreichend versorgt sein. Wir erwarten einen Rückgang des Brent-Ölpreises auf 90 US-Dollar je Barrel im zweiten Halbjahr.
Der Ölmarkt hat sich nach einem fulminanten Start in das Jahr in den vergangenen Wochen merklich beruhigt. Anfang März, kurz nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine, war der Brent-Ölpreis auf fast 140 US-Dollar gestiegen und hatte damit ein 131/2-Jahres-Hoch markiert. Seither schwankt der Preis bis auf wenige Ausnahmen in einer Spanne zwischen 100 US-Dollar und 115 US-Dollar je Barrel (siehe Grafik 1). Der Preisrückgang bei Rohöl ging auch mit einer merklichen Verflachung der Terminkurve einher. Die Preisdifferenz zwischen dem nächstfälligen und dem darauffolgenden Brent-Ter-minkontrakt verringerte sich Ende April auf knapp 20 US-Cent. Nied¬riger war sie zuletzt Ende letzten Jahres. Anfang März betrug sie noch mehr als 4 US-Dollar. Ähnlich stark war auch die Spread-Einengung zwischen dem nächstfälligen und dem in sechs Monaten fälligen Terminkontrakt. Die Preisdifferenz verringerte sich Ende April auf 5 US-Dollar, verglichen mit 19 US-Dollar sieben Wochen zuvor. Die Preisaufschläge für kurzfristig lieferbares Öl sind also kräftig gefal¬len, was auf nachlassende Sorgen vor Lieferengpässen hindeutet
Dass sich die Angebotssorgen spürbar verringert haben, liegt nicht an einer Entspannung des Krieges in der Ukraine. Im Gegenteil, er ist mittlerweile in seinem dritten Monat und ein baldiges Ende der Kampfhandlungen ist nicht in Sicht. Der Westen bringt deshalb ein Sanktionspaket nach dem anderen gegen Russland auf den Weg und versorgt die Ukraine mit schweren Waffen. Bis zum Jahresende soll die EU nach Vorstellung der EU-Kommission ihre Ölexporte aus Russland vollständig einstellen, wobei Ungarn und der Slowakei eine längere Übergangsfrist gewährt werden soll, da beide Länder besonders stark von russischem Öl abhängig sind. Die Länder der EU importierten laut Internationaler Energieagentur (IEA) im vierten Quartal 2021 tagesdurchschnittlich 2,3 Millionen Barrel Rohöl und 1,2 Millionen Barrel Ölprodukte aus Russland. Das dürfte inzwischen bereits deutlich weniger sein. So konnte Deutschland seine Abhän¬gigkeit von russischen Ölimporten laut Wirtschaftsminister Robert Habeck auf nur noch 12 Prozent reduzieren, verglichen mit einem Anteil von rund 35 Prozent vor Kriegsbeginn
Westliche Käufer verweigern bereits seit Anfang März trotz rekord¬hoher Preisabschläge für die russische Ölsorte Urals den Kauf von russischem Öl (siehe Grafik 2). Grund hierfür sind rechtliche Unsicher¬heiten infolge der Sanktionen und die Sorge vor möglichen Reputa-tionsschäden. Zudem ziehen sich mehr und mehr westliche Ölfirmen und Rohstoffhändler aus Russland zurück und stellen ihr Geschäft mit Russland ein. Allerdings springen dafür bislang andere Länder in die Bresche, die sich an den Sanktionen gegen Russland nicht beteiligen. Ein großer Käufer ist dabei Indien, das seit dem russi¬schen Einmarsch in die Ukraine bereits mehr russisches Öl gekauft hat als im gesamten Vorjahr. Auch China kauft weiterhin Öl aus Russland. Dem auf die Verfolgung von Tankschiffen spezialisierten Unternehmen Vortexa zufolge kamen im April 20 Prozent mehr Tank¬ladungen aus Russland in China an. Daher gelang es Russland, im April tagesdurchschnittlich 850.000 Barrel mehr Öl auf dem Seeweg zu exportieren als im Durchschnitt des vergangenen Jahres. Das könnte wegen des Rückzugs der größten und wichtigsten Rohstoffhändler in Zukunft allerdings schwieriger werden, weil Kauf und Transport des russischen Öls dadurch zusehends erschwert werden dürften.
Die EU plant zudem, in Europa ansässigen Unternehmen die Versicherung von Ölladungen aus Russland über den Seeweg zu verbieten. Dies soll nicht nur für Lieferungen nach Europa gelten, sondern unabhängig vom Zielort sein. Da der Großteil der Versicherungsunternehmen für die Schifffahrt europäischem Recht unterliegt, hätte dies gravierende Auswirkungen. Die Käufer von russischem Öl müssten dann nach Alternativen suchen, die Ladun¬gen zu versichern und zu transportieren. Indien verlangt von Russ¬land bereits deutlich stärkere Preisabschläge, damit der Kaufpreis unterhalb von 70 US-Dollar je Barrel liegt.
Die höheren Käufe in Asien konnten den Rückgang der Öllieferun¬gen in den Westen und die schwächere Nachfrage in Russland dennoch nicht vollständig ausgleichen, sodass die Rohölproduktion Russlands im April merklich gefallen ist. Sie lag Daten der IEA zufolge bei tagesdurchschnittlich gut 9 Millionen Barrel. Im März waren es noch fast 1 Million Barrel pro Tag mehr. Der Rückgang dürfte sich in den kommenden Monaten fortsetzen. Im Mai soll die tägliche Produktion laut Prognose der IEA 1,6 Millionen Barrel und im Juni 2 Millionen Barrel niedriger liegen als vor dem Ausbruch des Krieges. Der bislang für Mai prognostizierte Rückgang der rus¬sischen Ölproduktion um 3 Millionen Barrel pro Tag im Vergleich zum Vorkriegsniveau soll nun ab Juli erfolgen.
Doch auch auf der Nachfrageseite gibt es Bremsspuren. Die IEA revidierte die Nachfrageprognose für das laufende Jahr im März und April deutlich nach unten. Im Vergleich zur Februar-Prognose soll die Nachfrage 2022 nun durchschnittlich 1,2 Millionen Barrel pro Tag niedriger ausfallen. Besonders kräftig ist dabei die Abwärts-revision für das laufende (-1,9 Millionen Barrel pro Tag) und das kommende Quartal (-1,7 Millionen Barrel pro Tag). Die IEA begrün¬det dies mit den negativen Folgen der hohen Ölpreise und der Russland-Sanktionen auf die Weltwirtschaft sowie den Corona-Lockdowns in China.
Die Zero-Covid-Strategie der chinesischen Behörden hat das Potenzial, die Ölnachfrage in China hart zu treffen. Die Wirtschafts¬metropole Shanghai mit rund 26 Millionen Einwohnern ist bereits seit Ende März in einem vollständigen Lockdown. Der Hauptstadt Peking mit 22 Millionen Einwohnern droht dasselbe Schicksal. Solange China an seiner Politik der rigorosen Eindämmung von Corona-Infektionen mittels Abriegelung von Millionenstädten fest¬hält, ist immer wieder mit derartigen Lockdownszu rechnen. Davon betroffen sind sowohl der Transportsektor als auch die Industrie, wie der Einbruch der Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe im April auf das niedrigste Niveau seit dem Beginn der Coronapandemie Anfang 2020 zeigt. Der Ölbedarf Chinas würde entsprechend sinken, was sich in niedrigeren Ölimporten wider¬spiegeln sollte. In den Importzahlen für April war davon allerdings noch nichts zu sehen. Sie stiegen sogar auf 10,5 Millionen Barrel pro Tag. Die Rohölverarbeitung fiel aber im April deutlich auf 12,6 Mil¬lionen Barrel pro Tag, was dem niedrigsten Niveau seit März 2020, also dem ersten Corona-Lockdown, entsprach (siehe Grafik 3 auf Seite 41). Die IEA revidierte ihre Nachfrageprognose für China im April für die Monate März bis Mai bereits deutlich nach unten. Die größte Kürzung machte sie für April mit 925.000 Barrel pro Tag. Sollten die Lockdowns noch länger anhalten und weitere hinzu-kommen, dürften weitere Abwärtsrevisionen folgen.
Laut IEA ist der Ölmarkt im ersten Halbjahr ausgeglichen und im zweiten Halbjahr leicht unterversorgt (siehe Grafik 4). Nicht in diesen Prognosen enthalten ist die Freigabe aus den strategischen Ölreserven durch die Verbrauchsländer. Die Mitgliedsländer der IEA hatten sich Anfang April darauf verständigt, insgesamt 240 Millionen Barrel aus den Notfallreserven freizugeben. Den Löwenanteil, näm
lich 180 Millionen Barrel, stellen dabei die USA. Die Freigabe soll über einen Zeitraum von sechs Monaten erfolgen, was einem zusätzlichen Angebot von rund 1,3 Millionen Barrel pro Tag ent¬spricht. Bezieht man diese Mengen mit ein, ist der Ölmarkt bis weit in den Herbst reichlich versorgt. Das sollte auch den EU-Ländern hinreichend Zeit geben, alternative Anbieter zu finden, bevor das Ölembargo gegen Russland in Kraft tritt.
Auch die OPEC+ senkte ihre Nac'ageprognose für das laufende
Jahr um knapp 500.000 Ba--e 5:e7. de-
hab sogar deutlich übe-- e•-•,=.: • .:-.: —=- I- -=•
aus diesem Grund kein .e
Produktionskartell hält sza__ _ ----• :: -
fest, die Ölproduktion jede
erhöhen, so auch im Mai u-d . Da die Otproc....-
wie schon erwähnt fallen dürfte, wird von der beschlossenen Ar.ge-botsausweitung in der Realität wohl kaum etwas übrig bleiben, zumal auch mehrere OPEC-Länder nicht in der Lage sind, ihre Pro¬duktion nennenswert zu erhöhen. Im März lag die Produktions¬menge der OPEC+ laut IEA bereits 1,5 Millionen Barrel pro Tag unter dem vereinbarten Niveau.
Im April belief sich die Abweichung wegen des Produktionsrück¬gangs in Russland sogar auf fast 2,7 Millionen Barrel pro Tag (siehe Grafik 5). Zudem blieb die Ausweitung der Ölproduktion der zehn an die Förderquoten gebundenen OPEC-Länder laut Umfragen von Reuters und Bloomberg auch im vergangenen Monat hinter der zugesagten Steigerung zurück. Die OPEC-Länder mit freien Förder¬kapazitäten wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait und Irak sind weiterhin nicht bereit, die Produktion stärker
zu erhöhen, um den Produktionsrückgang in Russland auszugleichen. Denn zu einem Bruch mit Russland ist man in der OPEC+ trotz des russischen Angriffskriegs in der Ukraine bislang nicht bereit. In den USA ist daher ein Gesetzentwurf auf den Weg gebracht worden, um die OPEC wegen illegaler Preisabsprachen verklagen zu können. Eine Mehrheit im Kongress und eine Unterzeichnung durch den US-Prä-sidenten galten bislang als sehr unwahr-scheinlich. Angesichts rekordhoher Benzin¬preise, einer Inflation auf 40-Jahres-Hoch und der im Herbst anstehenden Kongress¬wahlen kann dies aber nicht mehr völlig ausgeschlossen werden.
Alles in allem rechnen wir mit einem Brent-Ölpreis von 105 US-Dollar je Barrel im lau¬fenden Quartal, ehe der Preis im zweiten Halbjahr nachgeben sollte. Denn die Frei¬gabe der Ölreserven im Westen und die verstärkten Käufe Indiens und Chinas lin¬dern teilweise den Wegfall der russischen Öllieferungen nach Europa. Zudem wächst die Ölnachfrage wegen der Russland-Sank¬tionen und der Zero-Covid-Politik in China weniger dynamisch als zuvor erwartet. Der Ölmarkt dürfte daher trotz aller berechtigten Sorgen vor einer Angebotsverknappung in der zweiten Jahreshälfte ausreichend versorgt sein. Zudem könnte im Fall einer Angebotsknappheit zusätzliches Öl aus dem Iran an den Markt gelangen, vorausgesetzt, es kommt zu einer Einigung in den Atom¬verhandlungen und einer Lockerung der US-Sanktionen. Es kann auch nicht ausge¬schlossen werden, dass sich Saudi-Arabien doch noch bereit erklärt, mehr Ö[ zu fördern, beispielsweise im Herbst, nachdem das Kürzungsabkommen der OPEC+ ausgelau¬fen ist und daher kein Grund mehr besteht, auf Russland Rücksicht zu nehmen. Ende des Jahres dürfte Brent bei 90 US-Dollar handeln. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass ein russischer Gaslieferstopp für die EU ausbleibt und es nicht zu dauerhaften Corona-Lockdowns in China kommt.
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