Manfred Deix 1949-2016 Künstler
Author D. Selzer-McKenzie
Youtube-Video: https://youtu.be/Xmo9pfGZXqw
Manfred Deix (geboren am 22. Februar 1949 in St. Pölten,
Niederösterreich; gestorben am 25. Juni
2016[1][2]) war ein österreichischer Karikaturist, Grafiker und Cartoonist.
Deix betätigte sich auch als Musiker und Krimiautor.
Geboren als zweites Kind von Johanna und Franz Deix im
niederösterreichischen St. Pölten, wuchs Deix dort und später in Böheimkirchen
auf, wohin seine Eltern übersiedelten, um dort das von ihnen gepachtete
Gasthaus „Zur blauen Weintraube“ zu betreiben. Nach dem Willen der Eltern
sollte er Wirt werden.[3] Ab 1955 besuchte er die Daniel-Gran Volksschule,
danach für ein Jahr die Hauptschule und dann von 1960 bis 1965 das
Bundesrealgymnasium in St. Pölten. 1965 immatrikulierte er sich in Wien an der
Höheren Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt, die er u. a. gemeinsam mit
Gottfried Helnwein, Josef Bramer und Bernhard Paul besuchte. Die Ausbildung
endete wegen „Schulschwänzen“ (Deix) nach zweieinhalb Jahren vorzeitig durch
seinen Rauswurf. Daraufhin schrieb er sich 1968 an der Akademie der Bildenden
Künste in Wien ein. Das Kunst-Studium brach er 1975 nach 14 Semestern und ohne
Abschluss ab.
Deix' Vater hatte einen Arm im Zweiten Weltkrieg "in
Russland zurückgelassen." Im Rückblick sagte Deix 2002, dass Kriegsinvalide
für ihn etwas "Alltägliches waren" und er "mit 2, 3 Jahren
andere Väter mit zwei Armen für missgebildet" hielt. "Ich war dann
härter im Umgang mit Kriegsveteranen, die von dieser Sache (Anm. dem Krieg)
nach wie vor schwärmen ... die verspotte ich gnadenlos ... die
Kameradschaftsbündler, ... die ich gesehen hab".[4] 1984 heiratete Deix
seine langjährige Freundin Marietta in Las Vegas. Im Zuge dieses
USA-Aufenthaltes kam es in Los Angeles zu einem ersten persönlichen Kontakt mit
den von ihm sehr geschätzten Beach Boys. 1995 erschien seine CD Musik aus
Ameriga mit von ihm getexteten und gesungenen Coverversionen der Beach Boys im
Wiener Dialekt (Deix & die Good Vibrations Band, mit Lukas Resetarits als
Gastsänger, zum Austropop gerechnet).[5] 1985 wurde Deix in der ORF-TV-Sendung
Ohne Maulkorb porträtiert. Im selben Jahr entstanden persönliche Kontakte zu
den Titanic-Zeichnern Hans Traxler, Chlodwig Poth, F. K. Waechter und Robert
Gernhardt. Das 1987 von Peter Hajek im Auftrag von ORF und ZDF gedrehte 45-minütige
TV-Filmporträt "Küß die Hand, Österreich - Manfred Deix und seine
Bilder", wurde 1988 bei der Berlinale vorgestellt und anschließend von
vielen europäischen Fernsehanstalten ausgestrahlt. 1988 erlitt Deix – nicht
zuletzt aufgrund seines exzessiven Lebenswandels („ich arbeite, zeichne,
rauche, saufe“) – einen Lungeninfarkt und übersiedelte nach dem
Klinikaufenthalt nach Klosterneuburg-Weidling. Sieben Jahre später folgte ein
weiterer, diesmal alkoholbedingter Zusammenbruch, der den Zeichner veranlasste,
eine „brave Phase bis heute ...“ einzulegen. Billy Wilder bekannte sich 1989
als Deix-Fan und schrieb das Vorwort zum fünften Deix-Buch Augenschmaus. Bono,
Frontman von U2, verglich 1993 in einem Interview die Texte seiner Band mit den
Bildern von Deix. 2001 begegnete Deix in seiner Kremser Dauerausstellung seinem
Vorbild Robert Crumb.
Deix lebte zuletzt mit seiner Frau und 39 (Stand: Februar
2015) Katzen (zeitweise etwa 80 Tiere) in der Nähe von Wien. Am 22. Februar
2009 wurde im Karikaturmuseum Krems mit einem großen Festakt sein 60.
Geburtstag gefeiert. In diesem Rahmen wurde ihm eine Sonderausstellung
gewidmet[6] und das Buch Der goldene Deix präsentiert. Im Herbst 2014 erlitt
Deix einen Lungeninfarkt, dem ein mehrmonatiger Krankenhausaufenthalt folgte,
und stellte, als ehemaliger Kettenraucher, seinen Zigarettenkonsum danach auf
E-Zigaretten um. Nach schwerer Krankheit starb er am 25. Juni 2016.[7]
Werk
Manfred Deix' handschriftliche Redaktion eines Interviews zu
seinem künstlerischen Selbstverständnis.
Bereits als Sechsjähriger erregte Deix durch „erste Verkäufe
von Nackertzeichnungen an die aufgeweckteren Mitschüler (Stückpreis 10–15
Groschen)“ Aufsehen, wie er selbst schrieb. Mit neun malte er ein erotisches
Daumenkino aus 100 Zeichnungen einer Frau, die sich auszieht. "Das Höschen
hat sie anbehalten," erzählte er später, "weil ich nicht wusste, wie
es darunter aussieht."
Als er mit elf an einem Zeichenwettbewerb des ORF teilnahm,
wurde er mit der Begründung „Wir wollen Zeichnungen von Kindern, aber nicht von
Erwachsenen und Profis.“ disqualifiziert. Deix hatte zum Thema „Der
Rattenfänger von Korneuburg“ sein Bild eingeschickt. Bemerkenswerterweise war
es sein Religionslehrer, der ihm 1960 – trotz der immer anstößiger werdenden
Bilder – die Chance gab, erste Cartoons in der wöchentlichen
Niederösterreichischen Kirchenzeitung zu veröffentlichen. Für 52
4-Bilder-Comicstrips in diesem Jahr – über zwei deutsche Pfadfinder, die in
Afrika einen Araber-Buben befreien, der zuletzt in Europa sagt: "Ich möchte
Priester werden." – erhielt Deix 1000 Schilling Honorar. Nachdem er
anfänglich seine Blätter von seiner Freundin Marietta auf dem Flohmarkt
verkaufen ließ, veröffentlichte er ab 1972 in den Magazinen Profil, Trend und
Economy. Ab 1978 folgten auch Titelblätter und Zeichnungen für Stern, Der
Spiegel, Pardon, Titanic und den Playboy. Für die Zigarettenmarke Casablanca
zeichnete er Werbeplakate.
Von 1992 bis März 2015 veröffentlichte Deix jede Woche einen
Cartoon im Nachrichtenmagazin News.[8] Mit den Honoraren buchte Deix die erste
USA-Reise, in der er vor allem Kalifornien besuchte und seine Freundin Marietta
in Las Vegas heiratete. 1987 gestaltete Deix ein Bühnenbild für Bertolt Brechts
Arturo Ui am Wiener Burgtheater und die Fassade des „Palastes der Winde“ für
André Heller. Unter der Regie von Peter Hajek entstand 1988 das
Fernsehfilmporträt Küss die Hand Österreich – Manfred Deix, das bei ORF, SRG
SSR, ZDF und 3sat gesendet wurde. 1987 bot die Hamburger Fachhochschule für
Gestaltung Deix eine Professur an. Beim Wiener Donauinselfest stand Deix 1999
mit den Beach Boys live auf der Bühne.
1997 stand Deix in dem Film Blutrausch unter der Regie von
Thomas Roth vor der Kamera.
Arbeitsweise und Stil
Als Graphiker arbeitete Deix vorzugsweise in Aquarell. Die Wahl
feiner gestalterischer Mittel wird dabei kontrastiert durch Bildinhalte, die in
Themenwahl und Deutlichkeit oft Tabugrenzen überschreiten. Dabei sind die Werke
allerdings stets getragen von einem hohen moralischen Impetus, da Ironie und
Sarkasmus stets im Dienste der Gesellschaftskritik oder der Aufdeckung
institutionellen oder persönlichen Fehlverhaltens stehen.
Zielscheibe des teilweise ätzenden Spottes waren zum einen
österreichische, aber auch internationale Politiker, sowie zum anderen das
gemeine Volk. Besonders hart attackierte er den österreichischen
Rechtspopulisten Jörg Haider. Darstellungen Haiders u. a. als Kampfhund,
Hannibal Lecter oder Tiger (siehe Der Dicke Deix, Seiten 112, 212, 249) führten
zu diversen Klagen Haiders. Ebenfalls augenfällig sind Deix’
Volks-Darstellungen: Zechgelage, (Kinder-) Pornokonsumenten oder sich sexuell
betätigende Kleriker wurden zum Thema einer tabulosen Ironisierung.
Gleichzeitig praktizierte Deix große Volksnähe, die ihm erlaubte, den von ihm
reklamierten „liebevollen Blick auf die Österreicher“ aus einer Haltung der
Empathie heraus zu entwickeln und sich selbst als Gegenstand der Ironisierung
nicht auszusparen. Selbstporträtierungen und Autobiografisches waren daher
nicht weniger ironisch-sarkastisch als andere Arbeiten.
Zahlreiche Karikaturen Deix’ sind mit von ihm selbst
verfassten Texten versehen, welche häufig die Form durchaus eigenständiger
Gedichte haben. Analog zur Kontrastierung zwischen feinen Gestaltungsmitteln
und explizit Dargestelltem im Grafischen verwendete er im Text einen witzigen,
mitunter fast kindlichen Ton, dem in der Wortwahl die explizite Benennung von
Sexualpraktiken, Fäkalien und Vulgärausdrücken entgegengestellt werden.
Aufgrund seines provozierenden Stils und der – oft auch
kirchenkritischen – Inhalte sind die Arbeiten Deix’ durchaus umstritten, werden
aber auch gerade wegen dieser Eigenschaften hoch geschätzt. Seitens der
Kunstkritik war Deix zum Zeitpunkt seines Todes anerkannt, viele seiner
Karikaturen sind Klassiker und gelten als stilprägend. Dabei hat sich in
Österreich sogar sein Name als Synonym für einen bestimmten Menschentyp
eingebürgert, der in Verhalten und Aussehen an seine Karikaturen erinnert: die
„Deixfigur“, auch im Duden[9] und im Österreichischen Wörterbuch[10] erwähnt.
2001 eröffnete in Krems das nach einem Entwurf Gustav
Peichls erbaute Karikaturmuseum Krems. Es zeigt eine Dauerausstellung mit etwa
250 Exponaten zu Deix’ Werk (aktueller Titel seit Neueröffnung 2006: „Deix in
the city“, davor 2001 bis 2005 „Die Welt des Manfred Deix“).
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.