Der Brand auf der General Slocum am 15.6.1904
Author D.Selzer-McKenzie
Video: http://youtu.be/Ejt5fSyTdTw
An der Lower East Side lag Kleindeutschland. Dort lebten
fast 100 000 deutsche Einwanderer in einer Gemeinde, die auch in München oder
Frankfurt nicht aufgefallen wäre.
TRAGISCHES SCHICKSAL
Kleindeutschland hatte auch ein reges religiöses Leben, und
am Ende des Sonntagsschuljahres 1904 versammelten sich 1 300 Kin-der und
Erwachsene der lutherischen Markuskirche an der East 6th Street zu einem
Ausflug. Es war der 15. Juni, und das Schiff, das sie am Locust Grove auf Long
Island Sound bestiegen, war der Dampfer General Slocum.
Die General Slocum startete um 9.30 Uhr und fuhr mit ihrer
leb-haften Fracht den East River hinauf; die Decks wimmelten von auf-geregten
Kindern. Als der Dampfer die 90. Straße passierte, brach in einem vorderen
Lagerraum Feuer aus. Obwohl der Brand zunächst klein war, konnte die schlecht
ausgebildete Mannschaft ihn mit ik->ihren löchrigen Schläuchen nicht
löschen, und innerhalb von zehn Minuten entwickelte sich ein Großbrand. Als
Kapitän William van Schaick endlich informiert wurde, traf er die
schlimmstmög-liche Entscheidung. Anstatt sofort anzudocken — er fürchtete, die
Öltanks am Ufer zu entzünden —, fuhr er mit voller Kraft auf die anderthalb
Kilometer entfernte North-Brother-Insel zu. Der Fahrtwind fachte das Feuer zu
einem Inferno an.
PANIK
Die Passagiere gerieten in Panik. Kinder und Erwachsene
ließen sich ins Wasser fallen, um den Flammen zu entkommen. Die meisten
ertranken, denn die Rettungsboote hatte man ent¬fernt, und die Schwimmwesten
waren unbrauchbar. Zudem konn¬ten viele der kleinen Städter nicht schwimmen.
Andere verbrannten im Schiff, dessen frische Farbe das Feuer begünstigte. Die
General Slocum erreichte zwar die Insel, stand aber in hellen Flammen.
Ret-tungsschiffe waren dem Dampfer gefolgt, aber sie fuhren zwischen Hunderten
von auf und ab hüpfenden Leichen hindurch. Viele Retter blieben ihr Leben lang
traumatisiert. Insgesamt gab es
1 021 Opfer, die man in offene Särge legte, um sie zu
identifizieren. Politiker aus aller Welt schickten Beileidstelegramme. ■
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