Trading Planung von Selzer-McKenzie SelMcKenzie
Author D.Selzer-McKenzie
Video: http://youtu.be/bJuRh0IDRek
Wer erfolgreich Wertpapiere handeln möchte, braucht klare
Regeln. Diese selbst erstellten Regeln sollte man dann natürlich auch
ein-halten. Und doch können und sollen sie sich verändern, damit aus ihnen ein
erfolgreicher Tradingplan entstehen kann. Warum benötigt man einen solchen
Plan? Und wie fügt er sich in den Alltag eines privaten Traders ein? Und
natürlich: Wie kann er aussehen?
Waren Sie schon einmal auf einer Anlegermesse oder einem
Börsentag? Das soll¬ten Sie tun. Denn man kann dort hervorragende Vorträge
hören. So verfolgte ich beispiels¬weise im Frühjahr 2013 den Vortrag eines
Referenten
zum Thema „Disziplin beim Trading". Das Gesagte war
nicht beson¬ders komplex, hatte aber
viel mit gesundem Men¬schenverstand zu tun und
leuchtete insgesamt ein. Aber
doch hinterließ der Redner bei
den Zuhörern wohl den Eindruck, dass es insgesamt lästig und
anstren¬gend sei, sich mit dem Meta-Thema „Disziplin" zu befassen, wo es
doch auf den richtigen Einstiegs- und Aus-stiegszeitpunkt ankäme. Tatsächlich
besuchte später ein Mann den Stand von HSBC Trinkaus, mit dem ich mich darüber
unterhielt. Er unterstellte, dass der „Psychokram" nichts sei für Tra-der:
Entweder man sei erfolgreich oder eben nicht. Da würden auch keine Vor¬träge helfen.
Denn jeder hat inzwischen gelernt, dass es vor allen Dingen
um die vorhandenen Risiken einer Position geht, um das Money Management: Wie
groß soll das initiale Risiko ein? Nach welchem System zieht man seinen Stopp
nach? Wie viel Kapital investiert man? Handelt man unterschiedliche Märkte und
viel-.eicht auch verschiedene Positionen gleichzeitig? Die Beantwortung dieser
Fragen sind von zentraler Bedeutung für den langfristigen Erfolg Ihrer
Aktivitäten als privater Investor, der aktiv handelt, sei es als Day Trader
innerhalb eines Tages, sei es in einem Trendfolgemodell, bei dem man gerne auch
mal mehrere Tage oder gar Wochen engagiert ist oder sind es die großen seltenen
Bewegun¬gen, zu denen man auch die Analyse von Monatscharts zu Rate ziehen
kann.
Konfigurieren Sie
Ihren Tradingplan.
Der Plan kann jedoch nicht vollständig sein, wenn man seinen
wesentlichen Bestandteil außer Acht lässt—den Men-schen. Da das rationale
Verhalten eines homo oeconomicus inzwischen klar widerliegt wurde, leuchtet
vermutlich den meisten Börsianern ein, dass die eigenen Positionen irgendwie
auch vom eigenen Verhalten abhängen. Daher gehört zu einem funktionierenden
Tra-dingplan auch eine zutreffende Selbst-einschätzung. Diese wiederum
generiert sich vermutlich stark aus gemachten Fehlern und damit aus
Erfahrungen, sodass der Tradingplan per definitionem zu einem „lebenden" Prozess
wird.
Natürlich geht es in punkto Emotionen auch darum, wie
kaltschnäuzig man mit seinen Gewinnen und Verlusten umgeht. Erfasst einen nach
drei Gewinntrades gleich die Euphorie, sodass man die Kon¬trolle über sein
Stop-Management ver¬liert? Oder zerfällt man in Mitleid und Angst, wenn fünf
Verluste hintereinan¬der das eigene Ziel der Trading-Unab-hängigkeit in weite
Ferne zu entreißen scheinen? Im Kern steht die Frage, ob der gewählte
Tradingansatz mit dem verbundenen Money Management tat-sächlich zu einem selbst
passen? —Viel-leicht versagt man als Day Trader in einem Fünf-Minuten-Chart,
agiert mit länger laufenden Positio-
nen nach einer ähn¬lichen Strategie aber erfolgreich?
Kann man mit
Übernacht-Positionen gut schlafen? Kann man nach erlittenen
Ver¬lusten überhaupt noch schlafen? Und wie stressig darf der Alltag eines
priva¬ten Traders überhaupt sein? Der Mensch ist es, der den technischen und
leicht erlernbaren Plan zu etwas Individuellem macht. Wenn Sie ein Smartphone
besit¬zen, dann können Sie mit ihm nach dem
Auspacken und Aufladen schnell telefonieren. Aber erst, wenn
Sie Ihre Kon¬taktdaten eingegeben haben, wenn Sie Apps Ihrer Bank oder Zeitung
heruntergeladen haben, wenn Sie Ihre Lieblingsmusik oder ihr Lieblingshörbuch
auf dem Smartphone haben, erst dann passt es zu Ihnen. Ähnlich müssen Sie Ihren
Tra-dingplan „konfigurieren".
Ein Plan kann so gut sein wie er will. Wenn Sie sich nicht an
ihn halten, bleibt er Theorie. Genau aus diesem Grund sollte er zunächst
einfach und verständ¬lich, vor allem aber umsetzbar formuliert sein. Was nützen
schließlich hehre Ziel-
vorgaben, wenn man beispielsweise aufgrund beruflicher,
familiärer oder sozi¬aler Verpflichtungen keine Zeit findet, sie zu erreichen.
Planen Sie also eher defen¬siv. Und natürlich: Halten Sie sich an Ihre eigenen
Regeln. Nichts ist so enttäu¬schend und niederschmetternd wie ein Vorhaben, das
gut funktioniert hätte, wenn ... In diesem Kontext hat Disziplin also nicht nur
etwas mit einer sturen Umsetzung von Regeln zu tun, sondern auch mit der
Praxistauglichkeit der Regeln selbst. Und wieder kann zu Beginn Ihres Handelns
die durchführbare Einfachheit die Oberhand gewinnen über einen ausgereiften
Plan, der aber schlicht nicht umsetzbar ist. Geben Sie sich und Ihrem Regelwerk
Zeit, sich aneinander zu gewöhnen, zu wachsen.
Gestatten Sie sich Fehler und bessern Sie sie aus. Damit
wäre ich auch schon bei dem letzten Bestandteil eines guten Plans angelangt:
Der Selbstreflexion.
Nun, ich weiß, sich selbst zu analysieren wird nicht
funktionieren. Doch es geht bei dem letzten Punkt um etwas ande¬res: die
Weiterentwicklung des Sys¬tems. Weil nämlich Erfahrungen die Grundlage für
dauerhafte Erfolge bedeu¬ten, sollten aktive Anleger aus ihren Feh¬lern und
Erfolgen der Vergangenheit ler¬nen. Einerseits gehört also Buchhalteri¬sches
dazu, in dem man eine detaillierte Übersicht seiner Trades erstellt und an
jedem Tradingtag aktualisiert. Meistens werden solche Listen von der eigenen
Depotbank zur Verfügung gestellt, doch man kann sie problemlos um einige Punkt
erweitern. Basis für die Analyse von Fehlern oder auch gelungenen
Posi-tionierungen kann darüber hinaus ein sog. „Tradingjournal" sein, in
dem man in freien Worten beschreibt, warum man ein Engagement eingegangen ist
(oder auch nicht), welche Unsicherheiten man am meisten fürchtete, warum man das
Stop-Management zu aggressiv (oder zu defensiv) betrieb usw. Ein Tradingjournal
könnte als eine Art „Tagebuch" bezeich¬net werden, aber eben nur in kurzen
Sät¬zen. Das Besondere: Der Lerneffekt aus dem Geschriebenen erschließt sich
ver¬mutlich erst nach einer gewissen Zeit. Lassen Sie sich also nicht von
solchen Gedanken stören, die Ihnen vermitteln wollen, Sie wüssten ja jetzt
noch, was Sie in der Situation gefühlt hätten — in mehreren Wochen werden Sie
es nicht mehr wissen und dann hilft Ihnen das Tradingjournal.
Genau betrachtet gehört zum zuletzt genannten Punkt auch das
Messen des eigenen Erfolgs oder Misserfolgs. Ich kenne nämlich genügend private
Anle-ger, die zwar schon viele Gewinne ertra-
Turbo-Optionsscheine oder
Mini-Future-Zertifikate
können sich für aktives
Trading eignen.
det haben in ihrer „Karriere", aber auch jede Menge
Verluste. Kennen Sie auch solche Anleger? Dabei sollte sich die Frage, ob die
letzten sechs Wochen, sechs Monate oder sechs Jahre erfolg-reich waren für die
eigene Geldanlage, doch mit einem klaren „Ja" oder „Nein" beantworten
lassen! Und genau zu die-sem Zweck dient die Erfolgsmessung des gesamten
Tradingsystems, die hier in Grafik 2 ausführlich verbildlicht wurde. Eine
Messung über die Nachhaltigkeit eines Tradingsystems kann natürlich nur
aussagekräftig sein, wenn die unter-suchte Zeitreihe einen relevanten Zeit-raum
umfasst. Im hier genannten Bei-spiel wurden insgesamt 36 Engage¬ments
ausgewertet (siehe „Zweiter Schritt"), von denen nur 12 einen Gewinn
einbrachten, während
zwei Drittel aller Trades, nämlich 24, zu Verlusten führten.
Dennoch
kann dieses nicht
näher beschrie-
bene System als erfolgreich eingestuft werden. Das liegt
maßgeblich an der durchschnittlichen Höhe der Gewinne und Verluste. Denn
scheinbar werden die Verluste über ein striktes Money-und Stopp-Management
derart stark begrenzt, dass ein Gewinntrade drei Ver-lusttrades in ihrer Höhe
„aufwiegen" kann. Obwohl dies zu Schwierigkeiten in der mentalen
Verarbeitung der Verluste beim Trader selbst führen kann, zeigt dieses
konstruierte Beispiel vor allem eines: Ein System kann auch er¬folgreich sein,
wenn überwiegend Ver¬luste erwirtschaftet werden. Der Fokus innerhalb eines
funktionierenden Plans sollte daher stets der Optimierung des Money Managements
gelten. Obwohl viele Aspekte den Erfolg oder Misser-folg beeinflussen können,
gehört die-sem Punkt die größte Aufmerksamkeit.