Donnerstag, 2. Juni 2016

Paddeltour auf der Werra


Paddeltour auf der Werra

Author D. Selzer-McKenzie

Youtube-Video: https://youtu.be/_axw22xFCXw

Im Kanu durch Deutschlands Mitte: Bei einer Paddeltour auf der Werra erlebt man Thüringen aus ungewohnter Perspektive. Der Fluss bietet grüne Weidentunnel und offene Auenlandschaften, am Ufer begleiten einen mittelalterliche Burgen und Schlösser.

 

4         Uralte Weiden strecken ihre knorrigen Äste aus, als wollten sie einen aufhalten. Manchmal muss man sich tief ducken, um unter ihnen durchtreiben zu können, sonst würden sie die Wasserwanderer aus den Kanus werfen. Das Laub bildet einen grünen Tunnel, den das Son-nenlicht nur gefiltert durchdringt. Erlen reihen das Ufer, dahinter ein paar Ulmen und Eschen: An manchen Stellen des Flusses haben sich noch Altärme und Auwälder mit den typischen Baum¬arten erhalten.

Mit hellen Pfiffen begleitet einen hier ein fliegen¬der Edelstein: Den blau-rot gefiederten Eisvogel bekommt man anderswo nur mit Glück zu Ge¬sicht. Doch wo die Natur noch Natur sein darf, ist die Werra wildschön wie ein Dschungelfluss. Was nach der nächsten Kurve kommt? Von der

Werraffhüringen

n         Quelle im Thüringer Wald

n         Kanu-Einstieg in Meiningen

n         230 Kilometer bis zur Weser

 

Werra lässt sich selbst Andreas Pfannstiel immer wieder aufs Neue überraschen. Seit mehr als 20 Jahren stattet er mit seiner Firma diejenigen mit Kanus und der passenden Ausrüstung aus, die den Fluss für eine Tagestour oder bei einer länge¬ren Reise erkunden wollen. Doch die Werra hat, obwohl sie vielerorts ausgebaut und begradigt wurde, ihren naturnahen Charakter bewahrt. „Mal taucht ein Fischotter vor einem auf, mal muss man einen umgestürzten Baum umschif¬fen: Eine Tour auf dem Wasser ist hier jedes Mal ein Abenteuer."

Selbst für Anfänger geeignet

300 Kilometer schlängelt sich die Werra durch Thüringen und Hessen, um sich schließlich in Hannoversch Münden mit der Fulda zur Weser zur vereinigen. Die Strömung ist so gemütlich, dass auch Anfänger auf ihr paddeln können. Be¬liebt sind die offenen und kippstabilen Kanadier: Hier hat nicht nur eine vierköpfige Familie Platz, es passen auch noch Ausrüstung und Gepäck hi¬nein. Wer noch nie gepaddelt hat, bucht zunächst

 

am besten eine geführte Tour. „Viele Gäste sitzen zum ersten Mal im Leben in einem Kanu. Doch die Paddelschläge, die wirklich wichtig sind, lernt man schnell", sagt Andreas Pfannstiel.

Vielfalt am und im Fluss

Vom Städtchen Meiningen aus, wo die meisten Kanuten starten, ist die beliebte Panoramastre¬cke bis Treffurt in einigen Tagen zu schaffen. „Zu DDR-Zeiten war die Werra ökologisch tot, weil das Abwasser ungeklärt eingeleitet wurde. Heute hat der Fluss nahezu wieder Badewasser-Quali¬tät", freut sich Thomas Wey vom Bund für Um¬welt und Naturschutz. Mit dem Projekt „Leben¬dige Werra" soll die Vielfalt der Lebensräume am und im Fluss erhalten und erweitert werden. Bei Lauchröden wurden auf zehn Kilometern die Ufer aufgeweitet. Ein Problem bleibt die Versal¬zung des Flusses: „Die Kali-Industrie darf ihre Lauge weiterhin in die Werra pumpen. Fischen macht das Salz das Leben schwer, doch immer¬hin ist die Sole für uns Menschen ungefährlich." Am Ufer der Werra begleiten einen verschlafeneÖrtchen und die Kurstadt Bad Salzungen. Auf jedem zweiten Hügel steht eine Burg. Man kann seine Nächte in Hotels und Pensionen, aber auch an ungewöhnlichen Orten verbringen. Auf dem Campingplatz in Breitungen stehen Schä¬ferwagen, und bei Martin Koenitz im Schloss Breitungen tauchen Gäste in die Geschichte des Anwesens ein.

Am Wochenende herrscht auf der Werra mehr Betrieb, doch unter der Woche sind auf dem Fluss oft nur wenige Paddler unterwegs. Am An¬leger des Dörfchens Hörschel ist zumeist mehr los. Hier beginnt der Rennsteig-Wanderweg. Manche machen hier auch die letzten paar Schritte ihrer Tour: Am Holzpfahl mit den Weg¬weisem für die Route haben Wanderer viele aus¬getretene Sportschuhe als Andenken an ihren langen Marsch zurückgelassen.

Einer der schönsten Abschnitte der Werra

„Viele Wanderer nehmen einen Werrakie-sel mit auf ihre Reise. 169 Kilometer spä ter, zum Abschluss der Tour, werfen sie den Stein dann in die Saale", erzählt Stefan Roth. Er unterhält in Creuzburg

und Treffurt zwei Kanustationen. Seine Hausstrecke entpuppt sich als einer

der schönsten Abschnitte der Pad¬deltour auf der Werra: Harmonisch vermählt sich hier die Kulturland¬schaft Thüringens mit der Wildheit der unberührten Natur.

Zunächst passieren Kanuten eine in sie¬ben Bögen ausgeführte Natursteinbrücke. Im Jahr 1223 ließ sie ein Thüringer Landgraf aus Sand- und Kalksteinblöcken errichten, um den auf dem Handelsweg „via regia" reisenden Kaufleuten einen sicheren Übergang über die Werra zu ermöglichen. Für den himmlischen Schutz der Brücke und der Reisenden sorgt die nahegelegene Liboriuskapelle.

 

Ein paar hundert Meter nach dem Kulturdenk¬mal übernimmt die Natur. Tief hat sich die Wer¬ra hier in ein Muschelkalkmassiv eingegraben und ein schmales Tal mit Steilhängen und weiß leuchtenden Felsen geformt. Wer sein Kanu am Ufer festmacht, kann auf die „Ebenauer Köpfe" hinaufsteigen: Die Felsen mit den Wacholderbü¬schen und dem kargen, der Sonne ausgesetzten Magerrasen sind ein wichtiges Rückzugsgebiet für seltene Tier- und Pflanzenarten.

Ein „Vöglein",

das nicht fliegen kann

An den Hängen reiht sich ein Schutzgebiet an das andere. „Wir haben hier seltene Heuschre¬cken gefunden. Und auch 35 Arten von Schmet¬terlingen, zum Beispiel Schwalbenschwanz und Perlgrasfalter", begeistert sich Werra-Experte

Renrieeig

8,0 kr

32,7 k,,

64,0

 

Thomas Wey vom Bund für Umwelt und Natur¬schutz. In einem Naturführer hat er'noch mehr Informationen über die Lebensräume am und im Fluss zusammengetragen. Das Rote Wald-vöglein ist hier ebenfalls heimisch — auf dem Bo¬den und nicht in der Luft, denn es ist eine der geschützten Orchideenarten. Im Aufwind über den Steilhängen kreist der Rotmilan, und auf den Felsvorsprüngen brüten Kolkrabe und die größte heimische Eule, der Uhu.

Wer anschließend wieder sportlich mit dem Paddel ins Wasser sticht oder sich als entspann¬tere Alternative einfach von der gemächlichen Strömung treiben lässt, reist in der Werraschlei-fe zwischen Frankenroda und Falken ebenfalls durch artenreiches Terrain. Es zwitschert im Schilf, auf den Feldern entlang des Flusses und im angrenzenden Wald: Nicht nur Meisen und Lerchen lassen von sich hören, sondern auch Sumpf- und Teichrohrsänger. Auf der Werra tummeln sich allerlei Enten, Zwergtaucher sowie ein turtelndes Höckerschwan-Pärchen.

Königlicher Blick über -larz und Rhön

Weiter flussabwärts wartet als nächstes kulturel-

les Highlight die Fachwerkstadt Treffurt mit ihrem Wahrzeichen, der schon von weitem sichtbaren Burg Normannstein. Vorher treibt man mit der gemütlichen Strömung der Werra aber noch durch eine Engstelle. Über einer gut 60 Meter hohen Felswand erheben

sich die Zinnen des Heldrasteins, den

die Thüringer Lokalpatrioten zum „König des Werratals" gekrönt ha¬ben. Wer die Stufen zum Aussichts¬turm hinaufkraxelt, kann das gut nachvollziehen: Der Blick auf den Harz und zur Rhön ist wirklich kö-

niglic

 




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