Blässhuhn Tiere Animals Natur SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Author D.Selzer-McKenzie
Video
http://www.youtube.com/watch?v=QmPoq9-1PFM
Das Blässhuhn (Fulica atra) ist eine Art aus der Familie der Rallen. Es wird auch Blässralle genannt und auch die alte Schreibweise mit e (Blesshuhn, Blessralle) ist noch häufig anzutreffen. Regionale Namen sind Wasserhuhn, Rohrhuhn, Duckente, Huhent, Belche, Blesse, Bölle, Böichn, Hurbel, Lietze, Zappe und Taucherli (Schweiz).
Es werden vier Unterarten unterschieden, die sich hauptsächlich in der Körpergröße unterscheiden. In Mitteleuropa kommt nur die Nominatform Fulica atra atra vor.[1]
Das Blässhuhn (gr.: podubrin = „Blässhuhn“) verfügt über ein schwarzes Gefieder, das am Kopf etwas dunkler ist als am Rumpf; einen weißen, relativ spitzen Schnabel und einen weißen Schild auf der Stirn. Dieser Blesse verdankt der Vogel seinen Namen. Er erreicht eine Länge von rund 38 cm. Ferner hat das Blässhuhn rote Augen. Männliche Tiere, erkennbar am größeren Hornschild, erreichen ein Gewicht von bis zu 600 Gramm. Die Weibchen werden bis zu 800 Gramm schwer. Das Blässhuhn kann ca. 15 Sekunden tauchen.
Die tagaktiven Blässhühner sind gute Schwimmer und Taucher. An ihren kräftigen grünen (manchmal auch gelben und grauen) Beinen befinden sich drei Schwimmlappen an jeder Zehe (keine durchgehenden Schwimmhäute), mit denen sich der Vogel beim Tauchen gut abstoßen kann, um an tiefer wachsende Pflanzen u. a. heranzukommen. Das Tauchen wird jeweils durch einen charakteristischen Kopfsprung eingeleitet. Der Übergang zwischen Land- und Wasserbewegung erfolgt stetig und fließend. Die Tauchtiefe beträgt weniger als zwei Meter. Im Mittel sind Blässhühner weniger als zwanzig Sekunden unter Wasser.
An Land ähnelt die Bewegung des Vogels bis hin zum suchenden Picken teils dem Haushuhn, schnell laufende Blässhühner schlagen dabei mit den Flügeln. Auf dem Wasser liegen sie hoch im Wasser. beim langsamen Schwimmen erfolgt während der Schwimmbewegung ein Nicken, dies entfällt bei schnelleren Bewegungen. Auffliegende Blässhühner laufen zunächst auf der Wasseroberfläche oder festen Grund. Typisch für Blässhühner haben eine hohe Flügelschlagfrequenz. Im Flugbild überragen die Beine weit die Schwanzspitze.
Das Blässhuhn ist weit verbreitet. Von Mitteleuropa, Osteuropa und Nordafrika bis nach Sibirien, Japan und Australien erstreckt sich das Verbreitungsgebiet. Das Blässhuhn gilt nicht als gefährdete Art.
Verbreitungsgebiet
Blässhühner sind Standvögel und Kurzstreckenzieher. Das Winterquartier reicht von Süd-Skandinavien über Mittel- und Westeuropa bis nach Nordafrika, Vorderasien. Die Zugneigung von Blässhühnern nimmt dabei grundsätzlich vom Nordosten bis in den Südwesten Europas ab, sie sind aber in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet potentielle Winterausharrer. So überwintern seit einigen Jahren Blässhühner in Litauen und Weissrussland aber auch auf permanent eisfrei bleibenden Brauchwasserbecken und Winterfluchtbewegungen lassen sich auch noch bei Brutvögeln im Süden Frankreichs feststellen.[2] Die südlichsten Nachweise überwinternder Blässhühner stammen aus dem Senegaldelta, Niger, Tschad, Sudan, Arabien sowie Vorder- und Hinterindien. In Mitteleuropa sind während den Zugzeiten zahlreiche Durchzügler zu beobachten. Überwinternde Blässhühner sammeln sich in sehr großen Konzentrationen auf flachgründigen Seen. Die ansonsten tagaktiven Blässhühner ziehen vor allem während der Nacht.
Blässhühner bevorzugen flache Teiche, Seen, Baggerlöcher, Kiesgruben, Tümpel,. Feuchtgebiete und langsam fließende Gewässer mit vielen Wasserpflanzen und einem Schilfgürtel (Marsch, Sumpf, Auwald, Verlandung) als Brutareal. Blässhühner ernähren sich von Pflanzenteilen (Wasserpflanzen und Algen tauchend, Gräser an Land etc.) und Kleintieren (Insekten, Muscheln etc.), die Nahrungssuche findet sowohl im Wasser als auch im Ufer- und Marschbereich, seltener an Land statt.
Blässhühner sind Allesfresser, deren Nahrungszusammensetzung stark saisonal und regional variiert. Frische und faulende Pflanzenteile spielen eine erhebliche rolle. Sie fressen außerdem Abflälle und Entenfutter, kleine Mollusken wie beispielsweise Wandermuscheln und Schnecken sowie Insekten und deren Larven. Auch kleine Fischchen werden gefressen. Während des Sommers fressen Blässhühner auch Schilf, das einen hohen Gehalt an Rohproteinen und Kohlehydraten gefressen. Bei reiner Ernährung von den Blättern und Trieben von Schilf benötigen Blässhühner täglich knapp ihr Körpergewicht. Bei sehr hoher Dichte an Blässhühnern kann es zu einer Übernutzung des Schilfgürtels kommen.[3]
Untersuchungen zur Winternahrung von Blässhühnern in der Schweiz haben gezeigt, dass während des Winterhalbjahres bevorzugt Gras, Grünalgen sowie Wasserpflanzen wie Tausendblatt, Laichkräuter, Wasserpest und Flutender Wasserhahnenfuß eine Rolle spielen.Blässhühner auf der Havel in Berlin leben während des Winterhalbjahres überwiegend von Gras, Brotresten, Algen und an einigen Stellen überwiegend von Mollusken.[4]
Im Pflanzengürtel der Verlandungszone finden Blässhühner ihre Nahrung durch Abreißen und Abzwischen von Halmen und Blättern sowohl über als auch knapp unter der Wasseroberfläche. Gras und ähnliches suchen sie auf ufernahen Äckern und Wiesen. Sie tauchen und gründeln außerdem unter Wasser. Sie schmarotzen Nahrung besonders häufig bei Schwänen, aber auch bei Artgenossen und Enten. Zu den Vogelarten, die ihnen Nahrung stehlen, zählen Gründelenten, Möwen und Krähen.[5]
Brütendes Blässhuhn
Gelege
Küken
Jungvögel
Ihre Geschlechtsreife erreichen Blässhühner in der Regel bereits während des ersten Lebensjahres, allerdings brüten sie erst im zweiten Kalenderjahr. Sie sind monogame Vögel und vereinzelt ist ein längerer Paarzusammenhalt zu beobachten.
Der Nestbau erfolgt Mitte April, (eine zweite Brutzeit im Juni/Juli), im Schilf oder auch auf einer im Wasser gelegene Strohinsel, gern auch auf totem Geäst. Es werden 4 bis 12 Eier gelegt, die über 21 bis 23 Tage bebrütet werden. Die Küken und Jungtiere verbleiben als Nestflüchter 40 bis 60 Tage im oder am Nest. Die Küken sind zunächst grauschwarz gestreift mit rötlichem Kopf, später beinahe schwarz mit weißer Brust. Der Kopfschild ist bei den Jungtieren noch nicht ausgeprägt.
Das Brutpaar verteidigt das nähere Revier/Umfeld der Küken bzw. des Nestes während der Brut- und Aufziehphase, allzu aufdringliche Enten etwa werden durch Anschwimmen oder flügelschlagend auf dem Wasser laufend verjagt, im nächsten Moment allerdings wieder toleriert. Drohende Blässhühner strecken ihren Hals, neigen den Stirnschild nach vorne oder richten sich durch Wassertreten auf. Bei kämpferischen Auseinandersetzungen richten sich Blässhühner auf und treten mit den Füßen. Bei Erregung geben Blässhühner schrill fiepende (lang andauernde) oder piepsende (kurze) Laute von sich.
Das Überwintern erfolgt in Gruppen, auch zusammen mit sonstigen Wasservögeln, auf eisfreien Wasserflächen.
Zu natürlichen Ursachen, die einen Bestandsrückgang zur Folge haben gehören Gelegeverluste durch starke Wasserstandsschwankungen, hohe Mortalitätsraten in extrem kalten Wintern und Massensterben durch Botulismus und Wurmbefall. Pestizidbelastungen und der Tod in Stellnetzen und Bisamrattenfallen zählen ebenfalls zu wesentlichen Todesursachen.[6]
Von den Jungvögeln sterben im 1. Lebensjahr zwischen 75 und 87 Prozent, von den zweijährigen Vögeln erleben 48 bis 72 Prozent nicht das nächste Lebensjahr. Der älteste Ringvogel, der bislang gefunden wurde, ist ein in Dänemark aufgefundener Vogel, der 20 Jahre und sieben Monate alt wurde.[7]
Der europäische Gesamtbestand wird auf 1,3 bis 2,3 Millionen Brutpaare geschätzt. Zu den europäischen Ländern mit mehr als 100.000 Brutpaare gehört Russland, Polen, Deutschland, Niederlande, Ungarn, Rumänien und Frankreich. In Mitteleuropa ist das Blässhuhn weit verbreitet. Es kommt von Tieflagen bis in Höhenlagen von 1.400 Meter vor. Der mitteleuropäische Bestand wird auf 410.000 bis 750.000 Brutpaare geschätzt.[8]
Grundsätzlich haben die europäischen Bestände von Blässhühnern in den letzten Jahrzehnten zugenommen. Die Art hat dabei von einer Eutrophierung von Gewässern, der Einwanderung der Dreikantmuschel Dreissena polymorpha, einer Verringerung des Jagddrucks in Mitteleuropa, der Schaffung neuer künstlicher Gewässer und der Zunahme von Winterfütterung profitiert. Parallel nutzt die Art auch zunehmend Gewässer in Städten und war in der Lage, auf Grund günstiger klimatischer Bedingungen das Areal in Nordeuropa deutlich auszuweiten.[9] Diesem Trend steht eine regionale Abnahme gegenüber, die zum Teil sehr drastisch ist. In Baden-Württemberg sind die Bestände so stark zurückgegangen, dass die Art in der Roten Liste aufgenommen wurde. In Brandenburg kam es lokal zu Rückgängen der Brutbestände um mehr als fünfzig Prozent. In Ungarn, Tschechien und gebietsweise auch der Slowakei und Polen gab es seit den 1970er Jahren zum Teil erhebliche Bestandsverluste durch Lebensraumverluste. In Russland spielt beim Bestandsrückgang neben dem Lebensraumverlust auch eine intensive Bejagung eine Rolle
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