Hebriden Scotland Reise Travel SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Ein Reisebericht von D.Selzer-McKenzie
Draußen schlagen Wolken, Wind und Wellen ihre Wetterkapriolen. In den Brennereien wird währenddessen aus Gerste und Wasser edler Single Malt Whisky destilliert.
Im Kleinbus geht's von Glasgow rund 300 Kilo-meter an der Westküste entlang nach Norden zur Isle of Skye. Schon bald nach der Stadtgrenze über-wiegen weidende Schafherden. Die vorbeiziehende Landschaft ist eher eintönig. Wiesen, Weiden und ein paar spärlich bewachsene Hügel wechseln sich ab. Nur das Licht bringt immer wieder Bewegung ins Spiel. Der Himmel ist hellblau und heiter. Doch das kann sich auf der Hebriden-Insel blitzschnell ändern. Dann ballen sich regenschwere Wolken zusammen.
Beflügelte Fantasie
„Das ist jetzt Loch Lomond", erklärt der Schotte Dave Broom und deutet auf die glatte Wasser-oberfläche, die durch das hohe Gras am Straßen¬rand durchschimmert und kein Ende nimmt. „Mit 39 Kilometern Länge und acht Kilometern Breite ist der See der längste und zugleich schönste in Groß-britannien." Bei Fort William folgt gleich die nächs¬te Überraschung. „Hier ist Nessie zu Hause", witzelt Dave. Aber wer weiß schon, ob der Mönch im 6. Jahrhundert wirklich im Loch Ness ein Wasser
monster gesehen hat? Doch der 325 Meter tiefe See mit seinem undurchsichtigen Moorwasser beflügelt auch noch heute die Fantasie. Im Landesinneren liegt Ben Nevis (1344 Meter), der höchste Gipfel von Großbritannien.
Dann setzt Regen ein, Wind kommt auf und Nebel-schwaden verhüllen den Blick auf das märchenhafte Eilean Donan Castle, das nun stolz und trutzig in der Ferne auftaucht. Auf felsigem Grund ragt das Gemäuer aus dem Wasser empor, und man möchte glauben, alle Rittersagen Schottlands hätten sich nur um diese Burg gedreht. Im 13. Jahrhundert er¬baut und 500 Jahre später von den Engländern dem Erdboden gleichgemacht, ist Eilean Donan Castle heute ein perfektes Remake aus dem 19. Jahrhun-dert. Für die Kinowelt unersetzlich, denn wo sonst hätten die Filme „Prinz Eisenherz" und „Highlan¬der" gedreht werden sollen, wenn nicht vor dieser grandiosen Kulisse.
Eine moderne weiße Brücke aus dem Jahr 1995 verbindet Kyle of Lochalsh mit der Insel Skye, die als schönstes Eiland Schottlands gilt. Vorbei an schmucken Privathäusern mit gepflegten Gärten, wolligen Hebridenschafen, Hecken und Windschutz
mauern geht es auch durch Portree, mit 2500 wohnern die einzige Stadt auf den Inneren He den. Der gemütliche Fischerort mit den bur Fassaden und gut sortierten Geschäften ist 1 kaufszentrum und Gesellschaftstreff zugleich. Fish und Chips oder schottischem Haggis erzäl sich die Insulaner gerne den neuesten Tratsch. Unweit von Portree liegt die Landesteile für PS-s ke Schlauchboote. Ölanzug und Schwimmwe
sind Vorschrift. „Bei unserer Tour auf dem Atlantik
kann es ganz schön kalt werden", warnt Dave und
rät uns, bei Eisregen die Kapuzen tief ins Gesicht zu
ziehen. Dann legt das Boot ab und nimmt schnell
Fahrt auf. Die Temperatur fällt und bald ist das offe
ne Meer erreicht. Eine beeindruckende Szenerie liegt
vor uns: Unten glänzt die unheimlich schwarze
Wasseroberfläche und oben hängen schwere graue
Wolkenpakete. Der kalte Wind und die ra
sante Fahrt durch die eisigen Gewässer
der Inneren Hebriden wecken Freiheits
gefühle und Abenteuerlust, aber sie
flößen gleichzeitig Respekt ein vor den
Naturgesetzen des hohen Nordens.
Sagen und Mythen
Während es Mike, dem Steuermann, sichtlich Spaß macht, durch die Wellenmassen zu preschen, erzählt uns Dave von den vielen Sagen und Mythen, die sich um die Wikinger, Kelten und Nordmänner im 12. und 13. Jahrhundert drehen. Beim Vorbeifahren an Felswänden aus bemoostem Basaltstein und zerklüf-teten, tiefen Höhlengängen erinnert sich der Schotte an die Begebenheit mit Bonnie Prince Charlie, der nach der verlorenen Schlacht von Culloden als Thronfolger in England schlechte Karten hatte und 1746 nach Schottland floh. Da kam ihm die junge, tapfere Flora MacDonald zu Hilfe. Sie brachte den Prinzen, verkleidet als ihre Magd, in einem kleinen Boot zu den Inneren Hebriden, von wo aus er dann nach Frankreich fliehen konnte.
Bei einem kurzen Halt in einer windgeschützten Bucht entdecken wir Seehunde mit ihren Jungen, die sich genüsslich auf den Felsen räkeln. Und als ob wir uns verabredet hätten, gibt sich auch die „Hebridean Princess" die Ehre. Seit 1964 kreuzt das britische Schiff für 49 Passagiere vornehmlich in diesen nördlichen Gewässern. Sogar Königin Eliza-beth II. gönnte sich zu ihrem 80. Geburtstag im Jahr 2006 eine Woche an Bord der maritimen Prinzessin.
Nach zwei Stunden Nordmeertour haben wir uns dann einen echten schottischen Whisky verdient. Da es in ganz Schottland 120 Destillerien gibt und auf Skye der bekannte „Talisker" hergestellt wird, liegt es nahe, direkt an der Quelle einen Probeschluck zu nehmen.
„Wasser des Lebens"
Mark Lochhead, Manager der „Talisker" Brennerei, hat den Whisky bereits in kleinen Mengen in Probiergläser verteilt und mit Glasdeckeln ver-schlossen. Wie beim Winzer reift das „Wasser des Lebens" (gälisch: Uisge Beatha) in Pinienholz¬fässern aus den USA. Denn auch sein Aroma entfal¬tet sich erst nach und nach. Mit ein, zwei Tropfen Wasser, so die schottische Variante, 'gewinnt er an Geschmack dazu.
Rauchig schmecken alle Whiskys von den schotti-schen Inseln. Der Grund hierfür ist die Torfinsel Islay, wo Brendan McCarron von der Brennerei Lagavulin zu Hause ist. Besucht man ihn dort, so führt er einen auf die Weiden, wo der Torf in Brikettform am besten im April gestochen wird. „So, wie es aussieht", meint McCaron, „haben wir auf unserer Insel noch für 30.000 Jahre Torfvorrat." Peat, wie die Schotten Torf nennen, wächst in 1000 Jahren um einen Meter. Er dient als Feuermaterial zum Trocknen der Gerste, Dabei durchzieht sein rauchiger Duft das Getreide und bestimmt, je nach Torfmasse und Dauer des Vorgangs, die unverkenn¬bare Geschmacksnote des Malted Highland Whisky. Bevor wir mit der höheren Schule der Verkostung fortfahren, führt uns der gut gelaunte Marc durch die Brennerei. „Die gedarrte Gerste kommt mit hei¬ßem Wasser in den großen Maischbottich", erklärt er. Der abfließende Zucker wird als Würze gekühlt und mit Hefe versetzt. Nach drei Tagen ist die Gärung fertig. Dabei entsteht achtprozentiges „Wash" oder Bier, und so riecht es auch. „Jetzt wird es hochprozentig", kündigt Marc an und führt uns
in die dampfig warme Halle der Brennerei, wo c vier mächtigen Pot Stills (Brennblasen) aus reine Kupfer wie Riesenbirnen die Flüssigkeit zweimal d stillieren. „Im Spirit Safe, einer Art einsehbare Kontrollbereich, kann ich die Stärke und Quant des Destillats prüfen." Als farblose Flüssigki kommt der junge Whisky dann ins Eichenfa Farbe und Geschmack entwickeln sich mit (II Jahren. „Unsere Single Matts lagern mindeste acht Jahre im Eichenfass und stammen nur a einer Destillerie."
Beim zweiten Whiskytest geht es um ganz kostba Produkte. Bedächtig versuchen wir, ein 18 Jah altes „Lebenswasser" mit 45,8 Prozent Alkohol z erst mit der Nase zu erschnuppern. Dann kommt d kleine Schluck, und neben der rauchigen Komp nente kombiniere ich spontan Orangenschalen ui Ingwer. Andere schmecken nach Schokolade tu Zimt oder Zwetschgen, Birnen und Johannisbeere: Marc freut sich über unsere sensitiven Fortschrii als Nosing-Kenner. Doch ich denke, dass d Whiskyalter von 20 oder 44 Jahren schon auch eh wichtige Rolle spielt.
Fünf Jahreszeiten auf Skye
Bei einem reichhaltigen Fischbuffet mit frisch Austern, Räucherfisch und Garnelen treffen noch einmal die schottischen Begleiter. Uns zu E ren ertönt ein Dudelsack, und Marc und sein jung Kollege Ramsay Borthwick aus Edinburgh ersch nen im Kilt. Noch ist es draußen hell am Lc Harport. Dass es vor Kurzem stark geregnet hat, schon wieder vergessen. Man sagt auch, auf S1 gäbe es fünf Jahreszeiten an einem Tag.
Mit einem letzten Schluck Whisky prosten wir E ander zu, und Dave fragt in die Runde: „Was a wortet ein Schotte auf die Frage, was er in seil Whisky wolle? — Noch mehr Whisky", lacht D: Und mit dem gälischen Wort „Slange" (Prost) 1 er sein Glas
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