Donnerstag, 5. November 2015

Chinas Konjunktur – voller Gegensätze


Chinas Konjunktur – voller Gegensätze

Author D.Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/8xbud8wbRFg

China spaltet die Analystenmeinungen in zwei Hälften. Während die einen jegliche Konjunktursorgen für übertrieben halten, steigt bei den anderen die Skepsis. Einerseits wächst das Bruttoinlandsprodukt stetig, gleichzeitig öffnet sich die Schere in puncto Wohlstandsverteilung: Anleger dürfen gespannt sein, wie der künftige chinesische Wirtschaftswandel vonstattengeht.

 

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Für viele Experten hat der bevölkerungsreichs¬te Staat der Erde die Spitzenposition als welt¬größte Volkswirtschaft bereits inne. Zumin¬dest nach Berechnungen der Weltbank soll die Volksrepublik China die USA als Tabellenführer beim kaufkraftbereinigten Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2014 überholt haben. Die Angaben des Interna-tional Comparison Programs beziehen sich dabei auf das kaufkraftadjustierte BIP, was aufzeigt, dass sich rein kalkulatorisch in China mit einem erwirtschafte¬ten Dollar mehr einkaufen lässt als in den USA.

BEGINN EINER NEUEN ÄRA

Obwohl China im Pro-Kopf-Einkommen nicht mit den Vereinigten Staaten gleichziehen konnte — hier erreichen die Asiaten nicht einmal den globalen Durchschnittswert und liegen weit hinter den USA und Europa zurück —, erzielt das Reich der Mitte aufgrund der Bevölkerungsgröße und des Produk-tivitätsfortschritts in absoluten Zahlen ein höheres Bruttoinlandsprodukt. Dies war trotz der erheblichen Wachstumsdifferenzen eine Überraschung, rechne-

CHINESISCHES BRUTTOINLANDSPRODUKT

16       Prozent       

12      

8        

0         I          

 

te das Gros der Volkswirte doch deutlich später mit diesem Wachwechsel.

Es sind also neue Zeiten angebrochen. Schlie߬lich waren die USA seit dem Jahr 1872, als die frü¬here Kolonie das Mutterland Großbritannien an erster Stelle ablösen konnte, stets unangefochten die weltgrößte Volkswirtschaft. China knüpft nun an seine Glanzzeit im Altertum an, als es noch bis in die Neuzeit den europäischen Ländern wirtschaftlich und technisch weit überlegen war, aber infolge der Entdeckung Amerikas von Spanien und Portugal als neue Weltwirtschaftsmächte abgelöst wurde. Noch im Jahr 1990 trug China in nicht kaufkraftadjustier¬ter Berechnung nur 1,8 Prozent zur Weltwirtschaft bei — dagegen sind es heute rund 14 Prozent, kauf-kraftbereinigt sind es mittlerweile etwa 25 Prozent des globalen BIPs.

UNGLEICHE WOHLSTANDSVERTEILUNG

Dennoch hat der neue Wohlstand in China nicht alle Bevölkerungsschichten gleichermaßen erreicht, was sicherlich auch dem enormen Unterschied zwischen den Löhnen in städtischen und ländlichen Gegenden geschuldet ist. Der kommunistischen Partei-Ideologie zum Trotz besitzt einer Studie der Universität Peking zufolge das oberste Prozent der Bevölkerung mehr als ein Drittel des chinesischen Gesamtvermögens, während die ärmsten 25 Pro¬zent lediglich auf ein Prozent davon zurückgreifen können.

Dafür bringt aber auch kein anderes Land jähr¬lich so viele Neumillionäre hervor wie China. Der seit über 15 Jahren rasant wachsende Wohlstand hat dem Land zu Reichtum verholfen. Nirgends gibt es so viele Dollar-Milliardäre wie in China. Gegenüber 2014 soll sich die Anzahl der Bevölkerungsgruppe angehörenden Festlandchinesen um 70 Prozent auf 596 Personen erhöht haben.

Einer von ihnen, um genau zu sein der reichste Chinese, ist Wang Jianlin. Er ist Gründer des Misch-konzerns und Immobilienentwicklers Dalian Wanda und betreibt zudem dutzende Einkaufszentren sowie Luxushotels. Daneben besitzt er beispielsweise ein Fünftel des spanischen Erstliga-Fußballklubs Atlätico Madrid und die Mehrheit der Anteile des Schweizer Rechtevermarkters Infront, der für den Deutschen Fußball-Bund die Übertragungsrechte an den Län-derspielen der Nationalmannschaft verkauft.

Der ehemals reichste Chinese und lnternetun-ternehmer Jack Ma, dessen an der New Yorker Börse gelistete E-Commerce-Plattform Alibaba seit dem Börsengang im vergangenen Jahr heftige Kursein-brüche verzeichnen musste, wird sicherlich daran arbeiten, wieder die Pole Position im Club der Milli-ardäre zu erlangen. Wohl wissend, dass die Alibaba-Probleme auch der Entwicklung der chinesischen Wirtschaft geschuldet sind, befindet er sich auf Expansionskurs. Damit soll die Abhängigkeit vom

 

Heimatmarkt und vom Online-Handel geschmälert werden. Entsprechend hat der Konzern bereits 15 Milliarden Dollar investiert, um unter anderem in¬haltliche Angebote wie Filme und Sport sowie die Entwicklung von Zahlungssystemen für den eigenen Online-Handel zu ermöglichen. Zudem konzentriert sich das Unternehmen auf die Expansion in die USA und nach Europa.

Anleger können mit einem Memory-Express-Zertifikat in Alibaba investieren. Dabei ist das An¬lagekapital bis zu einem Rückgang des zugrunde liegenden Basiswertes am finalen Bewertungstag bis zur Memory-Barriere abgesichert und bietet die Möglichkeit, für jeden Bewertungstag, an dem die Memory-Barriere nicht unterschritten wird, einen Kupon zu erhalten. Durch den Memory-Mechanis-mus gehen ausgefallene Kupons jedoch nicht verlo¬ren, sondern können bei Nichtunterschreitung der Memory-Barriere an einem späteren Bewertungs¬tag nachgeholt werden. Notiert der Schlusskurs des Basiswertes am finalen Bewertungstag unter der Barriere des Ausgangsniveaus, nimmt der An¬leger eins zu eins am Verlust des Basiswertes teil. Berührt oder überschreitet der Kurs des Basiswer¬tes die Tilgungsschwelle an einem Bewertungstag, wird das Produkt vorzeitig zurückgezahlt und der Anleger erhält den Nennwert sowie den Kupon. Am letzten Bewertungstag muss der Schlusskurs des Basiswertes dafür lediglich auf oder über der Memory-Barriere liegen. Dies gilt auch in Bezug auf gegebenenfalls bis dahin ausgefallene Kupons.

AUS DER INTERNETWELT

Insbesondere mit Produkten aus der Internetwelt steigerten zahlreiche Chinesen ihr Vermögen. An¬leger, die ein Direktinvestment in Alibaba scheuen, aber an den zehn größten chinesischen Internet-unternehmen partizipieren möchten, sollten einen Blick auf das Solactive-China-Internet-Index-Zerti-fikat der Deutschen AWM werfen, mit dem sie an der Wertentwicklung des Index teilnehmen. Wei¬tere Informationen zum Index können unter www. solactive.com eingesehen werden.

Doch im chinesischen Mondkalenderjahr des Schafes, welches das von Tatendrang geprägte und schwer zu bremsende Pferd am 19. Februar dieses Jahres abgelöst hat, flammte zuletzt die Sorge um den Außenhandel auf. So teilte die chinesische Zoll-behörde im Oktober mit, dass die Importe den elf¬ten Monat in Folge deutlich zurückgegangen sind. Nachdem das Minus im August 14,3 Prozent betra¬gen hatte, fielen die Importe im September gar um 17,7 Prozent. Belastet von einer schwachen globa¬len Nachfrage nach Waren „made in China" sanken auch die Exporte im September — mit 1,1 Prozent zwar langsamer als im Vormonat und damit nicht so stark, wie von Ökonomen befürchtet. Dennoch mehren sich damit die volkswirtschaftlichen An¬zeichen für das schwächste Wirtschaftswachstum seit einem Vierteljahrhundert und somit für einen Abschied vom Turbowachstum der vergangenen Jahrzehnte. Und dies in einem chinesischen Jahr unter der Regentschaft des sanften Holzschafes,

 

das traditionell für einen Zeitabschnitt ohne große Höhen und Tiefen steht.

NIEDRIGERES WIRTSCHAFTSWACHSTUM

Chinas Staatschef Xi Jinping erklärte zur „neuen Normalität", dass er 2015 ein Wirtschaftswachs¬tum von rund sieben Prozent anvisiere, nach 7,4 Prozent im vergangenen Jahr. Dieses Ziel könnte jedoch nach Experteneinschätzung aufgrund des schwächeren Außenhandels, der Industrieproduk¬tion und der Anlageninvestitionen in Gefahr sein. Eine harte Landung wird allerdings nicht erwar¬tet. Zuletzt mussten zwar viele Pekinger Fabriken wegen der Leichtathletik-Weltmeisterschaft und der größten Militärparade in der Geschichte der Volksrepublik China schließen oder den Betrieb he¬runterfahren, um die Luftqualität zu verbessern. Da die chinesische Regierung aber nun beabsichtigt, die Konjunktur wieder anzukurbeln, rechnen viele Analysten mit einem Anstieg der Infrastrukturinves-titionen in den nächsten Monaten, wovon vielleicht auch die Aktienmärkte profitieren könnten. Gemäß aktuellem CIO View der Deutschen AWM wurde der kurzfristige Ausblick für den Aktienmarkt China allerdings von positiv auf neutral reduziert.



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