Chinas Konjunktur – voller Gegensätze
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/8xbud8wbRFg
China spaltet die Analystenmeinungen in zwei Hälften.
Während die einen jegliche Konjunktursorgen für übertrieben halten, steigt bei
den anderen die Skepsis. Einerseits wächst das Bruttoinlandsprodukt stetig,
gleichzeitig öffnet sich die Schere in puncto Wohlstandsverteilung: Anleger
dürfen gespannt sein, wie der künftige chinesische Wirtschaftswandel
vonstattengeht.
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Für viele Experten hat der bevölkerungsreichs¬te Staat der
Erde die Spitzenposition als welt¬größte Volkswirtschaft bereits inne.
Zumin¬dest nach Berechnungen der Weltbank soll die Volksrepublik China die USA
als Tabellenführer beim kaufkraftbereinigten Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr
2014 überholt haben. Die Angaben des Interna-tional Comparison Programs
beziehen sich dabei auf das kaufkraftadjustierte BIP, was aufzeigt, dass sich
rein kalkulatorisch in China mit einem erwirtschafte¬ten Dollar mehr einkaufen
lässt als in den USA.
BEGINN EINER NEUEN ÄRA
Obwohl China im Pro-Kopf-Einkommen nicht mit den Vereinigten
Staaten gleichziehen konnte — hier erreichen die Asiaten nicht einmal den
globalen Durchschnittswert und liegen weit hinter den USA und Europa zurück —,
erzielt das Reich der Mitte aufgrund der Bevölkerungsgröße und des
Produk-tivitätsfortschritts in absoluten Zahlen ein höheres
Bruttoinlandsprodukt. Dies war trotz der erheblichen Wachstumsdifferenzen eine
Überraschung, rechne-
CHINESISCHES BRUTTOINLANDSPRODUKT
16 Prozent
12
8
0 I
te das Gros der Volkswirte doch deutlich später mit diesem
Wachwechsel.
Es sind also neue Zeiten angebrochen. Schlie߬lich waren die
USA seit dem Jahr 1872, als die frü¬here Kolonie das Mutterland Großbritannien
an erster Stelle ablösen konnte, stets unangefochten die weltgrößte
Volkswirtschaft. China knüpft nun an seine Glanzzeit im Altertum an, als es
noch bis in die Neuzeit den europäischen Ländern wirtschaftlich und technisch
weit überlegen war, aber infolge der Entdeckung Amerikas von Spanien und
Portugal als neue Weltwirtschaftsmächte abgelöst wurde. Noch im Jahr 1990 trug
China in nicht kaufkraftadjustier¬ter Berechnung nur 1,8 Prozent zur
Weltwirtschaft bei — dagegen sind es heute rund 14 Prozent, kauf-kraftbereinigt
sind es mittlerweile etwa 25 Prozent des globalen BIPs.
UNGLEICHE WOHLSTANDSVERTEILUNG
Dennoch hat der neue Wohlstand in China nicht alle
Bevölkerungsschichten gleichermaßen erreicht, was sicherlich auch dem enormen
Unterschied zwischen den Löhnen in städtischen und ländlichen Gegenden
geschuldet ist. Der kommunistischen Partei-Ideologie zum Trotz besitzt einer
Studie der Universität Peking zufolge das oberste Prozent der Bevölkerung mehr
als ein Drittel des chinesischen Gesamtvermögens, während die ärmsten 25
Pro¬zent lediglich auf ein Prozent davon zurückgreifen können.
Dafür bringt aber auch kein anderes Land jähr¬lich so viele
Neumillionäre hervor wie China. Der seit über 15 Jahren rasant wachsende
Wohlstand hat dem Land zu Reichtum verholfen. Nirgends gibt es so viele
Dollar-Milliardäre wie in China. Gegenüber 2014 soll sich die Anzahl der
Bevölkerungsgruppe angehörenden Festlandchinesen um 70 Prozent auf 596 Personen
erhöht haben.
Einer von ihnen, um genau zu sein der reichste Chinese, ist
Wang Jianlin. Er ist Gründer des Misch-konzerns und Immobilienentwicklers
Dalian Wanda und betreibt zudem dutzende Einkaufszentren sowie Luxushotels.
Daneben besitzt er beispielsweise ein Fünftel des spanischen
Erstliga-Fußballklubs Atlätico Madrid und die Mehrheit der Anteile des
Schweizer Rechtevermarkters Infront, der für den Deutschen Fußball-Bund die
Übertragungsrechte an den Län-derspielen der Nationalmannschaft verkauft.
Der ehemals reichste Chinese und lnternetun-ternehmer Jack
Ma, dessen an der New Yorker Börse gelistete E-Commerce-Plattform Alibaba seit
dem Börsengang im vergangenen Jahr heftige Kursein-brüche verzeichnen musste,
wird sicherlich daran arbeiten, wieder die Pole Position im Club der
Milli-ardäre zu erlangen. Wohl wissend, dass die Alibaba-Probleme auch der
Entwicklung der chinesischen Wirtschaft geschuldet sind, befindet er sich auf
Expansionskurs. Damit soll die Abhängigkeit vom
Heimatmarkt und vom Online-Handel geschmälert werden.
Entsprechend hat der Konzern bereits 15 Milliarden Dollar investiert, um unter
anderem in¬haltliche Angebote wie Filme und Sport sowie die Entwicklung von
Zahlungssystemen für den eigenen Online-Handel zu ermöglichen. Zudem
konzentriert sich das Unternehmen auf die Expansion in die USA und nach Europa.
Anleger können mit einem Memory-Express-Zertifikat in
Alibaba investieren. Dabei ist das An¬lagekapital bis zu einem Rückgang des
zugrunde liegenden Basiswertes am finalen Bewertungstag bis zur Memory-Barriere
abgesichert und bietet die Möglichkeit, für jeden Bewertungstag, an dem die
Memory-Barriere nicht unterschritten wird, einen Kupon zu erhalten. Durch den
Memory-Mechanis-mus gehen ausgefallene Kupons jedoch nicht verlo¬ren, sondern
können bei Nichtunterschreitung der Memory-Barriere an einem späteren
Bewertungs¬tag nachgeholt werden. Notiert der Schlusskurs des Basiswertes am
finalen Bewertungstag unter der Barriere des Ausgangsniveaus, nimmt der
An¬leger eins zu eins am Verlust des Basiswertes teil. Berührt oder
überschreitet der Kurs des Basiswer¬tes die Tilgungsschwelle an einem
Bewertungstag, wird das Produkt vorzeitig zurückgezahlt und der Anleger erhält
den Nennwert sowie den Kupon. Am letzten Bewertungstag muss der Schlusskurs des
Basiswertes dafür lediglich auf oder über der Memory-Barriere liegen. Dies gilt
auch in Bezug auf gegebenenfalls bis dahin ausgefallene Kupons.
AUS DER INTERNETWELT
Insbesondere mit Produkten aus der Internetwelt steigerten
zahlreiche Chinesen ihr Vermögen. An¬leger, die ein Direktinvestment in Alibaba
scheuen, aber an den zehn größten chinesischen Internet-unternehmen
partizipieren möchten, sollten einen Blick auf das
Solactive-China-Internet-Index-Zerti-fikat der Deutschen AWM werfen, mit dem
sie an der Wertentwicklung des Index teilnehmen. Wei¬tere Informationen zum
Index können unter www. solactive.com eingesehen werden.
Doch im chinesischen Mondkalenderjahr des Schafes, welches
das von Tatendrang geprägte und schwer zu bremsende Pferd am 19. Februar dieses
Jahres abgelöst hat, flammte zuletzt die Sorge um den Außenhandel auf. So
teilte die chinesische Zoll-behörde im Oktober mit, dass die Importe den
elf¬ten Monat in Folge deutlich zurückgegangen sind. Nachdem das Minus im
August 14,3 Prozent betra¬gen hatte, fielen die Importe im September gar um
17,7 Prozent. Belastet von einer schwachen globa¬len Nachfrage nach Waren „made
in China" sanken auch die Exporte im September — mit 1,1 Prozent zwar
langsamer als im Vormonat und damit nicht so stark, wie von Ökonomen
befürchtet. Dennoch mehren sich damit die volkswirtschaftlichen An¬zeichen für
das schwächste Wirtschaftswachstum seit einem Vierteljahrhundert und somit für
einen Abschied vom Turbowachstum der vergangenen Jahrzehnte. Und dies in einem
chinesischen Jahr unter der Regentschaft des sanften Holzschafes,
das traditionell für einen Zeitabschnitt ohne große Höhen
und Tiefen steht.
NIEDRIGERES WIRTSCHAFTSWACHSTUM
Chinas Staatschef Xi Jinping erklärte zur „neuen
Normalität", dass er 2015 ein Wirtschaftswachs¬tum von rund sieben Prozent
anvisiere, nach 7,4 Prozent im vergangenen Jahr. Dieses Ziel könnte jedoch nach
Experteneinschätzung aufgrund des schwächeren Außenhandels, der
Industrieproduk¬tion und der Anlageninvestitionen in Gefahr sein. Eine harte
Landung wird allerdings nicht erwar¬tet. Zuletzt mussten zwar viele Pekinger
Fabriken wegen der Leichtathletik-Weltmeisterschaft und der größten
Militärparade in der Geschichte der Volksrepublik China schließen oder den
Betrieb he¬runterfahren, um die Luftqualität zu verbessern. Da die chinesische
Regierung aber nun beabsichtigt, die Konjunktur wieder anzukurbeln, rechnen
viele Analysten mit einem Anstieg der Infrastrukturinves-titionen in den
nächsten Monaten, wovon vielleicht auch die Aktienmärkte profitieren könnten.
Gemäß aktuellem CIO View der Deutschen AWM wurde der kurzfristige Ausblick für
den Aktienmarkt China allerdings von positiv auf neutral reduziert.
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