Donnerstag, 5. November 2015

Gold gewinnt wieder an Glanz


Gold gewinnt wieder an Glanz

Author D.Selzer-McKenzie

https://youtu.be/dLcuynSgQsI

Gold hat sich deutlich erholt und handelte Mitte Oktober auf einem 4-Monats-Hoch. Wichtigster Preistreiber sind die Markterwartungen hinsichtlich der ersten Zinserhöhung der US-Notenbank Fed. Da laut Fed Funds Futures nur noch eine geringe Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung in diesem Jahr besteht, könnte der Goldpreis im Vorfeld der Fed-Sitzung im Dezember nochmals unter Druck geraten. Einen nachhalti¬gen Preisanstieg sehen wir erst, wenn die Unsicherheit mit der ersten Zinserhöhung verflogen ist. Ende des Jahres sehen wir Gold bei 1.150 US-Dollar je Feinunze.

Der Goldpreis ist Mitte Oktober auf ein 4-Monats-Hoch gestie-gen. Die Verluste im dritten Quartal wurden damit innerhalb von zwei Wochen mehr als wettgemacht. Von dem Ende Juli bei weniger als 1.080 US-Dollar je Feinunze verzeichneten 51/2-Jah¬res-Tief hat er sich mittlerweile um mehr als 100 US-Dollar ent¬fernt (Grafik 1). Haupttreiber der Goldpreisentwicklung waren und sind die Entwicklung des US-Dollar und eng damit ver¬bunden die Markterwartungen hinsichtlich des Zeitpunkts der ersten Zinserhöhung in den USA. Zunehmende Zweifel an einer Fed-Zinserhöhung in diesem Jahr setzten den US-Dollar zuletzt unter Druck und ließen den Goldpreis seit Anfang Oktober kräftig steigen.

Die im dritten Quartal noch vorherrschenden Sorgen hinsichtlich einer schwächeren Goldnachfrage in den beiden wichtigsten

 

Nachfrageländern China und Indien sind dagegen in den Hinter-grund getreten. In China haben die privaten Haushalte durch den Aktienmarktcrash deutliche Einkommenseinbußen erlitten und sitzen zudem teilweise auf hohen Schulden, da Aktien vielfach auf Kredit gekauft wurden. Zudem deuten die Konjunkturdaten aus dem Reich der Mitte auf eine weitere Abschwächung der Konjunkturdynamik hin, was sich ebenfalls dämpfend auf dieEinkommensentwicklung der privaten Haushalte auswirken dürfte. In Indien war die zu Ende gegangene Monsunsaison deut¬lich schwächer als normal. Laut indischer Wetterbehörde fiel zwischen Juni und September 14 Prozent weniger Regen als im langjährigen Durchschnitt. Dadurch dürften die Ernten und damit auch die Einkommen der indischen Landbevölkerung niedriger ausfallen. Diese stellt etwa 70 Prozent der Gesamtbevölkerung und ist der wichtigste Nachfrager nach Gold in Indien. Zudem versucht die indische Regierung, das im Inland vorhandene Gold nutzbar zu machen bzw. die Nachfrage nach Gold zu dämpfen und somit den Importbedarf von Gold zu verringern. So besteht neu-erdings die Möglichkeit der Eröffnung von privaten »Goldsparkonten«, welche für die Bereitstellung von Gold mit laufzeitabhängigen Zinserträgen locken. Eine andere Maßnahme betrifft die Bege¬bung staatlicher »Goldanleihen« durch die Zentralbank, welche ebenfalls Zinsen abwerfen und darüber hinaus den Haltern dieser Anleihen goldähnliche Vorteile etwa als Sicherheit für die Gewäh¬rung von Krediten bieten sollen.

Wir rechnen trotz der geschilderten negativen Einflussfaktoren mit einer starken Goldnachfrage in China. Der Absturz des chine-

 

sischen Aktienmarkts im Sommer dürfte viele Anleger vorsichti¬ger gemacht haben und wieder verstärkt im sicheren Hafen Gold investieren lassen. Dies zeigen bereits die Daten zu den wöchent¬lichen Goldauslieferungen an der Shanghai Gold Exchange (SGE), welche in den ver-gangenen Jahren ein zuver¬lässiger Indikator für die Goldnachfrage in China waren. Die Auslieferungen haben seit Juli spürbar angezogen. In den ersten 81/2 Monaten summieren sich diese auf 1.900 Tonnen (Grafik 2). Das sind gut 500 Tonnen mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Sogar das bisherige Rekordjahr 2013, in dem insgesamt 2.200 Tonnen Gold an der SGE ausgeliefert wurden, könnte in diesem Jahr übertroffen werden. Da in Indien mit der Feiertags- und Hochzeitssaison die nachfragestarke Zeit unmit¬telbar bevorsteht, dürfte auch dort die Goldnachfrage spürbar anziehen, auch wenn die schwache Monsunsaison das Erreichen des Vorjahresniveaus unwahrscheinlich macht. Ob die oben genannten geplanten Maßnahmen der Regierung den erwünsch¬ten Erfolg haben und von der indischen Bevölkerung angenom¬men werden, ist angesichts der über mehrere Generationen gewachsenen Affinität zum Besitz von physischem Gold zweifel¬haft. Größere Mengen Gold dürften sich dadurch voraussichtlich nicht generieren lassen. Folglich dürfte Indien auch weiterhinhohe Mengen Gold importieren, auch wenn wahrscheinlich nicht gut 500 Tonnen wie im Winterhalbjahr 2014/2015.

Die Investmentnachfrage trug ebenfalls zur Preisschwäche im dritten Quartal bei. Die Bestände der von Bloomberg erfassten Gold-ETFs verringerten sich zwischen Juli und September um 64 Tonnen, was dem stärksten Rückgang seit dem vierten Quar¬tal 2014 entsprach. Die US-Münzanstalt vermeldete mit 397.000 Unzen (12,3 Tonnen) dagegen die höchsten Münzabsätze seit dem zweiten Quartal 2010. In allen drei Monaten wurden solide Münzverkäufe berichtet (Grafik 3). Dies konnte die Abflüsse aus den Gold-ETFs aber nicht kompensieren. Bemerkenswert ist, dass die ETF-Abflüsse allesamt im Juli erfolgten, was die ausge¬prägte Preisschwäche zu Beginn des Quartals teilweise erklärt. Im August und September gab es sogar leichte ETF-Zuflüsse. Die Investmentnachfrage war somit in der zweiten Hälfte des dritten Quartals deutlich stärker, was ebenfalls Hoffnung für das Schlussquartal macht. Die Zuflüsse in die Gold-ETFs setzten sich in der ersten Oktoberhälfte fort. Der weltgrößte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, verzeichnete sogar den stärksten 2-Tages-Zufluss seit neun Monaten.

Die Zentralbanken bleiben auf der Käuferseite, wofür insbeson¬dere Russland und China verantwortlich zeichnen. Die chinesi¬sche Zentralbank PBoC berichtete im Sommer einen Kauf von 604 Tonnen in den letzten sechs Jahren. Mittlerweile gibt die PBoC Daten auf Monatsbasis bekannt. Die Käufe im Juli, August und September beliefen sich demnach auf insgesamt 50 Tonnen. Dass die PBoC trotz fallender Devisenreserven weiterhin Gold akkumuliert, ist eine klare Botschaft. Ähnliches gilt für die russi¬sche Zentralbank, welche seit Jahresbeginn bis einschließlich August 110 Tonnen Gold erworben hat, obwohl auch sie einen deutlichen Rückgang der Devisenreserven seit Jahresbeginn zu verkraften hatte. Nennenswerte Goldkäufe gab es außerdem seitens der Zentralbanken Kasachstans und Jordaniens. Die türkische Zentralbank, welche in den letzten Jahren ein größerer Goldkäufer war, hat dagegen ihre Goldreserven reduziert. Die Turbulenzen in den Schwellenländern wie China, Russland, der Türkei und Brasilien dürften dazu führen, dass die Zentralbank-käufe in diesem Jahr aller Voraussicht nach hinter denen der Vorjahre zurückbleiben. Denn diese Zentralbanken waren der Treiber der Goldkäufe des offiziellen Sektors in den letzten Jahren. Die Zentralbanken in den Industrieländern verkaufen dagegen bereits seit Jahren so gut wie kein Gold mehr. Im gerade abgelaufenen Vertragsjahr haben die im Goldabkommen zusammengeschlossenen europäischen Zentralbanken nur3,3 Tonnen verkauft. Das ist das niedrigste jährliche Verkaufs¬volumen seit dem Start der Zentralbankgoldabkommen im Jahr 1999 (Grafik 4). Die Verkäufe entfielen zudem nahezu aus¬schließlich auf die Bundesbank und dienten der Prägung von Goldgedenkmünzen, waren also keine Verkäufe im eigentlichen Sinne. Den letzten »richtigen« offiziellen Goldverkauf gab es im Vertragsjahr 2010/2011 durch den IWF.

Die Spekulationen über den Zeitpunkt der ersten Zinserhöhung in den USA dürfte die Marktteilnehmer am Goldmarkt auch in den kommenden Wochen und Monaten in Atem halten und die weitere Goldpreisentwicklung maßgeblich bestimmen. Eine Zinserhöhung im Dezember, wie sie von unseren Volks¬wirten erwartet wird, ist laut Fed Funds Futures nur noch mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 30 Prozent einge-preist (Grafik 5). Die Zinser-höhungserwartungen am Goldmarkt waren in den vergangenen Monaten allerdings häufig ausgeprägter als an den Fed Funds Futures ablesbar. So notierte der Goldpreis vor der Veröffentlichung der US-Arbeitsmarktdaten Anfang Oktober wieder auf dem Niveau vor der Fed-Sitzung Mitte September, obwohl die Zinserwartungen gemäß Fed Funds Futures bei weitem nicht wieder das Niveau erreicht hatten. Der Goldpreis

 

ist in den Tagen nach den enttäuschenden US-Arbeitsmarktdaten Anfang Oktober weiter gestiegen, obwohl die aus den Fed Funds Futures ablesbaren Zinserwartungen nicht weiter zurück¬gingen. Offensichtlich waren die zuvor im Goldpreis implizierten Erwartungen an eine Zinserhöhung stärker und werden nun denen am Geldmarkt angepasst. Im Falle besserer US-Konjunk-turdaten dürfte der Goldpreis wieder unter Druck geraten, weil dann eine Zinserhöhung im Dezember wieder als wahrscheinli¬cher angesehen wird und der Goldmarkt voraussichtlich erneut stärker darauf reagieren wird als der Geldmarkt. Eine nachhaltige Preiserholung bei Gold wird es unseres Erachtens erst geben, wenn diese Debatte mit der ersten Zinserhöhung beendet ist. Wir erwarten einen Goldpreis von 1.150 US-Dollar je Feinunze am Jahresende und einen durchschnittlichen Goldpreis von 1.250 US-Dollar je Feinunze im Jahr 2016.

Unsere Volkswirte erwarten, dass die EZB im Dezember auf¬grund der deutlich zu niedrigen Inflation eine Ausweitung der Anleihenkäufe beschließen wird. Die Bilanzsumme der EZB wird daraufhin noch stärker steigen. Da gleichzeitig die Fed im Dezember die Zinsen erhöht, dürfte der Euro in der Folge zur Schwäche neigen. Davon sollte auch der Goldpreis in Euro profitieren und bis Jahresende auf 1.070 Euro je Feinunze steigen. Damit würde der Preis nur leicht höher liegen als vor der erstmaligen Ankündigung der Anleihenkäufe im Januar. Vor diesem Hintergrund sehen wir für den Goldpreis in Euro weiteres Aufwärtspotenzial.

 

 

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