Gold gewinnt wieder an Glanz
Author D.Selzer-McKenzie
https://youtu.be/dLcuynSgQsI
Gold hat sich deutlich erholt und handelte Mitte Oktober auf
einem 4-Monats-Hoch. Wichtigster Preistreiber sind die Markterwartungen
hinsichtlich der ersten Zinserhöhung der US-Notenbank Fed. Da laut Fed Funds
Futures nur noch eine geringe Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung in
diesem Jahr besteht, könnte der Goldpreis im Vorfeld der Fed-Sitzung im
Dezember nochmals unter Druck geraten. Einen nachhalti¬gen Preisanstieg sehen
wir erst, wenn die Unsicherheit mit der ersten Zinserhöhung verflogen ist. Ende
des Jahres sehen wir Gold bei 1.150 US-Dollar je Feinunze.
Der Goldpreis ist Mitte Oktober auf ein 4-Monats-Hoch
gestie-gen. Die Verluste im dritten Quartal wurden damit innerhalb von zwei
Wochen mehr als wettgemacht. Von dem Ende Juli bei weniger als 1.080 US-Dollar
je Feinunze verzeichneten 51/2-Jah¬res-Tief hat er sich mittlerweile um mehr
als 100 US-Dollar ent¬fernt (Grafik 1). Haupttreiber der Goldpreisentwicklung
waren und sind die Entwicklung des US-Dollar und eng damit ver¬bunden die
Markterwartungen hinsichtlich des Zeitpunkts der ersten Zinserhöhung in den
USA. Zunehmende Zweifel an einer Fed-Zinserhöhung in diesem Jahr setzten den
US-Dollar zuletzt unter Druck und ließen den Goldpreis seit Anfang Oktober
kräftig steigen.
Die im dritten Quartal noch vorherrschenden Sorgen
hinsichtlich einer schwächeren Goldnachfrage in den beiden wichtigsten
Nachfrageländern China und Indien sind dagegen in den
Hinter-grund getreten. In China haben die privaten Haushalte durch den
Aktienmarktcrash deutliche Einkommenseinbußen erlitten und sitzen zudem
teilweise auf hohen Schulden, da Aktien vielfach auf Kredit gekauft wurden.
Zudem deuten die Konjunkturdaten aus dem Reich der Mitte auf eine weitere
Abschwächung der Konjunkturdynamik hin, was sich ebenfalls dämpfend auf
dieEinkommensentwicklung der privaten Haushalte auswirken dürfte. In Indien war
die zu Ende gegangene Monsunsaison deut¬lich schwächer als normal. Laut
indischer Wetterbehörde fiel zwischen Juni und September 14 Prozent weniger
Regen als im langjährigen Durchschnitt. Dadurch dürften die Ernten und damit
auch die Einkommen der indischen Landbevölkerung niedriger ausfallen. Diese
stellt etwa 70 Prozent der Gesamtbevölkerung und ist der wichtigste Nachfrager
nach Gold in Indien. Zudem versucht die indische Regierung, das im Inland
vorhandene Gold nutzbar zu machen bzw. die Nachfrage nach Gold zu dämpfen und
somit den Importbedarf von Gold zu verringern. So besteht neu-erdings die
Möglichkeit der Eröffnung von privaten »Goldsparkonten«, welche für die Bereitstellung
von Gold mit laufzeitabhängigen Zinserträgen locken. Eine andere Maßnahme
betrifft die Bege¬bung staatlicher »Goldanleihen« durch die Zentralbank, welche
ebenfalls Zinsen abwerfen und darüber hinaus den Haltern dieser Anleihen
goldähnliche Vorteile etwa als Sicherheit für die Gewäh¬rung von Krediten
bieten sollen.
Wir rechnen trotz der geschilderten negativen
Einflussfaktoren mit einer starken Goldnachfrage in China. Der Absturz des
chine-
sischen Aktienmarkts im Sommer dürfte viele Anleger vorsichti¬ger
gemacht haben und wieder verstärkt im sicheren Hafen Gold investieren lassen.
Dies zeigen bereits die Daten zu den wöchent¬lichen Goldauslieferungen an der
Shanghai Gold Exchange (SGE), welche in den ver-gangenen Jahren ein
zuver¬lässiger Indikator für die Goldnachfrage in China waren. Die
Auslieferungen haben seit Juli spürbar angezogen. In den ersten 81/2 Monaten
summieren sich diese auf 1.900 Tonnen (Grafik 2). Das sind gut 500 Tonnen mehr
als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Sogar das bisherige Rekordjahr 2013,
in dem insgesamt 2.200 Tonnen Gold an der SGE ausgeliefert wurden, könnte in
diesem Jahr übertroffen werden. Da in Indien mit der Feiertags- und
Hochzeitssaison die nachfragestarke Zeit unmit¬telbar bevorsteht, dürfte auch
dort die Goldnachfrage spürbar anziehen, auch wenn die schwache Monsunsaison
das Erreichen des Vorjahresniveaus unwahrscheinlich macht. Ob die oben
genannten geplanten Maßnahmen der Regierung den erwünsch¬ten Erfolg haben und
von der indischen Bevölkerung angenom¬men werden, ist angesichts der über
mehrere Generationen gewachsenen Affinität zum Besitz von physischem Gold
zweifel¬haft. Größere Mengen Gold dürften sich dadurch voraussichtlich nicht
generieren lassen. Folglich dürfte Indien auch weiterhinhohe Mengen Gold
importieren, auch wenn wahrscheinlich nicht gut 500 Tonnen wie im
Winterhalbjahr 2014/2015.
Die Investmentnachfrage trug ebenfalls zur Preisschwäche im
dritten Quartal bei. Die Bestände der von Bloomberg erfassten Gold-ETFs
verringerten sich zwischen Juli und September um 64 Tonnen, was dem stärksten
Rückgang seit dem vierten Quar¬tal 2014 entsprach. Die US-Münzanstalt
vermeldete mit 397.000 Unzen (12,3 Tonnen) dagegen die höchsten Münzabsätze
seit dem zweiten Quartal 2010. In allen drei Monaten wurden solide Münzverkäufe
berichtet (Grafik 3). Dies konnte die Abflüsse aus den Gold-ETFs aber nicht
kompensieren. Bemerkenswert ist, dass die ETF-Abflüsse allesamt im Juli
erfolgten, was die ausge¬prägte Preisschwäche zu Beginn des Quartals teilweise
erklärt. Im August und September gab es sogar leichte ETF-Zuflüsse. Die
Investmentnachfrage war somit in der zweiten Hälfte des dritten Quartals
deutlich stärker, was ebenfalls Hoffnung für das Schlussquartal macht. Die
Zuflüsse in die Gold-ETFs setzten sich in der ersten Oktoberhälfte fort. Der
weltgrößte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, verzeichnete sogar den stärksten
2-Tages-Zufluss seit neun Monaten.
Die Zentralbanken bleiben auf der Käuferseite, wofür
insbeson¬dere Russland und China verantwortlich zeichnen. Die chinesi¬sche
Zentralbank PBoC berichtete im Sommer einen Kauf von 604 Tonnen in den letzten
sechs Jahren. Mittlerweile gibt die PBoC Daten auf Monatsbasis bekannt. Die
Käufe im Juli, August und September beliefen sich demnach auf insgesamt 50
Tonnen. Dass die PBoC trotz fallender Devisenreserven weiterhin Gold
akkumuliert, ist eine klare Botschaft. Ähnliches gilt für die russi¬sche
Zentralbank, welche seit Jahresbeginn bis einschließlich August 110 Tonnen Gold
erworben hat, obwohl auch sie einen deutlichen Rückgang der Devisenreserven
seit Jahresbeginn zu verkraften hatte. Nennenswerte Goldkäufe gab es außerdem
seitens der Zentralbanken Kasachstans und Jordaniens. Die türkische
Zentralbank, welche in den letzten Jahren ein größerer Goldkäufer war, hat
dagegen ihre Goldreserven reduziert. Die Turbulenzen in den Schwellenländern
wie China, Russland, der Türkei und Brasilien dürften dazu führen, dass die
Zentralbank-käufe in diesem Jahr aller Voraussicht nach hinter denen der
Vorjahre zurückbleiben. Denn diese Zentralbanken waren der Treiber der
Goldkäufe des offiziellen Sektors in den letzten Jahren. Die Zentralbanken in
den Industrieländern verkaufen dagegen bereits seit Jahren so gut wie kein Gold
mehr. Im gerade abgelaufenen Vertragsjahr haben die im Goldabkommen
zusammengeschlossenen europäischen Zentralbanken nur3,3 Tonnen verkauft. Das
ist das niedrigste jährliche Verkaufs¬volumen seit dem Start der
Zentralbankgoldabkommen im Jahr 1999 (Grafik 4). Die Verkäufe entfielen zudem
nahezu aus¬schließlich auf die Bundesbank und dienten der Prägung von
Goldgedenkmünzen, waren also keine Verkäufe im eigentlichen Sinne. Den letzten
»richtigen« offiziellen Goldverkauf gab es im Vertragsjahr 2010/2011 durch den
IWF.
Die Spekulationen über den Zeitpunkt der ersten Zinserhöhung
in den USA dürfte die Marktteilnehmer am Goldmarkt auch in den kommenden Wochen
und Monaten in Atem halten und die weitere Goldpreisentwicklung maßgeblich
bestimmen. Eine Zinserhöhung im Dezember, wie sie von unseren Volks¬wirten
erwartet wird, ist laut Fed Funds Futures nur noch mit einer Wahrscheinlichkeit
von etwa 30 Prozent einge-preist (Grafik 5). Die Zinser-höhungserwartungen am
Goldmarkt waren in den vergangenen Monaten allerdings häufig ausgeprägter als
an den Fed Funds Futures ablesbar. So notierte der Goldpreis vor der
Veröffentlichung der US-Arbeitsmarktdaten Anfang Oktober wieder auf dem Niveau
vor der Fed-Sitzung Mitte September, obwohl die Zinserwartungen gemäß Fed Funds
Futures bei weitem nicht wieder das Niveau erreicht hatten. Der Goldpreis
ist in den Tagen nach den enttäuschenden
US-Arbeitsmarktdaten Anfang Oktober weiter gestiegen, obwohl die aus den Fed
Funds Futures ablesbaren Zinserwartungen nicht weiter zurück¬gingen.
Offensichtlich waren die zuvor im Goldpreis implizierten Erwartungen an eine
Zinserhöhung stärker und werden nun denen am Geldmarkt angepasst. Im Falle
besserer US-Konjunk-turdaten dürfte der Goldpreis wieder unter Druck geraten,
weil dann eine Zinserhöhung im Dezember wieder als wahrscheinli¬cher angesehen
wird und der Goldmarkt voraussichtlich erneut stärker darauf reagieren wird als
der Geldmarkt. Eine nachhaltige Preiserholung bei Gold wird es unseres
Erachtens erst geben, wenn diese Debatte mit der ersten Zinserhöhung beendet
ist. Wir erwarten einen Goldpreis von 1.150 US-Dollar je Feinunze am Jahresende
und einen durchschnittlichen Goldpreis von 1.250 US-Dollar je Feinunze im Jahr
2016.
Unsere Volkswirte erwarten, dass die EZB im Dezember
auf¬grund der deutlich zu niedrigen Inflation eine Ausweitung der Anleihenkäufe
beschließen wird. Die Bilanzsumme der EZB wird daraufhin noch stärker steigen.
Da gleichzeitig die Fed im Dezember die Zinsen erhöht, dürfte der Euro in der
Folge zur Schwäche neigen. Davon sollte auch der Goldpreis in Euro profitieren
und bis Jahresende auf 1.070 Euro je Feinunze steigen. Damit würde der Preis
nur leicht höher liegen als vor der erstmaligen Ankündigung der Anleihenkäufe
im Januar. Vor diesem Hintergrund sehen wir für den Goldpreis in Euro weiteres
Aufwärtspotenzial.
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