Donnerstag, 5. November 2015

Knock Out Optionsscheine


Knock Out Optionsscheine

Author D.Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/6QG84x2_-dU

wir stellen immer wieder fest, dass bei vielen Marktteilneh¬mern das hartnäckige Gerücht besteht, dass der Emittent von einem Knock-out-Ereignis profitiert und deshalb ein solches "herbeiwünscht". Dieses Gerücht wird von der Annahme getragen, dass das eingesetzte Kapital (Erwerbspreis = Brief-kurs) des Wertpapier-Inhabers im Rahmen eines Knock-out-Ereignisses dem Emittenten zufließt. Das ist falsch. Im Fol-genden wollen wir anhand eines einfachen Open-End Turbo-Call-Optionsscheins auf eine fiktive Aktie mit einem Basis¬preis bzw. einer Knock-out-Barriere in Höhe von 90 Geldein¬heiten (GE) dieses Gerücht aus dem Weg räumen.

Zu Beginn wollen wir einige allgemeine Erläuterungen zum Open-End Turbo-Call-Optionsschein geben, Open-End Turbo-Call-Optionsscheine gehören zu der Familie der Hebelpro¬dukte, die über eine Knock-out-Barriere verfügen. Open-End Turbo-Call-Optionsscheine partizipieren überproportional an der Kursbewegung des zugrunde liegenden Basiswerts (Aktie, Index etc.). Mit dem Typ „Call" setzen Anleger auf steigende Kurse. Sollte der zugrundeliegende Basiswert auf das Niveau der Knock-out-Barriere fallen, findet das soge¬nannte Knock-out-Ereignis statt. In diesem Fall erleidet der Wertpapier-Inhaber einen Totalverlust und erhält nach fünf Bankarbeitstagen 0,001 Euro pro Zertifikat gutgeschrieben. Im Hinblick auf die Preisbildung müssen drei unterschiedliche Größen beachtet werden: der Innere Wert, das Aufgeld und die Finanzierungskosten. Der Innere Wert ist der Betrag, den der Wertpapier-Inhaber bei der Wahrnehmung seines Aus-übungsrechts erhält. Die Ausübung muss durch eine schriftli¬che Erklärung gegenüber dem Emittenten erfolgen. Wie Sie Ihr Ausübungsrecht wahrnehmen können, können Sie in den jeweiligen Endgültigen Bedingungen entnehmen. Der Innere Wert kann nicht negativ werden und wird im Falle eines Open-End Turbo-Call-Optionsscheins wie folgt berechnet.

Innerer Wert = (Kurs des Basiswerts — Basispreis) x Bezugsverhältnis

 

In der Praxis kommt es jedoch nicht häufig vor, dass der Wert-papier-Inhaber sein Ausübungsrecht wahrnimmt. Stattdessen erfolgt ein Verkauf des Open-End Turbo-Call-Optionsscheins entweder börslich oder außerbörslich zum Geldkurs. Ein Open-End Turbo-Call-Optionsschein kann zum Briefkurs gekauft und zum Geldkurs wieder verkauft werden. Der Geld-und Briefkurs kann wie folgt bestimmt werden.

Geldkurs = Innerer Wert + Aufgeld Briefkurs = Geldkurs + Spread

Aus der oberen Formel erkannt man, dass sich der Geldkurs aus dem Inneren Wert und dem Aufgeld zusammensetzt. Das Aufgeld spiegelt bei einem Open-End Turbo-Call-Options-schein die Risikokosten des Emittenten wider. Diese sind nicht konstant und von der vorherrschenden Unsicherheit im jeweiligen Underlying abhängig. Der Emittent nimmt gegen¬über dem Wertpapier-Inhaber stets eine marktneutrale Posi¬tion ein. Im Rahmen dieser marktneutralen Position ist es für den Emittenten wichtig, sein Absicherungsgeschäft auf Höhe des Basispreises wieder aufzulösen. Weil Kursverläufe von unterschiedlichen Assetklassen auch Sprünge (Gaps) aufwei¬sen können (Vgl. Darstellung 3), welche dazu führen, dass der Basispreis nicht nur berührt, sondern auch nach unten durch-brochen wird, sollen genau diese Sprünge bzw. die Differenz zwischen dem Basispreis und dem darunter liegenden Kurs des Basiswerts durch das Aufgeld aufgefangen werden. Sollte das Aufgeld die Differenz nicht vollständig auffangen, erleidet der Emittent einen Verlust.

Bei anderen Produkten zum Beispiel bei Turbo-Optionsschei¬nen erhält das Aufgeld neben den Risikokosten auch die Finanzierungskosten. Bei Open-End Turbo-Call-Optionsschei-nen werden die Finanzierungskosten anders berücksichtigt. Die Finanzierungskosten sind die Kosten, die bei der Konst¬ruktion von Open-End Turbo-Call-Optionsscheinen entstehen. Außerdem beinhalten die Finanzierungskosten eine Emitten¬ten-Marge. Die Marge ist von Basiswert zu Basiswert unter-schiedlich. Wir pflegen stets eine transparente Kommunika¬tion mit den Inhabern unserer Produkte. Aus diesem Grund weisen wir unsere Marge bei Open-End Turbo-Call-Optionscheinen in der jeweiligen Produkteinzelansicht aus. Die Finanzierungskosten werden dem Zertifikate-Inhaber börsen¬täglich in Rechnung gestellt. Dabei wird der Basispreis bzw. die Knock-out-Barriere bei einem Open-End Turbo-Call-Opti-onsschein nach oben hin angepasst. Wenn der Basispreis steigt und der Kurs des Basiswerts unverändert bleibt, sinkt der Innere Wert. Das folgende Beispiel soll das verdeutlichen. Angenommen ein Open-End Turbo-Call-Optionsschein besitzt einen Basispreis in Höhe von 90 GE und der zugrunde lie¬gende Basiswert notiert bei 100 GE. Daraus resultiert ein Innerer Wert in Höhe von 10 GE bei einem angenommenen Bezugsverhältnis von 1. Am darauffolgenden Tag steigt der Basiswert und auch die Knock-out-Barriere aufgrund der Finanzierungskosten von 90 GE auf zum Beispiel 90,5 GE. Der Aktienkurs bleibt unverändert bei 100 GE. Durch den Anstieg des Basispreises sinkt der Innere Wert um 0,5 GE auf 9,5 GE.

Innerer Wert an TAG 1 => (100 - 90) x 1 = 10 GE Innerer Wert an TAG 2 => (100 - 90,5) x 1 = 9,5 GE

In diesem Artikel soll der Dividendeneinfluss außer Acht gelassen werden. Der Dividendeneinfluss wurde bereits im Monat Mai des Jahres 2014 im Rahmen der HSBC Zertifikate-Akademie beleuchtet.

Aus den oberen Erläuterungen wird deutlich, dass bei Open-End Turbo-Call-Optionsscheinen nicht nur der Spread, son¬dern auch die Finanzierungskosten eine wichtige Kompo¬nente darstellen, welche im Rahmen der Emittenten- und Produktauswahl berücksichtigt werden sollten. Da es sich in diesem Artikel um fiktive Werte handelt, wollen wir Ihnen mit der nachfolgenden Tabelle eine Ubersicht über die tatsächli¬chen Anpassungssätze im Rahmen der Finanzierungskosten an die Hand geben. Die grünen Felder markieren die derzeit niedrigsten Anpassungsätze.

Open-End Turbo-Call-Optionsschein

Der Anpassungssatz: Emittenten im Vergleich

 

Nachdem oben die Funktionsweise eines Open-End Turbo-Call-Optionsscheins umrissen wurde, wollen wir uns jetzt mit der Frage beschäftigen, wie ein Open-End Turbo-Call-Options-schein konstruiert werden kann. Die Antwort auf diese Frage gibt auch Aufschluss darüber, warum der Emittent an einem Knock-out-Ereignis kein Interesse hat. Grundsätzlich kann man sagen, dass ein Open-End Turbo-Call-Optionsschein einen kreditfinanzierten Aktienkauf widerspiegelt. Dies haben wir in der Darstellung 1 illustrativ dargestellt.

Angenommen ein Marktteilnehmer möchte einen Open-End Turbo-Call-Optionsschein mit einem Basispreis bzw. einer Knock-out-Barriere in Höhe von 90 GE und einem Bezugsver¬hältnis von 1 erwerben. Die zugrunde liegende Aktie notiert bei 100 GE.

Damit der Anleger an dem Kursanstieg der zugrunde liegen¬den Aktie partizipieren kann, muss der Emittent die Aktie kau¬fen. Durch den Erwerb der Aktie nimmt der Emittent eine marktneutrale Stellung ein. Somit kann der Emittent dies Gewinne, welche der Zertifikate-Inhaber mit dem Open-End Turbo-Call-Optionsschein erwirtschaftet, aus den Kursgewin¬nen im Rahmen der eigenen Aktienposition an den Wert¬papier-Inhaber weitergeben.

Jetzt stellt sich die Frage, wie der Emittent die Aktie erwirbt. Der Emittent nimmt einen Kredit in Höhe des Basispreises bzw. der Knock-out-Barriere auf. In unserem Beispiel 90 GE. Allerdings reichen diese 90 GE nicht aus, um die Aktie, die bei 100 GE liegt, zu kaufen. Die restlichen 10 GE werden von dem Halter des Open-End Turbo-Call-Optionsscheins in Form des Inneren Werts erbracht. Somit stehen dem Emittenten 100 GE zur Verfügung, mit denen er die Aktie erwirbt. Zusätz¬lich zu diesen 10 GE muss der Zertifikate-Inhaber auch noch die Risikokosten bezahlen, die durch das Aufgeld widerge¬spiegelt werden. Somit liegt der Geldkurs des hier beispiel¬haften Open-End Turbo-Call-Optionsscheins bei 11 GE. Der Briefkurs spiegelt den Kaufpreis des Open-End Turbo-Call-Optionsscheins wider. Hierfür muss der Spread zum Geldkurs hinzuaddiert werden. Bei einem angenommenen Spread von 0,5 GE liegt der Briefkurs bei 11,5 GE. In der Darstellung 2 haben wir den Einfluss der Finanzierungskosten und der Hebelwirkung auf einen Open-End Turbo-Call-Optionsschein illustrativ dargestellt. Im ersten Szenario notiert die Aktie zum Beginn bei 100,00 GE und auch am darauffolgenden Tag unverändert bei 100 GE. Da der kreditfinanzierte Kauf, Zins¬kosten verursacht, muss der Zertifikate-Inhaber für die Finan¬zierung seiner Position aufkommen. Der aufgenommene Kre¬dit steigt dementsprechend um die beispielhaften angefalle¬nen Zinsen von 90 GE auf 90,50 GE (90 GE Kredit + 0,5 GE Zinskosten). Dadurch steigen auch der Basispreis und die Knock-out-Barriere des Open-End Turbo-Call-Optionsscheins um 0,5 GE auf 90,5 GE. Der Innere Wert verringert sich dem¬zufolge um 0,5 GE auf 9,5 GE. Dadurch sinkt - unter der Annahme eines unveränderten Aufgeldes - der Geldkurs um 0,5 GE.

 

Im zweiten Szenario notiert die Aktie am nächsten Tag bei 110 GE. Diesen Kursanstieg vollzieht der Halter des Open-End Turbo-Call-Optionsscheins in gehebelter Form nach. Beim Kauf betrug der Hebel 8,7. Das heißt, wenn die Aktie um 1,00 % steigt, steigt der Open-End Turbo-Call-Optionsschein - unter der Annahmen dass das Delta' bei 1 bleibt - um 8,70 %. Der Hebel kann wie folgt berechnet werden:

(Aktienkurs x Bezugverhältnis)          100 x 1

             ->      

Briefkurs     11,5

Der beim Kauf gültige Hebel bleibt - ohne Berücksichtigung der Finanzierungskosten - für den Zertifikate-Inhaber für die Zeit, in der er den Open-End Turbo-Call-Optionsschein hält, weitestgehend konstant. Das heißt, unter der Annahme, dass das Aufgeld gleich bleibt steigt der Briefkurs von 11,5 GE (Innerer Wert 10 GE + Aufgeld 1 GE+ Spread 0,5 GE) auf 21,5 GE (Innerer Wert 20 GE + Aufgeld 1 GE + Spread 0,5 GE). Dies entspricht einer prozentualen Veränderung von - 87 %. Allerdings müssen wir auch die Finanzierungskosten berück-sichtigen. Somit steigt der Innere Wert nicht um 10 GE, son¬dern durch die Berücksichtigung der Finanzierungskosten, welche einen Anstieg im Basispreis und der Knock-out-Barri¬ere zur Folge haben um 9,5 GE auf 19,5 GE. Daher beträgt der neue Briefkurs nicht 21,5 GE, sondern nur noch 21,00 GE (19,5 Innerer Wert + 1 GE Aufgeld + 0,5 GE Spread). Dies hat zur Folge, dass der Hebel nicht mehr 8,7, sondern - 8,3 beträgt.

(Neuer Briefkurs / Alter Briefkurs - 1) x 100 / (Neuer Aktienkurs / Alter Aktienkurs - 1 ) X 100

[(21,00 / 11,5 -      X 1001/[(110,00 /100 -1)X 100] =-

8,26 - 8,3

Was passiert nun, wenn das Knock-out-Ereignis eintritt? In der Darstellung 3 haben wir in diesem Zusammenhang ebenfalls zwei Szenarien illustriert. Im ersten Szenario erwirbt der Anle¬ger analog zu den oberen Erläuterungen einen Open-End Turbo-Call-Optionsschein zu einem Briefkurs in Höhe von 11,5 GE. Der Emittent erwirbt zeitgleich die Aktie. An dem darauf¬folgenden Tag fällt die Aktie von 100,00 GE auf 90,5 GE. Das heißt der Basispreis und die Knock-out-Barriere in Höhe von 90,5 wird berührt. Es tritt das Knock-out-Ereignis ein. Zeit¬gleich verkauft der Emittent die zuvor gekaufte Aktie an der Börse zum aktuellen Wert in Höhe von 90,5 GE. Diesen Geld¬eingang nutzt der Emittent, um den aufgenommenen Kredit zurückzuzahlen. Lediglich das Aufgeld in Höhe von 1 GE fließt dem Emittenten zu. Der Halter des Open-End Turbo-Call-Op-tionsscheins erhält nach fünf Bankarbeitstagen 0,001 GE gut¬geschrieben.

Im zweiten Szenario fällt die Aktie von 100,00 GE auf 89,00 GE. Der Basispreis, bzw. die Knock-out-Barriere in Höhe von 90,5 GE wird aufgrund des Aktiensprungs (Gaps) nach unten deutlich verletzt. Es tritt auch hier das Knock-out-Ereignis ein. Der Zertifikate-Halter muss keinen Nachschuss zahlen und erhält wie im oberen Szenario 0,001 GE nach fünf Bankar-beitstagen gutgeschrieben. Der Emittent verkauft zeitgleich die Aktie und erhält 89,00 GE. Diese 89,00 GE nutzt er, um den aufgenommenen Kredit zurückzuzahlen. Allerdings rei¬chen die 89,00 GE nicht. Das Aufgeld in Höhe von 1 GE wird ebenfalls vollständig zur Tilgung des Kredits aufgebraucht. Aber auch das ist nicht ausreichend, es bleibt eine Restzah¬lung in Höhe von 0,5 GE übrig (89,00 Geldeinheiten aus dem Aktienverkauf + 1 GE Aufgeld — 90,5 GE offener Kreditbe¬trag= -0,5 GE Restbetrag). Diese Restzahlung spiegelt auch den Verlust des Emittenten wider. Denn diese Restzahlung muss der Emittent selbst aufbringen.

Darstellung 3:

Open-End Turbo-Call-Optionsschein

 

Mit den oberen Erläuterungen haben wir gezeigt, dass der Emittent kein Interesse an einem Knock-out-Ereignis bei einem Open-End Turbo-Call-Optionsschein hat. Der Emittent verdient an der eingepreisten Marge in den Finanzierungskos¬ten. Daraus resultiert, dass der Ertrag des Emittenten mit zunehmender Haltedauer eines Open-End Turbo-Call-Options-scheins steigt

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