Knock Out Optionsscheine
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/6QG84x2_-dU
wir stellen immer wieder fest, dass bei vielen
Marktteilneh¬mern das hartnäckige Gerücht besteht, dass der Emittent von einem
Knock-out-Ereignis profitiert und deshalb ein solches
"herbeiwünscht". Dieses Gerücht wird von der Annahme getragen, dass
das eingesetzte Kapital (Erwerbspreis = Brief-kurs) des Wertpapier-Inhabers im
Rahmen eines Knock-out-Ereignisses dem Emittenten zufließt. Das ist falsch. Im
Fol-genden wollen wir anhand eines einfachen Open-End Turbo-Call-Optionsscheins
auf eine fiktive Aktie mit einem Basis¬preis bzw. einer Knock-out-Barriere in
Höhe von 90 Geldein¬heiten (GE) dieses Gerücht aus dem Weg räumen.
Zu Beginn wollen wir einige allgemeine Erläuterungen zum
Open-End Turbo-Call-Optionsschein geben, Open-End Turbo-Call-Optionsscheine
gehören zu der Familie der Hebelpro¬dukte, die über eine Knock-out-Barriere
verfügen. Open-End Turbo-Call-Optionsscheine partizipieren überproportional an
der Kursbewegung des zugrunde liegenden Basiswerts (Aktie, Index etc.). Mit dem
Typ „Call" setzen Anleger auf steigende Kurse. Sollte der zugrundeliegende
Basiswert auf das Niveau der Knock-out-Barriere fallen, findet das soge¬nannte
Knock-out-Ereignis statt. In diesem Fall erleidet der Wertpapier-Inhaber einen
Totalverlust und erhält nach fünf Bankarbeitstagen 0,001 Euro pro Zertifikat
gutgeschrieben. Im Hinblick auf die Preisbildung müssen drei unterschiedliche
Größen beachtet werden: der Innere Wert, das Aufgeld und die
Finanzierungskosten. Der Innere Wert ist der Betrag, den der Wertpapier-Inhaber
bei der Wahrnehmung seines Aus-übungsrechts erhält. Die Ausübung muss durch
eine schriftli¬che Erklärung gegenüber dem Emittenten erfolgen. Wie Sie Ihr
Ausübungsrecht wahrnehmen können, können Sie in den jeweiligen Endgültigen
Bedingungen entnehmen. Der Innere Wert kann nicht negativ werden und wird im
Falle eines Open-End Turbo-Call-Optionsscheins wie folgt berechnet.
Innerer Wert = (Kurs des Basiswerts — Basispreis) x
Bezugsverhältnis
In der Praxis kommt es jedoch nicht häufig vor, dass der
Wert-papier-Inhaber sein Ausübungsrecht wahrnimmt. Stattdessen erfolgt ein
Verkauf des Open-End Turbo-Call-Optionsscheins entweder börslich oder
außerbörslich zum Geldkurs. Ein Open-End Turbo-Call-Optionsschein kann zum
Briefkurs gekauft und zum Geldkurs wieder verkauft werden. Der Geld-und
Briefkurs kann wie folgt bestimmt werden.
Geldkurs = Innerer Wert + Aufgeld Briefkurs = Geldkurs +
Spread
Aus der oberen Formel erkannt man, dass sich der Geldkurs
aus dem Inneren Wert und dem Aufgeld zusammensetzt. Das Aufgeld spiegelt bei
einem Open-End Turbo-Call-Options-schein die Risikokosten des Emittenten wider.
Diese sind nicht konstant und von der vorherrschenden Unsicherheit im
jeweiligen Underlying abhängig. Der Emittent nimmt gegen¬über dem
Wertpapier-Inhaber stets eine marktneutrale Posi¬tion ein. Im Rahmen dieser
marktneutralen Position ist es für den Emittenten wichtig, sein
Absicherungsgeschäft auf Höhe des Basispreises wieder aufzulösen. Weil
Kursverläufe von unterschiedlichen Assetklassen auch Sprünge (Gaps) aufwei¬sen
können (Vgl. Darstellung 3), welche dazu führen, dass der Basispreis nicht nur
berührt, sondern auch nach unten durch-brochen wird, sollen genau diese Sprünge
bzw. die Differenz zwischen dem Basispreis und dem darunter liegenden Kurs des
Basiswerts durch das Aufgeld aufgefangen werden. Sollte das Aufgeld die
Differenz nicht vollständig auffangen, erleidet der Emittent einen Verlust.
Bei anderen Produkten zum Beispiel bei
Turbo-Optionsschei¬nen erhält das Aufgeld neben den Risikokosten auch die
Finanzierungskosten. Bei Open-End Turbo-Call-Optionsschei-nen werden die
Finanzierungskosten anders berücksichtigt. Die Finanzierungskosten sind die
Kosten, die bei der Konst¬ruktion von Open-End Turbo-Call-Optionsscheinen
entstehen. Außerdem beinhalten die Finanzierungskosten eine Emitten¬ten-Marge.
Die Marge ist von Basiswert zu Basiswert unter-schiedlich. Wir pflegen stets
eine transparente Kommunika¬tion mit den Inhabern unserer Produkte. Aus diesem
Grund weisen wir unsere Marge bei Open-End Turbo-Call-Optionscheinen in der
jeweiligen Produkteinzelansicht aus. Die Finanzierungskosten werden dem
Zertifikate-Inhaber börsen¬täglich in Rechnung gestellt. Dabei wird der
Basispreis bzw. die Knock-out-Barriere bei einem Open-End
Turbo-Call-Opti-onsschein nach oben hin angepasst. Wenn der Basispreis steigt
und der Kurs des Basiswerts unverändert bleibt, sinkt der Innere Wert. Das
folgende Beispiel soll das verdeutlichen. Angenommen ein Open-End
Turbo-Call-Optionsschein besitzt einen Basispreis in Höhe von 90 GE und der
zugrunde lie¬gende Basiswert notiert bei 100 GE. Daraus resultiert ein Innerer
Wert in Höhe von 10 GE bei einem angenommenen Bezugsverhältnis von 1. Am
darauffolgenden Tag steigt der Basiswert und auch die Knock-out-Barriere
aufgrund der Finanzierungskosten von 90 GE auf zum Beispiel 90,5 GE. Der
Aktienkurs bleibt unverändert bei 100 GE. Durch den Anstieg des Basispreises
sinkt der Innere Wert um 0,5 GE auf 9,5 GE.
Innerer Wert an TAG 1 => (100 - 90) x 1 = 10 GE Innerer
Wert an TAG 2 => (100 - 90,5) x 1 = 9,5 GE
In diesem Artikel soll der Dividendeneinfluss außer Acht
gelassen werden. Der Dividendeneinfluss wurde bereits im Monat Mai des Jahres
2014 im Rahmen der HSBC Zertifikate-Akademie beleuchtet.
Aus den oberen Erläuterungen wird deutlich, dass bei
Open-End Turbo-Call-Optionsscheinen nicht nur der Spread, son¬dern auch die
Finanzierungskosten eine wichtige Kompo¬nente darstellen, welche im Rahmen der
Emittenten- und Produktauswahl berücksichtigt werden sollten. Da es sich in
diesem Artikel um fiktive Werte handelt, wollen wir Ihnen mit der nachfolgenden
Tabelle eine Ubersicht über die tatsächli¬chen Anpassungssätze im Rahmen der
Finanzierungskosten an die Hand geben. Die grünen Felder markieren die derzeit
niedrigsten Anpassungsätze.
Open-End Turbo-Call-Optionsschein
Der Anpassungssatz: Emittenten im Vergleich
Nachdem oben die Funktionsweise eines Open-End
Turbo-Call-Optionsscheins umrissen wurde, wollen wir uns jetzt mit der Frage
beschäftigen, wie ein Open-End Turbo-Call-Options-schein konstruiert werden
kann. Die Antwort auf diese Frage gibt auch Aufschluss darüber, warum der
Emittent an einem Knock-out-Ereignis kein Interesse hat. Grundsätzlich kann man
sagen, dass ein Open-End Turbo-Call-Optionsschein einen kreditfinanzierten
Aktienkauf widerspiegelt. Dies haben wir in der Darstellung 1 illustrativ
dargestellt.
Angenommen ein Marktteilnehmer möchte einen Open-End
Turbo-Call-Optionsschein mit einem Basispreis bzw. einer Knock-out-Barriere in
Höhe von 90 GE und einem Bezugsver¬hältnis von 1 erwerben. Die zugrunde
liegende Aktie notiert bei 100 GE.
Damit der Anleger an dem Kursanstieg der zugrunde liegen¬den
Aktie partizipieren kann, muss der Emittent die Aktie kau¬fen. Durch den Erwerb
der Aktie nimmt der Emittent eine marktneutrale Stellung ein. Somit kann der
Emittent dies Gewinne, welche der Zertifikate-Inhaber mit dem Open-End
Turbo-Call-Optionsschein erwirtschaftet, aus den Kursgewin¬nen im Rahmen der
eigenen Aktienposition an den Wert¬papier-Inhaber weitergeben.
Jetzt stellt sich die Frage, wie der Emittent die Aktie
erwirbt. Der Emittent nimmt einen Kredit in Höhe des Basispreises bzw. der
Knock-out-Barriere auf. In unserem Beispiel 90 GE. Allerdings reichen diese 90
GE nicht aus, um die Aktie, die bei 100 GE liegt, zu kaufen. Die restlichen 10
GE werden von dem Halter des Open-End Turbo-Call-Optionsscheins in Form des Inneren
Werts erbracht. Somit stehen dem Emittenten 100 GE zur Verfügung, mit denen er
die Aktie erwirbt. Zusätz¬lich zu diesen 10 GE muss der Zertifikate-Inhaber
auch noch die Risikokosten bezahlen, die durch das Aufgeld widerge¬spiegelt
werden. Somit liegt der Geldkurs des hier beispiel¬haften Open-End
Turbo-Call-Optionsscheins bei 11 GE. Der Briefkurs spiegelt den Kaufpreis des
Open-End Turbo-Call-Optionsscheins wider. Hierfür muss der Spread zum Geldkurs
hinzuaddiert werden. Bei einem angenommenen Spread von 0,5 GE liegt der
Briefkurs bei 11,5 GE. In der Darstellung 2 haben wir den Einfluss der
Finanzierungskosten und der Hebelwirkung auf einen Open-End
Turbo-Call-Optionsschein illustrativ dargestellt. Im ersten Szenario notiert
die Aktie zum Beginn bei 100,00 GE und auch am darauffolgenden Tag unverändert
bei 100 GE. Da der kreditfinanzierte Kauf, Zins¬kosten verursacht, muss der
Zertifikate-Inhaber für die Finan¬zierung seiner Position aufkommen. Der
aufgenommene Kre¬dit steigt dementsprechend um die beispielhaften angefalle¬nen
Zinsen von 90 GE auf 90,50 GE (90 GE Kredit + 0,5 GE Zinskosten). Dadurch
steigen auch der Basispreis und die Knock-out-Barriere des Open-End
Turbo-Call-Optionsscheins um 0,5 GE auf 90,5 GE. Der Innere Wert verringert
sich dem¬zufolge um 0,5 GE auf 9,5 GE. Dadurch sinkt - unter der Annahme eines
unveränderten Aufgeldes - der Geldkurs um 0,5 GE.
Im zweiten Szenario notiert die Aktie am nächsten Tag bei
110 GE. Diesen Kursanstieg vollzieht der Halter des Open-End
Turbo-Call-Optionsscheins in gehebelter Form nach. Beim Kauf betrug der Hebel
8,7. Das heißt, wenn die Aktie um 1,00 % steigt, steigt der Open-End
Turbo-Call-Optionsschein - unter der Annahmen dass das Delta' bei 1 bleibt - um
8,70 %. Der Hebel kann wie folgt berechnet werden:
(Aktienkurs x Bezugverhältnis) 100 x 1
->
Briefkurs 11,5
Der beim Kauf gültige Hebel bleibt - ohne Berücksichtigung
der Finanzierungskosten - für den Zertifikate-Inhaber für die Zeit, in der er
den Open-End Turbo-Call-Optionsschein hält, weitestgehend konstant. Das heißt,
unter der Annahme, dass das Aufgeld gleich bleibt steigt der Briefkurs von 11,5
GE (Innerer Wert 10 GE + Aufgeld 1 GE+ Spread 0,5 GE) auf 21,5 GE (Innerer Wert
20 GE + Aufgeld 1 GE + Spread 0,5 GE). Dies entspricht einer prozentualen Veränderung
von - 87 %. Allerdings müssen wir auch die Finanzierungskosten
berück-sichtigen. Somit steigt der Innere Wert nicht um 10 GE, son¬dern durch
die Berücksichtigung der Finanzierungskosten, welche einen Anstieg im
Basispreis und der Knock-out-Barri¬ere zur Folge haben um 9,5 GE auf 19,5 GE.
Daher beträgt der neue Briefkurs nicht 21,5 GE, sondern nur noch 21,00 GE (19,5
Innerer Wert + 1 GE Aufgeld + 0,5 GE Spread). Dies hat zur Folge, dass der
Hebel nicht mehr 8,7, sondern - 8,3 beträgt.
(Neuer Briefkurs / Alter Briefkurs - 1) x 100 / (Neuer
Aktienkurs / Alter Aktienkurs - 1 ) X 100
[(21,00 / 11,5 - X
1001/[(110,00 /100 -1)X 100] =-
8,26 - 8,3
Was passiert nun, wenn das Knock-out-Ereignis eintritt? In
der Darstellung 3 haben wir in diesem Zusammenhang ebenfalls zwei Szenarien
illustriert. Im ersten Szenario erwirbt der Anle¬ger analog zu den oberen
Erläuterungen einen Open-End Turbo-Call-Optionsschein zu einem Briefkurs in
Höhe von 11,5 GE. Der Emittent erwirbt zeitgleich die Aktie. An dem
darauf¬folgenden Tag fällt die Aktie von 100,00 GE auf 90,5 GE. Das heißt der
Basispreis und die Knock-out-Barriere in Höhe von 90,5 wird berührt. Es tritt das
Knock-out-Ereignis ein. Zeit¬gleich verkauft der Emittent die zuvor gekaufte
Aktie an der Börse zum aktuellen Wert in Höhe von 90,5 GE. Diesen Geld¬eingang
nutzt der Emittent, um den aufgenommenen Kredit zurückzuzahlen. Lediglich das
Aufgeld in Höhe von 1 GE fließt dem Emittenten zu. Der Halter des Open-End
Turbo-Call-Op-tionsscheins erhält nach fünf Bankarbeitstagen 0,001 GE
gut¬geschrieben.
Im zweiten Szenario fällt die Aktie von 100,00 GE auf 89,00
GE. Der Basispreis, bzw. die Knock-out-Barriere in Höhe von 90,5 GE wird
aufgrund des Aktiensprungs (Gaps) nach unten deutlich verletzt. Es tritt auch
hier das Knock-out-Ereignis ein. Der Zertifikate-Halter muss keinen Nachschuss
zahlen und erhält wie im oberen Szenario 0,001 GE nach fünf Bankar-beitstagen gutgeschrieben.
Der Emittent verkauft zeitgleich die Aktie und erhält 89,00 GE. Diese 89,00 GE
nutzt er, um den aufgenommenen Kredit zurückzuzahlen. Allerdings rei¬chen die
89,00 GE nicht. Das Aufgeld in Höhe von 1 GE wird ebenfalls vollständig zur
Tilgung des Kredits aufgebraucht. Aber auch das ist nicht ausreichend, es
bleibt eine Restzah¬lung in Höhe von 0,5 GE übrig (89,00 Geldeinheiten aus dem
Aktienverkauf + 1 GE Aufgeld — 90,5 GE offener Kreditbe¬trag= -0,5 GE
Restbetrag). Diese Restzahlung spiegelt auch den Verlust des Emittenten wider.
Denn diese Restzahlung muss der Emittent selbst aufbringen.
Darstellung 3:
Open-End Turbo-Call-Optionsschein
Mit den oberen Erläuterungen haben wir gezeigt, dass der
Emittent kein Interesse an einem Knock-out-Ereignis bei einem Open-End
Turbo-Call-Optionsschein hat. Der Emittent verdient an der eingepreisten Marge
in den Finanzierungskos¬ten. Daraus resultiert, dass der Ertrag des Emittenten
mit zunehmender Haltedauer eines Open-End Turbo-Call-Options-scheins steigt
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