Donnerstag, 5. November 2015

Die Flugbranche verändert sich


Die Flugbranche verändert sich

Author D.Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/1NLAzQDRX7c

Die Lage europäischer Fluggesellschaften klafft immer stärker auseinander. Während die irische Airline Ryanair zweistellige Zuwachsraten aufweist, leiden die einstigen Schwergewichte der Branche wie Lufthansa und Air France unter der zunehmenden Konkurrenz der Billigflug¬gesellschaften sowie der Mitstreiter aus dem Nahen Osten. Leiden ist auch bei der Belegschaft der deutschen Air Berlin angesagt. Die angeschlagene Airline, welche durch die vor einigen Jahren eingegangene Kooperation mit der arabischen Etihad Airways neue Hoffnung schöpfte, hat weiterhin mit schwachen Zahlen zu kämpfen.

Gute Wetterbedingungen —

nur in Deutschland Turbulenzen in Sicht

Die Vorzeichen der Flugbranche zeichnen sich als sehr gut ab. Nach einem Bericht bezüglich der aktuellen Lage der deutschen Luftfahrt, herausgegeben vom Bundesverband der deutschen Luftverkehrswirtschaft, wird jedoch schnell ersichtlich, dass die deutschen Airlines nicht zu den Profi¬teuren dieses aktuellen Trends gehören. Mit einem Wachs¬tum des Luftverkehrs von 2,5 Prozent in der ersten Jahres¬hälfte 2015 und gemessen in Verkauften Personenkilometern liegen die Zahlen des deutschen Sektors deutlich unter jenen auf weltweiter (+6,3 Prozent) und europäischer (4,8 Prozent) Basis. Auch die aktuell vorherrschenden und für die deut¬schen Airlines als positiv anzusehenden Wechselkursbedin-gungen wie auch die niedrigen Treibstoffpreise konnten die schwache Form nicht wettmachen. Auch der immer weiter ansteigende Wettbewerb, mittlerweile agieren mehr als 100 Airlines allein in Deutschland, macht den Akteuren zu schaf¬fen. Für diese wird es immer schwieriger, wirtschaftlich zu operieren. Erste Airlines wie zum Beispiel Air France, Air Ber¬lin oder die Lufthansa sehen sich zu einer Verkleinerung der Streckennetze gezwungen, was wiederum negative Auswir¬kungen auf die Anzahl beförderter Passagiere hat. Im selben Zeitraum schafften es andere, in Europa ansässige Airlines wie Easy Jet mit einem Plus von 5,6 Prozent, Turkish Airlines mit einem Plus von 8,5 Prozent, IAG mit einem Plus von 8,9 Prozent oder Ryanair, die mit einer bemerkenswerten Steige¬rung von 20,3 Prozent aufwartete, ihre Marktanteile weiter auszubauen. Letztere konnte ihren Vorsprung in Europa sogar deutlich erhöhen und somit den ersten Platz im Passagie-reranking vor der Lufthansa auf Platz drei und EasyJet auf dem zweiten Platz ausbauen.

Im Hinblick auf die zweite Jahreshälfte, die in der Vergangen-heit stets als die umsatzstärkere galt, könnten Anleger bei den aufgrund schwacher Ergebnisse abgestraften Fluggesell-schaften von einer möglichen Erholung ausgehen. Allerdings müssen auch hier die jeweiligen Besonderheiten der unter-schiedlichen Airlines berücksichtigt werden.

 

 

Anzahl der Passagiere ausgewählter europäischer Fluggesellschaften im Jahr 2014 (in Millionen)

Die Statistik zeigt die Anzahl der Passagiere ausgewählter europäischer Fluggesellschaften im Jahr 2014. Rund 53 Millionen Passagiere beförderte die Fluggesellschaft Turkish Airlines im Jahr 2014. Turkish Airlines (türkisch: Türk Have Yollari A. 0.1 ist die teilstaatliche Flugge¬sellschaft der Türkei mit Sitz in Istanbul und Mitglied der internationalen Luftfahrt-Allianz Star Alliance sowie Kooperationspartner der Arab Air Carriers Organization.

 

Ryanair        

            86,37

EasyJet        

            62,31

Lufthansa   

            59,85

Turkish Airlines   

            53,38

Air France  

            45,41

British Airways    

            41,16

Air Berlin Gruppe

            29,91

KLM  

            27,74

Norwegian 

            24,26

Aerofiat      

            23,60

Alitalia        

            22,69

Vueling        

            20,70

Swiss 16.26

VVizz Air      15.80

Germanwings        14.06

Duelle: Statst        Stand: 22.00.2515

Luftverkehrssteuer als Hemmfaktor

Auf der Suche nach der Antwort, warum es speziell bei den großen deutschen Airlines nicht allzu rund läuft, sind speziell einige deutsche Alleingänge, die es den heimischen Flugge-sellschaften zusätzlich schwer machen, wettbewerbsfähig zu bleiben, anzuführen. Neben den kürzesten Betriebszeiten der Branche, Flugsicherungskosten der DFS, die im Gegen¬satz zu anderen EU-Staaten auf die Ticketpreise aufaddiert werden, ist speziell die Luftverkehrssteuer als maßgeblicher Wettbewerbsnachteil für deutsche Airlines zu nennen. Die Steuer, die eine durchschnittliche Kostenbelastung von 1,7 Prozent des Umsatzes ausmacht, übersteigt allein schon den durchschnittlichen operativen Gewinn von Lufthansa und Air Berlin aus dem Jahr 2014 um nahezu das Doppelte. Seit Einführung der Steuer im Jahr 2011 sind den Airlines somit Finanzmittel entzogen worden, die für den Kauf von gut 34 besonders energiesparsamen und leisen Airbus A320 gereicht hätten.

Was eine Befreiung von einer solchen Steuer für Auswirkun¬gen haben kann, ist an dem Beispiel Irland gut verdeutlicht. Auf der Nachbarinsel des Vereinigten Königreichs Großbritan¬nien hatte die Regierung zum 1. April 2014 die dortige Luft-verkehrsabgabe aufgehoben. Innerhalb der darauffolgenden sechs Monate wurden so außergewöhnlich hohe Wachstum-simpulse freigesetzt. Mit einem Plus von 13Prozent an Flug-bewegungen konnte der höchste Wert innerhalb des Eurorau-mes festgestellt werden.

 

 

Ausblick

Bei den bereits abgeschlossenen Planungen für die Winter¬monate zeichnet sich ab, dass der Aufbau neuer Strecken sowie die Erhöhung der Auslastung von Flugrouten beson¬ders von ausländischen Fluggesellschaften vorangetrieben werden, wogegen die Zeichen bei deutschen Airlines auf Schrumpfkurs stehen. Sieht es trotzdem bei den Passagier¬zahlen an deutschen Flughäfen weiter positiv aus, ist der Ausblick auf das Frachtgeschäft eher verhalten zu betrach¬ten. Das Wachstum bei Expressfracht im Zuge des globalen Onlinehandels wird zwar aller Voraussicht anhalten und vom Weihnachtsgeschäft weiter profitieren dürfen, allerdings überwiegt gerade bei dem allgemeinen Frachtgeschäft die Unsicherheit einer sich verlangsamenden wirtschaftlichen Entwicklung in wichtigen Ländern wie China.

Lufthansa

Nicht der hellste Stern am Himmel

Deutschlands größte Fluggesellschaft hat zuletzt bewegte Monate hinter sich gebracht. Nach dem Absturz eines Flugzeuges der Tochtergesell¬schaft Germanwings und dem anhaltenden Streikausstands des Piloten¬personals geriet die Aktie zunehmend unter Druck und halbierte innerhalb nur eines Jahres ihren Wert. Mit der Bekanntgabe der aktuellen Zahlen für das erste Halbjahr konnte allerdings aufgrund einer zwischenzeitlichen Streikpause der Gewerkschaft sowie günstigen Kerosinkosten der opera¬tive Gewinn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum fast verdoppelt werden, was der Aktie zuletzt wieder Auftrieb geben konnte. Nun bleibt aubzu-warten, wie die Streikverhandlungen weiter verlaufen werden, da in dem Konflikt um die Umstellung der Betriebsrenten auf Festzuschüsse sowie der Etablierung einer neuen Billigfluglinie namens Eurowings, die parallel zu der bestehenden Germanwings agieren soll, noch immer keine Lösung gefunden wurden. Sicher ist jedoch, dass die immer wieder auftretenden Streiks, die den Flugverkehr der Lufthansa des Öfteren zum Erliegen brin¬gen, nicht mehr nur die Kunden verschrecken, sondern auch die Mitarbei¬ter belasten, die mittlerweile einen der höchsten Krankenstände bei Air-lines weltweit aufweisen.

Hinzukommen wieder schwächere Zahlen für den September. Mit einem Passagierrückgang um 0,3 Prozent und einer geringeren Auslastung der Maschinen blieb Lufthansa hinter den Erwartungen zurück, die das erste Halbjahr eröffneten. Doch sind es nicht nur die Streiks, die der Airline zu schaffen machen. Speziell das gegenwärtig sehr günstige Kerosin sowie das expansive Wachstum arabischer Airlines, die auch zunehmend in Europa an Beliebtheit gewinnen, treibt den Konkurrenzkampf im Hinblick auf die Ticketpreise stark an. Ob der Plan mit einer weiteren Billigfluglinie aufgeht, bleibt indes abzuwarten. Sicher ist jedoch, dass die zuletzt so stark abgestrafte Fluggesellschaft mit dem Kranich im Logo nicht still¬steht und versucht zwingend notwendige Reformen umzusetzen, wie der Etablierung eines neuen Preismodells, um speziell auch die Billigairlines

Ryanair

Expansion um jeden Preis

Die Airline mit dem für seine kontroversen Aussagen bekannten Chef Michael O'Leary will die Probleme von Lufthansa und Air Berlin zu ihrem eigenen Vorteil nutzen. Dazu ließ O'Leary zuletzt verkünden, auf dem deut¬schen Markt, welcher einen sehr schwachen Wettbewerb aufweist und so ein hohes Wachstum der eigene Airline fördert, stärkere Präsenz zeigen zu wollen. Neben einer Basis auf dem Hauptstadtflughafen soll auch die Frequenz auf anderen Strecken ansteigen. Dazu bestellte Ryanair zuletzt 380 neue Flugzeuge, die auch zum Großteil in Deutschland zum Einsatz kommen und den Marktanteil der derzeit hinter Lufthansa und Air Berlin auf Platz drei liegenden irischen Billigfluglinie von 5 auf 20 Prozent aus¬bauen sollen. Das Angebot der größten Konkurrenten veringere sich auf¬grund von Kosteneinsparungsprogrammen zusehends. Diese Lücke wolle Ryanair nutzen, um weiter zu wachsen, verkündete O'Leary zuletzt. Die für ihre extrem günstigen Tickets bekannte Airline, die allerdings auch des Öfteren aufgrund des ein oder anderen Fehlverhaltens in die Kritik gerät, wartete zuletzt mit eindrucksvollen Zahlen auf, die den etablierten Air-lines ein Dorn im Auge sein dürften. Trotz der anhaltenden Expansion, die mit einigen Kosten verbunden ist, erwirtschaftet die irische Airline üppige

 

German- und Eurowings mit Konkurrenten wie EasyJet und Ryanair kon-kurrenzfähig werden zu lassen und diesen in ihrem Wachstum entgegen¬wirken zu können.

Für das Jahr 2015 wurde zuletzt das Ziel einer Milliarde Euro operativen Gewinns ausgegeben nach 700 Millionen im Vorjahr. Sollten nun die Win-termonate streikfrei verlaufen, so könnte die unter Druck geratene Airline vielleicht im März bei der Vorstellung der Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr für die eine oder andere Überraschung sorgen

 

Air Berlin

Wie lange kann das noch gut gehen?

Die angeschlagene Airline, die in den letzten fünf Jahren gut drei Viertel ihres Börsenwerts einbüßen musste, sieht sich derzeit mit einer für die Zukunft richtungsentscheidenden Situation konfrontiert. Im ersten Halb¬jahr gab es einen Verlust von 247,6 Millionen Euro. Das Eigenkapital ist längst aufgezehrt, lag Ende Juni bei minus 575 Millionen Euro. Seit Lan¬gem hält sich Air Berlin nur dank millionenschwerer Finanzspritzen ihrer arabischen Großaktionärin Etihad in der Luft. Im Zuge der aktuellen Ver¬handlungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emi¬raten, in denen es um ein erweitertes Luftverkehrsabkommen geht, müsste Air Berlin bei einem Scheitern des Abkommens einen weiteren Umsatzeinbruch von rund 140 Millionen Euro pro Jahr verkraften. Derzeit bietet die Airline in Kooperation mit der in Abu Dhabi ansässigen Etihad Airways, welche zusätzlich Hauptaktionär von Air Berlin ist, Flüge unter dem Namen von Etihad an, die der Airline einen zusätzlichen Umsatz bescheren. Allerdings wurden diese aufgrund der hohen Anzahl und des vergangenen Abkommens beider Länder nicht weiter genehmigt, was bei einem Scheitern eines neuen und verbesserten Abkommens die Möglich-

Standard-Optionsschein

 
keit weiterer Kooperationen einschränken dürfte. Das größte Problem dürfte dabei sein, dass die Vereinigten Arabischen Emirate nicht nur die abu-dhabische Etihad Airways, sondern auch die aus Dubai stammende Emirates Airline vertritt, die eine gänzlich andere Strategie fährt und somit im Gegensatz zu Etihad, die auf eine Erhöhung der geduldeten Kooperationsflüge mit anderen Partnerairlines pochen, auf einer Erhöhung der Flughafenrechte in Deutschland beharrt. Wie jedoch Mitte Oktober bekannt wurde, drohen die zuvor noch als kurz vor dem Abschluss stehen¬den Verhandlungen, in denen Verkehrsminister Dobrindt aufgrund der existenzbedrohenden Lage der zweitgrößten deutschen Airline eröffnete, einen Großteil der im Namen von Etihad geflogenen Air-Berlin-Strecken weiterhin zu genehmigen, jetzt zu scheitern. Die Gespräche seien „bisher ohne Ergebnis verlaufen",zitiert die „WirtschaftsWoche" einen Sprecher des Bundesverkehrsministeriums. „Den Anstrengungen der Bundesregie¬rung, eine luftverkehrsrechtlich tragfähige Lösung zu finden, haben sich die VAE verweigert." Vieles hängt derzeit also von der Entscheidung ab, die in der kommenden Zeit fallen



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