Die Flugbranche verändert sich
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/1NLAzQDRX7c
Die Lage europäischer Fluggesellschaften klafft immer
stärker auseinander. Während die irische Airline Ryanair zweistellige
Zuwachsraten aufweist, leiden die einstigen Schwergewichte der Branche wie
Lufthansa und Air France unter der zunehmenden Konkurrenz der
Billigflug¬gesellschaften sowie der Mitstreiter aus dem Nahen Osten. Leiden ist
auch bei der Belegschaft der deutschen Air Berlin angesagt. Die angeschlagene
Airline, welche durch die vor einigen Jahren eingegangene Kooperation mit der
arabischen Etihad Airways neue Hoffnung schöpfte, hat weiterhin mit schwachen
Zahlen zu kämpfen.
Gute Wetterbedingungen —
nur in Deutschland Turbulenzen in Sicht
Die Vorzeichen der Flugbranche zeichnen sich als sehr gut
ab. Nach einem Bericht bezüglich der aktuellen Lage der deutschen Luftfahrt,
herausgegeben vom Bundesverband der deutschen Luftverkehrswirtschaft, wird
jedoch schnell ersichtlich, dass die deutschen Airlines nicht zu den
Profi¬teuren dieses aktuellen Trends gehören. Mit einem Wachs¬tum des
Luftverkehrs von 2,5 Prozent in der ersten Jahres¬hälfte 2015 und gemessen in
Verkauften Personenkilometern liegen die Zahlen des deutschen Sektors deutlich
unter jenen auf weltweiter (+6,3 Prozent) und europäischer (4,8 Prozent) Basis.
Auch die aktuell vorherrschenden und für die deut¬schen Airlines als positiv
anzusehenden Wechselkursbedin-gungen wie auch die niedrigen Treibstoffpreise
konnten die schwache Form nicht wettmachen. Auch der immer weiter ansteigende
Wettbewerb, mittlerweile agieren mehr als 100 Airlines allein in Deutschland,
macht den Akteuren zu schaf¬fen. Für diese wird es immer schwieriger,
wirtschaftlich zu operieren. Erste Airlines wie zum Beispiel Air France, Air
Ber¬lin oder die Lufthansa sehen sich zu einer Verkleinerung der Streckennetze
gezwungen, was wiederum negative Auswir¬kungen auf die Anzahl beförderter
Passagiere hat. Im selben Zeitraum schafften es andere, in Europa ansässige
Airlines wie Easy Jet mit einem Plus von 5,6 Prozent, Turkish Airlines mit
einem Plus von 8,5 Prozent, IAG mit einem Plus von 8,9 Prozent oder Ryanair,
die mit einer bemerkenswerten Steige¬rung von 20,3 Prozent aufwartete, ihre
Marktanteile weiter auszubauen. Letztere konnte ihren Vorsprung in Europa sogar
deutlich erhöhen und somit den ersten Platz im Passagie-reranking vor der
Lufthansa auf Platz drei und EasyJet auf dem zweiten Platz ausbauen.
Im Hinblick auf die zweite Jahreshälfte, die in der
Vergangen-heit stets als die umsatzstärkere galt, könnten Anleger bei den
aufgrund schwacher Ergebnisse abgestraften Fluggesell-schaften von einer
möglichen Erholung ausgehen. Allerdings müssen auch hier die jeweiligen
Besonderheiten der unter-schiedlichen Airlines berücksichtigt werden.
Anzahl der Passagiere ausgewählter europäischer
Fluggesellschaften im Jahr 2014 (in Millionen)
Die Statistik zeigt die Anzahl der Passagiere ausgewählter
europäischer Fluggesellschaften im Jahr 2014. Rund 53 Millionen Passagiere
beförderte die Fluggesellschaft Turkish Airlines im Jahr 2014. Turkish Airlines
(türkisch: Türk Have Yollari A. 0.1 ist die teilstaatliche Flugge¬sellschaft
der Türkei mit Sitz in Istanbul und Mitglied der internationalen Luftfahrt-Allianz
Star Alliance sowie Kooperationspartner der Arab Air Carriers Organization.
Ryanair
86,37
EasyJet
62,31
Lufthansa
59,85
Turkish Airlines
53,38
Air France
45,41
British Airways
41,16
Air Berlin Gruppe
29,91
KLM
27,74
Norwegian
24,26
Aerofiat
23,60
Alitalia
22,69
Vueling
20,70
Swiss 16.26
VVizz Air 15.80
Germanwings 14.06
Duelle: Statst Stand:
22.00.2515
Luftverkehrssteuer als Hemmfaktor
Auf der Suche nach der Antwort, warum es speziell bei den
großen deutschen Airlines nicht allzu rund läuft, sind speziell einige deutsche
Alleingänge, die es den heimischen Flugge-sellschaften zusätzlich schwer
machen, wettbewerbsfähig zu bleiben, anzuführen. Neben den kürzesten
Betriebszeiten der Branche, Flugsicherungskosten der DFS, die im Gegen¬satz zu
anderen EU-Staaten auf die Ticketpreise aufaddiert werden, ist speziell die
Luftverkehrssteuer als maßgeblicher Wettbewerbsnachteil für deutsche Airlines
zu nennen. Die Steuer, die eine durchschnittliche Kostenbelastung von 1,7
Prozent des Umsatzes ausmacht, übersteigt allein schon den durchschnittlichen
operativen Gewinn von Lufthansa und Air Berlin aus dem Jahr 2014 um nahezu das
Doppelte. Seit Einführung der Steuer im Jahr 2011 sind den Airlines somit
Finanzmittel entzogen worden, die für den Kauf von gut 34 besonders
energiesparsamen und leisen Airbus A320 gereicht hätten.
Was eine Befreiung von einer solchen Steuer für
Auswirkun¬gen haben kann, ist an dem Beispiel Irland gut verdeutlicht. Auf der
Nachbarinsel des Vereinigten Königreichs Großbritan¬nien hatte die Regierung
zum 1. April 2014 die dortige Luft-verkehrsabgabe aufgehoben. Innerhalb der
darauffolgenden sechs Monate wurden so außergewöhnlich hohe Wachstum-simpulse
freigesetzt. Mit einem Plus von 13Prozent an Flug-bewegungen konnte der höchste
Wert innerhalb des Eurorau-mes festgestellt werden.
Ausblick
Bei den bereits abgeschlossenen Planungen für die
Winter¬monate zeichnet sich ab, dass der Aufbau neuer Strecken sowie die
Erhöhung der Auslastung von Flugrouten beson¬ders von ausländischen
Fluggesellschaften vorangetrieben werden, wogegen die Zeichen bei deutschen
Airlines auf Schrumpfkurs stehen. Sieht es trotzdem bei den Passagier¬zahlen an
deutschen Flughäfen weiter positiv aus, ist der Ausblick auf das Frachtgeschäft
eher verhalten zu betrach¬ten. Das Wachstum bei Expressfracht im Zuge des
globalen Onlinehandels wird zwar aller Voraussicht anhalten und vom
Weihnachtsgeschäft weiter profitieren dürfen, allerdings überwiegt gerade bei
dem allgemeinen Frachtgeschäft die Unsicherheit einer sich verlangsamenden
wirtschaftlichen Entwicklung in wichtigen Ländern wie China.
Lufthansa
Nicht der hellste Stern am Himmel
Deutschlands größte Fluggesellschaft hat zuletzt bewegte
Monate hinter sich gebracht. Nach dem Absturz eines Flugzeuges der
Tochtergesell¬schaft Germanwings und dem anhaltenden Streikausstands des
Piloten¬personals geriet die Aktie zunehmend unter Druck und halbierte
innerhalb nur eines Jahres ihren Wert. Mit der Bekanntgabe der aktuellen Zahlen
für das erste Halbjahr konnte allerdings aufgrund einer zwischenzeitlichen
Streikpause der Gewerkschaft sowie günstigen Kerosinkosten der opera¬tive
Gewinn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum fast verdoppelt werden, was der Aktie
zuletzt wieder Auftrieb geben konnte. Nun bleibt aubzu-warten, wie die
Streikverhandlungen weiter verlaufen werden, da in dem Konflikt um die
Umstellung der Betriebsrenten auf Festzuschüsse sowie der Etablierung einer
neuen Billigfluglinie namens Eurowings, die parallel zu der bestehenden
Germanwings agieren soll, noch immer keine Lösung gefunden wurden. Sicher ist
jedoch, dass die immer wieder auftretenden Streiks, die den Flugverkehr der
Lufthansa des Öfteren zum Erliegen brin¬gen, nicht mehr nur die Kunden
verschrecken, sondern auch die Mitarbei¬ter belasten, die mittlerweile einen
der höchsten Krankenstände bei Air-lines weltweit aufweisen.
Hinzukommen wieder schwächere Zahlen für den September. Mit
einem Passagierrückgang um 0,3 Prozent und einer geringeren Auslastung der
Maschinen blieb Lufthansa hinter den Erwartungen zurück, die das erste Halbjahr
eröffneten. Doch sind es nicht nur die Streiks, die der Airline zu schaffen
machen. Speziell das gegenwärtig sehr günstige Kerosin sowie das expansive
Wachstum arabischer Airlines, die auch zunehmend in Europa an Beliebtheit
gewinnen, treibt den Konkurrenzkampf im Hinblick auf die Ticketpreise stark an.
Ob der Plan mit einer weiteren Billigfluglinie aufgeht, bleibt indes
abzuwarten. Sicher ist jedoch, dass die zuletzt so stark abgestrafte
Fluggesellschaft mit dem Kranich im Logo nicht still¬steht und versucht
zwingend notwendige Reformen umzusetzen, wie der Etablierung eines neuen
Preismodells, um speziell auch die Billigairlines
Ryanair
Expansion um jeden Preis
Die Airline mit dem für seine kontroversen Aussagen
bekannten Chef Michael O'Leary will die Probleme von Lufthansa und Air Berlin
zu ihrem eigenen Vorteil nutzen. Dazu ließ O'Leary zuletzt verkünden, auf dem
deut¬schen Markt, welcher einen sehr schwachen Wettbewerb aufweist und so ein
hohes Wachstum der eigene Airline fördert, stärkere Präsenz zeigen zu wollen.
Neben einer Basis auf dem Hauptstadtflughafen soll auch die Frequenz auf
anderen Strecken ansteigen. Dazu bestellte Ryanair zuletzt 380 neue Flugzeuge,
die auch zum Großteil in Deutschland zum Einsatz kommen und den Marktanteil der
derzeit hinter Lufthansa und Air Berlin auf Platz drei liegenden irischen
Billigfluglinie von 5 auf 20 Prozent aus¬bauen sollen. Das Angebot der größten
Konkurrenten veringere sich auf¬grund von Kosteneinsparungsprogrammen
zusehends. Diese Lücke wolle Ryanair nutzen, um weiter zu wachsen, verkündete
O'Leary zuletzt. Die für ihre extrem günstigen Tickets bekannte Airline, die
allerdings auch des Öfteren aufgrund des ein oder anderen Fehlverhaltens in die
Kritik gerät, wartete zuletzt mit eindrucksvollen Zahlen auf, die den
etablierten Air-lines ein Dorn im Auge sein dürften. Trotz der anhaltenden
Expansion, die mit einigen Kosten verbunden ist, erwirtschaftet die irische
Airline üppige
German- und Eurowings mit Konkurrenten wie EasyJet und
Ryanair kon-kurrenzfähig werden zu lassen und diesen in ihrem Wachstum
entgegen¬wirken zu können.
Für das Jahr 2015 wurde zuletzt das Ziel einer Milliarde
Euro operativen Gewinns ausgegeben nach 700 Millionen im Vorjahr. Sollten nun
die Win-termonate streikfrei verlaufen, so könnte die unter Druck geratene
Airline vielleicht im März bei der Vorstellung der Zahlen für das abgelaufene
Geschäftsjahr für die eine oder andere Überraschung sorgen
Air Berlin
Wie lange kann das noch gut gehen?
Die angeschlagene Airline, die in den letzten fünf Jahren
gut drei Viertel ihres Börsenwerts einbüßen musste, sieht sich derzeit mit
einer für die Zukunft richtungsentscheidenden Situation konfrontiert. Im ersten
Halb¬jahr gab es einen Verlust von 247,6 Millionen Euro. Das Eigenkapital ist
längst aufgezehrt, lag Ende Juni bei minus 575 Millionen Euro. Seit Lan¬gem
hält sich Air Berlin nur dank millionenschwerer Finanzspritzen ihrer arabischen
Großaktionärin Etihad in der Luft. Im Zuge der aktuellen Ver¬handlungen
zwischen Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emi¬raten, in denen es um
ein erweitertes Luftverkehrsabkommen geht, müsste Air Berlin bei einem
Scheitern des Abkommens einen weiteren Umsatzeinbruch von rund 140 Millionen
Euro pro Jahr verkraften. Derzeit bietet die Airline in Kooperation mit der in
Abu Dhabi ansässigen Etihad Airways, welche zusätzlich Hauptaktionär von Air
Berlin ist, Flüge unter dem Namen von Etihad an, die der Airline einen
zusätzlichen Umsatz bescheren. Allerdings wurden diese aufgrund der hohen
Anzahl und des vergangenen Abkommens beider Länder nicht weiter genehmigt, was
bei einem Scheitern eines neuen und verbesserten Abkommens die Möglich-
Standard-Optionsschein
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