Author Selzer-McKenzie
Die Filmbilder hat der Author in Indonesien gedreht
Die Lederschildkröte (Dermochelys coriacea) ist die größte lebende Schildkröte und wird meistens als einzige Angehörige der gleichnamigen Familie (Dermochelyidae) angesehen. Sie zählt somit zoologisch nicht zur Familie der Meeresschildkröten (Cheloniidae), wird aber zusammen mit diesen in die Überfamilie Chelonioidea vereint, die im Deutschen manchmal ebenfalls als Meeresschildkröten bezeichnet wird.[1] Ihr Lebensraum sind tropische und subtropische Meere. Es werden für diese Art bislang keine Unterarten unterschieden.
Die Tiere erreichen eine Panzerlänge von bis zu 2,5 Metern und ein Gewicht von beinahe 700 Kilogramm. Den Rekord hält eine Lederschildkröte, die mit einer Carapaxlänge von 256 Zentimetern und einem Gewicht von 916 Kilogramm an den Strand Hartech in Wales gespült wurde.[2]
Anders als alle anderen Schildkröten besitzt die Lederschildkröte keinen typischen Rückenschild mit Hornschuppen. Der lose zusammenhängende Knochenpanzer ist bei ihr vielmehr von einer derben lederartigen Haut umgeben. Der Panzer ist langgestreckt und läuft hinten spitz zu. Auf dem blau-schwarzen Rücken sind deutlich sieben verdickte Knochenplättchen oder Längskiele zu sehen. Fünf weitere Längskiele finden sich auf dem Plastron. Der Hals ist verhältnismäßig kurz und kann nicht in den Panzer zurückgezogen werden. Ihre Extremitäten sind zu langen Paddeln umgestaltet. Es fehlen ihnen Krallen, was für Schildkröten sehr untypisch ist. Zwischen ihren Hinterbeinen und dem Schwanz ist außerdem eine Hautmembran aufgespannt.
Oben auf dem Kopf hat jede Lederschildkröte einen rosa Fleck, dessen Form individuell ist. Die Funktion ist unbekannt; möglicherweise handelt es sich um einen lichtsensitiven Hautfleck, der zur Orientierung dient.
Lederschildkröten sind Hochseebewohner und kommen in allen tropischen und subtropischen Meeren vor. Im Sommer gelangt sie gelegentlich auch in die gemäßigten Zonen. Damit haben sie unter allen Reptilien den weitesten Lebensraum. Aufgrund ihrer dunklen Hautfarbe, einer Fettschicht und ihrer hohen Masse können Lederschildkröten auch in kühlem Wasser leben. Sie können ihre Körpertemperatur bis zu 18 Grad über der des umgebenden Wassers halten. So werden beispielsweise vor den Küsten Schottlands verhältnismäßig häufig Lederschildkröten gesichtet. Über ihr Wanderverhalten selbst ist nur wenig bekannt. Zwei Forschungsprojekte, bei denen die Tiere Rucksäcke mit Sendern bekommen, haben Ergebnisse sowohl im Atlantik als auch im Pazifik erbracht. Dabei wurde bekannt, dass die Tiere teilweise im Frühjahr 5000 km aus tropischen in gemäßigte Gewässer schwimmen, und im Herbst wieder zurückkehren. Daneben werden nestende Weibchen markiert, um herauszufinden, ob sie ihren Nestplätzen treu bleiben.
In Gefangenschaft gehaltene Lederschildkröten erreichen ihre Geschlechtsreife mitunter bereits im Alter von zwei bis drei Jahren. Während der Paarung umklammert das Männchen mit ihren extrem langen Flossen die Weibchen in der Körpermitte.
Obwohl Lederschildkröten sehr gut an das Leben im Wasser angepasst sind, brauchen sie das Land zur Eiablage. Die Nester werden an Sandküsten überall in der Welt angelegt. Es sind etwa 64 Niststrände für diese Art bekannt:[3]
* Die Niststrände an den Küsten des Atlantiks finden sich in Nordamerika (Florida), der Karibik und Mittelamerika (Jamaika, Trinidad und Tobago, Nicaragua, Costa Rica, Guatemala) und in Südamerika (Suriname, Französisch-Guayana) sowie in Afrika (Gabun, Westküste Südafrikas).
* Die Niststrände an den Küsten des Indischen Ozeans in Natal, Ceylon, Indien, Thailand, Malaysia, Australien und im Pazifik vor Mexiko.
Die Weibchen schwimmen in der Nacht an den Strand und graben dort eine Kuhle in den Sand, worin sie die 50–100 Eier ablegen. Nach dem Zuschieben der Kuhle kehren die Tiere ins Meer zurück und überlassen das Ausbrüten der Eier der Sonnenwärme. Die Gelege sind stark durch Fressfeinde gefährdet. Bei Untersuchungen auf Sri Lanka und in Indien fielen 59 Prozent aller Gelege Wildschweinen und Goldschakalen zum Opfer. Die Inkubationstemperatur hat einen Einfluss auf das Geschlecht des schlüpfenden Jungtiers. Bei Temperaturen zwischen 27 und 28,7 Grad schlüpfen überwiegend Männchen. Bei Temperaturen von 29,7 bis 32 Grad Celsius sind es überwiegend Weibchen, die die Eier verlassen.[4] Sie sind zu diesem Zeitpunkt zwischen 5,8 und 6 Zentimeter groß.
Die nach etwa 55 bis 56 Tagen ausschlüpfenden Jungtieren suchen sofort das Wasser auf. Über das Leben bis zur erwachsenen Schildkröte oder das Alter der Geschlechtsreife ist wenig bekannt. Paarung und weiteres Leben finden ausschließlich im Wasser statt. Nur die weiblichen Tiere kehren jemals wieder an Land zurück.
Die Lederschildkröte ist ein ausgezeichneter Taucher. Sie erreicht Tiefen von bis zu 1200 Meter.[5] Im Vergleich dazu erreicht der Pottwal nur eine Tiefe von 1140 Metern.
Die Hauptnahrung der Lederschildkröte sind Quallen, deren Hauptvorkommen sie in allen Weltmeeren aufsuchen. Die scharfen Hornschneiden ihres Kiefers sind dabei hilfreich, die schlüpfrige Nahrung zu packen. Eine Lederschildkröte braucht zwischen 10 und 100 kg Quallen pro Tag. Da Quallen unter anderem von Fischlarven leben, tragen Lederschildkröten dazu bei, Fischpopulationen zu erhöhen.
Wie die echten Meeresschildkröten sind die Lederschildkröten insbesondere im Pazifik in ihrem Bestand gefährdet. Gründe dafür sind die Jagd, die Entnahme von Eiern aus den Nestern zum Verzehr sowie die Fischerei. Im indischen Tamil Nadu wird auch aus den Panzern dieser Art ein Öl gewonnen, das vor Ort genutzt wird, um die Holzboote abzudichten.
Eine wesentlich größere Gefahr stellt für Lederschildkröten die Fischerei und der im Meer treibende Müll dar. Die Lederschildkröten verfangen sich in Netzen und langen Leinen und ersticken aufgrund Luftmangels unter Wasser. Mitunter halten sie im Wasser treibende Plastiktüten für Quallen und verzehren sie. Das kann für die Schildkröten tödlich sein. Die großen Mengen an Müll, die in großen Müllstrudeln in den Meeren treiben, stellen daher eine der größten Gefahren für diese Art dar. Untersuchungen haben gezeigt, dass 44 Prozent der Tiere Plastikmüll im Magen haben. [6][7] Im Atlantik ist die Situation weniger dramatisch.
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