The Great Ocean Road Australia Apollo Bay SelMcKenzie Selzer-McKenzie
The Great Ocean Road Australia Apollo Bay SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Eine Reisebericht und Filmbericht von D.Selzer-McKenzie
Video:
http://www.youtube.com/watch?v=enwNHV9WV4A
Spektakuläre Aussichten vom Surfer-Örtchen Apoll Bay bis zu den weltberühmten
„Zwölf Aposteln": Der Great Ocean Walk führt 91 Kilometer
entlang der einsamen Küste des australischen Bundesstaates Victoria
Irgendetwas hat gerade gegrunzt. Es ist früher Morgen, die Sonne schläft noch hinterm Horizont, nur das diffuse Licht der Dämmerung liegt in der Luft. Schlagartig ist man wach, hält erschreckt still im Schlafsack, lauscht — und versucht sich auszu-malen, welches gefährliche Tier hinter der Zeltwand sein Unwesen treibt. Ein Känguru mit Blähungen? Oder ein Ameisenigel auf der Rückkehr von einem nächtlichen Imbiss? Beide sind einem gestern Abend auf dem Weg zum Camp begegnet.
Schlangen grunzen nicht, Spinnen schon gar nicht — ein Lebewesen, das einem im australischen Busch nach dem Leben trachtet, kann es also nicht sein. Mutig wie ein Eroberer will man sein, den Reiß-verschluss aufreißen und hinausspringen. Am Ende bleibt man vorsichtig und späht nach draußen. Rund um das Zelt sieht man: gar nichts. Nur die Stämme der Eukalyptusbäume, unter denen man sein Zelt aufgeschlagen hat. Dann grunzt es wieder. Von oben! Zwei Koalabären sind in den Ästen laut¬stark beim Frühstück — und stören sich nicht daran, dass man unter ihrem Lieblingsbaum campt.
Goldgelbe Strände ohne jede Menschenseele zu se-hen, auf den höchsten Klippen des Kontinents zu stehen, wilde Felsformationen in der Brandung zu erleben — und eben grunzende Koalabären über sei-nem Kopf: Diese Erfahrungen kann man sich nicht kaufen. Man muss sie sich erwandern: auf dem „Great Ocean Walk", 200 Kilometer westlich von Melbourne, der Hauptstadt von Australiens zweit
kleinstem Bundesstaat Victoria. 91 Kilometer weit führt der Wanderweg vom Surfer-Örtchen Apollo Bay bis an die weltberühmten Felstürme der „Zwölf Apos¬tel", immer an der Küste entlang, durch den Busch und auf dem Sand, über Stock und Stein, Fels und Kies. Spektakuläre Aussichten gibt es indes nicht nur für uns Hardcore-Hiker, die wir unseren allabend¬lichen Muskelkater tapfer weglächeln und eine gan¬ze Woche unterwegs sind. Viele Buchten entlang des Great Ocean Walk lassen sich auch mit einem ent¬spannten Spaziergang in ein paar Stunden erwan¬dem, und Strände wie Johanna Beach und Blanket Bay haben Campingplätze, die man über Schotter-pisten auch mit einem kleinen Wohnmobil ansteu-ern kann.
Schönste Küstenstraße
Schon diese Fahrt kann zum Highlight eines Aus-tralienurlaubs werden: Hundert Kilometer westlich von Victorias Hauptstadt Melbourne (von Deutsch¬land mit einmaligem Umsteigen mit Qantas erreich¬bar) beginnt die „Great Ocean Road", die als schöns¬te Küstenstraße des Kontinents gilt. Angelegt wurde sie nach dem Ersten Weltkrieg. Fast 3000 von den Kämpfen heimgekehrte Veteranen schufteten in ei¬nem großen Re-Integrationsprojekt, um die abge-schiedenen Orte an der Küste erstmals mit einer Straße zu verbinden, die sich knapp 250 Kilometer nach Warrnambool Bucht an den Klippen entlang schlängeln sollte. Maschinen gab es keine — von Hand und mit der Hilfe von Pferden rodeten die Männer den Busch, schleppten Steine weg und befestigten den Unter-grund für die Piste, die erst viel später asphaltiert wurde. 1932 feierte Australien endlich die Eröffnung der inzwischen im ganzen Land legendären Verbin-dung — nach 13 Jahren Bauzeit.
Mit der Natur allein
Heute ist die Great Ocean Road ein beliebtes Aus-flugsziel für das persönliche Road Movie zwischen Busch und Brandung — vor allem auf dem Abschnitt zwischen Lome und Apollo Bay scheint die Straße jede Krümmung der Küste nachzuvollziehen. Aber nicht überall führt sie am Meer entlang: Zwischen Apollo Bay und den Klippen der Zwölf Apostel macht sie einen Bogen und verläuft zum Teil mehr als zehn Kilometer von der Küste entfernt. Hier sind die Wan¬derer auf dem Great Ocean Walk deswegen meist al¬lein mit sich und der wilden Natur.
„Natürlich war die Arbeit an der Great Ocean Road hart. Viele Männer haben es aber auch genossen, in der Wildnis abseits der Zivilisation zu leben — hier konnten sie in ihrer freien Zeit schwimmen, fischen und jagen gehen", sagt der Historiker Donald Wal¬ker. Die Abgeschiedenheit hatte noch einen anderen Vorteil: Die Polizei war weit weg. Im Jahr 1924 lief vor
r Küste ein Dampfschiff auf ein Riff. KisteBier und Schnaps landeten am Strand — bis die Männer darauf aufmerksam wurden. „Zwei Wochen lang ruhte daraufhin die Arbeit."
Der enthusiastische Forscher hat auch die Geschichte des ersten Siedlers rekonstruiert, der 1845 an der Küste entlangwanderte. Allerdings tat er das nicht freiwillig wie heute die Naturfreunde, sondern mit ei¬nem klaren Befehl seiner Vorgesetzten: Er sollte ei¬nen Pfad von Melbourne zum Cape Otway finden, zum südlichsten Punkt des Kontinents, um dort ei¬nen Leuchtturm bauen zu können. „Charles Joseph La Trobe brauchte drei Anläufe, und er schaffte es am Ende nur, weil ihm einer der hier lebenden Urein¬wohner den Weg zeigte", sagt Donald Walker. Schon drei Jahre später, 1848, sendete der Leuchtturm am Cape Otway zum ersten Mal sein Lichtsignal aufs Meer. Er wurde dringend benötigt: Nicht von unge¬fähr nennt man diesen Teil Australiens „Küste der Schiffswracks", und am Wreck Beach liegen noch die Anker zweier Schiffe, die hier zerschellten.
In den Fußstapfen des Pioniers
Wer heute entlang der Küste wandert, tritt also buch¬stäblich in die Fußstapfen des Mannes, den heute trotz seiner Pionierleistung kaum ein Besucher kennt. „Charles Joseph La Trobe musste sich bis zur Erschöpfung plagen, um am Cape Otway anzukom¬men. Zwischen Apollo Bay und dem Kap folgt der
Weg des Great Ocean Walk nun seinem ursprüng¬lichen Pfad", erklärt Donald Walker. Schweißtreibend sind manche Abschnitte des spekta¬kulären Wegs noch immer — vor allem, wenn man die ganzen 91 Kilometer von Apollo Bay bis zu den Zwölf Aposteln als Selbstversorger im Zelt unterwegs ist und alle Vorräte für den einwöchigen Marsch so¬wie sein Zelt selbst tragen muss. Doch das Meer ist nie weit, und am Station Beach sorgt zusätzlich das Wasser der Rainbow Falls für eine willkommene Erfrischung. Wer mehr Komfort möchte, kann an ei¬nigen Stellen — und sogar in den Häuschen der Leuchtturmwärter von Cape Otway — in Pensionen übernachten, die nur wenige Kilometer von der ei¬gentlichen Route entfernt liegen. Inzwischen gibt es sogar Anbieter, die sich um den Transport des Gepäcks und die Verpflegung kümmern — so erwan¬dert man sich die Küste ganz entspannt nur mit ei¬nem Tagesrucksack. Durch den Busch schlagen muss sich heute auch niemand mehr.
„165 Jahre nach der Pioniertat von Charles Joseph La Trobe haben wir für zweieinhalb Millionen Dollar ei¬nen Weg angelegt, der sich für alle Besucher eignet, die ein normales Fitnesslevel haben", sagt Will Cox, verantwortlicher Ranger im Great Otway National¬park. Meist geht es am Strand oder über die Felsen entlang der Küste, oft auch auf halber Höhe am
Hang entlang. An steilen Stellen wurden Treppen a Naturstein und Holz gebaut, so dass man keine Beri steigerqualitäten mitbringen muss. Verirren karr. man sich nicht — eine Beschilderung weist den Wel
Auch für schöne Standorte fürs Zelt ist gesorgt: „Ft) die Wanderer auf dem Great Ocean Walk haben wi sieben außergewöhnlich gelegene Plätze zur Campen ausgewiesen. Dort gibt es Komposttoiletter Unterstände und Tanks mit Regenwasser", so d€ Ranger. Weil der Great Ocean Walk immer populä rer wird, müssen Besucher, die mehrtägige Wand€ rungen entlang der Route planen oder die ganz Strecke absolvieren möchten, von Ost nach We wandern. Die Zeltplätze lassen sich im Voraus unt€ wwwgreat-oceanwalk.com.au reservieren und b€ zahlen. Informationen zur Region gibt es unk www.visitmelboume.com/de; eine deutsche Broschür kann man unter www.australien-info.de/vic besteller Alle Planung kann einen indes nicht darauf vorb€ reiten, abends mit Meersalz auf den Lippen di Sonne über dem Cape Otway untergehen zu sehen - und morgens mit Koalas zu frühstücken. Nicht ir Zoo. Sondern mitten in der Natur
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