Contra-Roulette Taktik SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Author D.Selzer-McKenzie
Die Zeiten, da russische Großfürsten und amerikanische Nabobs
Millionen über Millionen verspielten sind heute vorbei. Wer
heute sein Geld dem grünen Tuch anvertraut, will unbedingt
gewinnen. Wenn auch die Zahl der ihrem guten Stern vertrauenden
Spieler noch heute weitaus überwiegt, so hat sich doch die Gemeinde
der „Systematiker“ um ein Beträchtliches vergrößert. Gerade diese
Menschen aber sind es, die der Spielbank am meisten die Taschen füllen.
Während sich nämlich die Gewinne und Verluste der Glücksritter im Allgemeinen
ausgleichen und der Bank nur den Tribut der Zahl Null zuführen,
spielen die Systematiker in der Regel so lange, bis ihr Kapital restlos der weißen
Kugel verfallen ist, gut 90 Prozent aller Systeme sind wertlos.
Warum aber trifft man gerade bei den Systemspielern die meisten Verlierer?
Weil sie bei dem Aufbau ihrer Methoden ohne jede Logik vorzugehen pflegen.
Da kommt eine Idee, wie man es vielleicht anfangen könnte die Bank zu
meistern und schon wird mitunter ohne jedes statistische Material losgezogen.
Ein wirklicher Roulettefachmann wird zumeist beim ersten Blick den
etwaigen Unwert des in Aussicht genommenen Systems erkennen.
Keinem Menschen wird es einfallen, einen schwierigen Prozess selbst zu
führen, wenn er in juristischen Angelegenheiten Laie ist. Kein Mensch wird
sich seine Schuhe selbst machen oder lebensgefährliche Krankheiten selbst
behandeln, wenn er nicht die nötige Fachausbildung dazu besitzt. Nur bei
der Roulette glaubt jeder Dummkopf in der Lage zu sein, sich eine Überlegenheit
zu schaffen, ohne überhaupt die primitivsten Gesetzmäßigkeiten der
rollenden Kugel zu kennen.
Ich weiß, die Leser dieser Zeitschrift gehören nicht zu jenen Verblendeten.
Ihr Interesse reiht sie ein in die Gemeinde der wenigen Vernünftigen, die sich
darüber klar sind, dass nur eine grundlegende Kenntnis der ewigen Wahrscheinlichkeitsgesetze
Garant sein kann für ein erfolgreiches Spiel.
Um aber ein solches folgerichtig aufbauen zu können, muss man sich klar
über die Schwächen des anzugreifenden Feindes sein. Hier sieht es sehr betrüblich
aus. Die Roulette hat nur eine einzige Schwäche, die leicht erkennbar
ist: ob sie gewinnt, ob sie verliert, sie muss ständig weiterspielen, während
Beginn und Ende des Spieles beim Gegner ganz in sein Belieben gestellt ist.
Eine zweite Schwäche der Roulette, auf die ich in einem anderen Artikel zurückkommen
werde, genügt zwar, um ihre absolute Besiegbarkeit zu beweisen,
nach dem Stande der heutigen Rouletteforschung aber noch nicht, um
praktisch eine wirklich einträgliche Methode darauf aufbauen zu können.
Trotzdem braucht der Spieler den Mut nicht sinken zu lassen. Wenn ein
Feind keine nennenswerten Schwächen aufweist,
dann sucht man eben seine Stärken, um diese auszugleichen
und, wenn möglich, sich selbst zu eigen
zu machen. Der Vorsprung der Bank vor dem
Spieler ist durch drei wichtige Punkte bestimmt:
1. das ungeheure ihr zur Verfügung stehende Kapital,
2. die Zahl Null und 3. die freie Willensbestimmung
der Spieler im Kommen und Gehen,
sowie in der Anwendung meist unsinniger Systeme.
Man sieht also, die oben angeführte Schwäche
der Roulette ist im Allgemeinen gerade einer ihrer
Stärken.
Der erste Punkt wird leider von der Spielerwelt
am meisten übersehen. Als Beweis für seine Richtigkeit
mag hier die millionenfach festgestellte
Tatsache genügen, dass prozentual die reichen
Spieler weit seltener mit leeren Taschen heimkehren,
als die weniger begüterten. Aus seiner
Jugendzeit wird wohl fast jedem Spieler bekannt
sein, wie Old Shatterhand fast einen ganzen
Stamm feindlicher Indianer gefangen nahm. Er
lockte die Feinde in eine Schlucht, besetzte mit
seinen wenigen Leuten die beiden einzigen Ausgänge
und war Sieger. Ebenso verfuhr der Raubritter
Alberich von Verona im Jahre 1155 mit dem
Heere Barbarossas in der Veroneser Klause. Nur
den geübten oberbayerischen Bergsteigern unter
dem Befehl des Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach
war es zu danken, dass der Waffenruhm Deutschlands
nicht für Jahrhunderte befleckt wurde. Otto
von Wittelsbach stieg mit seiner Schar die Felswände
empor und fiel dem Feinde in den Rücken.
Verfahren Sie ebenso wie Alberich mit dem Heere
der Spielbank, seinem Kapital und ich garantiere
Ihnen: die Roulette hat keinen Otto von Wittelsbach
zur Verfügung! In gewissem Sinne hinkt
der Vergleich allerdings. Man kann die Spielbank
nicht auf diese Weise unmittelbar besiegen, man
kann lediglich den Unterschied in der Größe der
beiden Heere so beeinflussen, dass er unbeachtlich wird. Eine solche Beeinflussung
wäre zum Beispiel dadurch möglich, dass man die Bank gegen
ein nicht vorhandenes, gewissermaßen schemenhaftes gleichgroßes Kapital
kämpfen lässt. Man wird also beobachten, wie lange die Bank siegreich sein
kann, ohne zu ermatten. Ist der Höhepunkt ihrer Ermattung eingetreten
oder auch nur nahe, dann kann man seine eigenen Truppen einsetzen und
wird an Kraft ihr gleichwertig sein. Es gilt also eine Linie - am besten auf den
einfachen Chancen - zu verfolgen, die ein sehr starkes Abweichen von dem
Gesetze des Ausgleichs aller Chancen zeigt, um dann auf Wiederherstellung
dieses Ausgleiches zu spielen. Man wird dadurch nicht immer vollen Erfolg
haben, aber die Bank kann ihr Kapital nicht voll zur Geltung bringen.
Gehen wir nun zu Punkt 2 über. Es muss gleich gesagt werden, dass die
Überlegenheit der Bank hier unangreifbar ist. Die Zahl Null hat als Waffe
gegen den Spieler einzig und allein ihre Existenz und diese kann ihr nicht
entrissen werden. Es gilt daher ihre Bedeutung auf das geringste Maß herabzudrücken.
Dies ist aber nur dadurch möglich, dass die Einfachen Chancen
als Systemgrundlage gewählt werden. Hier fordert die Zero nur 1,35 Prozent
des Umsatzes, während sie bei allen anderen Chancen 2,7 Prozent erhält. Den
Tribut an die Null unter 1,35 Prozent herabzudrücken ist, wenn auch noch so
vielfach behauptet wird, es sei dem oder jenem Spieler gelungen, unmöglich
und wird niemals möglich sein. Es gilt also ein System zu schaffen, das der
Bank um mehr als 1,35 Prozent überlegen ist.
Nun zum Punkt 3. Gerade durch die freie Willensbestimmung des Spielers
ist es ihm möglich, eben diese für die Zeit seines Kampfes gegen die Bank
auszuschalten. Natürlich muss er sich zunächst klar sein über die Fehler, zu
denen ihn seine persönliche Eigenart verleitet. Hat er diese erkannt, so kann
er sie bei einiger Willensstärke ausschalten und der Maschine Roulette die
Maschine Mensch entgegensetzen. Ist nun all dieses erkannt, ist die Stoßkraft
der beiden Kapitalien gleich groß und der Mensch eine Maschine wie
die Roulette geworden, so bleibt der Bank nur noch der sehr kleine Vorteil
der Zahl Null. Im Übrigen sind die beiden Gegner gleichwertig. Es gilt nun
einen Vorteil zu gewinnen.
Stehen wir an dem Punkte, da die Bank im Kampf mit einem schemenhaften
Gegner ermüdet ist, wo eine große Spanne zwischen den zwei gleichwertigen
Gliedern einer Einfachen Chance vorliegt - diese wird zum Beispiel
nach dem Prinzip von Marigny durch Wurzelberechnungen festgestellt -
und eröffnen wir nun unsererseits den Kampf, so wird der Ausgang infolge
Gleichwertigkeit beider Gegner ungewiss sein. Wir müssen daher noch so
lange warten, bis sich die Bank auf dem Rückzug vor ihrem nichtvorhandenen
Gegner befindet. Hat sie auch nur einen einzigen Schritt nach rückwärts
getan, so ist es sehr wahrscheinlich, dass sie nun genügend geschwächt ist,
um einem Angriff nicht mehr standhalten zu können. Jetzt greifen wir an.
Haben wir Erfolg, d. h. haben wir den ersten Satz gewonnen, dann sind wir
der Bank bereits überlegen. Da wir aber nur ein kleines Heer besitzen, so
müssen wir sehr vorsichtig sein in der Verfolgung des flüchtenden Gegners.
Wie oft schon sind in der Geschichte aus anfänglichen Niederlagen Siege des
Feindes geworden, weil er allzu lange verfolgt
wurde. Wir werden daher den Gegner entweder
in Ruhe lassen, oder aber ihn mit höchstens einem
Drittel der soeben zum Angriff verwendeten
Geldmenge verfolgen. Man nennt dieses Verfahren
„Degression“ im Gegensatz zur Satzsteigerung,
der „Progression“. Es könnte aber auch der
Fall eintreten, dass unser erster Angriff keinen
Erfolg hat. Dies kann zwei Gründe haben: Entweder
war das Zurückweichen des Feindes nur ein
taktisches Manöver um Kräfte zu sammeln, oder
er hat, obwohl im Rückzug begriffen, sich mit letzter
Kraft noch einmal gewehrt. Der erste Fall äußert
sich darin, dass die Spannung zwischen den
beiden Gliedern der einfachen Chance nicht mehr
vorhanden ist. Hier darf kein Angriff mehr erfolgen
bis sie wieder hergestellt ist. Im zweiten Falle
aber ist die Spannung zwischen den beiden Gliedern
nach dem neuen Vorstoß des Feindes wieder
da und ein zweiter Angriff unsererseits würde
Erfolg versprechen.
Damit sind die allgemeinen Grundlagen des Ausgleichsspieles
erschöpfend dargelegt. Jeder Fachmann
weiß, dass der Laie diese Art des Spieles zuerst
in Betracht zieht. Erst später erkennt er, dass
es in vielen Fällen für ihn günstiger ist, Seite an
Seite mit der Bank zu kämpfen, diese also nicht als
Feind zu betrachten. Er kämpft mit ihr gemeinsam
gegen einen imaginären Feind und begleitet
sie auf ihrem Siegeszug. Erst in dem Moment, wo
dieser nicht vorhandene Gegner die Oberhand
zu gewinnen scheint, lässt er sie im Stich und
bringt seinen Gewinn auf die Seite. Diese Spielart
wird als „Spiel auf den Ecart“ oder „Spiel mit
der Bank“ bezeichnet. Über den Vorzug des einen
oder des anderen Prinzips lässt sich streiten. Jedes
von beiden hat seine Vor- und Nachteile. Der
Spieler muss sich daher darüber klar sein, was
seiner Veranlagung besser entspricht; denn es ist
ein sehr großer, wenn auch weit verbreiteter Fehler,
zu glauben, dass jedes wirklich gute System
auch von jedem Spieler ausgenutzt werden kann.
Heute ging es nur darum, den Leser in die allgemeinen
Lehren der Systembildung einzuweihen.
Wir hoffen, eines klar herausgestellt zu haben,
nämlich die erste und grundlegende Forderung,
der ein erfolgreicher Spieler nachzukommen hat:
die Notwendigkeit einer klaren Logik.
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