Author Selzer-McKenzie
Die Filmbilder hat der Author selbst in der Savanne gedreht
Die Flamingos (Phoenicopteriformes, Phoenicopteridae) sind eine Ordnung und Familie der Vögel. Kennzeichnend für alle Arten sind das mehr oder weniger intensiv rosafarbene Gefieder sowie der hochspezialisierte Schnabel und der Zungenapparat. Der Schnabelrand weist eine Lamellenstruktur auf, die zusammen mit der Zunge einen Filterapparat bildet, mit dem Flamingos Plankton aus dem Wasser filtern können. Die Familie umfasst je nach Sichtweise fünf bis sechs Arten.
Alle Flamingoarten sind einander sehr ähnlich. Sie haben lange, dünne Beine, einen langen Hals und ein rosa Gefieder. Aufrecht stehend sind Flamingos 90 bis 155 cm hoch. Der Geschlechtsdimorphismus ist gering, die Geschlechter sind gleich gefärbt, Männchen sind im Schnitt jedoch etwas größer als Weibchen. Im Verhältnis zur Körpergröße sind Hals und Beine bei ihnen länger als bei allen anderen Vögeln. Gemessen an der Länge des Halses ist die Zahl der Halswirbel mit 17 nicht überdurchschnittlich groß; bei Schwänen z. B. sind es 25. Der Kopf ist im Verhältnis zur Körpergröße sehr klein, ebenso die Füße; beim Rosa-, Chile- und Zwergflamingo zeigt die erste Zehe nach hinten und die übrigen drei nach vorn (anisodaktyl), den Anden- und Jamesflamingos fehlt die erste Zehe (tridaktyl). Die nach vorne gerichteten Zehen sind durch Schwimmhäute verbunden.
Die Rosafärbung des Gefieders ist auf die Aufnahme von Carotinoiden mit der Nahrung zurückzuführen. Diese sind vor allem in planktonischen Algen enthalten. Der Flamingo-Organismus kann diese Carotinoide mit Hilfe von Enzymen in der Leber umwandeln; dabei entstehen mehrere Pigmente, vor allem Canthaxanthin, das in Haut und Federn ausgewachsener Flamingos eingelagert wird.
Rosaflamingos im Flug
Jungvögel haben ein graues Gefieder mit keinen oder wenigen rosa Pigmenten. Ebenso führt die unnatürliche Ernährung von Zoo-Flamingos dazu, dass sie ein eher weißes Gefieder haben.
Ein weiteres Kennzeichen der Flamingos ist der nach unten geknickte Seihschnabel, mit dem sie - mit der Oberseite nach unten - Nahrung aus dem Wasser oder Schlamm filtern. Die Schnabelränder sind mit feinen Lamellen besetzt, die eine ähnliche Funktion wie die Barten der Bartenwale erfüllen.
Flamingos sind gute Schwimmer, nutzen diese Fähigkeit aber nicht oft. Ihre langen Beine ermöglichen ihnen auch noch das Waten in größeren Tiefen. Im Flug halten sie den Hals gestreckt, die Flügel werden schnell und regelmäßig geschlagen; Gleitphasen sind selten. Sie erreichen Fluggeschwindigkeiten von 50 bis 60 km/h. In Gruppen fliegende Flamingos bilden meist energiesparende V-Formationen. Sowohl vor dem Start als auch nach der Landung werden für gewöhnlich einige laufende Schritte getan.
Obwohl Flamingos oft für Vögel tropisch-warmer Regionen gehalten werden, sind sie vor allem auf der Südhalbkugel der Erde auch in gemäßigten und kalten Zonen zu finden. Am häufigsten sind Flamingos in Afrika sowie in Süd- und Mittelamerika vertreten, in Asien reicht das Vorkommen von Anatolien über den Iran bis in den Westen Indiens. Größere Vorkommen in Europa gibt es in Spanien (z. B. Coto de Doñana), Südfrankreich (Camargue), auf Sardinien und in Griechenland.
Im Zwillbrocker Venn, einem Feuchtgebiet an der deutsch-niederländischen Grenze, gibt es eine kleine von ehemaligen Gefangenschaftsflüchtlingen begründete Flamingo-Kolonie mit Rosa- und Chile-Flamingos, die die nördlichste Flamingo-Kolonie der Welt darstellt.
Das ideale Habitat für Flamingos sind alkalische oder salzige Seen. Manche dieser Gewässer haben hohe Anteile an Chloriden, Natriumcarbonaten, Sulfaten oder Fluoriden. Unter solchen Bedingungen kann kaum ein anderes Wirbeltier existieren; die Flamingos trinken dennoch das Wasser und ernähren sich von den wenigen Organismen, die diese Umwelt tolerieren. Nicht alle Seen, die Flamingos beherbergen, sind derart extrem. Vor allem für die großen Arten gilt, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Fehlen von Fischen und der Anwesenheit von Flamingos gibt. Fische sind für Flamingos Nahrungskonkurrenten; wo Fische zahlreich sind, fehlen Flamingos. Bei den kleineren Flamingo-Arten spielt diese Wechselwirkung eine geringere Rolle, da sie vor allem von Kieselalgen und Cyanobakterien leben. Selten findet man Flamingos auch in Meeresbuchten, so an den Küsten Tunesiens und Mauretaniens.
Extrem sind auch die Höhen, in denen Flamingos vorkommen können. In den Anden brüten Flamingos noch in Höhen von 3500 bis 4700 m. Den Winter verbringen sie auf dem Altiplano, wo die Temperaturen nachts auf -30 °C sinken können.
Flamingos haben sich auf eine Ernährung von Organismen des Planktons spezialisiert. Diese werden mit den Lamellen des Seihschnabels aus dem Wasser gefiltert, deren Funktion den Barten der Bartenwale vergleichbar ist. Auf den Lamellen sitzen wiederum feine Härchen.
Zur Nahrungsaufnahme wird der Schnabel seitlich durch das Wasser geschwungen und dabei nur halb geöffnet gehalten. Die Zunge fährt beständig vor und zurück, um Wasser in den Schnabel und wieder hinaus zu befördern. Dabei gerät Wasser mit Nahrungspartikeln in den Innenraum des Schnabels. Die kleineren Arten haben äußere Lamellen, die das Passieren zu großer Bestandteile verhindern. Die inneren Lamellen liegen hingegen waagerecht und erfüllen im Moment des Hereinströmens noch keine Funktion. Erst wenn das Wasser hinausgepresst wird, richten sich die inneren Lamellen auf und hindern die Nahrungsbestandteile daran, nach außen zu gelangen. Gaumen und Zunge sind mit kleinen, nach hinten weisenden Stacheln besetzt, die für den Transport der Partikel in Richtung des Verdauungstrakts sorgen.
Der ganze Vorgang des Ein- und Ausfahrens der Zunge geschieht extrem schnell; die großen Arten können vier- bis fünfmal je Sekunde Wasser in den Schnabel hinein- und hinauspumpen, während der Zwergflamingo dies sogar zwanzigmal je Sekunde vermag.
In den Details dieser Filterfunktion unterscheiden sich die Arten beträchtlich voneinander. Die großen Flamingos (Rosa- und Chileflamingo) haben einen ovalen Oberschnabel, der nicht genau auf den Unterschnabel passt, sondern eine etwa 6 mm große Lücke für die Zunge lässt. Die Lamellen sind voneinander jeweils etwa 0,5 mm entfernt; äußere Lamellen wie bei den kleineren Flamingos gibt es nicht. Die Nahrungspartikel, die gefressen werden, haben demnach eine Größe zwischen 0,5 und 6 mm. Dies sind vor allem Kleinkrebse, Mückenlarven, Mollusken und Ringelwürmer. Innerhalb dieses Spektrums gibt es regional unterschiedliche Vorlieben. In Europa überwiegen Kiemenfüßer der Gattung Artemia; in der Karibik werden neben Sumpffliegenlarven vor allem kleine Schnecken vertilgt; in den Seen Ostafrikas spielen Zuckmückenlarven und Ruderfußkrebse die größte Rolle.
Die kleinen Flamingos (Zwerg-, Anden- und Jamesflamingo) haben einen im Querschnitt dreieckigen Oberschnabel, der lückenlos auf den Unterschnabel passt. Bei ihnen gibt es äußere Lamellen, die zu große Nahrungspartikel daran hindern, in den Schnabel zu gelangen. Diese Lücken sind beim Zwergflamingo 1 × 0,4 mm groß. Die Abstände zwischen den inneren Lamellen betragen maximal 0,05 mm. Die Nahrungspartikel haben also eine Größe zwischen 0,05 und 0,4 mm. In dieser Größe dienen nur noch Cyanobakterien und Kieselalgen als Nahrung.
Die unterschiedlichen Anpassungen haben zur Folge, dass Rosa- und Zwergflamingos nebeneinander nach Nahrung filtern können, ohne sich gegenseitig Konkurrenz zu machen. Die von Zwergflamingos vertilgte Nahrung wäre für Rosaflamingos zu klein, die Nahrung der Rosaflamingos für Zwergflamingos zu groß.
In einer Studie wurde der tägliche Nahrungsbedarf von Rosaflamingos in Venezuela ermittelt. Diese nehmen täglich 270 Gramm Nahrung zu sich, was 50.000 Insektenlarven entspricht. Eine Gruppe von 1500 Flamingos verzehrt demnach täglich das Äquivalent von 75 Millionen Larven[2]. Ein Zwergflamingo nimmt im Nakuru-See täglich 60 Gramm Cyanobakterien zu sich. Da sich dort regelmäßig Kolonien von einer Million Zwergflamingos versammeln, bedeutet dies eine tägliche Ausbeute von 60 Tonnen Cyanobakterien.
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