Author Selzer-McKenzie
Die Filmbilder hat der Author selbst
im Kahuzi Biega Nationalpark im Kongo und dem Virunga Nationalpark in Ruanda gedreht
Die Gorillas (Gorilla) sind eine Primatengattung aus der Familie der Menschenaffen (Hominidae). Sie sind die größten lebenden Primaten und die ausgeprägtesten Blätterfresser unter den Menschenaffen. Sie sind durch ihr schwarzgraues Fell und den stämmigen Körperbau charakterisiert und leben in den mittleren Teilen Afrikas. Wurden früher alle Tiere zu einer Art zusammengefasst, so unterscheiden jüngere Systematiken zwei Arten mit jeweils zwei Unterarten: der Westliche Gorilla (G. gorilla), der in den Westlichen Flachlandgorilla (G. g. gorilla) und den Cross-River-Gorilla (G. g. diehli) aufgeteilt wird; und der Östliche Gorilla (G. beringei), bei dem zwischen dem Östlichen Flachlandgorilla (G. b. graueri) und dem Berggorilla (G. b. beringei) unterschieden wird.
Gorillas weisen einen robusten, stämmigen Körperbau auf. Sie sind stehend etwa 1,25 bis 1,75 Meter hoch, wobei sie meist die Knie etwas gebeugt halten. Wie alle Menschenaffen sind sie schwanzlos. Beim Gewicht weisen sie einen deutlichen Geschlechtsdimorphismus auf: Während Weibchen 70 bis 90 Kilogramm schwer werden, erreichen Männchen bis zu 200 Kilogramm[1]. Trotz anderslautender Berichte (manche Quellen geben bis zu 275 Kilogramm an [2]) dürften Tiere mit über 200 Kilogramm in freier Natur eine Seltenheit darstellen. Wohlgenährte Tiere in menschlicher Obhut können dagegen deutlich schwerer werden und bis zu 350 Kilogramm wiegen. Östliche Gorillas sind generell etwas größer und schwerer als Westliche Gorillas, sie haben eine breitere Brust und wirken stämmiger.
Wie bei allen Menschenaffen mit Ausnahme des Menschen sind die Arme deutlich länger als die Beine, die Spannweite der ausgestreckten Arme beträgt 2 bis 2,75 Meter. Gorillas haben sehr breite Hände mit großem Daumen. Auch die Füße sind breit, die Großzehe ist wie bei den meisten Primaten opponierbar. Beim Berggorilla – der am stärksten bodenbewohnenden Unterart – allerdings ist diese weniger abgespreizt und mit den übrigen Zehen bindegewebig verbunden.
Die Fellfarbe der Gorillas ist dunkel. Während die Östlichen Gorillas schwarz gefärbt sind, sind die Westlichen Gorillas eher graubraun; bei dieser Art kann die Oberseite des Kopfes auffallend braun gefärbt sein. Das Gesicht, die Ohren, die Handflächen und Fußsohlen sowie bei älteren Männchen die Brust sind unbehaart. Dafür entwickelt sich bei älteren Männchen ein silbergraues Rückenfell, weswegen sie auch als „Silberrücken“ bezeichnet werden. Während bei den Östlichen Gorillas diese Graufärbung auf den Rücken beschränkt bleibt, kann sie sich bei Westlichen Gorillas auch auf die Hüften und die Oberschenkel erstrecken. Bei Berggorillas ist das Fell länger und seidiger als bei den übrigen Populationen, insbesondere an den Armen.
Der Kopf der Gorillas ist durch die verglichen mit anderen Primaten kurze Schnauze charakterisiert; die Nasenlöcher sind groß, Augen und Ohren hingegen klein. Auffallend sind die ausgeprägten Überaugenwülste, die Schädel der Männchen sind überdies mit Sagittal- und Nuchalkämmen (Wülsten an der Oberseite des Kopfes und am Nacken) ausgestattet, die als Muskelansatzstellen dienen.
Wie alle Altweltaffen haben Gorillas 32 Zähne, die Zahnformel lautet I2-C1-P2-M3. Die Schneidezähne sind wie bei vielen blätterfressenden Säugetieren relativ klein, die Eckzähne groß und hauerartig und bei Männchen deutlich größer als bei Weibchen. Die Molaren haben höhere Höcker und schärfere Scherkanten als bei den übrigen Menschenaffen, was ebenfalls eine Anpassung an die Blätternahrung darstellt.
Gorillas leben im mittleren Afrika, die Verbreitungsgebiete der zwei Arten liegen jedoch rund 1000 Kilometer voneinander entfernt. Westliche Gorillas leben nahe dem Golf von Guinea, wobei der Cross-River-Gorilla nur ein kleines Gebiet in der Grenzregion zwischen Nigeria und Kamerun bewohnt. Westliche Flachlandgorillas sind vom südlichen Kamerun und dem Westen der Zentralafrikanischen Republik über Äquatorialguinea, Gabun und die Republik Kongo bis in die angolanische Exklave Cabinda verbreitet. Die Bestände im äußersten Westen der Demokratischen Republik Kongo dürften ausgestorben sein.
Östliche Gorillas hingegen bewohnen die östlichen Regionen der Demokratischen Republik Kongo (Östliche Flachlandgorillas) sowie die Regionen der Virunga-Vulkane und des Bwindi-Waldes im Grenzgebiet zwischen Uganda, Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo (Berggorilla).
Gorillas sind ausgesprochene Waldbewohner. Westliche Flachlandgorillas bevorzugen tiefergelegene Regenwälder und Sumpfgebiete, Cross-River- und Östliche Flachlandgorillas hingegen sind eher in hügeligem Terrain zu finden. Die Berggorillas sind die ausgeprägtesten Bewohner des Berglandes und kommen in Regionen bis in 4000 Metern Seehöhe vor. Verschiedene Populationen bewohnen verschiedene Waldtypen – auch innerhalb der Unterarten, generell sind Östliche Gorillas häufiger in Sekundärwäldern zu finden.
Gorillas können sowohl auf dem Boden als auch in den Bäumen nach Nahrung suchen. Am Boden bewegen sie sich wie die Schimpansen in einem vierfüßigen Knöchelgang fort, das heißt, sie stützen sich auf die zweiten und dritten Fingerglieder. Selten gehen sie auch allein auf den Beinen, dabei legen sie jedoch nur kurze Distanzen zurück. Gorillas sind aber auch relativ gute Kletterer und erklimmen Bäume bis in 40 Meter Höhe. Im Geäst nehmen sie aber im Gegensatz zu Schimpansen und Orang-Utans sehr selten eine suspensorische (an den Armen hängende) Haltung ein. Die Berggorillas hingegen sind mit Ausnahme des Menschen die ausgeprägtesten Bodenbewohner aller Menschenaffen und klettern nur selten auf Bäume.
Wie alle Menschenaffen sind Gorillas tagaktiv, nahezu ihre gesamte Aktivität ist auf die Zeit zwischen 6:00 und 18:00 Uhr beschränkt. Nach der morgendlichen Nahrungsaufnahme legen sie zwischen 10:00 und 14:00 eine Rast ein, um sich dann erneut auf Nahrungssuche zu begeben und einen Schlafplatz vorzubereiten. Die Schlafplätze bestehen aus selbst angefertigten Nestern aus Ästen und Blättern, die entweder am Boden oder im Geäst liegen können. Die Anfertigung der Nester dauert nicht länger als fünf Minuten, und normalerweise wird ein Nest nur für eine Nacht verwendet.
Gorillas leben in Gruppen zusammen, die zwei bis 40 Tiere umfassen können. Die Gruppengröße der Westlichen Gorillas ist mit durchschnittlich vier bis acht Tieren deutlich kleiner als die der Berggorillas mit zehn bis 20 Individuen. Gemeinhin ist in jeder Gruppe nur ein ausgewachsenes Silberrücken-Männchen vorhanden, seltener auch zwei oder drei. In diesem Fall übernimmt ein Männchen die dominante Rolle und ist das einzige, das sich fortpflanzt. Mehrere Weibchen samt ihrem Nachwuchs, und meist auch ein oder mehrere subadulte Männchen („Schwarzrücken“) ergänzen die Gruppe.
Manchmal lässt sich ein „Fission-Fusion-Modell“ („Trennen und Zusammengehen“) beobachten, das heißt, dass sich die Gruppe immer wieder in kleinere Untergruppen aufteilt – etwa zur Nahrungssuche – und dann wieder zusammenkommt. Die Beobachtungen zum Gruppenverhalten sind nicht einheitlich, insgesamt dürften aber die Gruppen stabil sein und der Zusammenhalt enger als etwa bei Schimpansen.
Im Gegensatz zu vielen anderen Primaten verlassen bei den Gorillas nicht nur die Männchen, sondern auch die Weibchen ihre Geburtsgruppe beim Erwachsenwerden. Dadurch sind die Weibchen einer Gruppe meist nicht miteinander verwandt und interagieren auch nur in sehr geringem Ausmaß untereinander. Eine soziale Organisation um eine „Kerngruppe“ nah verwandter Weibchen, wie sie bei vielen anderen Primaten zu beobachten ist, fehlt bei den Gorillas. Männchen, die ihre Geburtsgruppe verlassen haben, wandern meist einige Jahre allein umher und versuchen dann, entweder eine eigene Gruppe zu gründen, indem sie einige Weibchen um sich scharen, oder versuchen, die Führungsrolle in einer etablierten Gruppe zu übernehmen. Gelingt ihnen das, kommt es oft zum Infantizid, das heißt das Männchen tötet die von seinem „Vorgänger“ gezeugten Jungtiere. Der Nutzen dieses Verhaltens kann in der Tatsache gesehen werden, dass säugende Weibchen nicht schwanger werden, nach dem Tod des Jungtieres jedoch schnell wieder empfängnisbereit sind.
Im Gegensatz zu den Männchen bleiben die Weibchen nach dem Verlassen ihrer Geburtsgruppe nicht lang allein, sondern versuchen sich rasch einer bestehenden Gruppe oder einem jungen Männchen anzuschließen. Es kann aber vorkommen, dass die Weibchen einer etablierten Gruppe sich zusammenschließen, um ein neu hinzugekommenes Weibchen wieder zu vertreiben.
Die Größe der Streifgebiete ist variabel, bei Flachlandgorillas sind sie jedoch mit 500 bis 3200 Hektar größer als bei den Berggorillas mit 400 bis 800 Hektar. Das Revierverhalten ist wenig entwickelt, die Streifgebiete überlappen sich häufig. Möglicherweise haben die Gruppen aber Kernreviere, die von anderen Gruppen nicht betreten werden.
Oft suchen mehrere Gruppen an den gleichen Stellen nach Nahrung, jedoch nicht gleichzeitig. Meist vermeiden die Gruppen den direkten Kontakt miteinander und gehen sich aus dem Weg; anderen Beobachtungen zufolge kann es bei der Begegnung zweier Gruppen auch zum zeitweiligen Zusammenschluss oder zu Feindseligkeit kommen. Diese wird durch Gebrüll, durch Gestik oder durch Kraftdemonstrationen ausgetragen, handgreifliche Auseinandersetzungen vermeiden Gorillas allerdings in der Regel.
Gorillas kommunizieren miteinander durch Laute, Gesichtsausdrücke, Körperhaltungen und Kraftdemonstrationen. Sie kennen eine Reihe von Lauten, die zur Lokation von Gruppenmitgliedern und fremden Gruppen sowie als Ausdruck der Aggression verwendet werden. Dazu zählen Rülpslaute, die der Kontaktaufnahme mit anderen Gruppenmitgliedern dienen, laute, über einen Kilometer weit hörbare „U!“-Rufe („hoots“), die die Dominanz des Männchens ausdrücken oder den Kontakt zwischen einzelnen Gruppen ermöglichen, oder Grunz- und Knurrlaute, die Aggression ausdrücken. Diese Stimmung kann beispielsweise auch mit geöffnetem Mund und gefletschten Zähnen signalisiert werden.
Bekanntestes kommunikatives Verhalten der Gorillas ist das Trommeln auf die Brust. Früher hielt man es für ein rein männliches Verhalten, das dem Imponiergehabe dient und andere Männchen einschüchtern sollte. Dieses Verhalten wird aber von Tieren beiderlei Geschlechts und aller Altersklassen praktiziert und dient vermutlich verschiedenen Funktionen, wie etwa der Angabe des Standorts oder als Begrüßungsritual.
Verhaltensmuster, die der Einschüchterung dienen, umfassen neben lautem Gebrüll auch das Laufen auf zwei Beinen, das Schütteln von Ästen, das Abreißen und Wegwerfen von Pflanzen und das Schlagen auf den Boden.
Gorillas haben ein polygynes Paarungsverhalten, das heißt nur das dominante Männchen pflanzt sich mit den Weibchen der Gruppe fort. Eine bestimmte Fortpflanzungsperiode dürfte es in freier Wildbahn nicht geben, die Paarung kann also das ganze Jahr über erfolgen. Die Länge des Sexualzyklus des Weibchens beträgt 27 bis 28 Tage. Die Tragzeit beträgt etwa 8½ bis 9 Monate und ist somit zusammen mit der des Menschen die längste aller Primaten. In der Regel kommt ein einzelnes Jungtier zur Welt, Zwillinge sind selten. Neugeborene wiegen rund 2 Kilogramm, mit drei Monaten können sie krabbeln und reiten danach mehrere Jahre auf dem Rücken der Mutter. Nach drei bis vier Jahren werden sie entwöhnt. Das Geburtsintervall liegt dementsprechend bei 3,5 bis 4,5 Jahren – außer wenn das Jungtier früher stirbt. Beobachtungen zufolge liegt die Sterblichkeitsrate bei Jungtieren bei 42 %, insbesondere im ersten Lebensjahr ist sie hoch. Im Laufe seines Lebens bringt das Weibchen durchschnittlich zwei bis drei überlebende Jungtiere zur Welt.[5]
Weibchen erreichen die Geschlechtsreife mit sechs bis acht und Männchen mit zehn Jahren. Aufgrund der Sozialstruktur erfolgt die erste Paarung jedoch meist erst einige Jahre später: bei Weibchen mit neun bis zehn und bei Männchen mit 15 Jahren. Die Lebenserwartung der Gorillas liegt bei 35 bis 40 Jahren, das älteste bekannte Tier in menschlicher Obhut – ein Gorilla namens „Massa“ aus dem Zoo in Philadelphia – wurde 54 Jahre alt.
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