Eine wahre Geschichte
Am Mittwoch dem 24. März 1954, ich war damals noch ein
Kind,, befinde ich mich in unserem Garten, der direkt hinter unserem großen
Haus in der Bahnhofstraße lag, und sollte für meine Mutter einen Rübenkopf
ernten, den wir wohl zu Mittag mit verschweißen wollten. Dann kommt auf einmal
mein Vater, drückt mir 0,20 DM in die Hand, und sagt, ich solle mal in die
Oberstadt gehen, eine Zigarillo für zehn Pfennig kaufen, und für die anderen
zehn Pfennig sollte ich ein Kilo Hühnerfutter kaufen. Hühnerfutter war damals
sehr sehr billig, 1 kg kostete in der Tüte nur zehn Pfennig, und wir hatten auf
unserem neben dem Garten stehenden Hof auch einen Hühnerstall mit sehr vielen
Hühner. Dann bin ich in die Oberstadt gegangen und habe die notwendigen
Utensilien gekauft, und habe auch sofort unsere Hühner mit dem neu gekauften
Futter gefüttert. Es war etwa 9:00 Uhr morgens, auf einmal sehe ich, wie in
unserer Hof Einfahrt ein grauer Volkswagen Käfer einfährt, direkt auf dem
Hinterhaus vor unserem Haus parkt, und es steigen vier Männer, mit Lodenmäntel bekleidet aus. Aus dem Hinterhaus
kommt mein Vater raus, und fragt was los sei, und die Herrn erklärten, sie
seien von der Polizei und hätten den Auftrag eine Durchsuchung vorzunehmen. Ich
weiß noch, wie mein Vater den Leuten zurief, na durchsucht doch ihr
Arschlöcher, zu finden gibt es hier sowieso nichts. Dann gingen alle ins Haus,
und ich bin auch hinterher gegangen, weil mich doch interessierte, was da los
war, zumal ich ja völlig ahnungslos war. Ich habe gesehen wie die in zivil
gekleideten Polizisten sämtliche Schubladen und Schränke aufmachten, und dann
noch sagten, sie müssen auch noch unseren Keller durchsuchen. Wir hatten damals
einen sehr großen Keller, der unterteilt war, auf der einen Seite lagen mehrere
Zentner Winter Kartoffeln, auf der anderen Seite ein großer Haufen mit
Eierkohlen. Eierkohlen sind eigentlich nur in Nordrhein-Westfalen ein Begriff,
das sind Kohlen die sehen etwas Eier sich aus, heizen aber sehr gut. Früher war
es so, dass man im Herbst immer mehrere Zentner Kartoffeln einkellerte, sowie
auch Heizmaterial wie Kohlen, da man über Winter ja solche Sachen überhaupt
nicht direkt im Laden kaufen konnte. Jetzt standen wir alle vor dem Haufen mit
den Kartoffeln, und da wühlte ein Beamter tatsächlich drin herum, hat aber
nichts gefunden. Und nun sollte der Haufen mit den Eierkohlen drankommen, und
da wusste ich, dass wir da in einem Sack etwas drin versteckt hatten. Mein
Vater nahm mich raus, und sagte zu mir, guck nicht immer so auffällig auf die
Eierkohlen, und hat mich weggeschickt. Aber die Polizisten hatten
offensichtlich auch keine Lust in dem Haufen mit den Eierkohlen herum zu
suchen, weil Eierkohlen äußerst schmutzig waren, wenn man die anfasste, hatte
man sofort schwarze Hände. Deshalb haben die wohl verzichtet, in dem Haufen der
Eierkohlen herum zu suchen. Ich weiß natürlich auch was in diesem in den
Eierkohlen verstecken Sack sich befunden hat, es war jeden Fall etwas
wertvolles, was aus der Reichskanzlei in Berlin stammte. Es hatte sich um den rechten
Adler über der Eingangstür zum Reichskanzler Hitler gehandelt, dort über der
Tür hängen ja damals zwei massiv silberner Adler, und Hitler soll zu seinen Leuten
gesagt haben, nehmt euch hier alles mit, was nicht Niet und nagelfest ist,
damit die Russen das nicht bekommen. Wir hatten also einen dieser Adler, und wo
der andere Adler sich befunden hat, das habe ich natürlich auch gewusst. Aber
offensichtlich ist da etwas durchgedrungen, denn wir und die andere Person
haben versucht, diese massiv silbernen Adler zu verkaufen, aber komischerweise
wollte die niemand haben, obwohl die Adler wie auch der bei uns befindliche
mehrere Kilo schwer war und aus reinem Silber war. . Ich möchte hier auch noch
sagen, wie das mit dem in unserem Besitz befundenen Adler geendet hat, nachdem
wir bis 1955 niemanden finden konnten, der diesen wertvollen Adler kaufen
wollte, haben wir diesen Adler in einer Schmiede unserem Ort, einem
Schulkameraden meines Vaters, einschmelzen lassen, und das Rohmaterial dann auf
dem Markt verkauft und dafür etwa 200 DM bekommen, und mit diesen 200 DM hatten
wir uns damals im Kaufhof in Siegen einen nagelneuen Braun Rührmixer gekauft,
der damals im Jahre 1955 als neueste technische Innovation auf den Markt
gekommen war.
Dass mein Vater Nazi Dreck am stecken gehabt hat, das war
allgemein bekannt, aber wie üblich, wollte das ja niemand zugeben, und wir
verfügten auch ganz offensichtlich über erhebliche Wertgegenstände, die aber
keinen falls aus Beschlagnahmungen jüdischen Eigentums standen. Mein Vater
hatte damals in Siegen am alten Sportplatz bzw. dem alten Reiterplatz eine
Firma gegründet, was die genau machten, wusste ich selber nicht, aber ich bin
sehr oft dort gewesen, und habe auch in den Büroräumen gespielt. Wir hatten
damals einen schwarzen Mercedes, mit dem wir fast jeden Sonntag mit
irgendwelchen Nachbarn, die wir eingeladen hatten, an den Rhein oder an die
Mosel zum Sonntagsausflug gefallen waren, obwohl die Zeiten damals ja noch
eigentlich schlecht war, und auch sich bei uns damals aufeinmal
Schmalhansküchenmeister ankündigte.
Dann hieß es auf einmal, wir fahren nach Stuttgart, ich
könne mitkommen, wir hätten uns einen neuen Sportwagen gekauft. In der Tat, wir
sind Juni 1954 nach Stuttgart Zuffenhausen gefahren, und haben dort einen
nagelneuen Mercedes 300 SL Sportwagen in blauer Farbe abgeholt, und ich weiß es
noch genau, der Wagen hatte 29.500 DM neu gekostet. Der Wagen wurde dann in der
Folge immer in Siegen auf dem Gelände der neu gegründeten Firma geparkt, damit
man in unserem Wohnort nicht sehen konnte, dass wir uns ein solch teures Auto
leisten konnten. Schliesslich hatte damals nur wenige Leute überhaupt ein Auto,
wir hatten sogar zwei und dazu noch eiunen teuren Sportwagen, den niemand sehen
sollte. Ich weiß es noch genau, es war Samstag der 3. Juli 1954, da kommt mein
Vater zu mir an, und auch zu meinem Bruder, der allerdings nicht mit wollte da
er zuvor schon mal zum Nürburgring mitgefahren war, und sagt, wir wollten mal
in die Schweiz zum Fußball Endspiel fahren. In der Tat, morgens an diesem
Samstag sind wir dann in NRW losgefahren, und haben irgendwo auf deutschem
Gebiet in der Nähe von Freiburg m Gasthof übernachtet, es war ein herrlicher
Samstag mit schönstem Sonnenschein, und am nächsten Tag fing es auf einmal
anzuregen.
Wir sind dann am Sonntag dem 4. Juli 1954 nach Bern in die
Schweiz gefahren, (das Foto habe ichauf einem schweizer Rastplatz gemacht) und
direkt zum Fußballstadion, oder das Endspiel der Fußballweltmeisterschaft
zwischen Ungarn und Deutschland stattfand. Ich weiß noch genau, es hat fast Bindfäden
geregnet, es war arschkalt, und die Eintrittskarten konnte man sofort an der
Kasse kaufen, Erwachsene kosteten drei Franken, Kinder 1, 50 Fr. Wie das
Fußballspiel ausgegangen ist, ist bekannt, Deutschland ist ja damals
Weltmeister geworden, und wir sind wegen des schlechten Wetters noch am Abend
nach Deutschland zurückgefahren. Nach dem Spiel warenb wir sogar noch in der
Kabine bei den Ungarn, weil mein Vater irgendwoher den ungarischen
Fussballspieler Puszkasz kannte. Was wir damals schon etwas komisch vorkam,
obwohl wir nicht in Siegen wohnten, sind wir nach Siegen auf den Firmenplatz
gefahren, haben den blauen 300 SL dort abgestellt und sind dann mit unserem
schwarzen Mercedes nachhause gefahren. Mein Vater sagte mir immer damals, das
brauchen die Nachbarn nicht zu sehen, dass wir so ein Auto haben, denn ein Mercedes
300 SL war damals schon ein sehr begehrtes Fahrzeug und erzeugte auch Neid.
Da ich zur damaligen Zeit immer sehr gern mitgefahren bin,
sind wir auch teils mit diesem Wagen, den blauen 300 SL bzw. mit unserem
schwarzen Mercedes immer in Deutschland unterwegs gewesen, und so genau wusste
ich nicht, was der Grund dieser Fahrten war, mir wurde gesagt, das sei alles
geschäftlich. Misstrauisch wurde ich schon, weil wir uns des Öfteren die
Polizei zwecks Durchsuchungen erschien, aber das hatte natürlich politische
Gründe, man suchte offenbar immer nach Nazi Devotionalien. Außerdem hat mich
das als Kind auch nicht weiter interessiert, denn dass mein Vater bei den Nazis
ein hohes Tier in Berlin gewesen ist, das wusste ich nicht, und hatte von
Politik damals auch überhaupt keine Ahnung.
Dann kommt der April 1955, und wir hatten woanders an einem
sicheren Platz, der aber offenbar nicht mehr so sicher war, bei uns im Ort
Devotionalien versteckt (bei meiner Tante am Neuenweg, die Schwester von meinem
Vater) , die wir mit dem blauen Mercedes abgeholt haben, obwohl mein Vater
immer strikt darauf geachtet hat, mit diesen 300 SL nicht in unserem Ort
herumzufahren. Den Wagen haben wir beladen, wenn man überhaupt von Beladung
spricht, und mein Vater sagte zu mir, das muss jetzt alles sicher versteckt
werden, und mir wurde ein langer Vortrag gehalten, in dem mein Vater zu mir
sagte, wenn der Adolf wieder an die Macht kommt, dann holst du das wieder raus,
was darauf hindeutete, dass alles längerfristig versteckt werden musste. Es
waren überwiegend entrahmte Gemälde, sogenannte entartete Kunst bekannter
Maler, die im III.Reich verpönt war. Wir sind dann an eine Art Hügel gefahren,
dort war ein mit Holz Zaun verschlossener Stollen, deren Holzlatten wir
abgerissen hatten und sind in diesem Stollen, ein stillgelegter Stollen,
hineingegangen, um die Örtlichkeiten zu erkunden. Ich weiß es noch, in dem
Stollen platschte es und Wasser kam von oben, fast so wie in der
Tropfsteinhöhle von Attendorn. . Dann stand in diesem Stollen eine total
verrostete alte Lore, die stand auf Schienen, und die mussten wir erstmal
beiseite rücken. Das ging aber nicht, deshalb haben wir mit viel
Kraftanstrengung, schließlich war schon alles verrostete, diese Lore zum
Ausgang zurückgefahren und mein Vater setzte sich in den 300 SL und fuhr diesem
Wagen komplett bis zum Ende in den Stollen hinein. Und dort steht er heute noch,
vollbeladen mit Kunst. . Wir sind dann wieder an den Eingang des Stollen gegangen,
haben diese alte Lore wieder auf die Schienen gesetzt und hinter bzw. vor den
Mercedes 300 SL geschoben und abgestellt. Natürlich habe ich immer gefragt, was
soll das alles, ich wusste natürlich schon mehr als ich ihr sage, aber mein
Vater sagte immer zu mir, wenn die politischen Verhältnisse sich ändern und
andere wieder an die Macht kommen, dann
holen wir das wieder raus. Mir hat es wirklich leid getan, ich dachte das
könnte vielleicht eins oder zwei Jahre dauern, aber dass wir diesen schönen
Supersportwagen Mercedes 300 SL dort einfach in dem Stollen abstellen, der mit
wertvollen Devotionalien bepackt gewesen ist. Wenige Jahre nach diesem Vorfall
ist mein Vater dann an Krebs verstorben, ich habe zwar immer wieder mit meiner
Mutter darüber geredet, ob wir nicht den Mercedes daraus holen sollten, aber
die meinte immer, das geht noch nicht, da müssten wir noch ein bisschen warten,
was natürlich bedeutet, dass sie Devotionalien, die in dem Mercedes gebunkert
waren, fragwürdig sind.
Im Jahre 1970 habe ich mich dann an die Worte meines Vaters
erinnert, dass später mal wieder alles herauszuholen, auch wenn die Nazis nicht
wieder an die Macht gekommen sind, und bin dort hingefahren, und musste
feststellen, dass der komplette Stollen inzwischen eingestürzt war, in sich
eingestürzt, und man hätte wahrscheinlich ein Bagger gebraucht, um da überhaupt
noch reinzukommen.
Natürlich haben wir uns damals ein bisschen ungehört, schon
1955 hatte mir mein Vater erklärt, dass der gesamte Klump in dem Mercedes einen
Wert von etwa 500.000 DM, und es billiger sein, den nagelneuen Mercedes 300 SL
für 29.500 DM verschwinden zu lassen, wenn man nachher von dem Erlös wesentlich
höhere Gewinne machen kann. Der Wagen ist quasi heute noch zugelassen unter der
Autoo-Nr. (Britishe Zone) BR-083-3785 Ich
möchte ausdrücklich sagen, natürlich handelt es sich um Wertgegenstände, aber
auf keinen Fall um beschlagnahmtes Gut jüdischer Bürger, sondern um entartete
Kunst, die im III.Reich verpönt war. Heute, im Jahre 2018, dürfte der Wert der Devotionalien,
bei etwa 5-10 Millionen € liegen. Nur:
1954 war das Zeugs auch nichts wert, damals wollte man noch nicht einmal
Adolfs-Silberadler kaufen. Natürlich sage ich nicht, in welchem Stollen und wo
sich der Wagen Mercedes 300 SL Baujahr 1954, befindet, aber selbst der Wagen
dürfte inzwischen total verrostete sein.
Nachstehend ein Original-Foto, aufgenommen am 4.7.1954.
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