Sonntag, 19. Juni 2016

Börsen-Crash in Sicht – von Selzer-McKenzie Youtube-Video: https://youtu.be/RhICfg38Po4 ERHÖHTE RISIKEN! CRASH-GEFAHR AN DEN BÖRSEN? Die Risiken nehmen zu. Unübersehbar und weltweit: in Europa, den USA und Asien. Kein Grund zur Panik oder droht schon bald ein Crash an den Finanzmärkten? Wie können sich Anleger am besten darauf einstellen und ihr Depot krisenfest gestalten? FONDS exklusiv fragte Börsenexperten, Fondsanbieter und Vermögens¬verwalter nach ihrer Einschätzung — wohl wissend, dass es auch für Börsianer keine Kristallkugel gibt. Die Gemengelage ist explosiv. Weltweit nehmen die Risiken unverkennbar zu. Schauen wir zuerst nach Europa: Die Verschuldung der öffentlichen Haushalte in der Eu¬ropäischen Union (EU) ist unvermin¬dert hoch. Die Regierungen finden nicht die Kraft, notwendige Reformen umzusetzen. Bürger demonstrieren verstärkt gegen soziale Einschnitte. Rechtspopulisten erhalten immer mehr Zuspruch und hätten mit Nor¬bert Hofer von der Freiheitlichen Partei Österreichs fast das Staatsober¬haupt unseres Nachbarlandes gestellt. Der Dissens in der Flüchtlingsfrage konnte nur durch Grenzschließungen beigelegt und zumindest vorerst mit-hilfe des türkischen Präsidenten Erdo- gan entschärft werden. Nun steht die Abstimmung der Briten über den Aus-tritt ihres Inselreichs aus der Euro¬zone vor der Tür. Kommt der Brexit? Wenn ja, führt er zu einem Bruch der Staatengemeinschaft? Nicht umsonst mahnte die Europäische Zentralbank (EZB) erneut die bestehende Risiko-lage an und warnte vor den wirtschaft-lichen Folgen eines Brexits. Der Blick über den „Großen Teich" nach Amerika fällt nicht beruhigen¬der aus. Im Gegenteil. Dort schickt sich ein unkalkulierbarer Haudegen namens Donald Trump an, das Weiße Haus zu erobern — mit unabsehbaren Folgen für die restliche Welt und die globalen Finanzmärkte. Überhaupt: Wie werden die Börsen auf die bisher zu erwartende Fortsetzung der leich¬ten Zinsschritte durch die US-Noten¬bank reagieren, während gleichzeitig die EZB durch ihre anhaltenden mil-liardenschweren Anleihenkäufe die Zinslandschaft längst aus den Angeln gehoben hat. Führt man sich dann vor Augen, dass die Welt jederzeit von massiven Terroranschlägen wie 9/11 attackiert werden kann und Krisen-herde in vielen Regionen der Welt sich jederzeit zuspitzen und so auch die globalen Finanzmärkte in Turbulen¬zen bringen können, drängt sich eine Frage immer mehr auf: Droht schon bald ein neuer Börsen-Crash? Und wenn ja, wie können sich Anleger am besten darauf einstellen? Es braut sich mächtig was zusammen. Die Risiken für einen Crash steigen, aber niemand kann wissen, ob und wann er eintritt”, sagt Dirk Müller. Der Fondsmanager und Börsenexperte be-tont aber: „Die Risiken sind größer als im Jahr 2008." Damals löste das Plat¬zen einer amerikanischen Immobilien¬blase den Crash aus. Heute stehen wir vor weitaus größeren Problemen in Europa, dem eine wahre Zerreißpro¬be drohe. Müller verweist zudem auf Russland: Das Land leidet stark unter den verhängten Sanktionen und ist in den militärischen Konflikten in Syrien und der Ukraine involviert. Besorgt blickt der Börsenexperte auch ins Reich der Mitte und verweist auf den chinesischen Analysten Niu Dao, der in China Verwerfungen in einem für die Weltwirtschaft bisher nicht ge-kannten Ausmaß prophezeit. „Hinter China liegt eine mehr als 20-jährige Boomphase, begleitet von erheblichen Übertreibungen, die bisher nie kor-rigiert wurden", betont Müller und warnt: „Das muss aber geschehen." So wurden bspw. durch massive Fehlin-vestitionen Städte errichtet, in denen heute kaum jemand mehr wohnt. Die Unternehmensverschuldung liege in-zwischen bei 160 Prozent des Brut-toinlandsprodukts. Als Folge solcher Entwicklungen haben ausländische Investoren in den zurückliegenden eineinhalb Jahren laut Weltbank rund 1,5 Billionen US-Dollar aus dem Land abgezogen, erläutert der Börsenken¬ner weiter: „Jetzt soll die Trendwende durch gigantische neue Infrastruktur-projekte erreicht werden. Aber ob das gelingen wird, ist fraglich." Zudem sei das Schattenbankensystem völlig aus dem Ruder gelaufen und un-terliege längst keiner Kontrolle mehr: „Kommt es hier zu größeren Kredit-ausfällen, könnte sich der Crash von 2008 wiederholen." Das Szenario: Aus Mangel an Vertrauen wird sich gegen-seitig kein Geld mehr verliehen. Um dennoch Cash zu erhalten, werden alle Vermögenswerte nach und nach abver-kauft. In verschiedenen Assetklassen würden die Preise einbrechen und die Kurse abrutschen. „Ein Crash-Szenario würde sich haupt-sächlich bei höheren Zinsen und ver-schlechterter Liquidität ergeben", sagt Jens Ehrhardt. Zudem müsse eine hohe Währungsvolatilität beachtet werden. So wäre ein wesentlicher Dol¬lar-Anstieg oder eine größere chine¬sische Abwertung ein Krisenauslöser speziell für China. Der Vorstandsvor¬sitzende der DJE Kapital AG betont aber: „Ich glaube, dass die Chinesen selbst ein solches Szenario verhindern werden und an einer größeren Abwer¬tung kein Interesse haben." Aus seiner Sicht macht das Land Fortschritte bei der Konjunkturentwicklung. Die Lage sollte aber besonders im nächsten Jahr genau beobachtet werden, so der Rat. Börsenexperte Müller hält den Sommer 2017 für einen kritischen Zeitraum. Fakt ist: Ein Konjunktur¬einbruch würde erhebliche globale Fol¬gen haben, da China in realen Zahlen gerechnet die größte Volkswirtschaft der Welt ist. Stefan Kreuzkamp, CIO Deutsche As-set Management, betont, dass lang-fristig die Art und Weise beobachtet werden muss, wie China seine Wachs-tumsraten stabil hält. „Geht dies wei-terhin mit einer solch dynamischen Neuverschuldung einher, könnte dies zu Problemen führen." Philipp Vorn-dran sieht in dem sich abkühlenden Wirtschaftswachstum in China kein Crash-Potenzial. Vielmehr rechnet der Kapitalmarktstratege bei der Vermö-gensverwaltung Flossbach von Storch weiterhin mit einem signifikanten Beitrag des kommunistischen Staates zum globalen Wirtschaftswachstum. NOTENBANKEN ERHÖHEN RISIKEN Und wie steht es um den möglichen Crash-Auslöser steigende Zinsen? Laut Müller haben Unternehmen in den Emerging Markets im Umfang von sieben Billionen US-Dollar Wäh-rungskredite auch auf US-Dollar-Basis aufgenommen, weil die Zinsen nied-riger waren als im Inland. Kehrt sich diese Entwicklung um, könnten die Unternehmen erhebliche Schwierig-keiten bei der Anschlussfinanzierung bekommen, die sich bei zurückge-hendem Wirtschaftswachstum weiter verschlechtern würde. Für Ehrhardt könnte im Fall eines Zinsanstiegs der Dollar steigen, was die amerikanische Konjunktur drücken und die Dollar-schulden-Problematik in Asien ver-schärfen würde. „Eine Zinserhöhung in den USA wäre ein Fehler", betont der Unternehmenslenker. Bei Flossbach von Storch teilt man das Zinserhöhungsrisiko, hält es aber für ein sehr theoretisches. „Wir gehen nicht davon aus, dass das Zinsniveau in den Industriestaaten allzu bald deutlich steigen wird", sagt Vorndran und fügt hinzu: „Viele Länder, Unter¬nehmen und Privatpersonen wären schlicht mit ihren Schulden überfor¬dert — das werden die Notenbanken nicht riskieren." Zudem würden die Banken große Probleme bekommen, sollten die Zinsen in vergleichsweise kurzer Zeit kräftig zulegen. Als nicht weniger besorgniserregend erweist sich die völlig entgegenge¬setzte Geldpolitik der EZB. „Die Ge¬fahr, dass die aggressive Geldpolitik schlussendlich zu einem schleichen¬den Vertrauensverlust der Menschen in das Geldsystem führt, wächst." So geht man in der Vermögensverwal¬tung davon aus, dass sich die EZB noch radikalere Maßnahmen einfallen lässt, um Wachstum und Inflation in der Eurozone anzuschieben. Der Wirtschaftsprofessor und Fonds-manager Max Otte hält sogar eine zwangsweise Reorganisation des Geld-systems für möglich: „Die Notenban-ken und Staaten auch der westlichen Industrienationen wenden zunehmend zwangswirtschaftliche Maßnahmen an." Das Einfrieren von Märkten durch den Aufkauf von Assets, wie wir es bei Anleihen erleben, und das Erheben von negativen Einlagenzinsen sind für Otte ein klarer Hinweis für das sich verstär¬kende Kontrollregime. Laut Ehrhardt fördern negative Einlagenzinsen nicht die Kreditvergabe, sondern behindern sie, weil die Banken dadurch geschwächt werden. „Schwache Banken können aber nicht die Kreditvergabefunktion erfüllen, die für einen Konjunkturauf-schwung notwendig ist", sagt der Vor-standsvorsitzende. Das Problem: Die EZB habe die Zinsen in Europa für Staatsanleihen und Un¬ternehmensanleihen niedriger gehal¬ten als die Zentralbank in den USA. Deshalb könnte ein Ende der EZB-Ak-tivitäten sehr negative Einflüsse auf die )) Es braut sich mächtig was zusammen. Die Risiken für einen Crash steigen. t C DIRK MÜLLER, Börsenexperte Aktien- und besonders die Bondmärkte haben. Der Vermögensverwalter warnt: „Die Notenbanken haben sich hier in eine sehr gefährliche Situation ge¬bracht. Die Märkte für Aktien und An¬leihen sind abhängig geworden von der Notenbank-Politik. Das gilt für Ameri-ka, Europa und Asien gleichermaßen." Ähnlich die Sichtweise von Dave Chap-pell. DerAnleihen-Portfoliomanager bei Columbia Threadneedle Investments zeigt sich besorgt über die begrenzte Wirkungskraft der EZB-Maßnahmen und darüber, dass die Notenbank kaum noch auf wirkungsvolle Instrumente zugreifen kann. „Draghi ist am Null- punkt angekommen und die Eurozone wird sich auf einem anderen Krisenlevel bewegen. Das QE-Programm habe zwar einige Risse überdecken, aber nicht ei¬nes der darunter liegenden Probleme lösen können. „Größere Krisenherde treffen auf Notenbanken, die ihr Pulver weitgehend verschossen haben. Das macht die Lage gefährlicher", warnt auch Müller und bezeichnet die Anlei-henblase angesichts ihres Volumens von weltweit 100 Billionen US-Dollar als „Mutter aller Blasen". Für den Börsenexperten hat folgendes Szenario in naher Zukunft eine erhöh¬te Wahrscheinlichkeit: Ausgehend von einem massiven Bedarf an Cash infolge einer größeren Kreditklemme käme es zu einem deflationären Schock. Durch den Verkaufsdruck würden die Preise anderer Assets wie Aktien, Edelmetal¬le und Rohstoffe massiv in den Keller rauschen. Gleiches passiert am Anlei-henmarkt, mit dem Unterschied, dass die Notenbanken mit frisch gedruck¬tem Geld gegensteuern und Anleihen aufkaufen würden. Im Ergebnis käme es zu einer deutlichen Umschichtung von Kapital hin zu Sachwerten bei je-nen Investoren, die über ausreichende Liquidität verfügen, um die Erlöse aus dem Verkauf ihrer Anleihen zum Kauf der nunmehr verbilligten Sachwerte zu nutzen. Bei erstklassigen Staatsanleihen kann man durchaus von einer Blase sprechen", bestätigt Vorndran, rela-tiviert aber: „Ich tue mich schwer, im Zusammenhang mit Bonds von einem möglichen ‚Platzen' zu sprechen." An-ders als Aktien werden Anleihen, so-fern der Emittent nicht Pleite geht, am Laufzeitende zum Nennwert zurück-bezahlt, so die Begründung, weshalb das Risiko des Anlegers kalkulierbar sei. Wirtschaftsprofessor Otte stößt in dasselbe Horn: „Eine Anleihenblase platzt normalerweise nicht, sondern sie baut sich über lange Zeit ab und belastet die Wirtschaft." So haben sich die vielen faulen Immobilienkre¬dite, die in Japan nach dem Jahr 1998 in den Büchern blieben, erst über die Jahrzehnte abgebaut. Die Entwicklungen könnten auch ganz anders verlaufen und keinen Crash an den Finanzmärkten auslösen, sagt Müller. Würde China bspw. doch die angesprochene Trendwende schaffen, wäre mit entsprechend positiven Fol-gen für die Weltwirtschaft zu rech¬nen. „Die Börse lehrt uns Demut, weil niemand weiß, was kommen wird", ergänzt er. Das gilt selbst bei Ereig-nissen wie aktuell dem Brexit, die mit Ansage auftreten und erst recht mit Blick auf die „Schwarzen Schwäne". „Leider ist deren wesentliche Eigen-schaft, stets dann aufzutauchen, wenn man es nicht erwartet und sich anders zu verhalten, als man es sich zuvor ausgemalt hat", sagt Vorndran und bedient sich der Worte des Publizisten und Börsenhändlers Nassim Nicho-las Taleb: Danach handelt es sich um Ausreißer, die außerhalb der regulären Erwartungen liegen und durch keine Entwicklungen in der Vergangenheit angekündigt werden. ERHÖHTE GEOPOLITISCHE RISIKEN „Die geopolitischen Risiken befinden sich auf einem Höchststand seit Ende des Zweiten Weltkriegs", sagt Colin Moore. Nach Einschätzung des Global CIO bei Columbia Threadneedle Invest¬ments zeigt die Historie, dass niedriges Wachstum bei Anlegern zu erhöhter Unsicherheit und Verlustangst führt. Denn ein einziges Wirtschaftsunglück oder geopolitisches Ereignis könnte zu einem Nullwachstum oder einer Re¬zession führen. Moore: „Eine solche Fokussierung auf negative Ereignisse kann bei entsprechenden geopoliti-schen Nachrichten Panikverkäufe an der Börse auslösen." Aber: Anleger tun gut daran, zwischen geopolitischen Ri¬siken zu unterscheiden, die kurzfristig starke Kursbewegungen auslösen und solchen, die die Richtung der Börsen nachhaltig verändern. Letzteres sei der Fall, wenn mindestens einer von folgenden Faktoren vorliegt: Ist eine Weltmacht involviert? Droht ein mi-litärischer Konflikt? Spielt Rohöl eine Rolle und besteht eine Gefahr für das globale Finanzsystem? Demnach dürfte bei einem Brexit ma-ximal mit kräftigen, aber doch eher kurzfristigen Verwerfungen an den Finanzmärkten zu rechnen sein, oder? Laut Ehrhardt würde sich ein Austritt Großbritanniens aus der EU für die Briten sogar positiv auswirken, da sie „weniger der wachstumsschädlichen Regulierung aus Brüssel unterworfen wären und ähnlich wie das Nicht-EU-Mitglied Norwegen wahrscheinlich weiterhin die gleichen Handelsvortei¬le behielten wie bisher. „Ich plädiere schon lange für einen Brexit, denn Großbritannien gehört nicht zu Euro-pa", sagt Otte und begründet, dass ein engeres Zusammengehen der sechs Gründungsnationen plus vielleicht einige andere die Handlungsfähigkeit Europas stärken würde. Gleichwohl rechnet er nicht mit einem „No" der Briten. Bei Threadneedle gibt man mit Blick auf den Zulauf populistischer Parteien zu bedenken, dass bei einem Brexit andere EU-Staaten den Briten folgen könnten. Bei Flossbach von Storch sieht man derzeit auch vor diesem Hintergrund „keine konkreten Anzeichen", die einen Crash an den Finanzmärkten erwar¬ten lassen. „Möglicherweise wäre eine deutliche Aufwärtsbewegung an den Märkten der größte ‚Unfall' für deut¬sche Anleger, da sie aus chronischer Crash-Angst massiv unterinvestiert sind", sagt Vorndran. Ganz gleich, wel¬cher Argumentation man folgt, treibt Anleger eine zentrale Frage um: Wie können sie sich bestmöglich positionie¬ren, um für den Fall eines kurzen oder nachhaltigen Crashs keine allzu großen Kapitalverluste zu riskieren? Angesichts des quasi Nullzinsumfelds verwundert es nicht, dass die befragten Gesellschaften und Experten größten-teils dafür plädieren, Aktien überzuge-wichten - und dies gut diversifiziert. „Nicht der breite Markt, sondern ech¬te Qualitätstitel", empfiehlt Vorndran und meint damit Aktien von Unterneh¬men, „die robust wachsen, verlässlich Gewinne erzielen, global aufgestellt und wenig verschuldet sind". „Anleger finden derzeit gute und fair bewertete Unternehmen, die bis zu zweistellige Renditen nach Steuern ermöglichen", ergänzt Müller. Ehrhardt plädiert für „solide Dividendenaktien", die eine „gut abgesicherte hohe Dividenden-rendite" bieten. Vor allem Gold sollte darüber hinaus als Absicherung beige-mischt werden, so unisono der Rat. Bei einem weiteren Anstieg der Aktienmärkte um 20, 30 oder 40 Pro-zent würde Otte je nach Situation Cash aufbauen, vielleicht sogar zu 30 bis 40 Prozent - und zwar nicht nur in Euro, sondern auch in Schweizer Fran-ken und Dollar. Anleger können dann, so die einhellige Empfehlung, nach einem möglichen Crash oder Kursein-bruch mit einem Teil der Liquiditäts-reserven wieder in die Aktienmärkte einsteigen. Kreuzkamp: „Solange sich die gesamtwirtschaftliche Lage nicht eintrübt, bieten panische Markterup-tionen Einstiegschancen." Also kein Grund zur Sorge? „Die Terz roranschläge am 11. September 2001 haben die Märkte zunächst deutlich nach unten gedrückt, aber nur für knapp zwei Wochen, und dann zählten wieder die Fundamentaldaten für die Börsianer", sagt Ehrhardt. Auch der letzte Irak-Krieg führte in den USA von Beginn an sogar zu besseren Aktienkur-sen, betont der Vorstandsvorsitzende, weil die Unsicherheit vorbei war. „Anleger können in volatileren Märk¬ten wie zu Beginn 2016 dazu neigen, in vermeintlich sicheren Häfen wie Tagesgeldkonten Schutz zu suchen", betont Florian Uleer, Country Head Deutschland bei Columbia Thread-needle Investments. Doch ein Blick auf die langfristige Statistik sollte vor übereilten Reaktionen warnen: So habe bspw. der US-Aktienindex S&P 500 zwischen 1985 und 2015 pro Jahr im Schnitt um 8,4 Prozent zugelegt ¬trotz der vielen Börsencrashs wie u.a. die Krisen in Lateinamerika, die japa¬nische Bankenkrise, die Asien- und Russland-Krise ebenso wie das Platzen der Dotcom-Blase und die Finanzkrise. AUF DEN PUNKT GEBRACHT Angesichts weltweit steigender Risiken und schwelender Krisenherde fragen sich Anleger: Müssen wir in naher Zukunft mit einem erneuten Crash an den Finanzmärkten rechnen? Bör¬senexperten, Fondsmanager und Vermögensverwalter beschreiben die Voraussetzungen für ein solches Szenario und bewerten die besorgniserregenden Entwicklungen — angefangen bei einem möglichen Auseinanderbrechen der Europäischen Union über die aggressive und gegensätzliche Geldpolitik der Notenbanken bis hin zu den geopolitischen Risiken. Die gute Nachricht: Anleger sind einem Crash nicht wehrlos ausgeliefert. Durch eine klare Fokussierung ihrer Investments auf ausgewählte Aktien, Edelmetalle als Absicherung sowie Liquidität kön¬nen sie Verlustrisiken begrenzen und sich optimal für die Zeit danach positionieren.


Börsen-Crash in Sicht – von Selzer-McKenzie

Youtube-Video: https://youtu.be/RhICfg38Po4

 ERHÖHTE RISIKEN!

CRASH-GEFAHR

AN DEN BÖRSEN?

Die Risiken nehmen zu. Unübersehbar und weltweit: in Europa, den USA und Asien. Kein Grund zur Panik oder droht schon bald ein Crash an den Finanzmärkten? Wie können sich Anleger am besten darauf einstellen und ihr Depot krisenfest gestalten? FONDS exklusiv fragte Börsenexperten, Fondsanbieter und Vermögens¬verwalter nach ihrer Einschätzung — wohl wissend, dass es auch für Börsianer keine Kristallkugel gibt.



Die Gemengelage ist explosiv. Weltweit nehmen die Risiken unverkennbar zu. Schauen wir zuerst nach Europa: Die Verschuldung der öffentlichen Haushalte in der Eu¬ropäischen Union (EU) ist unvermin¬dert hoch. Die Regierungen finden nicht die Kraft, notwendige Reformen umzusetzen. Bürger demonstrieren verstärkt gegen soziale Einschnitte. Rechtspopulisten erhalten immer mehr Zuspruch und hätten mit Nor¬bert Hofer von der Freiheitlichen Partei Österreichs fast das Staatsober¬haupt unseres Nachbarlandes gestellt. Der Dissens in der Flüchtlingsfrage konnte nur durch Grenzschließungen beigelegt und zumindest vorerst mit-hilfe des türkischen Präsidenten Erdo-



gan entschärft werden. Nun steht die Abstimmung der Briten über den Aus-tritt ihres Inselreichs aus der Euro¬zone vor der Tür. Kommt der Brexit? Wenn ja, führt er zu einem Bruch der Staatengemeinschaft? Nicht umsonst mahnte die Europäische Zentralbank (EZB) erneut die bestehende Risiko-lage an und warnte vor den wirtschaft-lichen Folgen eines Brexits.

Der Blick über den „Großen Teich" nach Amerika fällt nicht beruhigen¬der aus. Im Gegenteil. Dort schickt sich ein unkalkulierbarer Haudegen namens Donald Trump an, das Weiße Haus zu erobern — mit unabsehbaren Folgen für die restliche Welt und die globalen Finanzmärkte. Überhaupt:



Wie werden die Börsen auf die bisher zu erwartende Fortsetzung der leich¬ten Zinsschritte durch die US-Noten¬bank reagieren, während gleichzeitig die EZB durch ihre anhaltenden mil-liardenschweren Anleihenkäufe die Zinslandschaft längst aus den Angeln gehoben hat. Führt man sich dann vor Augen, dass die Welt jederzeit von massiven Terroranschlägen wie 9/11 attackiert werden kann und Krisen-herde in vielen Regionen der Welt sich jederzeit zuspitzen und so auch die globalen Finanzmärkte in Turbulen¬zen bringen können, drängt sich eine Frage immer mehr auf: Droht schon bald ein neuer Börsen-Crash? Und wenn ja, wie können sich Anleger am besten darauf einstellen?

Es braut sich mächtig was zusammen. Die Risiken für einen Crash steigen, aber niemand kann wissen, ob und wann er eintritt”, sagt Dirk Müller. Der Fondsmanager und Börsenexperte be-tont aber: „Die Risiken sind größer als im Jahr 2008." Damals löste das Plat¬zen einer amerikanischen Immobilien¬blase den Crash aus. Heute stehen wir vor weitaus größeren Problemen in Europa, dem eine wahre Zerreißpro¬be drohe. Müller verweist zudem auf Russland: Das Land leidet stark unter den verhängten Sanktionen und ist in den militärischen Konflikten in Syrien und der Ukraine involviert.

Besorgt blickt der Börsenexperte auch ins Reich der Mitte und verweist auf



den chinesischen Analysten Niu Dao, der in China Verwerfungen in einem für die Weltwirtschaft bisher nicht ge-kannten Ausmaß prophezeit. „Hinter China liegt eine mehr als 20-jährige Boomphase, begleitet von erheblichen Übertreibungen, die bisher nie kor-rigiert wurden", betont Müller und warnt: „Das muss aber geschehen." So wurden bspw. durch massive Fehlin-vestitionen Städte errichtet, in denen heute kaum jemand mehr wohnt. Die Unternehmensverschuldung liege in-zwischen bei 160 Prozent des Brut-toinlandsprodukts. Als Folge solcher Entwicklungen haben ausländische Investoren in den zurückliegenden eineinhalb Jahren laut Weltbank rund 1,5 Billionen US-Dollar aus dem Land



abgezogen, erläutert der Börsenken¬ner weiter: „Jetzt soll die Trendwende durch gigantische neue Infrastruktur-projekte erreicht werden. Aber ob das gelingen wird, ist fraglich."

Zudem sei das Schattenbankensystem völlig aus dem Ruder gelaufen und un-terliege längst keiner Kontrolle mehr: „Kommt es hier zu größeren Kredit-ausfällen, könnte sich der Crash von 2008 wiederholen." Das Szenario: Aus Mangel an Vertrauen wird sich gegen-seitig kein Geld mehr verliehen. Um dennoch Cash zu erhalten, werden alle Vermögenswerte nach und nach abver-kauft. In verschiedenen Assetklassen würden die Preise einbrechen und die Kurse abrutschen.

„Ein Crash-Szenario würde sich haupt-sächlich bei höheren Zinsen und ver-schlechterter Liquidität ergeben", sagt Jens Ehrhardt. Zudem müsse eine hohe Währungsvolatilität beachtet werden. So wäre ein wesentlicher Dol¬lar-Anstieg oder eine größere chine¬sische Abwertung ein Krisenauslöser speziell für China. Der Vorstandsvor¬sitzende der DJE Kapital AG betont aber: „Ich glaube, dass die Chinesen selbst ein solches Szenario verhindern werden und an einer größeren Abwer¬tung kein Interesse haben." Aus seiner Sicht macht das Land Fortschritte bei der Konjunkturentwicklung. Die Lage sollte aber besonders im nächsten Jahr genau beobachtet werden, so der Rat. Börsenexperte Müller hält den Sommer 2017 für einen kritischen Zeitraum. Fakt ist: Ein Konjunktur¬einbruch würde erhebliche globale Fol¬gen haben, da China in realen Zahlen gerechnet die größte Volkswirtschaft der Welt ist.

Stefan Kreuzkamp, CIO Deutsche As-set Management, betont, dass lang-fristig die Art und Weise beobachtet



werden muss, wie China seine Wachs-tumsraten stabil hält. „Geht dies wei-terhin mit einer solch dynamischen Neuverschuldung einher, könnte dies zu Problemen führen." Philipp Vorn-dran sieht in dem sich abkühlenden Wirtschaftswachstum in China kein Crash-Potenzial. Vielmehr rechnet der Kapitalmarktstratege bei der Vermö-gensverwaltung Flossbach von Storch weiterhin mit einem signifikanten Beitrag des kommunistischen Staates zum globalen Wirtschaftswachstum.

NOTENBANKEN ERHÖHEN RISIKEN

Und wie steht es um den möglichen Crash-Auslöser steigende Zinsen? Laut Müller haben Unternehmen in den Emerging Markets im Umfang von sieben Billionen US-Dollar Wäh-rungskredite auch auf US-Dollar-Basis aufgenommen, weil die Zinsen nied-riger waren als im Inland. Kehrt sich diese Entwicklung um, könnten die Unternehmen erhebliche Schwierig-keiten bei der Anschlussfinanzierung bekommen, die sich bei zurückge-hendem Wirtschaftswachstum weiter verschlechtern würde. Für Ehrhardt



könnte im Fall eines Zinsanstiegs der Dollar steigen, was die amerikanische Konjunktur drücken und die Dollar-schulden-Problematik in Asien ver-schärfen würde. „Eine Zinserhöhung in den USA wäre ein Fehler", betont der Unternehmenslenker.

Bei Flossbach von Storch teilt man das Zinserhöhungsrisiko, hält es aber für ein sehr theoretisches. „Wir gehen nicht davon aus, dass das Zinsniveau in den Industriestaaten allzu bald deutlich steigen wird", sagt Vorndran und fügt hinzu: „Viele Länder, Unter¬nehmen und Privatpersonen wären schlicht mit ihren Schulden überfor¬dert — das werden die Notenbanken nicht riskieren." Zudem würden die Banken große Probleme bekommen, sollten die Zinsen in vergleichsweise kurzer Zeit kräftig zulegen.

Als nicht weniger besorgniserregend erweist sich die völlig entgegenge¬setzte Geldpolitik der EZB. „Die Ge¬fahr, dass die aggressive Geldpolitik schlussendlich zu einem schleichen¬den Vertrauensverlust der Menschen

in das Geldsystem führt, wächst." So geht man in der Vermögensverwal¬tung davon aus, dass sich die EZB noch radikalere Maßnahmen einfallen lässt, um Wachstum und Inflation in der Eurozone anzuschieben.

Der Wirtschaftsprofessor und Fonds-manager Max Otte hält sogar eine zwangsweise Reorganisation des Geld-systems für möglich: „Die Notenban-ken und Staaten auch der westlichen Industrienationen wenden zunehmend zwangswirtschaftliche Maßnahmen an." Das Einfrieren von Märkten durch den Aufkauf von Assets, wie wir es bei Anleihen erleben, und das Erheben von negativen Einlagenzinsen sind für Otte ein klarer Hinweis für das sich verstär¬kende Kontrollregime. Laut Ehrhardt fördern negative Einlagenzinsen nicht die Kreditvergabe, sondern behindern sie, weil die Banken dadurch geschwächt werden. „Schwache Banken können aber nicht die Kreditvergabefunktion erfüllen, die für einen Konjunkturauf-schwung notwendig ist", sagt der Vor-standsvorsitzende.

Das Problem: Die EZB habe die Zinsen in Europa für Staatsanleihen und Un¬ternehmensanleihen niedriger gehal¬ten als die Zentralbank in den USA. Deshalb könnte ein Ende der EZB-Ak-tivitäten sehr negative Einflüsse auf die



)) Es braut sich mächtig was zusammen. Die Risiken für einen Crash steigen. t C

DIRK MÜLLER,

Börsenexperte

Aktien- und besonders die Bondmärkte haben. Der Vermögensverwalter warnt: „Die Notenbanken haben sich hier in eine sehr gefährliche Situation ge¬bracht. Die Märkte für Aktien und An¬leihen sind abhängig geworden von der Notenbank-Politik. Das gilt für Ameri-ka, Europa und Asien gleichermaßen." Ähnlich die Sichtweise von Dave Chap-pell. DerAnleihen-Portfoliomanager bei Columbia Threadneedle Investments zeigt sich besorgt über die begrenzte Wirkungskraft der EZB-Maßnahmen und darüber, dass die Notenbank kaum noch auf wirkungsvolle Instrumente zugreifen kann. „Draghi ist am Null-





punkt angekommen und die Eurozone wird sich auf einem anderen Krisenlevel bewegen. Das QE-Programm habe zwar einige Risse überdecken, aber nicht ei¬nes der darunter liegenden Probleme lösen können. „Größere Krisenherde treffen auf Notenbanken, die ihr Pulver weitgehend verschossen haben. Das macht die Lage gefährlicher", warnt auch Müller und bezeichnet die Anlei-henblase angesichts ihres Volumens von weltweit 100 Billionen US-Dollar als „Mutter aller Blasen".

Für den Börsenexperten hat folgendes Szenario in naher Zukunft eine erhöh¬te Wahrscheinlichkeit: Ausgehend von einem massiven Bedarf an Cash infolge einer größeren Kreditklemme käme es zu einem deflationären Schock. Durch den Verkaufsdruck würden die Preise anderer Assets wie Aktien, Edelmetal¬le und Rohstoffe massiv in den Keller rauschen. Gleiches passiert am Anlei-henmarkt, mit dem Unterschied, dass die Notenbanken mit frisch gedruck¬tem Geld gegensteuern und Anleihen aufkaufen würden. Im Ergebnis käme es zu einer deutlichen Umschichtung von Kapital hin zu Sachwerten bei je-nen Investoren, die über ausreichende Liquidität verfügen, um die Erlöse aus dem Verkauf ihrer Anleihen zum Kauf der nunmehr verbilligten Sachwerte zu nutzen.

Bei erstklassigen Staatsanleihen kann man durchaus von einer Blase sprechen", bestätigt Vorndran, rela-tiviert aber: „Ich tue mich schwer, im Zusammenhang mit Bonds von einem möglichen ‚Platzen' zu sprechen." An-ders als Aktien werden Anleihen, so-fern der Emittent nicht Pleite geht, am Laufzeitende zum Nennwert zurück-bezahlt, so die Begründung, weshalb das Risiko des Anlegers kalkulierbar sei. Wirtschaftsprofessor Otte stößt in dasselbe Horn: „Eine Anleihenblase platzt normalerweise nicht, sondern sie baut sich über lange Zeit ab und belastet die Wirtschaft." So haben sich die vielen faulen Immobilienkre¬dite, die in Japan nach dem Jahr 1998 in den Büchern blieben, erst über die Jahrzehnte abgebaut.

Die Entwicklungen könnten auch ganz anders verlaufen und keinen Crash an den Finanzmärkten auslösen, sagt Müller. Würde China bspw. doch die angesprochene Trendwende schaffen, wäre mit entsprechend positiven Fol-gen für die Weltwirtschaft zu rech¬nen. „Die Börse lehrt uns Demut, weil niemand weiß, was kommen wird",



ergänzt er. Das gilt selbst bei Ereig-nissen wie aktuell dem Brexit, die mit Ansage auftreten und erst recht mit Blick auf die „Schwarzen Schwäne". „Leider ist deren wesentliche Eigen-schaft, stets dann aufzutauchen, wenn man es nicht erwartet und sich anders zu verhalten, als man es sich zuvor ausgemalt hat", sagt Vorndran und bedient sich der Worte des Publizisten und Börsenhändlers Nassim Nicho-las Taleb: Danach handelt es sich um Ausreißer, die außerhalb der regulären Erwartungen liegen und durch keine Entwicklungen in der Vergangenheit angekündigt werden.

ERHÖHTE GEOPOLITISCHE RISIKEN „Die geopolitischen Risiken befinden sich auf einem Höchststand seit Ende des Zweiten Weltkriegs", sagt Colin Moore. Nach Einschätzung des Global CIO bei Columbia Threadneedle Invest¬ments zeigt die Historie, dass niedriges Wachstum bei Anlegern zu erhöhter Unsicherheit und Verlustangst führt. Denn ein einziges Wirtschaftsunglück oder geopolitisches Ereignis könnte zu einem Nullwachstum oder einer Re¬zession führen. Moore: „Eine solche



Fokussierung auf negative Ereignisse kann bei entsprechenden geopoliti-schen Nachrichten Panikverkäufe an der Börse auslösen." Aber: Anleger tun gut daran, zwischen geopolitischen Ri¬siken zu unterscheiden, die kurzfristig starke Kursbewegungen auslösen und solchen, die die Richtung der Börsen nachhaltig verändern. Letzteres sei der Fall, wenn mindestens einer von folgenden Faktoren vorliegt: Ist eine Weltmacht involviert? Droht ein mi-litärischer Konflikt? Spielt Rohöl eine Rolle und besteht eine Gefahr für das globale Finanzsystem?

Demnach dürfte bei einem Brexit ma-ximal mit kräftigen, aber doch eher kurzfristigen Verwerfungen an den Finanzmärkten zu rechnen sein, oder? Laut Ehrhardt würde sich ein Austritt Großbritanniens aus der EU für die Briten sogar positiv auswirken, da sie „weniger der wachstumsschädlichen Regulierung aus Brüssel unterworfen wären und ähnlich wie das Nicht-EU-Mitglied Norwegen wahrscheinlich weiterhin die gleichen Handelsvortei¬le behielten wie bisher. „Ich plädiere schon lange für einen Brexit, denn

Großbritannien gehört nicht zu Euro-pa", sagt Otte und begründet, dass ein engeres Zusammengehen der sechs Gründungsnationen plus vielleicht einige andere die Handlungsfähigkeit Europas stärken würde. Gleichwohl rechnet er nicht mit einem „No" der Briten. Bei Threadneedle gibt man mit Blick auf den Zulauf populistischer Parteien zu bedenken, dass bei einem Brexit andere EU-Staaten den Briten folgen könnten.

Bei Flossbach von Storch sieht man derzeit auch vor diesem Hintergrund „keine konkreten Anzeichen", die einen Crash an den Finanzmärkten erwar¬ten lassen. „Möglicherweise wäre eine deutliche Aufwärtsbewegung an den Märkten der größte ‚Unfall' für deut¬sche Anleger, da sie aus chronischer Crash-Angst massiv unterinvestiert sind", sagt Vorndran. Ganz gleich, wel¬cher Argumentation man folgt, treibt Anleger eine zentrale Frage um: Wie können sie sich bestmöglich positionie¬ren, um für den Fall eines kurzen oder nachhaltigen Crashs keine allzu großen Kapitalverluste zu riskieren?

Angesichts des quasi Nullzinsumfelds verwundert es nicht, dass die befragten Gesellschaften und Experten größten-teils dafür plädieren, Aktien überzuge-wichten - und dies gut diversifiziert.





„Nicht der breite Markt, sondern ech¬te Qualitätstitel", empfiehlt Vorndran und meint damit Aktien von Unterneh¬men, „die robust wachsen, verlässlich Gewinne erzielen, global aufgestellt und wenig verschuldet sind". „Anleger finden derzeit gute und fair bewertete Unternehmen, die bis zu zweistellige Renditen nach Steuern ermöglichen", ergänzt Müller. Ehrhardt plädiert für „solide Dividendenaktien", die eine „gut abgesicherte hohe Dividenden-rendite" bieten. Vor allem Gold sollte darüber hinaus als Absicherung beige-mischt werden, so unisono der Rat.

Bei einem weiteren Anstieg der Aktienmärkte um 20, 30 oder 40 Pro-zent würde Otte je nach Situation Cash aufbauen, vielleicht sogar zu 30 bis 40 Prozent - und zwar nicht nur in



Euro, sondern auch in Schweizer Fran-ken und Dollar. Anleger können dann, so die einhellige Empfehlung, nach einem möglichen Crash oder Kursein-bruch mit einem Teil der Liquiditäts-reserven wieder in die Aktienmärkte einsteigen. Kreuzkamp: „Solange sich die gesamtwirtschaftliche Lage nicht eintrübt, bieten panische Markterup-tionen Einstiegschancen."

Also kein Grund zur Sorge? „Die Terz roranschläge am 11. September 2001 haben die Märkte zunächst deutlich nach unten gedrückt, aber nur für knapp zwei Wochen, und dann zählten wieder die Fundamentaldaten für die Börsianer", sagt Ehrhardt. Auch der letzte Irak-Krieg führte in den USA von Beginn an sogar zu besseren Aktienkur-sen, betont der Vorstandsvorsitzende, weil die Unsicherheit vorbei war.

„Anleger können in volatileren Märk¬ten wie zu Beginn 2016 dazu neigen, in vermeintlich sicheren Häfen wie Tagesgeldkonten Schutz zu suchen", betont Florian Uleer, Country Head Deutschland bei Columbia Thread-needle Investments. Doch ein Blick auf die langfristige Statistik sollte vor übereilten Reaktionen warnen: So habe bspw. der US-Aktienindex S&P 500 zwischen 1985 und 2015 pro Jahr im Schnitt um 8,4 Prozent zugelegt ¬trotz der vielen Börsencrashs wie u.a. die Krisen in Lateinamerika, die japa¬nische Bankenkrise, die Asien- und Russland-Krise ebenso wie das Platzen der Dotcom-Blase und die Finanzkrise.

AUF DEN PUNKT GEBRACHT

Angesichts weltweit steigender Risiken und schwelender Krisenherde fragen sich Anleger: Müssen wir in naher Zukunft mit einem erneuten Crash an den Finanzmärkten rechnen? Bör¬senexperten, Fondsmanager und Vermögensverwalter beschreiben die Voraussetzungen für ein solches Szenario und bewerten die besorgniserregenden Entwicklungen — angefangen bei einem möglichen Auseinanderbrechen der Europäischen Union über die aggressive und gegensätzliche Geldpolitik der Notenbanken bis hin zu den geopolitischen Risiken. Die gute Nachricht: Anleger sind einem Crash nicht wehrlos ausgeliefert. Durch eine klare Fokussierung ihrer Investments auf ausgewählte Aktien, Edelmetalle als Absicherung sowie Liquidität kön¬nen sie Verlustrisiken begrenzen und sich optimal für die Zeit danach positionieren.


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