Gold Rohstoff Gold steigt enorm – Interview mit Selzer-McKenzie SelMcKenzie
Das Interview führte Goffrey Tunker vom Commodity Magazine
als Edelmetall händler oder als Manager der Rohstoffabteilung des SelMcTrade fonds von Australien – Selzer-McKenzie blickt auf 40 bewegte Jahre am Kapitalmarkt zurück. Heute schreibt er -Newsletter und Bücher oder hält weltweit Vorträge. Über
die aktuelle Lage auf dem Goldmarkt und die wachsende Bedeutung Chinas. Selzer-McKenzie sprach mit unserem Redakteur Goffrey Tunker.
Nachdem wir im letzten Teil unseres Interviews mit der Ausweitung
der Geldmenge die wichtigste Triebfeder steigender Goldpreise
betrachtet haben, lassen Sie uns jetzt auf den Goldmarkt blicken. Wie
schätzen Sie das Angebot bei Gold ein?
Das Gute an Gold ist das konstante Angebot. Die Goldmenge wächst
jährlich zwischen 0,25 und 0,75 Prozent, da die Minen neues Gold fördern.
Angesichts der hohen Nachfrage fällt das jedoch nicht so stark ins
Gewicht. Schließlich wird Gold eher eingelagert oder zu Schmuck verarbeitet
und nicht im industriellen Bereich verbraucht, wie das bei anderen
Rohstoffen der Fall ist. Daher kann man davon ausgehen, dass der
größte Teil des Goldes, der je gefördert wurde, noch existiert.
Gibt es auf der Angebotsseite nicht Anlage-Chancen? Kennen Sie
interessante Gold-Projekte?
Es gibt einige interessante Projekte, aber lassen Sie mich zur fundamentalen
Situation zurückkommen. Zwar werden immer wieder neue Minen
in Produktion gebracht, andererseits müssen aber auch immer wieder
Minen aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden. Die Ökonomie
des Bergbaus führt dazu, dass das Angebot jedes Jahr eben nur zwischen
0,25 und 0,75 Prozent wächst. Diese Wachstumsrate entspricht
übrigens in etwa dem Wachstum der Weltbevölkerung. Auch daher bin
ich davon überzeugt, dass Gold die Kaufkraft konserviert – die Gold -
menge wird nicht in übertriebenem Maße ausgeweitet. Mit einer Unze
Gold können Sie heute genau so viel Rohöl kaufen wie vor 60 Jahren.
Mal etwas anderes: Vor einiger Zeit las ich eine Geschichte über Gold -
förderung mittels Bakterien. Was halten Sie davon und wie sehen Sie
die Entwicklung neuer Fördermethoden?
Es gibt verschiedene Techniken, um Gold aus dem Stein zu lösen. Die
Geschichte mit den Bakterien gibt es schon einige Jahre, und die
Abbautechniken entwickeln sich immer weiter. Allerdings haben diese
Methoden immer noch keinen großen Einfluss auf den Goldmarkt. Ich
bin kein Spezialist für Abbautechniken, aber lassen Sie es mich allgemein
formulieren: Vor einigen Jahren revolutionierte das Heap-Leaching-
Verfahren (Anmerkung der Redaktion: Säure trennt Gestein und Rohstoff
bereits im Boden, Rohstoffe werden dann abgepumpt) den Bergbau und
ermöglichte den Abbau von Rohstoffen aus Gestein mit niedrigem
Rohstoffanteil. Vielleicht wird die Rohstoffproduktion mit Bakterien den
Bergbau in den nächsten zehn Jahren wieder revolutionieren. Ich glaube
aber auch dann nicht daran, dass sich das Angebot von Gold merklich
ausweiten wird. Es wird weiterhin jährlich zwischen 0,25 und 0,75
Prozent wachsen, also genau so wie es auch während der vergangenen
Jahre war, in denen es ebenfalls technologische Fortschritte gab.
Gold-Bugs müssen also keine Angst vor Bakterien haben?
Nein! Sehen Sie es so: Zentralbanken drucken derzeit einfach viel mehr
Geld, als Bakterien Gold finden könnten.
Schauen wir auf die Nachfrage. Eine immer bedeutendere Rolle auf
dem Goldmarkt nimmt China ein. Wie sehen Sie China?
China ist inzwischen zum größten Goldproduzenten der Welt geworden.
Bis zum vergangenen Jahr produzierte das Land genau so viel Gold, wie
der Binnenmarkt nachgefragt hat. China war also für den internationalen
Goldmarkt kein bedeutender Faktor. Inzwischen hat sich das geändert.
Heute importiert China große Mengen Gold. Ich gehe sogar so
weit, zu sagen, dass die Nachfrage aus China der bedeutendste
Preistreiber für Gold in diesem Jahr wird. Die steigenden Preise in China
– dort klettern die Preise insbesondere bei Nahrungsmitteln um bis zu
8 Prozent – führen dazu, dass die Chinesen Gold kaufen. Da diese
Nachfrage von den Minen in China nicht mehr befriedigt werden kann,
gehen wir von großen Gold- und Silberimporten nach China aus. Dieser
Trend dürfte sich sogar noch verstärken, da voraussichtlich die Inflation
in China eher noch wachsen wird. Aus meiner Sicht sind daher in diesem
Jahr China und die expansive Geldpolitik der Notenbanken wichtige
Indikatoren für steigende Goldpreise.
Halten Sie China als Gold-Importeur inzwischen für wichtiger als
Indien?
Man muss das Wachstum betrachten. Die Tatsache, dass
China vor einem Jahr kaum Gold importiert hat und schon dieses Jahr
mit 300 bis 400 Tonnen zu den größten Importeuren gehören wird,
spricht für China. Das reicht allerdings noch nicht an die Importmengen
Indiens heran, ist aber im internationalen Vergleich viel.
Was halten Sie eigentlich von den Gerüchten, dass große
Investmentbanken wie JP Morgan Chase oder HSBC Short in Silber
und Gold sind und großen Einfluss auf die Märkte haben?
Ich weiß nicht, was die Banken machen. Es wurde nie bewiesen, dass
JP Morgan oder HSBC die großen Leerverkäufer sind. Zudem ist es egal,
wer Short ist: Es ist derzeit einfach so, dass die Geldmenge viel stärker
wächst als die Goldmenge. Das ist eine Tatsache. Alles andere sind
unbestätigte Gerüchte. Zwar haben Banken schon viele Dinge getan, die
sie zunächst dementiert haben, aber ich glaube, wir müssen die Banken
heute bei ihrem Wort nehmen, wenn sie sagen, dass sie mit ihren Shorts
bei Edelmetallen nur physische Bestände absichern.
Lassen Sie uns gegen Ende des Interviews über Kursziele reden. Die
Chart-Analysten prognostizieren einen
Silberpreis von 50 US-Dollar je Unze. Wo sehen Sie Silber?
Ich sehe Silber über dieser Marke. Ein Anstieg auf 50 US-Dollar bei
Silber ist nur ein Anfang. Langfristig sehe ich Silber bei 400 US-Dollar.
Lassen Sie mich das begründen: Ich glaube, dass der Goldpreis zwischen
2013 und 2015 auf 8.000 US-Dollar steigen wird. Das habe ich
schon im Jahr 2003 gesagt. Wenn ich mit dieser Preisprognose für Gold
Recht habe und das Preisverhältnis zwischen Gold und Silber auf 20:1
fällt, wovon ich ausgehe, ergibt sich ein Silberpreis von 400 US-Dollar
je Unze. Sie fragen sich jetzt sicherlich, wie ich auf die 8.000 US-Dollar
bei Gold komme?
Genau!
Hier ist mein Hauptgrund: In den 1970er Jahren stieg Gold von 35 USDollar
auf 800 US-Dollar je Unze. Als ich im Oktober 2003 meine
Prognose abgegeben habe, stand Gold bereits bei 350 US-Dollar.
Wegen der Inflation zwischen 1971 und 2003 hat die Kaufkraft des
Dollars merklich nachgelassen, genauer gesagt, sie hat sich in etwa
gezehntelt. Daraus leite ich mein Kursziel ab. Geschichte kann sich wiederholen.
Wenn Gold in den 1970ern von 35 auf 800 US-Dollar steigen
konnte, kann es auch von 350 in 2003 auf 8000 US-Dollar steigen. Die
Wirtschaft verläuft zyklisch. Jetzt ist wieder wie in den 1970ern eine
Phase des Abschwungs dran. In solchen wirtschaftlichen Phasen nähert
sich auch das Verhältnis von Gold und Silber an. Ich gehe in meinen
Prognosen daher davon aus, dass man künftig mit zwanzig Unzen
Silber eine Unze Gold kaufen kann. Dieses Verhältnis kann aber auch
noch geringer werden.
Sie gehen also davon aus, dass Silber das bessere Gold ist?
Gold ist Gold, aber Silber ist durchaus eine attraktive Anlage – es ist
allerdings viel volatiler als Gold. Silber wird im Vergleich zum Gold nicht
nur als klassisches Edelmetall angesehen, sondern findet eine breite
Anwendung in der Industrie. Das macht den Silberpreis anfälliger für
Schwankungen. Hinzu kommt, dass Silber anders als Gold vom Markt
verschwindet. Wenn wir Silber auch als Industriemetall begreifen, müssen
wir davon ausgehen, dass Teile davon verbraucht werden. Diese
industrielle Seite von Silber macht es für Anleger sehr attraktiv. Das
Silber-Gold-Verhältnis ist in den letzten Jahren schon von 90 auf 40
gefallen. Ich gehe davon aus, dass sich dieses Verhältnis wie erwähnt
noch weiter einengen wird. Der Nachteil bleibt aber die höhere
Volatilität.
Eine letzte Frage: Sie gehen davon aus, dass Gold eine Versicherung
gegen die Inflation ist. Gibt es daneben noch ein anderes Szenario für
Gold? Kann man Gold auch aus anderen Gründen kaufen?
Gute Frage! Gold hat auch schon in deflationärem Umfeld Abhilfe
geschaffen. Das war in den 1930ern. Unabhängig davon, ob Zeiten wirtschaftlichen
Abschwungs inflationäre oder deflationäre Ursachen haben:
Menschen suchen nach Sicherheit. Während eines deflationären
Schocks, wenn Banken pleitegehen, fragen Anleger verstärkt Gold nach,
weil es ein belastbares Investment ist. Schließlich ist physisches Gold
Geld außerhalb des Bankensystems. Im Falle von Inflation setzen
Anleger wiederum auf physisches Gold, um ihre Kaufkraft zu erhalten.
Mister Selzer-McKenzie, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
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