Sonntag, 22. Mai 2016

Musikproduktion im Musikstudio


Musikproduktion im Musikstudio

Author D. Selzer-McKenzie

Youtube-Video: https://youtu.be/7PgqeJenElI

Heute versuchen sich gefühlt eine Milli¬on Mastering-Studios in der hohen Kunst der finalen Bearbeitung. In früheren Jah¬ren war diese Aufgabe professionellen Studiobetrieben vorbehalten, aber auch hier sorgt das umfangreiche Software-An¬gebot für eine bunte Durchmischung des Marktes. Natürlich sind die Cracks geblie¬ben und beklagen sich auch nicht über mangelnde Arbeit, aber es sind eben doch noch zwei wichtige Strömungen hin¬zugekommen, die es vorher nicht gab. Ruft man heute bei ,Powersound Maste-ring' (Name von der Redaktion geändert) an, kann es passieren, dass eine weib¬liche Stimme verkündet: ,Der Jürgen ist noch in der Schule...`. Es gibt zahlreiche Plug-In-Pakete, die Mastering für jeder¬mann versprechen, so wie das in allen anderen Sparten unserer Pro-Audio-Zunft inzwischen zum Alltag gehört. Man fin¬det ohne langes Suchen auch sofort ei¬ne ,Paar-Euro-Software', die eine belie¬bige Workstation in die Lage versetzt, PQ-Daten zu generieren, CD-Text zu edi¬tieren und DDP-Images oder Pre-Maste-ring-CDs auszuspucken. Vor nicht allzu langer Zeit hatte ich auch schon einmal das emporgekommene Angebot von eMa-stering-Portalen thematisiert. Man be¬zahlt einen kleinen monatlichen Obolus und kann je nach Abonnement beliebig viele Mischungen hochladen, die von ‚in-telligenten' Software-Algorithmen bear¬beitet und im Handumdrehen fertig bear¬beitet zum Download bereitgestellt wer-

 

den, ohne dass ein Mensch mit Ohren überhaupt an diesem Prozess beteiligt gewesen wäre. Das soll dem Vernehmen nach aber bei der Entwicklung der stän¬dig lernenden Algorithmen der Fall ge¬wesen sein. Ich selbst benutze mein Ver¬lagsstudio unter dem Double-D Maste-ring Label schon seit vielen Jahren als Mastering-Studio, allerdings mit einem deutlichen Schwerpunkt auf hochwer¬tiger und leider auch kostspieliger Ana¬logtechnik, um meine Existenzberechti¬gung als ,noch ein' Mastering-Ingenieur im Markt rechtfertigen zu können. Ange-sichts des beträchtlichen Investitionsvo¬lumens kann einem angst und bange wer¬den, wenn man sich plötzlich in Konkur¬renz zu einem Laptop-Besitzer wiederfin-det, der ,ein bisschen' Plug-In-Software mit EQ, Kompressor und Limiter installiert hat. Nicht alle Mastering-Kunden sind in der Lage, den Unterschied zwischen einem technisch hochwertig ausgestat¬teten Mastering-Raum, der vor allem viel Geld für ein präzises Abhörsystem und entsprechenden raumakustischen Aus¬bau verschlungen hat, und einem Rech¬nerarbeitsplatz auf ,Amateurniveau` auszumachen. Da man heute gerne Files durch die Gegend schickt, sieht man als Kunde auch gar nicht mehr, in welch tech¬nischer Umgebung selbige landen. Ein di¬rekter Vergleich zwischen den Ergebnis¬sen eines professionellen Mastering-Stu-dios und eines Laptop-Arbeitsplatzes fin¬det naturgemäß nicht statt, so dass bei

 
der Kundschaft auch gar keine Begehr¬lichkeiten nach etwas Besserem aufkom¬men. Wenn alles schön laut ist und es deutlich mehr zischt und rummst als vor¬her, ist das Ziel doch eigentlich schon er¬reicht. Ich biete Plug-In-Mastering nur der Vollständigkeit halber an, weil es ja ,sicher weniger kostet', würde aber aus persönlichem Ehrgeiz heraus trotz¬dem die gesamte analoge Takelage an den Start bringen, weil ich weiß, dass da¬mit deutlich bessere Ergebnisse zu erzie¬len sind und weil es auch sehr viel mehr Spaß macht, mit all den schönen Far¬ben zu spielen. Dabei muss man ehrlich sein: Es gibt auch für Mastering-Zwecke sehr schöne Plug-Ins, insbesondere gu¬te Limiter und Emulationen von analogen Klassikern, die man nicht alle im Original kaufen kann. Das Problem ist nur, sie an die richtige Stelle in der Mastering-Ket-te zu bringen, wenn diese ausschließlich analog ausgelegt ist, ohne eine weitere A/D- und D/A-Wandlung in Kauf zu neh¬men. So ein schöner Neve-EQ als Emu¬lation kann manchmal bestimmt reizvoll sein, aber der Aufwand, ihn dort zu plat¬zieren, wo man ihn braucht, ist einfach viel zu groß. Trotzdem: Wenn es heute schon so viele wirklich gute In-The-Box'-Mixer gibt, warum sollte das dann nicht zukünftig auch für das Mastering gelten können? Und die schöne Analogtechnik, die man sich vom Munde abgespart hat? Die wird dann vermutlich zum persön¬lichen Luxus..


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