Wandern in der Ardeche, France
Author D. Selzer-McKenzie
Youtube-Video: https://youtu.be/9CmWuJRmmrw
Landschaftlich umwerfende Touren ohne jeglichen alpinen
Rummel, eine Karstlandschaft
mit den größten Höhlen Europas unter der Erde. Dazu
vulkanische Hügel
und mächtige Gipfel oberhalb der zahlreichen Flussläufe - das
ist die Provence.
4 66 Meter hoch
spannt sich der von der Natur geschaffene, steinerne Triumphbogen über die
Ard&he. Das kleine Flüsslein hat im Laufe von Jahrmillionen ganze Arbeit
geleistet, sich gedul¬dig durch die massive Felswand gefräst und eine
spektakuläre Canyon-Landschaft hinterlassen. Das steinerne Tor bei Vallon Pont
d'Arc ist zum Synonym für die gesamte Region geworden. Bil¬der davon gehören
wie der Eiffelturm in jedes französische Schulbuch.
Abenteuer Kanutour
Für Kanuten ist die Arüche das höchste der Gefühle. Selbst
wenn man im August an manchen Tagen vor lauter Booten fast kein Wasser
mehr sieht, die Tour bleibt ein echtes Abenteuer. Aber auch
Wanderer sollten auf keinen Fall ver¬säumen, einen Extratag für eine Kanutour
von Vallon-Pont-d'Arc bis St.-Martin-d'Arüche einzuplanen.
Die Karstlandschaft ist berühmt für ihre zahl¬reichen
Höhlensysteme. In der Unterwelt der Aven d'Orgnac, einer gigantischen, drei
Hektar großen Tropfsteinhöhle, warten bizarre Säle mit bis zu 50 Metern Höhe.
Ein Muss ist auch der Besuch des Chauvet Museums. In der erst 1994 bei Vallon
entdeckten Chauvet-Grotte verewig¬te der Cro-Magnon-Mensch schon vor 35.000
Jahren seine Erlebnisse an den Höhlenwänden. Die Grotte wird als „Sixtinische
Kapelle der
Urzeit" gelobt. Natürlich gibt es auch jede Men¬ge
anthropologisch weniger interessante Höh¬len, wo sich trotzdem oder gerade
deswegen wunderbar „spelunkeln" lässt.
Bindeglied der Regionen
Kein Wunder also bei so einer Häufung von Superlativen, dass
der Rest der Ankche häufig etwas zu kurz kommt. Darum aufgepasst: Die Arüche
ist eines der acht Departements der Region Rhöne-Alpes. Ein einsamer Landstrich
an der Grenze zu den Ce-
vennen, sozusagen das Bindeglied vom konti¬nentalen Norden
zur mediterranen Pro-vence. Eine Land-fen für die Werbung diverser
Mineralwasser und toller Trekkingtouren.
Im dünn besiedelten Norden, der so genannten „L'Ardeche
Verte", scheint die Landschaft tat¬sächlich einem Gedichtband mit
sattgrünem Umschlag entsprungen: Steinbrücken aus der Römerzeit führen über
wilde Bachläufe. Opas und Enkel stehen seelenruhig mit ihren Angeln an der
Brüstung und stellen den zahlreichen Forellen nach. Die romanische Kirche bei
Vey-rines stammt aus dem zwölften Jahrhundert. Die Wanderung von dort hoch zum
1.146 Meter hohen Chiret Blanc wird von Wildschwein-, Reh- und Fuchsspuren
begleitet. Oben genießt man ein 360 Grad Panorama und kommt, ziem¬lich außer
Atem, zur Erkenntnis, dass die grüne Ardeche ein hinterlistiges Relief birgt.
Dem ers¬ten Eindruck nach lieblich wird mit jedem Schritt zusätzlich Höhe
gemacht.
Das werden auch die jährlich 15.000 Teilneh¬mer der
„L'Ardechois", einem der größten Rad¬rennen der Welt, spüren. Hobbyfahrer
und Pro¬fis durchqueren, je nach Leistungs- und Leidensbereitschaft, in drei
Tagen die gesamte Ardeche.
Passion und Präzision
Doch nur kein Stress! Sehen und staunen und zum Beispiel im
malerischen Lamastre unter schattigen Platanen eine kräftige Dosis savoir
entsteht ein filmreifes Palaver mit gestenreichen Emotionen.
Dann werden die Maßbänder ge¬zückt und es geht um Millimeter.
Am Ursprung der Loire
Weiter südlich in der zentralen Ardeche tauchen markantere
Berge auf. Die Straße windet sich wie ein glühendes metallenes Band gen
Him¬mel. Endstation ist knapp unter dem Mt. Me-zenc, dem mit 1.753 Metern
höchsten Berg der Ardeche. Die Gegend ist berühmt für ihre „Sucs": kleine
massive Felsgipfel vulkanischen Ursprungs, die unvermittelt schier aus der
grü¬nen Decke hervorplatzen. „Le Gerbier de Jonc" mit seinen 1.551 Metern
ist ein besonders plaka¬tiver Zuckerhut. Der Berg markiert nicht nur die
Wasserscheide zwischen Atlantik und dem Mit¬telmeer. In seinem Innern
entspringt auch die Loire. Somit herrscht hier auch etwas touristi-scher
Rummel. Allerdings nicht zum Nachteil für hungrige Touristen: In den
zahlreichen Marktbuden locken luftgetrocknete Würste, Steinpilze und leckere
Käsesorten. Zudem gibt es Produkte aus Esskastanien, darunter Gebäck, Mousse
und sogar Kastanienbier. Die Ardeche ist einer der größten Verarbeiter von
Kastanien. Südwestlich schließt sich die Ardeche Meridio-nale mit dem
Tanargue-Gebirge an. Dieses ist an Wildheit und Einsamkeit kaum zu überbie-ten.
Hier sind die Gites d'Etappe erstklassige
den 1.458 Meter hohen Sommet de Mejan. An den Hängen weiden
riesige Schafherden. Oben wird es alpin, richtig felsig. Weit reicht der Blick
in die grünen Hügelketten über Burgen und Klöster. Mit einer strammen
Tagesetappe ge¬lingt sogar eine Überschreitung in Richtung Loubaresse. Wenn man
dann nach mehr als 20 Kilometern Fußmarsch den Turm von Lou-baresse im
Sonnenuntergang erblickt, qualmen zwar die Socken, aber die Erlebnisse und
Ausbli¬cke sind jede Strapaze wert. Auch diese Tour eignet sich auf Grund der
zahlreichen, gut fahr¬baren Trails hervorragend für Mountainbiker.
Wilde Landschaft mit Mehrwert
Nicht weit davon entfernt können Trekker mit dem „Sentier
des Lauzes" sogar eine ganz be¬sonders schöne Tour mit dem gewissen Extra
und Mehrwert in Angriff nehmen. Im „Vallee de la Drobie" inmitten des „Parc
Naturel Regio¬nal des Monts d'Ardeche" haben Einwohner und Künstler
gemeinsam einen Wanderpfad gesc affen, der zum sportlichen Anspruch auch
Typisch Provence: das malerisch am Fluss gelegene St. Martin
de Valamas.
vivre einsaugen. Das geht so: aus der Epicerie Baguette,
Oliven, Ziegenkäse und Wildpastete holen und die alten Männer beim Petanque
be¬obachten. Das ist nicht nur so eine holprige Ku-gelschubserei, wie man es
mal aus Langeweile im Urlaub am Strand spielt. Das ist Passion und Präzision. Es
gibt sogar eine Art Bundesliga für das Spiel mit den Metallkugeln. Meist wirkt
das Spiel meditativ. Aber wehe, die Entscheidung, welche Kugel dem
„cochonnet", dem Schwein¬chen; am nächsten kommt, ist umstritten. Dann
Der Port d'Arc ist das Wahrzeichen der Ardöche-Region.
Anlaufstationen. Strukturell eine Mischung aus
Alpenvereinshütte und Jugendherberge sind diese häufig liebevoll renovierten
Gehöfte mit unglaublichem Charme. Viele Alt-68er-Kom-munarden haben sich damit
einen grünen Le¬benstraum verwirklicht. Dort lässt es sich wohl fühlen und
meist auch schlemmen — Obst, Ge¬müse und Fleisch kommen fast immer aus eige¬nem
biologischen Anbau oder eigener Aufzucht. Von der Gite in Le Jal führt eine
stramme Tour auf den höchsten Berg des Tanargue-Gebirges,
Eine Brücke aus der Römerzeit: Sie hält bis heute und ist
immer noch für Fußgänger offen.
noch zu Reflexionen über die Landschaft und deren Zukunft
anregt. Die Bewusstseinsschlei¬fe führt von St. Melany über Dompnac und er¬höht
den Wert der wilden Landschaft anhand zahlreicher Exponate aus Stein, Holz und
Me¬tall noch zusätzlich. Ein körperlich und geistig harmonischer Weg des
Bewusstseins — unbe¬dingt empfehlenswert! Typisch Ardechoise eben
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.