Samstag, 27. Juni 2020

Naledi Homo Naledi Menschen (ausgestorben) Youtube: https://youtu.be/3FPBmg6zmeA Author D. Selzer-McKenzie Homo naledi Homo naledi ist eine ausgestorbene Art der Gattung Homo. Die Art wurde im Jahr 2015 anhand von Fossilien aus der Rising-Star-Höhle (Südafrika) von einer Arbeitsgruppe um Lee Berger in die Fachliteratur eingeführt.[1] Die Höhle befindet sich in der „Wiege der Menschheit“, südwestlich von Swartkrans und knapp 50 Kilometer nordwestlich von Johannesburg.[2] Insgesamt wurden im Jahr 2015 fossile Knochen und Zähne von mindestens 15 Individuen nachgewiesen, weswegen dieser Fund die bislang größte Ansammlung von Belegen für eine frühe Art der Hominini ist. Die Fossilien waren bereits seit November 2013 geborgen, aber zunächst keiner bestimmten Art zugeordnet worden. Die Bezeichnung der Gattung Homo ist abgeleitet von lateinisch homo [ˈhɔmoː], dt. Mensch. Das Epitheton naledi ist ein Verweis auf den Fundort in der Rising-Star-Höhle: naledi (mit Betonung auf dem e) bedeutet in den Sotho-Tswana-Sprachen „Stern“. Homo naledi bedeutet somit sinngemäß „Mensch aus der Stern-Höhle“. Erstbeschreibung Als Holotypus von Homo naledi wurde eine Gruppe von Schädelknochen ausgewiesen, die als Dinaledi Hominin 1 (DH1) bezeichnet wird; zusätzlich wurden der Artdefinition als Paratypen die Schädelfragmente DH2, DH3, DH4 und DH5 sowie einige Langknochen – unter anderem der Oberschenkelknochen U.W. 101-1391 und das Schienbein U.W. 101-484 – beigegeben. Insgesamt umfasst der Fund 137 einzelne Zähne und 1.413 Knochen, von denen 737 in die Erstbeschreibung der Art einbezogen wurden. Alle Fossilien von Homo naledi werden in der Sammlung des Evolutionary Studies Institute der University of the Witwatersrand in Johannesburg aufbewahrt. Der Schädel LES1 (Original) Bereits im Jahr 2013 waren rund 100 Meter entfernt von der Dinaledi-Kammer in einer zweiten Kammer – genannt Lesedi-Kammer – weitere Fossilien gefunden worden, die im Jahr 2017 ebenfalls Homo naledi zugeordnet wurden.[3][4] Es handelt sich dabei um die Überreste von mindestens drei Individuen (zwei Erwachsene und ein Kind), darunter der zerbrochene, gleichwohl gut erhaltene Schädel LES1 eines Erwachsenen, dessen Innenvolumen der Rekonstruktion zufolge 610 cm³ betragen hat; ihm wurde der Spitzname Neo („Geschenk“ in Setswana) gegeben. Weitere Funde sind u. a. ein bezahnter Unterkiefer, diverse Wirbel, ein Oberschenkelknochen sowie Knochenfragmente aus dem Bereich der Schultern und der Arme. Datierung Eine absolute Datierung der Funde bzw. des sie umgebenden Gesteins war zum Zeitpunkt der Erstbeschreibung noch nicht durchgeführt worden. Stattdessen wurde aus anatomischen Merkmalen abgeleitet, dass ein Alter von bis zu 2,5 Millionen Jahren denkbar sei.[5] Ein detaillierter Vergleich der Merkmale von Homo naledi mit anderen, sicher datierten homininen Fossilien ergab 2016 jedoch ein „höchstwahrscheinliches“ Alter von nur 912.000 Jahren.[6] Eine Uran-Thorium-Datierung sowie zusätzliche paläomagnetische Analysen wurden im Jahr 2017 schließlich dahingehend interpretiert, dass die Fossilien 335.000 bis 236.000 Jahre alt sind.[7] Merkmale Computergestützte Rekonstruktion der Schädeldecke anhand der Funde DH3 und DH4 Die durchschnittliche Körpergröße von Homo naledi betrug ca. 1,50 Meter, das Gewicht 40 bis 55 kg.[8][9] In der Erstbeschreibung aus dem Jahr 2015 heißt es, charakteristisch für die Art seien zum einen ein sehr kleines Schädel-Innenvolumen von nur 560 cm³, was vergleichbar ist mit den bei Australopithecus üblichen Dimensionen (zum Vergleich: Schimpanse ca. 400 cm³, Mensch ca. 1400 cm³); zum anderen ein Körper, dessen Proportionen unterhalb des Kopfes vergleichbar seien mit kleinwüchsigen Populationen der Gattung Homo. Die morphologischen Merkmale des Schädels seien zwar einzigartig, jedoch am ehesten vergleichbar mit Funden der frühen Homo-Arten Homo rudolfensis, Homo habilis und Homo erectus. 2018 wurden ergänzend Befunde anhand eines digital erstellten „Schädelausgusses“ veröffentlicht, denen zufolge die Gehirnoberfläche sowohl gemeinsame ursprüngliche Merkmale von Australopithecinen und nichtmenschlichen Menschenaffen aufweist als auch abgeleitete („moderne“) Merkmale, die für die Gattung Homo charakteristisch sind.[10] Die Bezahnung (insbesondere die großen Backenzähne) wurde in der Erstbeschreibung als „ursprünglich“ bezeichnet, jedoch seien die Schneidezähne und die Eckzähne im Vergleich mit Homo rudolfensis, Homo habilis und Homo erectus relativ klein. Im Kontrast zu diesen „modernen“ Merkmalen weisen der Brustkorb, die Schulter, das Becken[11] und das zum Kniegelenk gerichtete Ende des Oberschenkelknochens „ursprüngliche“ Merkmale auf, wie sie zum Beispiel bei Australopithecus afarensis und Australopithecus africanus vorkommen. Hand und Handgelenk weisen den Analysen der Forscher zufolge im Vergleich zu älteren Fossilien der Hominini zwar Veränderungen auf, die als „dem Menschen ähnliche Anpassungen“ interpretiert wurden. In einer im Oktober 2015 publizierten Studie wurde dann aber zusätzlich darauf verwiesen, dass die Fingerknochen länger und stärker gebogen sind als bei den meisten Funden von Australopithecus und dass die Daumenknochen verbreitert sind, was auf häufiges Klettern hinweist. Zugleich wurde aus der Anordnung der Handknochen gefolgert, dass Homo naledi zum Präzisionsgriff befähigt war und daher möglicherweise auch Steingerät herstellen und nutzen konnte;[12] Steingerät wurde aber bislang nicht im Zusammenhang mit den zu dieser Art gestellten Fossilien gefunden. Auch Bein und Fuß weisen den Analysen zufolge eine Mischung aus ursprünglichen und abgeleiteten Merkmalen auf, und zwar in einer Kombination, die als „einzigartig“ beschrieben wurde.[13] Gleichwohl sei der Fuß zweifelsfrei angepasst an das aufrechte Gehen über lange Strecken.[14] Ernährung Anhand der Beschaffenheit der Zähne (zum Beispiel Größe, Zahnschmelz-Dicke) kann häufig rekonstruiert werden, auf welche Nahrung die Individuen einer fossilen Art spezialisiert waren: „Säugetiere, die vor allem Blätter und Gräser zu sich nehmen, haben schärfere und komplexere Backenzähne mit mehr Zahnhöckern und -kämmen. Damit können sie die Nahrung zerschneiden. Dagegen besitzen Arten, die ihre harte pflanzliche Nahrung zermahlen müssen, stumpfere Backenzähne.“[15] Forscher des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie verglichen daher die Backenzähne von Homo naledi mit denen von Australopithecus africanus und Paranthropus robustus und kamen zu den Ergebnis, dass Homo naledi Nahrung mit ähnlichen mechanischen Eigenschaften wie die beiden anderen Arten zu sich nahm; allerdings sind die Backenzähne von Homo naledi hochkroniger, größer und widerstandsfähiger gegen Abnutzung. Daraus wurde geschlossen, dass Homo naledi sich entweder häufig von Pflanzen ernährte, die besonders reich an harten Biomineralen waren oder aber beim Verzehr der Pflanzenkost zugleich – ähnlich wie heute lebende, grasfressende Antilopen – viel Staub und Sand zu sich nahmen. Diese Merkmale unterscheiden die Art zugleich von den frühen Vertretern der Gattung Homo, so dass argumentiert wurde, Homo naledi habe eine spezielle ökologische Nische besiedelt.[16] Fundumstände Die zumindest heute fast unzugängliche Fundstelle war offenbar nicht bewohnt. Die Gebeine aus der Dinaledi-Kammer waren, mit Ausnahme jener an der Oberfläche der Ablagerungen, anatomisch richtig angeordnet und zeigen auch keine Bissspuren, was ausschließt, dass die Knochen angespült oder die Körper von Raubtieren an die Fundstelle geschleift wurden. Daher spekulieren die Forscher, dass die Toten bewusst dort abgelegt worden sein könnten. Ungeklärt aber ist, wer – Individuen welcher Art – die Körper abgelegt hat; auch ist nicht auszuschließen, dass die Gruppe selbständig in die Kammer eindrang und dort zu Tode kam.[17] Das Ritual der Bestattung von Toten schreiben viele Wissenschaftler bislang lediglich dem anatomisch modernen Menschen (Homo sapiens) und dem Neandertaler (Homo neanderthalensis) zu. Einige Knochen weisen schwarze, tüpfelförmige Auflagerungen von Eisen-/Mangan-Oxyhydroxid auf, wie sie in der Fundregion auf Gestein regelmäßig infolge einer Besiedelung durch Flechten entstehen. Sollten diese Auflagerungen tatsächlich durch Flechtenbewuchs entstanden sein, würde dies auf zeitweisen Lichteinfall und somit auf einen zweiten, heute nicht mehr erkennbaren Eingang zur Höhle hinweisen.[18] Stammesgeschichtliche Einordnung Vergleich des naledi-Schädels DH1 (rechts) mit Schädeln früher Homo-Arten Unmittelbar nach Veröffentlichung der Erstbeschreibung von Homo naledi war die Zuweisung dieser Fossilien zu einer neuen, eigenständigen Art von mehreren Paläoanthropologen als voreilig kritisiert worden.[19] Solange ihr Alter nicht geklärt sei, hieß es, könne man diese Fossilien nicht sicher im Stammbaum der Hominini verorten. Der Schweizer Anthropologe Christoph Zollikofer wandte beispielsweise ein, dass einige der zur Definition herangezogenen ursprünglichen Merkmale auch bei anderen bereits bekannten frühen Arten vorkommen und daher ungeeignet seien, eine zusätzliche Art zu begründen. Tim White und William L. Jungers argumentierten, es könne sich bei den Funden beispielsweise um frühe südafrikanische Exemplare von Homo erectus handeln. Und Chris Stringer schrieb in einem Begleitartikel zur Erstbeschreibung: „Meiner Meinung nach ähnelt das Material am stärksten den kleinwüchsigen Individuen von Homo erectus aus Dmanissi in Georgien, die auf ein Alter von 1,8 Millionen Jahren datiert wurden.“[20] Der US-amerikanische Paläoanthropologe Jeffrey H. Schwartz hingegen wandte in Nature ein,[9] einzelne Fundstücke seien derart unterschiedlich, dass sie möglicherweise zu zwei Arten gehörten; in gleicher Weise äußerte sich der Brite Ian Tattersall gegenüber New Scientist.[21] Die im Jahr 2017 publizierte absolute Datierung (335.000 bis 236.000 Jahre vor heute) verortete die Funde schließlich in eine Epoche, in der in Afrika möglicherweise bereits sehr frühe anatomisch moderne Menschen existierten. Sollten die Datierungen korrekt sein, erweist sich Homo naledi folglich als Zeitgenosse des „archaischen“ Homo sapiens,[22] von dem er sich jedoch aufgrund seines sehr kleinen Gehirns ganz wesentlich unterscheidet. Homo naledi ist somit zugleich ein Beleg, dass – wie Homo floresiensis in Asien – auch in Afrika eine Variante der Gattung Homo hunderttausende Jahre lang trotz einer mit Australopithecus vergleichbaren Gehirngröße überleben konnte.[23][24] Bernard Wood verwies in diesem Zusammenhang auf die „modern“ anmutenden Hände und Füße von Homo naledi, sodass möglicherweise auch diese Homo-Variante – vergleichbar mit Homo floresiensis – ein zuvor bereits vergrößertes Gehirnvolumen wieder verringert habe.[25]


Naledi Homo Naledi Menschen  (ausgestorben)
Youtube: https://youtu.be/3FPBmg6zmeA
Author D. Selzer-McKenzie


Homo naledi
Homo naledi ist eine ausgestorbene Art der Gattung Homo. Die Art wurde im Jahr 2015 anhand von Fossilien aus der Rising-Star-Höhle (Südafrika) von einer Arbeitsgruppe um Lee Berger in die Fachliteratur eingeführt.[1] Die Höhle befindet sich in der „Wiege der Menschheit“, südwestlich von Swartkrans und knapp 50 Kilometer nordwestlich von Johannesburg.[2]
Insgesamt wurden im Jahr 2015 fossile Knochen und Zähne von mindestens 15 Individuen nachgewiesen, weswegen dieser Fund die bislang größte Ansammlung von Belegen für eine frühe Art der Hominini ist. Die Fossilien waren bereits seit November 2013 geborgen, aber zunächst keiner bestimmten Art zugeordnet worden.
Die Bezeichnung der Gattung Homo ist abgeleitet von lateinisch homo [ˈhɔmoː], dt. Mensch. Das Epitheton naledi ist ein Verweis auf den Fundort in der Rising-Star-Höhle: naledi (mit Betonung auf dem e) bedeutet in den Sotho-Tswana-Sprachen „Stern“. Homo naledi bedeutet somit sinngemäß „Mensch aus der Stern-Höhle“.
Erstbeschreibung
Als Holotypus von Homo naledi wurde eine Gruppe von Schädelknochen ausgewiesen, die als Dinaledi Hominin 1 (DH1) bezeichnet wird; zusätzlich wurden der Artdefinition als Paratypen die Schädelfragmente DH2, DH3, DH4 und DH5 sowie einige Langknochen – unter anderem der Oberschenkelknochen U.W. 101-1391 und das Schienbein U.W. 101-484 – beigegeben. Insgesamt umfasst der Fund 137 einzelne Zähne und 1.413 Knochen, von denen 737 in die Erstbeschreibung der Art einbezogen wurden.
Alle Fossilien von Homo naledi werden in der Sammlung des Evolutionary Studies Institute der University of the Witwatersrand in Johannesburg aufbewahrt.


Der Schädel LES1 (Original)
Bereits im Jahr 2013 waren rund 100 Meter entfernt von der Dinaledi-Kammer in einer zweiten Kammer – genannt Lesedi-Kammer – weitere Fossilien gefunden worden, die im Jahr 2017 ebenfalls Homo naledi zugeordnet wurden.[3][4] Es handelt sich dabei um die Überreste von mindestens drei Individuen (zwei Erwachsene und ein Kind), darunter der zerbrochene, gleichwohl gut erhaltene Schädel LES1 eines Erwachsenen, dessen Innenvolumen der Rekonstruktion zufolge 610 cm³ betragen hat; ihm wurde der Spitzname Neo („Geschenk“ in Setswana) gegeben. Weitere Funde sind u. a. ein bezahnter Unterkiefer, diverse Wirbel, ein Oberschenkelknochen sowie Knochenfragmente aus dem Bereich der Schultern und der Arme.
Datierung
Eine absolute Datierung der Funde bzw. des sie umgebenden Gesteins war zum Zeitpunkt der Erstbeschreibung noch nicht durchgeführt worden. Stattdessen wurde aus anatomischen Merkmalen abgeleitet, dass ein Alter von bis zu 2,5 Millionen Jahren denkbar sei.[5] Ein detaillierter Vergleich der Merkmale von Homo naledi mit anderen, sicher datierten homininen Fossilien ergab 2016 jedoch ein „höchstwahrscheinliches“ Alter von nur 912.000 Jahren.[6]
Eine Uran-Thorium-Datierung sowie zusätzliche paläomagnetische Analysen wurden im Jahr 2017 schließlich dahingehend interpretiert, dass die Fossilien 335.000 bis 236.000 Jahre alt sind.[7]
Merkmale
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/8/8a/Homo_naledi_reconstruction_of_the_endocranium.jpg/220px-Homo_naledi_reconstruction_of_the_endocranium.jpg
Computergestützte Rekonstruktion der Schädeldecke anhand der Funde DH3 und DH4
Die durchschnittliche Körpergröße von Homo naledi betrug ca. 1,50 Meter, das Gewicht 40 bis 55 kg.[8][9]
In der Erstbeschreibung aus dem Jahr 2015 heißt es, charakteristisch für die Art seien zum einen ein sehr kleines Schädel-Innenvolumen von nur 560 cm³, was vergleichbar ist mit den bei Australopithecus üblichen Dimensionen (zum Vergleich: Schimpanse ca. 400 cm³, Mensch ca. 1400 cm³); zum anderen ein Körper, dessen Proportionen unterhalb des Kopfes vergleichbar seien mit kleinwüchsigen Populationen der Gattung Homo. Die morphologischen Merkmale des Schädels seien zwar einzigartig, jedoch am ehesten vergleichbar mit Funden der frühen Homo-Arten Homo rudolfensis, Homo habilis und Homo erectus. 2018 wurden ergänzend Befunde anhand eines digital erstellten „Schädelausgusses“ veröffentlicht, denen zufolge die Gehirnoberfläche sowohl gemeinsame ursprüngliche Merkmale von Australopithecinen und nichtmenschlichen Menschenaffen aufweist als auch abgeleitete („moderne“) Merkmale, die für die Gattung Homo charakteristisch sind.[10]
Die Bezahnung (insbesondere die großen Backenzähne) wurde in der Erstbeschreibung als „ursprünglich“ bezeichnet, jedoch seien die Schneidezähne und die Eckzähne im Vergleich mit Homo rudolfensis, Homo habilis und Homo erectus relativ klein. Im Kontrast zu diesen „modernen“ Merkmalen weisen der Brustkorb, die Schulter, das Becken[11] und das zum Kniegelenk gerichtete Ende des Oberschenkelknochens „ursprüngliche“ Merkmale auf, wie sie zum Beispiel bei Australopithecus afarensis und Australopithecus africanus vorkommen. Hand und Handgelenk weisen den Analysen der Forscher zufolge im Vergleich zu älteren Fossilien der Hominini zwar Veränderungen auf, die als „dem Menschen ähnliche Anpassungen“ interpretiert wurden. In einer im Oktober 2015 publizierten Studie wurde dann aber zusätzlich darauf verwiesen, dass die Fingerknochen länger und stärker gebogen sind als bei den meisten Funden von Australopithecus und dass die Daumenknochen verbreitert sind, was auf häufiges Klettern hinweist. Zugleich wurde aus der Anordnung der Handknochen gefolgert, dass Homo naledi zum Präzisionsgriff befähigt war und daher möglicherweise auch Steingerät herstellen und nutzen konnte;[12] Steingerät wurde aber bislang nicht im Zusammenhang mit den zu dieser Art gestellten Fossilien gefunden.
Auch Bein und Fuß weisen den Analysen zufolge eine Mischung aus ursprünglichen und abgeleiteten Merkmalen auf, und zwar in einer Kombination, die als „einzigartig“ beschrieben wurde.[13] Gleichwohl sei der Fuß zweifelsfrei angepasst an das aufrechte Gehen über lange Strecken.[14]
Ernährung
Anhand der Beschaffenheit der Zähne (zum Beispiel Größe, Zahnschmelz-Dicke) kann häufig rekonstruiert werden, auf welche Nahrung die Individuen einer fossilen Art spezialisiert waren: „Säugetiere, die vor allem Blätter und Gräser zu sich nehmen, haben schärfere und komplexere Backenzähne mit mehr Zahnhöckern und -kämmen. Damit können sie die Nahrung zerschneiden. Dagegen besitzen Arten, die ihre harte pflanzliche Nahrung zermahlen müssen, stumpfere Backenzähne.“[15] Forscher des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie verglichen daher die Backenzähne von Homo naledi mit denen von Australopithecus africanus und Paranthropus robustus und kamen zu den Ergebnis, dass Homo naledi Nahrung mit ähnlichen mechanischen Eigenschaften wie die beiden anderen Arten zu sich nahm; allerdings sind die Backenzähne von Homo naledi hochkroniger, größer und widerstandsfähiger gegen Abnutzung. Daraus wurde geschlossen, dass Homo naledi sich entweder häufig von Pflanzen ernährte, die besonders reich an harten Biomineralen waren oder aber beim Verzehr der Pflanzenkost zugleich – ähnlich wie heute lebende, grasfressende Antilopen – viel Staub und Sand zu sich nahmen. Diese Merkmale unterscheiden die Art zugleich von den frühen Vertretern der Gattung Homo, so dass argumentiert wurde, Homo naledi habe eine spezielle ökologische Nische besiedelt.[16]
Fundumstände
Die zumindest heute fast unzugängliche Fundstelle war offenbar nicht bewohnt. Die Gebeine aus der Dinaledi-Kammer waren, mit Ausnahme jener an der Oberfläche der Ablagerungen, anatomisch richtig angeordnet und zeigen auch keine Bissspuren, was ausschließt, dass die Knochen angespült oder die Körper von Raubtieren an die Fundstelle geschleift wurden. Daher spekulieren die Forscher, dass die Toten bewusst dort abgelegt worden sein könnten. Ungeklärt aber ist, wer – Individuen welcher Art – die Körper abgelegt hat; auch ist nicht auszuschließen, dass die Gruppe selbständig in die Kammer eindrang und dort zu Tode kam.[17] Das Ritual der Bestattung von Toten schreiben viele Wissenschaftler bislang lediglich dem anatomisch modernen Menschen (Homo sapiens) und dem Neandertaler (Homo neanderthalensis) zu.
Einige Knochen weisen schwarze, tüpfelförmige Auflagerungen von Eisen-/Mangan-Oxyhydroxid auf, wie sie in der Fundregion auf Gestein regelmäßig infolge einer Besiedelung durch Flechten entstehen. Sollten diese Auflagerungen tatsächlich durch Flechtenbewuchs entstanden sein, würde dies auf zeitweisen Lichteinfall und somit auf einen zweiten, heute nicht mehr erkennbaren Eingang zur Höhle hinweisen.[18]
Stammesgeschichtliche Einordnung
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/7/78/Comparison_of_skull_features_of_Homo_naledi_and_other_early_human_species.jpg/220px-Comparison_of_skull_features_of_Homo_naledi_and_other_early_human_species.jpg
Vergleich des naledi-Schädels DH1 (rechts) mit Schädeln früher Homo-Arten
Unmittelbar nach Veröffentlichung der Erstbeschreibung von Homo naledi war die Zuweisung dieser Fossilien zu einer neuen, eigenständigen Art von mehreren Paläoanthropologen als voreilig kritisiert worden.[19] Solange ihr Alter nicht geklärt sei, hieß es, könne man diese Fossilien nicht sicher im Stammbaum der Hominini verorten. Der Schweizer Anthropologe Christoph Zollikofer wandte beispielsweise ein, dass einige der zur Definition herangezogenen ursprünglichen Merkmale auch bei anderen bereits bekannten frühen Arten vorkommen und daher ungeeignet seien, eine zusätzliche Art zu begründen. Tim White und William L. Jungers argumentierten, es könne sich bei den Funden beispielsweise um frühe südafrikanische Exemplare von Homo erectus handeln. Und Chris Stringer schrieb in einem Begleitartikel zur Erstbeschreibung: „Meiner Meinung nach ähnelt das Material am stärksten den kleinwüchsigen Individuen von Homo erectus aus Dmanissi in Georgien, die auf ein Alter von 1,8 Millionen Jahren datiert wurden.“[20]
Der US-amerikanische Paläoanthropologe Jeffrey H. Schwartz hingegen wandte in Nature ein,[9] einzelne Fundstücke seien derart unterschiedlich, dass sie möglicherweise zu zwei Arten gehörten; in gleicher Weise äußerte sich der Brite Ian Tattersall gegenüber New Scientist.[21]
Die im Jahr 2017 publizierte absolute Datierung (335.000 bis 236.000 Jahre vor heute) verortete die Funde schließlich in eine Epoche, in der in Afrika möglicherweise bereits sehr frühe anatomisch moderne Menschen existierten. Sollten die Datierungen korrekt sein, erweist sich Homo naledi folglich als Zeitgenosse des „archaischen“ Homo sapiens,[22] von dem er sich jedoch aufgrund seines sehr kleinen Gehirns ganz wesentlich unterscheidet. Homo naledi ist somit zugleich ein Beleg, dass – wie Homo floresiensis in Asien – auch in Afrika eine Variante der Gattung Homo hunderttausende Jahre lang trotz einer mit Australopithecus vergleichbaren Gehirngröße überleben konnte.[23][24] Bernard Wood verwies in diesem Zusammenhang auf die „modern“ anmutenden Hände und Füße von Homo naledi, sodass möglicherweise auch diese Homo-Variante – vergleichbar mit Homo floresiensis – ein zuvor bereits vergrößertes Gehirnvolumen wieder verringert habe.[25]


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.