Sonntag, 25. Oktober 2009

Potosi Bolivia – von SelMcKenzie Selzer-McKenzie

Potosi – die einst reichste Stadt der Welt in Bolivien
Author D.Selzer-McKenzie
Video:
http://www.youtube.com/watch?v=Q_G1rkEv1zk

Der Author Selzer-McKenzie war kürzlich in Potosi in Bolivien, eine Stadt, die heute keine Bedeutung mehr hat, aber einst die reichste Stadt der Welt war. Die Filmbilder stammen deshalb aus Potosi der 50er Jahre
Potosí (Quechua P'utuqsi "Lärm") ist eine Stadt im südlichen Zentral-Bolivien. Sie ist die Hauptstadt des gleichnamigen Departamentos und hat 164.600 Einwohner[2]. Sie liegt am Fuß des Berges Cerro Rico, dessen Silberreichtum Potosí im frühen 17. Jahrhundert zu einer der größten Städte der Welt machte und von dessen Silber- und Zinnvorkommen die Stadt noch heute abhängig ist.
Potosí liegt zwischen 3.976 m und 4.070 m Seehöhe auf der Hochebene des Altiplano, in einer kargen, steppenhaften Gegend. Die Stadt gilt als die höchstgelegene Großstadt der Welt. Das Klima ist den so genannten Kalttropen zuzurechnen: Die Temperaturunterschiede zwischen den Jahreszeiten sind wegen der hohen Lage und dem trockenen Klima deutlich geringer als die zwischen Tag und Nacht (normalerweise zwischen 15 °C und 25 °C Unterschied), man findet also meist angenehm warme Tagestemperaturen, in der Nacht aber Werte, die selbst im Sommer um den Nullpunkt liegen. Potosí hat eine markante Regenzeit im Sommer, während der Wintermonate herrscht dagegen oft Wassermangel.
Schon die Inka hatten am Cerro Rico Silber fördern lassen. Egas de Guzmán errichtet 1533 eine blutige Tyrannei am Cerro Rico. Am 10. April 1545 als Bergbausiedlung gegründet, erreicht es bald eine sagenhafte Blüte. Schon 1553 wird es deshalb zur Villa Imperial, zur Reichsstadt. Es war die Hauptquelle des spanischen Silbers mit bedeutender Münzprägung (heute noch ist die Casa de la Moneda zu besichtigen). Mit dem Bau der Casa Real de la Moneda, der königlichen Münze, wurde 1572 begonnen. Die spanischen Kolonisatoren holten riesige Edelmetallmengen aus der Mine, die sie in die ganze Welt verschifften. Als Konsequenz des vergrößerten Angebots kam es zu einer deutlichen Verringerung des Silberwerts unter anderem in China und Europa. Diese ging als „Preisrevolution“, bzw. als Silber-Inflation des 16. Jahrhunderts in die Geschichte ein. Die Beobachtung von sinkenden Geldwerten führte zur wichtigen inflationstheoretischen Entwicklung der Quantitätstheorie des Geldes, die noch heute eine wichtige Rolle in den Überlegungen der Geldpolitik spielt.


Detail aus einer um 1715 entstandenen Südamerikakarte von Herman Moll
Der Reichtum der Mine spülte ungeheure Menschenmassen in die unwirtliche Hochgebirgssteppe um den Cerro Rico. Gegen 1611 ist Potosí mit 120.000 bis 150.000 Einwohnern zu einer der größten Städte der Welt aufgestiegen, obwohl nur ca. 13.500 Menschen unter Tage Silber fördern. Denn da in der kargen, kalten, feuchten Umgebung der Puna auf 4.000 m über dem Meeresspiegel keine Landwirtschaft möglich ist und eine relativ kaufkräftige große Einwohnerzahl versorgt werden musste, entstand eine völlig andersartige Sozialstruktur: Der größte Teil der Bevölkerung beschäftigte sich mit dem Heranschaffen und Handeln von Lebensmitteln und anderen Gütern, wie Bau- und Brennholz, Schwarzpulver, Coca und dem Abtransport des Silbers auf weite Distanzen.
Während des Unabhängigkeitskrieges 1809 bis 1825 gelangte Potosí mal in die Hände der Kolonialarmee, mal in die Hände der patriotischen Befreiungsarmee. Schwere Fehler der Ersten Argentinischen Unterstützungsarmee unter dem Kommando von Juan José Castelli bewirkten ein rückläufiges Verständnis für die Notwendigkeit der Unabhängigkeit und förderten Ressentiments gegen die Argentinier. Während dieser Besetzung griffen Chaos und Gewaltexzesse um sich, so dass die Zustände in Potosí so verworren wurden, dass die Stadt nicht mehr zu verteidigen war.
Als die Zweite Unterstützungsarmee eintraf, wurde sie gut empfangen und ihr Kommandant Manuel Belgrano unternahm einiges, um die Wunden zu heilen, die das tyrannische Verhalten Castellis hervorgerufen hatte. Als die Armee gezwungen war sich zurückzuziehen, traf Belgrano die kalkulierte Entscheidung, die Casa de la Moneda zu sprengen. Die Ablehnung der örtlichen Verantwortlichen, die Casa de la Moneda zu evakuieren, hätte viele Verletzte zur Folge gehabt, aber die Zündschnur war bereits entzündet. Die Katastrophe wurde nicht durch die Argentinier abgewendet, die bereits auf der Flucht waren, sondern durch örtliche Kräfte, die die Zündschnur löschten. Mit einem Schlag waren die freundlichen Beziehungen, die Belgrano mühsam aufgebaut hatte, wieder zerstört. Zwei oder mehr Expeditionen der Argentinier waren nötig, um von Potosí wieder Besitz zu ergreifen.
Obwohl die mexikanischen Silbervorkommen 1548 in Guanajuato, 1549 in Taxco, 1551 in Pachuca, 1555 in Sombrerete, 1563 in Durango, 1569 in Fresnillo und 1600 in Zacatecas zusammen mehr als Potosí förderten, konnten sie sich nicht mit der größten Silbermine des Spanischen Reichs Potosí messen.
Potosí war jahrhundertelang ein Synonym für Reichtum. Im Spanischen gibt es immer noch die Redensart vale un Potosí für: „Es ist ein Vermögen wert“. Diese Redensart wird sogar von "Don Quijote de la Mancha" in Miguel de Cervantes' gleichnamigen Buch verwendet.
Nach 1800 erschöpfte sich das Silber allmählich, stattdessen wurde Zinn das Hauptprodukt. Dies führte zu einem langsamen wirtschaftlichen Niedergang, der so gut wie das ganze Land erfasste. Doch noch heute schuften die mineros, die Bergleute unter haarsträubenden Sicherheits- und Umweltbedingungen Silber und Zinn in Genossenschaften.
Die indianischen Zwangsarbeiter, die vielfach nicht aus dem Hochgebirge stammten, kamen zu Tausenden in den Minen zu Tode. Sie wurden trotz der dünnen Luft des Hochgebirges zu Höchstleistungen unter riskanten Bedingungen angetrieben. Der Verlust von Menschenleben wurde nicht unbedingt von der Krone und vom Vizekönig, aber von der spanischen Bürokratie, die die jährlichen Fördermengen und Ablieferungen nach Sevilla zu leisten hatte, in Kauf genommen. Wie hoch die menschlichen Verluste tatsächlich waren, ist ein in der Wissenschaft umstrittenes Thema, denn weder die Zahlen der indigenen Bevölkerung vor, noch bei Eroberungsbeginn sind bekannt. Nicolás Sánchez Albornoz und Ruggiero Romano weisen daher auf starke Schwankungen bei den Berechnungen des demografischen Rückgangs hin. Im Rahmen dieser Diskussion entwickelte sich die so genannte leyenda negra über viele Millionen toter Minenarbeiter. So veranschlagt Eduardo Galeano "8 Mio. Leichen von Indianern" als die Kosten des Silberbergbaus... Der spanische Versuch, schwarze Sklaven einzuführen, scheiterte an der sauerstoffarmen Höhenluft. Die meisten starben, bevor sie unter Tage eingesetzt wurden. Der Vizekönig von Perú Graf Lemos schrieb 1699 nach einem Besuch des Bergwerks an den Indienrat: "Nach Spanien wird nicht Silber, sondern Indianerblut und Indianerschweiß verschifft". 1719 raffte der Typhus allein in Potosí 22.000 Menschen in 10 Monaten dahin.
1952 wurde der Bergbau während der Regierungszeit des Movimiemto Nacionalista Revolucionario (Movimiento Libre) MNR von Víctor Paz Estenssoro verstaatlicht und die Corporación Minera de Bolivia gegründet.
Die Spekulation und ihre Folgen [Bearbeiten]
Die Silberspekulation der Brüder Herbert Hunt und Nelson Bunker Hunt führte im Jahre 1980 zu einem dramatischen Preissturz für Silber. Zahllose Bergleute in Potosí und anderen Silberbergwerken wurden über Nacht arbeitslos. Auch der ohnehin hochverschuldete bolivianische Staat konnte unter dem Druck des IWF und der Weltbank nichts Wesentliches zur Entschärfung beitragen. 1985 übernahmen 45 Kooperativen die Schürfrechte im Cerro Rico. Noch 1989 betrug die Kindersterblichkeitsrate bis zum 5. Lebensjahr 135 pro 1.000, die Analphabetenquote 30 %, erhielten nur 48 % ihr Trinkwasser aus einer Wasserleitung (obwohl in der kargen Höhe von Potosí Brunnen und Quellen eine Seltenheit sind), verfügten 38 % über Elektrizität! Durch den stark rückläufigen Bergbau sind die ursprünglich für seinen Transport gebauten Bolivianischen Eisenbahnen, die von der Puna an die chilenische Küste führten, unrentabel geworden. Der Staat verkaufte auch sie an Privatunternehmen, die sie nach vergeblichen Sanierungsversuchen nach und nach stilllegten.
Die Bevölkerungszahl der Stadt Potosí ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten um etwa 45 % angestiegen. Sie betrug 112.291 Einwohner bei der Volkszählung 1992[3], dann 132.966 Einwohnern bei der Volkszählung 2001[4] und inzwischen 164.600 Einwohner (Schätzung 2009)[5].
Aufgrund der historisch gewachsenen Bevölkerungsverteilung weist die Region einen hohen Anteil an Quechua-Bevölkerung auf, im Municipio Potosí sprechen 75,4 % der Bevölkerung die Quechua-Sprach
Das Zentrum von Potosí ist durchgehend im Kolonialstil gehalten und stammt fast vollständig aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Die Bauten, die zu den aufwändigsten und prächtigsten der Welt zählen, werden nach wie vor gut instand gehalten und sind eine der größten Touristenattraktionen der Stadt. Die bekanntesten sind das Kloster Santa Teresa, die Kathedrale an der zentralen Plaza 10 de Noviembre, und die Casa de la Moneda (das Königliche Schatzhaus), die auch ein Museum beherbergt. Weiterhin sehenswert sind die barocken Kirchen, unter anderem La Compañía, San Francisco, San Lorenzo und San Martín.
Seit 1987 sind die kolonialen Bauten Potosís Teil des UNESCO-Liste des Weltkulturerbe. Dazu gehören auch die alten Industriebauten, insbesondere die Anlagen der Wasserhaltung, und die Arbeiterquartiere der barrios mitayos.
Die Peripherie der Stadt, insbesondere die nahe dem Cerro Rico gelegenen Viertel, ist dagegen ärmlich und uniform von der Adobe-Bauweise geprägt. Wirkliche Elendsviertel gibt es jedoch keine.
Erwähnenswert ist der in der Stadt gelegene 'Mercado de los Mineros', der Markt der Minenarbeiter. Dort kann ein jeder hochexplosiven Sprengstoff ebenso wie 96-prozentigen Alkohol erwerben. Er gilt als der einzige öffentliche Markt der Welt, an dem man legal Dynamit kaufen kann.[7]
Ebenfalls sehenswert: Die unweit der Stadt gelegenen heißen Quellen an der Vulkanlagune in Tarapaya, auch "el ojo del Inca" - das Inkaauge - genannt.
Der Haupteinkommenszweig von Potosí ist weiterhin der Bergbau am Cerro Rico. Abgebaut werden hauptsächlich Zinn, Kupfer und Silber. Berüchtigt sind nach wie vor die Arbeitsbedingungen in den Minen, die sich auf einem niedrigen Technologie- und Sicherheitsniveau befinden und nicht selten zu schweren Gesundheitsschäden (z. B. Staublunge) bei den Arbeitern führen. Noch heute sterben viele Bergarbeiter (span. Minero) an Staublunge und Unfällen, zum Beispiel durch Explosionen. Nur die wenigsten Arbeiter besitzen eine Gasmaske oder sonst irgendeine Art von Schutzkleidung. Die Bergarbeiter und Führer durch die Minen berichten davon, dass sehr wenige Mineros mehr als 10 Jahre regelmäßig in den Minen arbeiten können und deren Lebenserwartung in etwa 45-50 Jahre beträgt.
Von lokalen Tourismusorganisationen begleitet, können Touristen an Minenführungen teilnehmen. Dort werden die extrem harten und unmenschlichen Arbeitsbedingungen der Minenarbeiter sichtbar. Ein Teil der Kosten für die Minenbesichtigung kommt direkt den Minenarbeitern zugute. Es bleibt jedoch ein schmaler Grat zwischen Sensationstourismus und Generosität. Obwohl Kinderarbeit in Bolivien offiziell verboten ist, arbeiten in der Mine noch heute angeblich einige tausend Kinder. Die Notwendigkeit der Kinderarbeit habe hier Priorität vor dem Gesetz. Auch vor Touristen wird die Kinderarbeit in keiner Weise vertuscht, im Gegenteil.
Neben dem Bergbau gibt es in der Stadt etwas Industrie (Metallverarbeitung, Textilindustrie) sowie Dienstleistungsgewerbe. Auf dem aufsteigenden Ast ist der Tourismus, da nicht nur die Minen und die Bauwerke im Zentrum, sondern auch mehrere Berge in der Umgebung sowie Thermalquellen für Besucher attraktiv sind. Dennoch gilt Potosí nach wie vor nicht als Boomtown, sondern eher als relativ arme Stadt in Bolivien.
Potosí besitzt trotz seiner relativ geringen Größe ein reges Kultur- und Nachtleben, es hat mehrere Theater und Kunstgalerien sowie eine beachtliche Anzahl von Diskotheken, Folklore-Peñas und Pubs. Weiterhin besitzt Potosí eine Universität, die auch ein Museum beherbergt.
Potosí ist Schnittpunkt der überregionalen Fernstraßen Ruta 1 und Ruta 5, die als Nebenrouten des Panamericana-Netzwerks die Stadt mit Tupiza, Tarija, Villazón und der Grenze zu Argentinien im Süden sowie mit Sucre und La Paz im Norden verbinden. Busverbindungen gibt es in alle wichtigen Großstädte Boliviens sowie in den vor allem von ausländischen Touristen besuchten Ferienort Uyuni.
Die Bahnlinie von Oruro nach Sucre führt über Potosí. Nach Sucre besteht seit 2006 drei Mal pro Woche eine Passagierverbindung mit einem Ferrobus. Die Verbindung wird jedoch ausschließlich von Anwohnern der Bahnlinie genutzt und ist ansonsten kaum bekannt. Die Bahnlinie ins Altiplano nach Oruro wird ausschließlich für Güter verwendet.
Einen Flughafen ohne Passagierbetrieb besitzt Potosí ebenfalls, der nächstgelegene öffentliche Flughafen ist der von Sucre (175 Kilometer nördlich).

Potosi Bolivia – von SelMcKenzie Selzer-McKenzie

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