Salla Finland Reise Travel Natur SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Author D.Selzer-McKenzie
Winter in Lappland ist wie Sommer in Afrika: Abends am Lagerfeuer erzählt man sich Geschichten. Nicht in T-Shirt und Sandalen bei lauen 20 Grad, sondern in Daunenjacke und Wollstrümpfen bei minus 17 Grad. Man trinkt keinen Gin Tonic bei Sonnenuntergang, sondern wartet auf das mystische Nordlicht und schlürft dampfenden Tee. Die Sterne sind schon angeknipst und im Feuer gart frischer Lachs.
Die Geschichten handeln nicht von Löwen und wilden Büffelherden, sondern von Rentieren und Vielfraßen. Sie sind nicht blutrünstig, sondern lustig. Die von Rentier Kössi zum Beispiel: Kössi war so oft mit dem Guide vom Rentierpark unterwegs, dass er später eigenmächtig Touristen auflauerte, um sie von Info-Tafel zu Info-Tafel zu führen. Und er wartete immer darauf, bis jeder die Erklärungen zu Ende gelesen hatte. „Wir haben damals überlegt, ob wir Kössi als Guide anstellen sollen", lacht Paula Aspholm-Heimonen und wirft ein weiteres Holz-
scheit ins Feuer, dass die Funken sprühen. Die wikingergroße Finnin mit braunen Augen und dunklen Haaren hat lange als Wildnisexpertin gearbeitet und ist Mitinhaberin des Rentierparks in Salla — mitten im lappländischen Nirgendwo - zwischen Rovaniemi und der russischen Grenze.
NorUchtinkusiveinklusive
Urlauber können hier unverfälschte Wildnis buchen. Eine Nacht in einer Hütte am zugefrorenen See, kaltes Plumpsklo und heiße Sauna inklusive. Nordlicht ist im Preis inbegriffen, aber nicht garantiert. An diesem Abend sieht es nicht mehr nach einer spektakulären Lightshow aus, sodass wir uns nach der Sauna getrost in die Schlafsäcke kuscheln. Es ist ganz still in der kleinen Schutzhütte im Wald. Nur Paulas Hund schnarcht leise. Die Glut im Ofen knistert und knabbert das letzte Stück Holz auf. Die nächsten Nachbarn dürften wohl Bären, Luchse und
Wölfe sein, womöglich ein Polarfuchs. D wurde 1906 gesehen. Aber im Varrio-Stric reservat — nachbarschaftliche 200 Kilomet nördlich - tappte im vergangenen Jahr ein Kamerafalle der Forscher.
In der Provinz Salla wohnen mehr Tiere sehen. 4300 Einwohner und allein 10.000 leben auf einer Fläche, die mehr als dc groß ist wie das Saarland. Im Ort Salla drei Supermärkte, eine Handvoll Läden t Kirche, deren spitzer Glockenturm neb Gebäude steht und aussieht, als hätte den Rest verschluckt. Die meisten Urlauber turverbundene Landsleute, die den Trubel ßeren Skizentren nicht mögen. Sie wohnen der modernen Ferienwohnungen am Sk wollen Ruhe und Natur genießen beim S (es gibt fünf Lifte), Langlaufen oder Schm wandern. Der größte Stolz Sallas liegt im P museum in Helsinki unter Verschluss: Der r
h älteste Ski der Welt! 1939 fand ein Bauer bei trkelä das über 5000 Jahre alte Stück, als er ein Sues Feld pflügte.
e russische Grenze ist nur eine Schlittenfahrt entrnt. Die Finnen haben hier in drei Kriegen gegen ie Russen gekämpft. Ein paar Denkmäler erinnern aran. Seit die Grenze 2002 mit Visum passierbar ;eworden ist, reisen zu Weihnachten reiche Russen .us Murmansk zum Skifahren und Shoppen an. Und in der Nacht kommen manchmal Wölfe zum Untier-Dinner", sagt Paula, — ohne Visum: Sie gra1 Löcher unter die Zäune und verschwinden nach r Mahlzeit wieder in ihre Heimat Drüben in der Kilometer entfernten Militärstadt Alakurtti ist es
vor 50 Jahren. Große Armut, verfallene Häuser.
meisten Einheimischen fahren nur zum Tanken
die andere Seite, Benzin kostet dort halb so viel.
die Landschaft gleicht sich und die Luft ist
,uso trocken — sodass ein Schneeball in den Lnden sofort wieder zerbröselt.
Glatteis gibt' hier nicht
Die Trockenheit ist auch der Grund, warum man hier kein Glatteis kennt und warum man trotz Kälte nicht friert, warme Kleidung einmal vorausgesetzt. Bei minus 35 Grad stopft Paula ihre Schuhe aus Rentierfell mit Heu aus und schlüpft mit nackten Füßen hinein, so wie die samischen Ureinwohner es tun, die weiter nördlich leben. Als Nordfinnin kann sie sich auch für Kaamo begeistern. So heißt die eine Woche im Januar, in der. die Sonne gar nicht aufgeht. „Das hat so etwas Gemütliches", schwärmt sie. Dabei wird es draußen nie so richtig dunkel, weil der Schnee das Restlicht reflektiert
Dieses sowjetische Grabdenkmal steht
im russischen Alakurtti an der Grenze zu Salla.
Es knirscht unter den Hufen der Rentiere, als wir am Nachmittag in einer Schlitten-Kolonne durch den verschneiten Wald zuckeln. „Haltet die Leine locker, aber lasst niemals los. Andernfalls prescht euer Rentier vielleicht in den Wald, ohne dass ihr es wollt", meint Upi, der Guide. Er trägt Hemd und Hose aus Rentierleder und eine Fuchsfellmütze. Zugtier Kaapo trabt brav hinter seinem Vorgänger her. Er hat das mächtigste Geweih von allen: Einen halben Meter lang ragen die Äste aus seinem Kopf. Daran baumeln blutige Fellfetzen wie eine misslungene Weihnachtsdekoration. „Es ist sehr empfindlich", sagt Upi. Im Sommer laufen feine Adern durch das Geweih, später verhornt es. Bei Kaapo
dauert das etwas länger, weil er kastriert ist Plö liegt die Leine doch im Schnee. Kaapo flüchte nicht in den Wald, sondern hält an und lässt Ladung Kötel fallen. Noch mal Glück gehabt! Rentier hat eben seinen eigenen Charakter
ar en „ skrista ie!
Am nächsten Tag hat irgendjemand die Sonr dimmt. Sie schimmert wie hinter einer D glasscheibe. Wir düsen mit dem Schneescoob „Winterwunderland". Jedes Jahr bekomme Bäume auf dem Ruuhitunturi-Fjell Besuct Milliarden Eiskristallen. Die nadelgroßen Gäsi cken sich auf die Stämme, die Äste und hänget an jede Tannennadel. Mutter Fichte sieht m Last aus wie eine schwangere Tropfkerze. Ihre 1 barin hat sich in eine Trollfrau mit Pudelmüt2 wandelt, eine andere in einen Husky. Wenn ma lang genug hinsieht, findet man sicher irge auch einen Kaapo oder Kössi.
„Als Kinder haben wir immer gewetteifert, ww meisten Tierformen entdeckt", sagt Paula. dann erzählt sie noch die Geschichte vom eifei tigen Rentier Lordi. Es wurde am Tag gebon die finnische Rockband den Eurovision Song test gewann und bekam deren Namen. Pau das Tier mit der Nuckelflasche auf. Später h sich für einen Menschen und bewachte Paul seiner weiblichen Artgenossen. Lordi schob sie mer dazwischen, sobald sich ihr ein Mann n' Irgendwann merkt man, dass man in Finnlo Tiergeschichten gar keinen Sternenhimm( kein Lagerfeuer braucht. Paula könnte so de zen Tag weitererzählen... ^ Monika
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