Kaisertal Tirol Österreich Reise Travel SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Ein Reisebericht von D.Selzer-McKenzie
Ein bisschen Kondition ist für den Aufstieg auf gut ausgebauten Treppenstufen nötig. Es sind mehr als 280 zu erklimmen, um ins Kaisertal in Öster¬reich zu kommen. Das lang gezogene Tal erstreckt sich zwischen dem Wilden und Zahmen Kaiser mit schroffen Felsen, blühenden Almwiesen und Almen. Gibt es eine bessere Kulisse zum Wandern?
Bis 2008 war das Kaisertal das letzte bewohnte Bergtal ohne Straße zur Außenwelt. Durch den aus¬gebauten Tunnel werden heute die Almen, Berg¬gaststätten und Hütten mit Material versorgt. Weil die Straße nicht für den öffentlichen Verkehr zu¬gelassen ist, kann sich das Kaisertal seinen ur¬sprünglichen Charakter und Charme bewahren.
Haus, das auch Hinterbärenbad genannt wird. Am Wegesrand erinnert ein Gedenkstein mit vielen Tafeln an Bergsteiger, die beim Klettern in den umliegenden Bergen abgestürzt sind.
Jetzt können wir uns entscheiden, denn zum Hans-Berger-Haus gelangen Wanderer auf zwei Wegen. Eine Variante ist der Forstweg: Der ist einfacher, aber länger. Die andere Möglichkeit geht mittel¬prächtig ansteigend durch den Wald. Bald schim¬mert das Haus durch die Bäume — wir sind am Ziel. Fast drei Stunden hat die Tour gedauert.
Das neu gestaltete Hans-Berger-Naturfreundehaus
strahlt Wohlfühlatmosphäre aus. Bei Sonnenschein
zieht die große Terrasse mit bunten Sonnen
Die Hüttenwirtin wandert anschließend über den Scharlinger Boden wieder zurück. Der Scharlinger Boden im hintersten Kaisertal ist ein verwunschener Ort. Hinter dem Brunnen gibt es eine geheime Schatzhöhle, die sich laut Legende nur einmal im Jahr, am Tag der Fronleichnamsprozession öff¬net. Dann dürfen gute Menschen, die unverschuldet in Not geraten sind, in die Höhle und mitnehmen, was sie zum Überleben brauchen. Wer allerdings aus purer Habgier in die Schatzhöhle eindringt, wird von wilden Teufeln verfolgt.
Die Speisekarte an der Hauswand der Hans-Berger
Hütte ist verführerisch. Die berühmten Spinatknödel
von Silvia, Mastochsenbraten mit Rotweinsauce und
h
1 Los geht es vom großen Parkplatz in Ebbs bei Kufstein. An die Stufen schließt sich ein steiler Anstieg bis zur Neapelbank an. Darm kann man verschnaufen und auf Kufstein blicken. Wer es bis hierhin schafft, hat die Wanderung eigentlich schon in der Tasche. Der Rest der Strecke zieht fast eben dahin, gemütliches Wandern. Nach ein paar Schritten taucht der Veiten Hof auf. Er ist der älteste Gasthof im Kaisertal. Einen Steinwurf weiter stre¬cken müde Wanderer im Pfandlhof oder Berghof Enzian ihre Beine während ihrer Rast aus.
Trinkpause auf Holzbänken
3 Auf den Wiesen wird das Heu noch ganz traditionell
mit einem Holzrechen zum Trocknen gewendet. Weil sie so steil sind, können sie nur mit der Sense gemäht werden. Oberhalb der tiefen Schlucht des Sparchenbachs folgen wir dem Höhenweg im schat-tigen Wald bis zum Anton Karg Gartl. Dort laden Holzbänke zur Trinkpause ein. Anton Karg war im 19. Jahrhundert Bürgermeister der Stadt Kufstein und begeisterter Bergsteiger. Ihm hat das Kaisertal die Wanderwege zu verdanken.
Weiter geht's. Vorbei an der kleinen Hörfarterkapelle
führt der Weg zur Alpenvereinshütte Anton-Karg
schirmen magisch an. „Griaß aich", empfängt Silvia Huber die neuen Gäste. Ihr Regiment führt sie mit viel Humor. Schon als Kind verbrachte sie hier oben viel Zeit mit ihrem Vater, er war vor ihr der Hüttenwirt im Hans-Berger-Haus. Seit 1990 ist sie die Chefin. Angeblich wirken an diesem Ort ganz be¬sondere Schwingungen, denn die Gäste, die zur Hütte kommen, sind meistens gut drauf. Das Panorama mit der markanten Pyramide ist beein¬druckend. Und für Silvia ist die Kleine Halt der schönste Berg. Reste von Altschnee kleben noch oben am Sonneck. Der Ausblick über das frische Grün der Bäume im Kaisertal beruhigt aufgeregte Geister wohltuend.
Zur Hütte gehören auch ein Kinderspielplatz und eine Indoor-Kletterwand. „Das Gebiet rings um das Hans-Berger-Haus eignet sich zum Klettern, Wan¬dern, Faulsein und Leben", weiß Silvia. Zum Klettern bieten sich der Scharlinger Boden und der Hausberg, die Kleine Halt, an. Es gibt Routen mit Schwierigkeitsgraden von drei bis neun. Außerdem laden unzählige Routen zum Wandern ein. Silvias Lieblingstour führt zum Mirakel¬brünndl. Dort trinkt sie ein paar Schlucke vom kristallklaren Wasser und wünscht sich etwas. Ihre Wünsche gehen häufig in Erfüllung.
Kaiserschmarren sind die Renner. Das Fleisch kauft Silvia bei regionalen Biobauern — gute Qualität, die man schmecken kann.
Energie tanken
Die Bank unter einer alten Buche ist ein begehrter Platz, sie lädt zum Lesen und Träumen ein. Wer daran glaubt, umarmt den Baum und tankt Energie. Und dann gibt es noch etwas Kurioses. Mitten in der Wiese hinter dem Haus steht ein Zeichen für einen Postbus. Auf die Frage, wann der Bus denn kommt, antwortet Silvia lachend: „Am Ende der Saison." In der Stube greift Silvia nach dem Abendessen zur Gitarre und singt die alten Volkslieder. „Wann i auf d' Olma geh", am liebsten. Silvia klettert, kocht, musiziert und ist die einzige weibliche Hüttenwirtin ohne Wirt im Kaisertal. Nicht umsonst schwärmen so viele von der „wilden Kaiserin".
Wer in der Hütte übernachtet, hat am nächsten Tag die Qual der Wahl. Die Sportlichen steigen zum Stripsenjoch auf, die anderen genießen die Ruhe der Natur um das Hans-Berger-Haus. Oder man wandert zurück nach Kufstein, mit einem Umweg über die Ritzaualm
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