Theodor Wiegand 1864-1936 Archäologe SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Theodor Wiegand 1864-1936 Archäologe SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Author D.Selzer-McKenzie
Theodor Wiegand (* 30. Oktober 1864 in Bendorf am Rhein; † 19. Dezember 1936 in Berlin) war ein deutscher Klassischer Archäologe.
Leben [Bearbeiten]
Theodor Wiegand wurde als ältester Sohn des Arztes Konrad Wiegand und dessen Frau Ida geboren. Nachdem er das Abitur in Kassel abgelegt hatte, studierte er Kunstgeschichte, Archäologie und Altertumswissenschaften an den Universitäten von München, Berlin und Freiburg. Während seiner Studienzeit in München wurde er Mitglied in der Studentenverbindung Corps Suevia.
1894 begab er sich nach Athen, wo er sich unter Wilhelm Dörpfeld an den Grabungen auf der Akropolis beteiligte. 1895 ging er als Assistent des Archäologen Carl Humann nach Priene, ein antikes kleinasiatisches Städtchen. Als jener nach drei Wochen erkrankte, führte er die Grabungskampagne fort. Nach Humanns Tod 1896 wurde er zu dessen Nachfolger als Ausgrabungsleiter in Priene und als Direktor der Berliner Museen mit Sitz in Smyrna ernannt. Nachdem er 1899 die Freilegung Prienes, das wegen der Geschlossenheit der Stadtanlage und des guten Erhaltungszustandes der Häusergrundrisse auch das "griechische Pompeji" genannt wird, erfolgreich abgeschlossen hatte, grub er von 1899 bis 1911 in Zusammenarbeit mit Hubert Knackfuß Teile der antiken Weltstadt und Handelsmetropole Milet aus. Hier waren bedeutende Vorarbeiten zu leisten, da der Grabungsplatz besiedelt war und das sumpfige Gelände erst trocken gelegt werden musste. Die Hoffnung Wiegands, die archaische Stadt, das Milet der Naturphilosophen Thales und Anaximander wiederzufinden, das 494 v. Chr. während des Ionischen Aufstandes durch die Perser zerstört worden war, sollte sich nur bedingt erfüllen. Stattdessen stieß er auf die hellenistisch-römische Schicht mit ihren prächtigen Repräsentationsbauten, darunter das berühmte Markttor von Milet, heute eines der Hauptwerke des Berliner Pergamonmuseums.
Weitere Ausgrabungen fanden in Didyma (1905 bis 1911) und auf Samos (1910 bis 1911) statt. Wiegands letzte Grabung war 1927 die Wiederaufnahme der Untersuchung von Pergamon, wo er die Arsenale auf der Burg entdeckte und das vor der Stadt gelegene Heiligtum des Asklepios freilegte. Am 14. Januar 1900 heiratete er Marie von Siemens, eine Tochter des Bankiers Georg von Siemens, mit der er zwei Söhne hatte.
Zeichnung Wiegands der Makestosbrücke in Mysien (Türkei)
Theodor Wiegand war von 1899 bis 1911 auswärtiger Direktor der Berliner Museen in Konstantinopel und darüber hinaus wissenschaftlicher Attaché bei der deutschen Botschaft in Konstantinopel. Als somit diplomatischer Arm der Museen vertrat er die archäologischen Interessen Deutschlands im Osmanischen Reich und koordinierte die immer umfangreicheren deutschen Grabungen im Orient, u.a. auch in Mesopotamien.
1912 ging Wiegand zurück nach Berlin, um die Leitung der Antikenabteilung der Museen in Berlin zu übernehmen. 1911/1912 erbaute der Architekt Peter Behrens für Wiegands Familie das "Haus Wiegand", eine repräsentative neoklassizistische Villa in Berlin-Dahlem, in der heute das Deutsche Archäologische Institut residiert.
Im Ersten Weltkrieg leitete Wiegand als Hauptmann der Landwehrartillerie im Asien-Korps das Deutsch-Türkische Denkmalschutzkommando, dem unter anderem die Architekten Karl Wulzinger, Carl Watzinger und Walter Bachmann angehörten. Notaufnahmen beziehungsweise Surveys unter anderem von Damaskus, Petra und im Sinai werden nach dem Krieg publiziert. 1917 bis 1918 war Wiegand auch für den Abschluss der 1898 nach dem dortigen Besuch von Kaiser Wilhelm II. begonnenen deutschen Grabungsaktivitäten in Baalbek im Libanon verantwortlich, deren Ergebnisse er 1921 bis 1924 in einem dreibändigen Werk bei de Gruyter publizierte. Die Tätigkeit im Libanon fiel in die Zeit der militärischen Besatzung dieser bis 1915 unter einem armenisch-christlichen Gouverneur selbstverwalteten Provinz durch deutsche und türkische Truppen, bei der ca. 100.000 – von zu Kriegsbeginn 450.000 – überwiegend christliche Einwohner der Provinz aufgrund von Hunger und Seuchen infolge einer alliierten Seeblockade und Requirierungen durch die türkische Armee starben (Hungersnot im Libanon 1916–1918). Wiegand fertigte Aufzeichnungen über diese Katastrophe in seinen später unter dem Titel „Halbmond im letzten Viertel“ veröffentlichten Briefen an.
Als Direktor der Antikenabteilung der Museen in Berlin war Wiegand für den Aufbau und die Einrichtung des Pergamonmuseums auf der Berliner Museumsinsel zuständig. 1916 erwarb er die Thronende Göttin aus Tarent für die Berliner Museen und 1925 die hocharchaische Berliner Göttin aus Keratea, Attika. 1923 wurde Wiegand in die Preußische Akademie der Wissenschaften aufgenommen. 1930 schied er aus dem Staatsdienst aus, 1935 ernannte ihn seine Geburtsstadt Bendorf zum Ehrenbürger. Außerdem war er seit 1931 Mitglied des Ordens Pour le mérite für Wissenschaft und Künste.
1932 übernahm Wiegand im Alter von 67 Jahren die Präsidentschaft des Archäologischen Instituts des Deutschen Reiches. Er unterschrieb 1934 den Wahlaufruf „Deutsche Wissenschaftler hinter Adolf Hitler“ im VB[1]. In dieser Funktion versuchte er während des sogenannten „Dritten Reiches“ eine ideologische Einflussnahme seitens des Amts Rosenberg auf die Klassische Archäologie zu verhindern, wird kolportiert. In seinem letzten Lebensjahr (1936) musste er es jedoch hinnehmen, dass die vom ihm vorgesehene Ernennung des Archäologen und Bauforschers Armin von Gerkan zum Direktor des Zweiginstituts in Athen durch eine Intrige hintertrieben wurde und mit Walter Wrede ein hochrangiger Funktionär der NSDAP die Stelle erhielt. Wiegand starb 1936 an den Spätfolgen einer Malariaerkrankung in Berlin.
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