Freitag, 19. Februar 2010

Bhutan Himalaya Travel Reise Natur SelMcKenzie Selzer-McKenzie


Bhutan
Author D.Selzer-McKenzie
Ein Reisebericht von D.Selzer-McKenzie
Video:
http://www.youtube.com/watch?v=JVN3AfoQkhQ

Die Filmaufnahmen hat der Author Selzer-McKenzie selbst in Bhutan Himalaya gedreht.
Die Einwohner glauben an Geister, die sie mit Teetropfen zu besänftigen versuchen. Der Sturm
ist für sie das Fauchen eines Drachen. Und der Natur begegnen sie mit besonderer Liebe.

 Später am Morgen wird der Weg schmaler, und gleich nebendran geht es lotrecht in die Tiefe. Das Kloster am Ende der Schlucht ist jetzt gut zu erken-nen: Taksang sieht aus, als hätten es die Kulissen-bauer für „Das Haus der fliegenden Dolche" in eine Felsspalte geklebt, aus der es nach den Gesetzen der Schwerkraft eigentlich sofort wieder hinauspurzeln müsste.
Auf dem Rücken des Tigers
Der Legende nach hat Bhutans Nationalheiliger Guru Rinpoche das Kloster gegründet. Die Legende weiß auch, dass er auf dem Rücken eines Tigers hier hinaufgeflogen ist. Wir sind gelaufen — jetzt ist mir schwummrig. Ich bin nicht schwindelfrei. Auf kei¬nen Fall darf ich hinunterblicken in den Schlund, was nicht wirklich einfach ist bei einem Weg, der vielleicht zwei Meter breit ist. Um uns herum flattern leise Hunderte Gebetsfahnen im Wind, irgendwo tief im Kloster schlagen Mönche eine Trommel. Sonst ist es still. Bis auf die Melodie aus Jigmes Umhang, die immer dann erklingt, wenn er eine SMS bekommt. Jigme lächelt. Die Mönche trommeln lauter.

Drei Mönche unterwegs: Die beiden Jungen blasen das in Bhutan traditionelle Horn.
Bevor einer eine Reise beginnt, macht er sich ja so seine Vorstellung von seinem Ziel: Sind die Men-schen da nett? Schmeckt das Essen? Ist der Monsun auch wirklich schon vorbei? So was alles. Und Bhutan? Im Himalaja liegt es. Das Land gilt als Hüter des tibetischen Buddhismus. Die Menschen tragen traditionelle Kleidung. Eine Welt wie früher, ein Land aus einer anderen Zeit, denkt man. Und dann landet man am Flughafen, und hinter der Passkontrolle wartet ein Mann in einer Art kariertem Kittel und mit Kniestrümpfen. Er lacht freundlich

und stellt sich vor: „Jigme, das bedeutet Mut". Dam klappt er sein Handy auf und ruft den Fahrer, de mit dem Pick-up um die Ecke parkt.
In Bhutan bekommt jeder Tourist einen Guide zu gewiesen. Das ist in der Tagespauschale von 200 US Dollar enthalten, ebenso ein Fahrer und natürlicl alle Mahlzeiten. Zur Begrüßung gibt es nacl Ankunft in der Hauptstadt Thimphu zum Frühstücl etwas, dessen Name wie „Schewardnadse" kling Bei näherer Inspektion besteht es aus komplette] Chilischoten, zu denen der Koch etwas Käse gegeben hat — offensichtlich, um das Ergebnis „Gericht nennen zu können. Jigme schwärmt von de Künsten des Kochs. Hören kann ich ihn noch, sehe nicht mehr. Die Wirtshaus-Welt ist soeben im MeE der Tränen versunken. Ich bin damit beschäftig koffergroße Stücke Luft zu schnappen.
Zum Glück kann man draußen durchatmen: Thin phu liegt auf 2350 Meter Höhe, die Frühlingsluft i frisch wie aus einer Sauerstoffflasche. Mit 50.0C Einwohnern ist Bhutans Hauptstadt die bei Weite' größte Siedlung im Land, Regierungssitz, kulture les Zentrum und ziemlich genau so, wie man es sic vorgestellt hat: eine Mischung aus Basar und Fre
ichtmuseum, in dem uralte Klöster stehen. Leise mattem die Gebetsmühlen, beruhigend klingen die vlantras, ziemlich schnell ist man selbst ziemlich gelassen. Gleich neben dem Chorten, einem Gefäß für Opfergaben, ist eine Wiese. Da sitzt man dann, atmet Räucherstäbchenduft, hört Gongschläge. Bhutan besteht ausschließlich aus Bergen. Die Ge¬birgsketten des Himalaja wurden ja ins Dasein ge¬knufft und gerempelt, als dem indischen Subkon¬tinent das große Asien im Weg war und die beiden ineinanderkrachten — aber was zählen schon geolo¬gische Fakten in einem Land, in dem sich Geister mit ein paar Tropfen verschüttetem Tee besänftigen lassen und ein nahender Sturm für das Fauchen ei¬nes Drachen gehalten wird? Bhutans Berge sind hei¬lig, Plätze religiöser Wunder und Orte mystischer Verklärung. In regelmäßigen Abständen tauchen im melancholischen Licht des Nachmittags burgen¬ähnliche Bauten auf den Gipfeln und Vorsprüngen dieser Berge auf. Das sind Bhutans architektonische Hauptsehenswürdigkeiten, die Dzongs.
So ein Dzong ist eine bhutanische Eigenart: halb Kloster, halb Verwaltungssitz und Festung, die archi¬tektonische Zusammenführung von monastischer Lehre und weltlicher Gewalt, mit denen die Ge¬schicke des Landes seit Jahrhunderten gelenkt wer¬den. Die meisten Dzongs stammen aus dem 17. Jahrhundert. Dieses hier war sogar einmal Regie¬rungssitz, deswegen gibt es im Punakha Dzong auch von allem mehr: mehr ineinander verschach¬telte Verwaltungsgebäude, mehr Klöster, mehr Beamte, mehr Mönche, mehr dumpf dröhnende Trommeln, mehr gemurmelte Mantras. Langsam, ganz langsam scheint einen das alles aus der Jetztzeit in die Vergangenheit hinüberzuziehen. Man setzt sich vor eine Buddhastatue, um die Stimmung wirken zu lassen, starrt in die Augen gemalter Dämonen und fährt mit den Fingern über glatt ge-schliffene Holzgeländer. Wir müssen aber weiter. Schließlich wollen wir noch bis Bumthang.
Land der ewigen Bergketten
Die Täler von Bumthang gelten als kulturelles Herz¬stück Bhutans: Nirgendwo sonst im Land stehen so viele bedeutende Klöster auf so engem Raum. Und nirgendwo hat die Geologie den Menschen so ver¬schwenderisch Platz gemacht in diesem Land der ewigen Bergketten. Wenn man in sanften Schwün¬gen den letzten Pass ins Tal hinunterkommt, er¬strecken sich gelbe Rapsfelder bis zum Horizont. Bumthang ist grün, überall wächst und wuchert es, an den Berghängen steht dunkler Wald, die Win-dungen des Flusses unten im Tal sind Pinselstriche aus fernem Silber. Und überall Gebetsfahnen.
Abends im Guesthouse gibt es — na was wohl?
Genau, heute mit umbrafarbenen Schoten, und auf den Käse hat man gänzlich verzichtet, wunderbar. Der Koch ergänzt den pyrotechnischen Hauptgang noch schnell mit Schalen voll Reis, geschmortem Farn und Blumenkohl in Sahnesoße, aber da laufe ich bereits keuchend durchs Haus.
Bhutanische Häuser sind übrigens kleine Schmuck¬stücke. Sie sehen aus, als hätten sie Schwarzwälder Architekten mit tibetischem Migrationshintergrund auf eine Almwiese gebaut: ein großer Wohnraum mit schwerem Ofen in der Zimmermitte, Holzfu߬böden, zwei Stockwerke, ein Lagerraum unterm Dach. Zu jedem Haus gehört ein Garten. Der Blick nach oben ist umwerfend: als habe jemand ein Sieb über die Welt gestülpt, durch dessen Löcher nun das Licht von außen dringt — so sieht der Sternen¬himmel über Bhutan aus.
Viel Geduld mit der Fliege
Am nächsten Morgen: Rückfahrt. Es ist Sonntag, und überall im Tal von Bumthang stellen die Menschen neue weiße Gebetsfahnen auf. Eine frühe Sonne taucht die Welt in warmes Licht; wenn man anhält, aussteigt und lauscht, scheint die Stille leise zu summen. Im Auto stellt der Fahrer einen Radiosender ein, dessen Programm wie der Don¬Kosaken-Chor auf Valium klingt. Schutzmantras für den Fahrer seien das, erklärt Jigme, während der Fahrer bremst, um mit viel, viel Geduld eine Fliege zu fangen, die er dann ganz behutsam aus dem ge¬öffneten Fenster in die Freiheit entlässt. Im Rück¬spiegel kann man sehen, dass er anschließend zu¬frieden lächelt, und über sein Gesicht huscht etwas, das ziemlich nach Glückseligkeit aussieht.
Seine Berge sind grandios, seine Dzongs faszinie-rend, seine Klöster ehrfurchterregend: Am Ende aber sind es solche kleinen Momente, die Bhutan unver¬gesslich machen. Das verschmitzte Lächeln, das sich aus den Faltentälem im Gesicht der alten Laden¬besitzerin schält, die einem morgens zu viel Wech¬selgeld herausgibt, weil sie keine passenden Münzen hat. Der Bauer, der einem verletzten Raben sorgfäl¬tig den Flügel schient. Die Hundehalter, die ihre Tiere morgens trotz nächtelanger Kläfferei liebevoll striegeln, schließlich haben sie nur die Geister er¬schreckt. Wie überhaupt die Menschen die Grat-wanderung meistern zwischen einem von Tradi-tionen durchwirkten Alltag und sachte anklopfender Zukunft, zwischen Auguren-Wahrsagung und Satel¬litenschüssel, zwischen Dolch am Gürtel und Multimediahandy in der Tasche. Die SMS am Ab-grund vor dem Taksang-Kloster? Kam von Jigmes Supermarkt in Thimphu. Werbung. Stammkunden bekommen nächste Woche zehn Prozent Rabatt.

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