Roulette Kesselgucken Technik von Selzer-McKenzie
SelMcKenzie
Video: http://youtu.be/CpMPjhnCMX8
Nun sind wir beim eigentlichen Kern angelangt: der
Beschreibung des Rou-lettes als ein System sich bewegender Teile und Projektile
— als ein Problem der Ballistik. Da der Kugellauf durch die
Bewegungsgleichungen von Isaac Newton (1643-1727) beschrieben und gelöst werden
kann, nennen wir die¬se Art auch Newton-Roulette.
Wir werden in diesem Ballistik-Kapitel auch immer wieder auf
das Markov-Roulette eines gleichmäßig werfenden Croupiers stoßen und die
starken Paral-lelen zwischen diesen beiden Roulette-Arten für unsere
praxisorientierten Lösun-zen analysieren und betonen. Kurz vorweggenommen
werden soll das gleiche Grundprinzip der beiden Roulette-Arten und ihrer
praktischen Lösung:
Beide Methoden — sowohl das Wurfweitenspiel als auch die
(speziell visuelle) Bal¬listik — suchen in der jüngsten Vergangenheit eine
physikalisch gesetzmäßige Be¬ziehung („Relation") zwischen beobachteten
Ereignissen vor der Spielabsage und dem Einfallbereich der Kugel, um dann diese
Relation als Rezept für die Prognose nachfolgender Coups zu nutzen.
Die klassische physikalische Methode besteht darin, im
Vorfeld zuerst alle involvierten physikalischen Konstanten zu ermitteln. Das
ist bereits ein Riesenproblem in der Praxis; denken Sie nur an Änderungen der
elektrostati-schen Aufladung oder an die Handfeuchtigkeit des Wurfcroupiers ...
Sodann müssen die sogenannten Anfangsbedingungen des Wurfs —
Ge-schwindigkeiten der Scheibe und der Kugel sowie die anfängliche relative Position
zwischen Scheibe und Kugel — ermittelt und in die Lösung Newton'schen
Bewegungsgleichung eingesetzt werden; Zeitmessungen dui Impulstasten am
Computer bewältigen das.
Man hat also alle relevanten Werte direkt in die
Lösungsformel der wegungsgleichung eingesetzt. Alles einige Sekunden vor der
Spielabsage, v steht sich — denn nach dem Erhalt der Lösung, die den
wahrscheinlichst Einfallbereich der Kugel verrät, muss ja noch gesetzt werden
können.
Doch hier haben wir ein grundsätzliches Problem. Nicht, weil
die Konsta ten sehr umständlich zu ermitteln wären oder weil das alles
eventuell zu lan dauern könnte; sondern weil Spielbanken schon seit Jahren
derartige techi sche Hilfsmittel verbieten — und das steht schwarz auf weiß in
der ausgehär ten Haus- und Spielordnung. Daran wollen wir uns natürlich strikt
halten.
Das Ziel wird es also sein, Erkenntnisse über (erstens) alle
möglich, Gesetzmäßigkeiten des Kugellaufs vorab zu ermitteln, sowie (zweitens)
ei gesetzmäßige Beziehung zwischen leicht zu machenden Beobachtungen z, der
Spielabsage und dem engeren Einfallbereich der Kugel herauszufinde Diese
gesetzmäßige Beziehung oder Relation ist dann der Schlüssel zur L sung — das
Rezept für die Prognose nachfolgender Coups
Es war schon immer der Traum unzähliger Menschen, die
Zufallsergebnis im Roulette vorhersagen zu können. Dabei ist schon alles
versucht worde Märsche, Einsatzvariationen, statistische Gesetzmäßigkeiten, die
Physik ur sogar paranormale Fähigkeiten (wie Präkognition und Telekinese) wurde
bemüht.
Doch es steht schon lange fest, dass ausschließlich
rationale Informativ nen, die auch noch relevant sein müssen, zu einer
empirisch positiven G winnerwartung führen können.
Der große Henri Poincare und das Roulette. Um die
Jahrhundertwe, de machte sich der große französische Mathematiker und Physiker
Her Poincare (1854-1912) mal kurz Gedanken zum Roulette. Er setzte ein(
fehlerfreien Kessel voraus und machte Anstalten, das Roulette durchaus
ballistisches Problem102 zu betrachten, ging jedoch leider nicht auf die Bew
gungsgleichung ein. Stattdessen sinnierte er nur über Wahrscheinlichkeit zwischen
„Rouge et Noir", wie er den Abschnitt überschrieb, und kam (durch
Stetigkeitsargumente der Winkelfunktion der Kugel bezüglich des Kessels) zu dem
Schluss, dass zwei unmittelbar benachbarte Nummern mit sehr hoher Approximation
die gleiche Wahrscheinlichkeit haben, getroffen zu werden zum Teil auch wegen
der Ungenauigkeit in der Messung der Anfangsbedin-zungen). Natürlich ist
Poincares Schlussfolgerung bezüglich „Rouge et Noir" richtig — was wir für
alle einfachen Chancen bereits festgestellt hatten —, je¬doch unterließ er es,
seine Ausführungen auf größere Sektoren zu erweitern und ging auch auf
wesentliche Eigenheiten des Kugellaufs nicht ein. (Letztere können praktisch
nur durch empirische Untersuchungen entdeckt und stu¬diert werden.) Wenn auch
nur eine der folgenden beiden Bedingungen
: . „der Kessel steht absolut waagrecht, das heißt, es gibt
keinen Tilt" oder
„die Kugelstreuung findet gleichverteilt über die ganze
Scheibe statt" nicht zutrifft — was praktisch immer der Fall ist —, dann
sind Ballistik (inklusive Kesselgucken) und Wurfweitenspiel mit Spielervorteil
möglich (das Wurfwei-tenspiel sogar, wenn nach dem Kugelwurf nichts mehr
gesetzt werden darf).
William Nelson Darnborough: der erste Kesselgucker in der
Praxis. Die Anfänge des praktischen Kesselguckens waren lange Zeit unbekannt.
Doch Vorläufer des Wurfweitenspiels und sogar der Kesselguckermethode muss es
bereits vor langer Zeit gegeben haben. Die Recherchen des New Yorker
Casino-Historikers Russell T. Barnhart in den Archiven von Monte Carlo haben
zutage gefördert, dass der amerikanische Abenteurer William Nelson Darnborough
höchstwahrscheinlich der erste Kesselgucker war, von dem berichtet wurde. Er
spielte in Monte Carlo von 1904 bis 1911 mit zuneh¬mendem Erfolg, zusammen mit
einem Partner, wobei die (archivierten) Spielbeschreibungen fast nur den
Schluss zulassen, dass es sich um eine Art Kesselguckermethode (wheel watching)
handeln musste — die ja zu dieser Zeit niemand kannte. Nach seinen Spieljahren
ließ er sich in England als wohl¬habender Geschäftsmann nieder. Bis zu seinem
Tod im Jahr 1958 sah ihn niemand mehr Roulette spielen. Die spannende
Geschichte ist in Barnharts Buch Gamblers of Yesteryear nachzulesen.
Edward Thorp im Bastelkeller des großen Claude Shannon.
Anfang der 1960er Jahre gelang dem amerikanischen Mathematiker Edward 0. Thorp
— noch vor der Publikation seines Buches Beat the Dealer über optimale
Gewinnstrategien im Black Jack — der große Durchbruch in der Laborpra¬xis durch
die Konzeption und den Bau eines kleinen transistorbestückten Computers zur
Vorausberechnung der wahrscheinlichsten Endposition der Kugel. Er war jedoch
lange zurückhaltend mit Publikationen über diese Ar¬beit. Irgendwann Mitte der
1970er Jahre bekam ich sein Black-Jack-Buch zu Gesicht und ich war ziemlich
erstaunt, im Kapitel „Science versus Chance' Folgendes zu lesen
Allan Wilson gives an interesting and entertaining account
of attempts to idente and beat defective („biased") roulette wheels in
(his book 1. There are also several people (including myself) who possess a
method for beating roulette wheels whether or not they are defective!"
Einer der üblichen Verrückten? Es wäre ja nicht
auszuschließen. Was micit besonders skeptisch stimmte, war der Umstand, dass
Thorp seine Methode mit keinem Wort verriet. Und das schien mir gegen die
üblichen wissen¬schaftlichen Usancen zu verstoßen. Mir kam nicht sofort in den
Sinn, dass e sich hierbei um die ballistische Betrachtungsweise handeln könnte.
Erst dir. weiteren Zeilen, vor allem die Erwähnung „gewisser elektronischer
Prob:::.--me" brachten mich erst allmählich auf die richtige Spur:104
" played roulette on a regulation wheel in the basement
lab of a world-fimous sc7-entistm5 We used the method and steadily averaged 44
percent profit. In an hour's nun, betting no more than $ 25 per number, we won
a fictional $ 8000! There are certain electronic problems which have so far
keilt the method from being usw-on a lange scale in the casinos. (The few times
I have used it to turn two or three dimes suddenly into a pile of silver
dollars has caused enormous excitement.) The method works, and the story behind
its discovery and development is a long and fascinating one. It will be even
more fascinating when, sometime in the next fein years, some of the few who
possess the idea cash in on it in the casinos."
Diese Andeutungen waren der Ausgangspunkt meiner eigenen,
konkret= Untersuchungen. Damals, kurz nach meinem Studium, arbeitete ich ithematik-
und Physiklehrer am Gymnasium einer Nordseeinsel und hielt __sschau nach einem
fesselnden Hobby. Nachdem mein Lehrergehalt zu mal für den Besuch einer
Flugschule war — dies habe ich seither schon ,r nachgeholt — entschied ich,
dass die wissenschaftliche Untersuchung _ Rouletteprobleme mein Hobby sei.
Zuerst beschaffte ich mir einen Rou--7ekessel, Kugeln, eine Digitalstoppuhr,
einen programmierbaren Taschen¬_ hner, einen Karton unbeleuchteter Filme für
meine Schmalfilmkamera --3 einen Projektor mit der Möglichkeit einer
Bild-für-Bild-Betrachtung. __s stellte ich alles in einem größeren Abstellraum
auf, den ich fortan mein izeitlabor nannte, und machte mich an die Arbeit.
Allan Wilsons Argumente überzeugen mich. Anfangs misstraute
ich noch _ Behauptungen Thorps, aber nach reiflichen Überlegungen entschloss
mich, ihnen Glauben zu schenken. Schließlich waren seine Gewinn--ategien im
Black Jack bewiesen, und endlich müsste ich ja im Roulette vergleichbaren
Ergebnissen gelangen, wenn die Sache stimmte. Meine ~anglichen Untersuchungen
wiesen auch sehr bald in die Richtung der von -..orp behaupteten Ergebnisse
hin. Zudem fand ich nach und nach weitere - ausführlichere Anhaltspunkte in den
Büchern von Allan Wilson und iter von Richard Epstein. Zum Beispiel schreibt
Wilson
So ein Kinderspiel ist das auch wieder nicht, dachte ich, denn
sonst hätte ilson die ganze Sache schon selbst durchgezogen. Schließlich hatte
er sich ja _,:h die Mühe gemacht, für sein Kesselfehlerspiel eine
ununterbrochene Folge .1q1 80 000 Coups zu notieren. Dennoch überzeugten mich
seine Argumente. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich meine empirischen Untersuchungen
bereits weit vorangetrieben. Es ging nicht mehr um das Ob, sondern um das Wie.
Ich wollte mir die umständliche Ermittlung der physikalischen Konstanten gelumlaufzeit
grob zwischen 0,5 und 0,8 Sekunden. Dadurch - und durch die dank des Profils
geringere Reibung - absolviert die Kugel mehr Umläufe. Tabelle 4.1
veranschaulicht die Unterschiede.
Nun betrachten wir den zurückgelegten Scheibenweg bei einer
Vier-Sekunden-Scheibe während der elf Kugelumläufe im Caro-Kessel (Tab. 4.2).
In dieser Zeit (rund 15 Sekunden) ist die Scheibe rund 140
Nummern-fächer weitergelaufen, hat also ca. 3,75 Umläufe absolviert - bzw.
insgesamt 3/4 eines Umlaufs oder 28 Nummernfächer, wenn wir die Anzahl
komplet¬ter Scheibenumläufe abziehen.
Es ist nicht notwendig, sich diese Daten für ein gegebenes
Kessel-Kugel-Ensemble genau zu merken; wohl aber ist es nützlich, eine gute
Vorstellung davon zu haben, schon mal um die Durchführungsbedingungen gut
beurtei¬len zu können.
Interessant sind allemal die zurückgelegten Bruchteile eines
Scheiben-umlaufs im Laufe der sukzessiven Kugelumläufe: Die beginnen im obigen
Beispiel bei 1/5, werden größer, passieren die Werte 1/4, dann 1/3 und am Ende
schließlich 1/2 (ein potentieller Vis-ä-vis-Effekt lässt grüßen).
Bis zum dritten oder vierten Kugelumlauf gehören alle Daten
zu den An¬fangsbedingungen, auf die die Prognose beruht. Das heißt aber, dass
wir un¬sere Prognose bereits erstellt haben sollten, wenn der zurückgelegte
Bruchteil
Viele Lernspiele und einfachste Prognosen. Im Extremfall ist
sogar eine Lösung ohne physikalischen Algorithmus möglich! Angenommen, wir
hätten keinerlei oder kaum Ahnung von den möglichen Gesetzen und Effekten, die
die Roulette-Ergebnisse beeinflussen. Wir erin¬nern uns höchstens an die vier
Grundrechenarten der Schule, an ein paar elementare Begriffe wie Häufigkeit,
Mittelwert, und wir erinnern uns an ein paar Coups von dem einen oder anderen
Croupier. Zu unserer Verfügung hätten wir einen ganz gewöhnlichen PC (mit der
Möglichkeit einer integ-rierten Zeitmessung). Die Frage, die sich stellt: Wie
könnten wir damit einer rationalen Prognose im Roulette kommen?
Eigentlich ganz einfach: Wenn wir so gut wie gar nichts
wissen, um Pro-gnosen zu erstellen, dann überlassen wir diese Prognosen einfach
dem Com-puter. Voraussetzung ist lediglich, dass wir ihm ausreichend viele
Lernspiele geben, damit er sich orientieren kann und spezielle rationale
Prognose:: vorschlagen kann. Die zu erfassenden Eckdaten der Lerncoups bilden
die individuellen Anfangs- oder Ausgangsdaten des Coups sowie die gefallene
Nummer am Schluss. Die drei Ausgangsdaten sind die folgenden:
• der
Abwurfort der Kugel (AO),
• eine oder
ein paar — etwa bis zu drei — Kugelumlaufzeiten, jedoch srez gleich viele (TUK:
Zeit Umlauf/Umläufe Kugel),
• eine
Scheibenumlaufzeit (TUS: Zeit Umlauf Scheibe).
des Scheibenwegs während eines Kugelumlaufs etwa 1/4
ausmacht — den - wir müssen ja noch setzen, bevor die Spielabsage kommt.
Grundsätzliches (1): Viele Lernspiele und einfachste
Prognosen. Im Extremfall ist sogar eine Lösung ohne physikalischen Algorithmus
möglich Angenommen, wir hätten keinerlei oder kaum Ahnung von den möglichen
Gesetzen und Effekten, die die Roulette-Ergebnisse beeinflussen. Wir erin-nern
uns höchstens an die vier Grundrechenarten der Schule, an ein paar elementare
Begriffe wie Häufigkeit, Mittelwert, und wir erinnern uns an ein paar Coups von
dem einen oder anderen Croupier. Zu unserer Verfügung hätten wir einen ganz
gewöhnlichen PC (mit der Möglichkeit einer inte-rierten Zeitmessung). Die
Frage, die sich stellt: Wie könnten wir damit ..mik einer rationalen Prognose
im Roulette kommen?
Eigentlich ganz einfach: Wenn wir so gut wie gar nichts
wissen, um Pro-gnosen zu erstellen, dann überlassen wir diese Prognosen einfach
dem Com¬puter. Voraussetzung ist lediglich, dass wir ihm ausreichend viele
Lernspiele geben, damit er sich orientieren kann und spezielle rationale
Prognosen vorschlagen kann. Die zu erfassenden Eckdaten der Lerncoups bilden
dir individuellen Anfangs- oder Ausgangsdaten des Coups sowie die gefallene
Nummer am Schluss. Die drei Ausgangsdaten sind die folgenden:
• der
Abwurfort der Kugel (AO),
• eine oder
ein paar — etwa bis zu drei — Kugelumlaufzeiten, jedoch sten gleich viele (TUK:
Zeit Umlauf/Umläufe Kugel),
• eine
Scheibenumlaufzeit (TUS: Zeit Umlauf Scheibe).
Der Computer legt Listen von Lerncoups an und ordnet sie
nach AO, TUS und TUK; und er ordnet jedem solchen Tripel die gefallene Nummer
(z) zu:
AO, TUS, TUK) z.
Natürlich braucht er sehr viele solche Lerncoups, um
irgendwann auf die¬ser Basis Prognosen erstellen zu können. Wenn es aber soweit
ist, können wir ihn nach Eingabe des speziellen Anfangstripels (AO', TUS',
TUK') veranlassen, uns eine Prognose zu geben — wenn möglich. Dazu veranlas-sen
wir ihn, ganz einfach in der gespeicherten Lernliste nach einem Tripel AO, TUS,
TUK) zu suchen, das dem speziellen Anfangstripel (AO', TUS', TUK') möglichst
gleicht ... und uns als Prognose die dort gespei¬cherte, zugeordnete gefallene
Nummer, etwa m, vorzuschlagen. Findet der Computer in der Liste der Lerncoups
kein Wertetripel (AO, TUS, TUK), das hinreichend nahe bei (AO', TUS', TUK')
liegt, dann braucht er es nur kurz zu melden.
Macht der Computer Prognosen auf dieser Basis — wobei die
allgemeinen Bedingungen (gleicher Kessel, gleiche Kugel) unverändert bleiben —,
dann sind die Gewinnaussichten dafür jedenfalls nicht schlechter, meistens
jedoch besser als für Prognosen, die einer Zufallsauswahl entsprechen.
Grundsätzliches (2): Ökonomie und Effizienz durch
Normierungen. Bis¬her benötigten wir sehr viele Lernspiele, da wir drei
voneinander unabhän¬gige Variable haben (AO, TUS und TUK). Dabei könnten wir
mit weniger Variablen auskommen — wenn wir den Computer zum Beispiel
veranlassten, alle Lerncoups nach einem einzigen Abwurfort zu normieren. Dann
wären alle Lernspiele etwas besser direkt vergleichbar und ihre Anzahl
wesentlich reduziert. Die Lernliste würde sich wie folgt wandeln:
[(AO, TUS, TUK) z] [(A0n.,
TUS, TUK) zi].
und in der kleineren Liste wäre jetzt der Abwurfort keine
Variable mehr, sondern eine Konstante: AOnormUnd, nicht zu vergessen, wir
würden in der Regel jetzt häufigere und auch effizientere Prognosen erhalten.
Wirklich? la doch: Angenommen, der Computer erfasst ein spezielles
Anfangstripel AO', TUS', TUK'), für das er in der ursprünglichen, nicht
normierten Liste keinen entsprechenden AO-Wert hat — wohl aber die anderen
Werte; dann kann er keine Prognose finden. In der nach AO. normierten Liste
kann er hingegen durchaus eine passende Prognose vorschlagen. Oder einem
speziel¬len Anfangstripel (AO', TUS', TUK') steht eine Prognose mit gleichen
An-fangsdaten gegenüber; bei Normierung des Abwurfortes könnten sich aber andere,
bessere Prognosen offenbaren. Ohne Normierung sind die Lerndaten einfach nicht
vergleichbar.
Haben wir eine nach einem speziellen Abwurfort normierte
Liste vor¬liegen, dann muss auch das spezielle Anfangstripel (AO', TUS', TUK'),
für das wir eine Prognose erhalten möchten, nach der Eingabe in gleicher Weise
normiert werden, damit ein sinnvoller Vergleich mit den gespeicherten
Lern¬spielen möglich ist. Hat der Computer dann eine Prognose vorzuschlagen.
muss er sie vor der Ausgabe „entnormieren", sie also wieder an die
Gegeben¬heiten des aktuellen Coups anpassen.
Auch die Erfassung weiterer Daten ist denkbar; damit würden
wir even-tuell zu einer noch effizienteren Prognose kommen. Statt bei den
Lern¬spielen nur das Ergebnis des Coups (z) einzugeben, könnten wir zusätzlich
die Kugelrestlaufzeit (KRLZ) messen und in die Lernliste integrieren; die
Kugelrestlaufzeit KRLZ ist definiert als das Zeitintervall zwischen dem Ende
der Kugelumlaufzeit(en) (TUK, TUK2 oder TUK3) und dem (ersten)
Kol-lisionszeitpunkt. Der Eintrag eines Coups in der Lernliste würde dann wie
folgt aussehen:
(AO, TUS, TUK) -> (KRLZ, z).
Wir hätten zwar für jeden Coup eine Information mehr in
dieser Lernlis¬te, nämlich KRLZ, aber diese Information ist eine physikalisch
relevante_ In der Tat: Aufgrund der gleichmäßig stetigen Scheibenbewegung kann
jedem Kollisionszeitpunkt eine sogenannte Kollisionszahl k zugeordnet werden,
das ist die Nummer, die sich im Kollisionszeitpunkt auf Höhe der
Kollisionsraute (R) befindet. Und das kann der Computer recht wirksam nutzen. Denn der (in Kugellaufrichtung
genommene) Abstand oder Bogen zwischen k und z ist nichts anderes als die
Sprung- oder Streuweite (s) dieses Coups, wie Abbildung 4.1 zeigt (diese
Abbildung ist eine Wiederholung der Abbildung 3.7).
Wir können den Computer veranlassen, über diese
individuellen Streu-weiten eine Zusatzliste zu führen, und bei jeder Suche nach
der besten Prognose in einem Unterprogramm nachzuprüfen, ob der eine oder
andere Kandidat für. die Prognose nicht vielleicht eine Streuweite hat, die
sich als Ausreißer entpuppt — der müsste eliminiert werden (und etwa durch die
mittlere Streuweite der anderen Kandidaten ersetzt werden). Denn Sprung-oder
Streuweiten schwanken naturgemäß viel mehr um ihren Mittelwert als etwa die Kugelrestlaufzeiten
KRLZ (oder gleichwertig, die Kollisionszahlen k). Schließlich sind die
Kugelrestlaufzeiten eine einfache und stetige, stück¬weise differenzierbare und
empirisch leicht zu ermittelnde Funktion der anfänglichen Kugelumlaufzeit(en),
wie wir noch sehen werden:
Die Erfassung der Kugelrestlaufzeiten hat noch einen
anderen, gewichtigen Vorteil: wir können das Spiel mit der Normierung
weitertreiben. Jetzt, da wir die Kugelrestlaufzeit haben, hindert uns nichts daran,
die Coups auch noch nach einer Scheibenumlaufzeit TUSnorm zu normieren. Denn
die Kugel dreht ja ihre Runden im starren Kesselteil und hat währenddessen
keinerlei Wechselwirkung mit der Scheibe. Erst nach der Kollision mit der einen
oder anderen Raute stürzt die Kugel zur Scheibe und zum Nummernkranz hin-unter.
Dieses Sprung- und Streuverhalten der Kugel ändert sich bei den üb-lichen
Scheibengeschwindigkeiten kaum.108 Wir müssen nur den Computer (durch eine
richtige Programmierung) veranlassen, dass er jetzt seine Lern-spiele nicht nur
nach einem speziellen Abwurfort, sondern auch nach einer speziellen
Scheibenumlaufzeit normiert und abspeichert. Die ursprüngliche Lernliste würde
sich wiederum wandeln:
wobei wir hier die Kugelrestlaufzeit lediglich zur Bestimmung
einer normier-ten Scheibenumlaufzeit verwenden.
In dieser nochmals verkleinerten Liste hätten wir die drei
Anfangsvariab-len auf eine einzige Anfangsvariable, nämlich TUK, reduziert.
Wiederum er- halten wir aus der kleineren Lernliste häufigere und auch bessere
Progno: denn bei Eingabe eines TUS-Wertes, der in der ursprünglichen Liste n
nicht vorhanden war, wird jetzt dieser TUS-Wert normiert — womit der n Coup
jetzt mit den anderen in der Lernliste voll vergleichbar wird.
Hat der Computer nun eine Prognose vorzuschlagen, muss er
sie der Ausgabe zweimal „entnormieren", sie also wieder an die speziellen
gebenheiten des aktuellen Coups anpassen. Jede der beiden Normierun entspricht
einer Scheibendrehung jeweils um einen gewissen Winkel, entspricht die
„Summe" oder Hintereinanderausführung dieser Normier gen auch nur einer
Scheibendrehung um einen gewissen Winkel. Folg] bewirkt die Umkehrung dieses
Winkels die zweifache Entnormierung Prognose vor der Ausgabe.
Durch die beiden Normierungen hat sich unsere ursprüngliche
drei mensionale Liste (mit den eben drei unabhängigen Anfangsvariablen) in e
ganz simple, eindimensionale Liste mit einer einzigen Variablen, näml TUK,
reduziert.
Allein die Ökonomie der Normierungen auf einen Abwurfort und
e Scheibenumlaufzeit ist enorm. Gehen wir von ursprünglich zwölf gröbe.
Abwurforten, 20 Scheibenumlaufzeiten, 20 anfänglichen Kugelumlaufzei und von
durchschnittlich fünf Lerncoups pro Kombination AO-TUS-Tl aus, so hätte die
Lernliste 12.20-20-5 = 24 000 Zellen, die erst gefüllt werc müssten. Durch die
Normierungen reduziert sich die Liste auf 20.5 = 1 Zellen. Die zusätzlichen
Zellen für die Kugelrestlaufzeiten sowie die p Programmierbefehle für
Normierung und Entnormierung fallen da kai ins Gewicht. Und, wie schon erwähnt,
erhalten wir auch frühere und bess Prognosen, da nicht nur alle Lernspiele
untereinander, sondern auch erfassten Anfangsdaten eines zu prognostizierenden
Coups mit allen Le spielen uneingeschränkt vergleichbar sind.
Wir können es aber noch einen Tick anschaulicher machen.
Angeno men, die Kugel kreist im Uhrzeigersinn, wir legen den normierten Abw
fort auf „Zero" fest und haben die folgenden drei Lernspiele in unse
genormten Liste:
(AOnorm = Zero, TUSnorm, TUK = 1,02) --> 27,
(AOnorm = Zero, TUSnorm, TUK = 0,99) —> 6 und
(AOnorm = Zero, TUSnorr,„ TUK = 1,00) --> 34.
Wenn wir die Orte der Nummern im Kessel nicht kennen,
scheinen dies c beliebige Nummern zu sein. Das sind sie aber ganz und gar
nicht. Denn und 34 sind die unmittelbaren Nachbarn der sechs auf dem Nummernkra
Was veranschaulicht also besser die Ähnlichkeit von Ergebnissen unter äl lichen
Ausgangsbedingungen als die Ersetzung der Nummern durch
Das sind nicht gerade wenige Definitionen, Begriffe und
Ideen, die ab im Laufe dieses Kapitels wieder aufgefrischt werden. Es ist
immerhin e staunlich, wie weit man ins Detail gehen und analysieren kann, wenn
Pf12 über die Anatomie eines Coups nur ganz wenig Wissen voraussetzt. Dam und
mit einem PC ist man sogar imstande, rationale Prognosen zu erstell( — und
diese
Grundsätzliches (3): Rückwärtsrechnen wie Hinterglasmalerei.
Heu sind Computer in den Casinos schon längst verboten. Und früher, vor etv 25
bis 35 Jahren, in der Blütezeit der Kesselgucker in Deutschland, waren s noch
lange nicht so klein, kompakt und universell einsetzbar wie heute; I112 war
darauf angewiesen, entweder teure Mikroprozessorsysteme entwicke zu lassen,
oder, wie die meisten Kesselgucker, auf die eigene Beobachtungsf higkeit und
Geschicklichkeit zu vertrauen. Worauf bauten viele Kesselguck ihre Prognosen
auf?
Die Kesselgucker gingen von einfachen, leicht beobachtbaren
Faktor( und Mustern aus, die es ihnen ermöglichten, eine einfache Systematik d
Zuordnung zu den Sektoren zu entwickeln. Im Grunde genommen ist d physikalische
Situation ziemlich elementar und kann mittels ein paar allg meingültiger Regeln
beschrieben werden. Die folgenden Regeln fußen a einfachen physikalischen
Gesetzen und sind — als Näherungen — gültig f alle vorkommenden Roulettes:
• Regel 1:
Die Kugel verlangsamt sich von Umlauf zu Umlauf. Allerdin erfährt sie auch eine
Beschleunigung, nachdem sie sich vom Kesselrar gelöst hat und nun in Richtung
Rauten und Scheibe hinunterrollt.
• Regel 2:
Die Scheibengeschwindigkeit kann während eines Coups konstant angenommen
werden. Zwar verlangsamt sich die Scheibe a mählich, aber dieser Bremseffekt
ist wegen der Trägheit der großen r tierenden Masse relativ klein. Eine
Ausnahme von dieser Regel wäre e Rotor mit ziemlich starken Friktionen.
Regel 3: Die Kugel verlässt den Kesselrand stets mit der
gleichen Geschwi digkeit, und zwar dann, wenn die Fliehkraft beginnt, kleiner
zu werd( als die Schwerkraft. Auch diese Geschwindigkeit variiert in Wirklichk(
geringfügig von Coup zu Coup, abhängig von kleinen Unregelmäßigk(
• Regel 4:
Die Geschwindigkeit der Kugel in ihrem Umlauf, der einer be-stimmten Anzahl
restlicher Umläufe vorangeht, ist von Coup zu Coup die gleiche. Klar: Aus Regel
3 folgt, dass die Kugel ihren letzten Umlauf stets im gleichen Zeitintervall
absolviert — unabhängig von ihrem Impuls zu Beginn des Coups. Folglich muss sie
auch für ihren vorletzten Umlauf von Coup zu Coup die gleiche Zeit benötigen
usw.
Einige Kesselgucker hatten ihre Prognosen tatsächlich darauf
aufgebaut, dass sie versuchten, den vierten Kugelumlauf vor dem Loslösepunkt
vom Kesselrand zu identifizieren. Bei gegebener Scheibenumlaufzeit konnten sie
dann durch gesetzmäßige dynamische Zuordnungen den konkreten Prog-nosebereich
erspähen und noch ihren Einsatz anbringen. Rückwärtsrechnen Kam mir immer so
vor wie schwierige Hinterglasmalerei. Wenn die Kugel dann doch einen Umlauf
mehr oder weniger absolvierte — was immer wieder durch einen der möglichen
Effekten° vorkam —, sprachen die Kesselgucker von einem „Umdrehungsirrtum".
Wurde die Spielabsage früher gemacht, konnte natürlich nicht
mehr gesetzt werden. Da dies — vermutlich zur Abwehr der hoch setzenden
Kes¬selgucker — immer häufiger der Fall war, gingen einige dieser Spieler dazu
über, Prognosemethoden zu versuchen, mit denen sie früher setzen konnten. Genau
das hatte ich von Anfang an im Sinn.
ners eine Nummer des von mir vermuteten Sektors. Da musste
ich unweige lich an jene „Rhythmikspieler" denken, die — bereits vor
Jahrzehnten — de „einarmigen Banditen" durch ihre Geschicklichkeit den
Jackpot entlockten.
Es bildeten sich im Laufe der Zeit einige Rhythmen heraus,
die ich Klan( erkannte und denen ich sofort einen bestimmten Sektor des Nummer]
kranzes zuordnen konnte. Es wunderte mich, dass ich nicht nur schnell zu einem
Ergebnis kam als der Ballistikrechner, wenn ich einen Rhythmi erkannte, sondern
dass es meistens auch noch stimmte. Bei Überlegung( und Erklärungsversuchen
wurde mir klar, dass meine Ahnung prinzipi( nicht anders zustande kam als das
Rechnerergebnis: Gleiche Bedingung( — folglich gleiche Messrhythmen — wurden
mit dem gleichen Sektor asso2 iert. Es gab jedoch einen wesentlichen
Unterschied: Das Programm konn in seiner digitalen Welt nicht nur allen bereits
erfassten Bedingungen ein( Sektor zuordnen, sondern besaß darüber hinaus noch
eine Interpolationsgal die es ihm erlaubte, kleinste fehlende Bruchstücke zu
ergänzen — während i( als plumpe „Analogmaschine" die meisten Bedingungen
beziehungswei Rhythmen doch nicht zu deuten wusste.
Es musste außer diesen Rhythmen einfache, leicht fassbare
Faktoren ur Muster der Würfe geben, die es ermöglichten, eine einfache
Systematik d Zuordnung zu den Sektoren zu entwickeln. Vielleicht ging es um die
dyn mische Zuordnung zweier zu beobachtender Folgen von Momentaufnahm( des
Rotor-Kugel-Paares?
Ein Ansatz zur Lösung des Kesselguckens wurde mir fast zur
Obsession
Die sukzessiven Kreuzungsnummern, auf die die rotierende
Kugel an einer Refe. renzraute von Umlauf zu Umlauf zeigt, sind über den
gesamten Nummernkram verteilt. Darunter muss wohl eine sein, die unter
bestimmten, vorher erkennbarer Bedingungen systematisch bzw. gesetzmäßig den
wahrscheinlichsten späterer Einfallbereich der Kugel kennzeichnet. Anders
gesagt: Genau eine der Kreuzungs nummern, auf die die Kugel von Umlauf zu
Umlauf an einer Referenzraute zeigt, ist bei gleichen Bedingungen stets die
beste Prognose.
Die diesbezüglichen Untersuchungen schob ich damals auf
später — ich h2 te ja den Roulette-Computer. Mir war aber klar, dass ich das
umständlic] Rückwärtsrechnen vermeiden wollte — obwohl ich gewohnt war, alle
Cou meiner Filmaufnahmen auch rückwärtslaufen zu lassen. Vorwärtsrechm war die
Zukunft — denn schließlich sind die Kugelrestlaufzeiten eine rec einfache und
empirisch leicht zu ermittelnde Funktion der anfänglich) Kugelumlaufzeiten.
In den nächsten beiden Kapitelteilen (4.2 und 4.3) werden
wir alle Ba steine
Kugelverhalten; Rauten (Kessel ohne Tilt)
Solange die Kugel ihre Runden am Kesselrand dreht,
gleichmäßig und langsa-mer werdend, während die schwere Scheibe in
entgegengesetzter Richtung noch gleichmäßiger rotiert, scheint einer leichten
Berechenbarkeit dieser Bewegun¬gen nichts oder nur wenig im Wege zu stehen. Das
betrifft, wie wir bereits zu Beginn von Kapitel 3.3 festgestellt haben, die
laminare Phase des Kugellaufs.
Sobald die Kugel jedoch eine der Rauten antippt oder mit ihr
voll kol¬lidiert und in alle Richtungen springt und gestreut wird, findet die
zweite, :haotische Phase statt — von der jeder Zuseher den Eindruck hat, sie
ist schlicht nicht berechenbar. Folglich kann der gesamte Coup ja auch nicht
mehr berechenbar sein, denkt der Zuseher; denn eine Kette ist ja nicht stärker
als ihr schwächstes Glied.
An verschiedenen Stellen habe ich bereits erwähnt, dass
diese chaotische Phase durchaus berechenbar ist, und zwar in einem
statistischen Sinn — weil eben die Streuweiten der Kugel über den gesamten
Nummernkranz nicht zieichmäßig verteilt sind. Jetzt ist der Augenblick
gekommen, hier näher hin-lusehen.
Das Kugelstreuverhalten
Die Streuweitenverteilung als Sprungverhalten der Kugel. Um
unser Augenmerk auf das Wesentliche richten zu können, werfen wir einige
hun¬dert Mal die Kugel, zuerst bei stillstehender Scheibe. Das ist natürlich
nur eine erste Annäherung an die Wirklichkeit. Dabei fertigen wir eine einfache
Strichliste an: Ausgehend von der jeweiligen Kollisionsraute, tragen wir bei
':dem Coup die Streuweite auf, das heißt die Anzahl der Nummernfächer in
Kugellaufrichtung) zwischen der Kollisionsraute und dem Fach, in dem die Kugel
schließlich zu liegen kommt. Nach wenigen Würfen wird uns klar: im Einzelfall
ist die Streuweite weitgehend zufällig, aber im Laufe der Würfe Kommen
bestimmte Streuweitenbereiche weit häufiger vor als andere. Die Streuweiten
sind also weit davon entfernt, gleich verteilt zu sein. Um zu se¬hen, wie ihre
empirische Verteilung aussieht, brauchen wir nur die Strichliste graphisch
darzustellen. Abbildung 4.2 stellt eine solche Verteilung dar.
Wäre ein Spieler bei stillstehender Scheibe in der Lage, die
Kollisionsraute mit Sicherheit richtig vorherzusagen, so wäre dieser Spieler in
der Lage, eine Umsatzrendite von über. 100% zu erzielen: Er bräuchte nur im
Bereich der maximalen Streuweitenverteilung Einsätze zu tätigen. Und selbst
wenn es dem Spieler nur in zwei von drei Fällen gelänge, die richtige
Kollisionsraute vorherzusagen, betrüge seine Umsatzrendite noch mindestens die
fünfzehn¬fache Umsatzrendite der Spielbank.
Abflacht und dass sie ihren maximalen Bereich etwas nach
rechts, also in Ku-zellaufrichtung, verschiebt. Denn die Streuweiten können
durch die gegen-läufige Scheibe im Mittel nur etwas länger werden, und zwar um
etwa den Weg, den die Scheibe zurücklegt, während die Kugel streut. Bei
langsamer Szheibe wird die Verteilung ihr Aussehen nur unwesentlich verändern,
bei sehr schneller Scheibe dagegen wird sie sich schließlich derart abflachen,
dass sie näherungsweise die Gestalt einer Gleichverteilung annimmt. Eine
völlige Gleichverteilung der Streuweiten bietet aber keine Möglichkeit mehr,
eine .1-löhere als die übliche Trefferwahrscheinlichkeit zu erzielen, und zwar
auch dann nicht, wenn der deterministische Teil des Kugellaufes bekannt wäre.
Das Aussehen der Streuweitenverteilung hängt im Wesentlichen
nur von der Scheibengeschwindigkeit ab, und in zweiter Linie natürlich auch von
der Beschaffenheit der Kugel und dem Kesselfabrikat. Die Hersteller dieses
Spielgeräts experimentieren schon lange mit flacheren Kesselkonstruktionen und
mit Kugelmaterialien, die der chaotischen Phase der Coups einen deut-lich
höheren Zufälligkeitsgrad verleihen.
Die grundlegendste Voraussetzung für eine positive Erwartung
mittels der Ballistik ist, dass die Streuweitenverteilung nicht zu nahe an eine
Gleichver-:eilung herankommt, das heißt letztlich, dass die
Scheibengeschwindigkeit nicht zu groß wird, beziehungsweise ihre Umlaufzeit
nicht zu klein. Das ist Aber nicht zu befürchten, da bei kleineren Umlaufzeiten
als 2 Sekunden die Nummern für den Spieler kaum mehr lesbar wären. Weitere Voraussetzun-zen
für eine positive Erwartung werden wir später noch kennenlernen.
In Abbildung 4.4 sehen Sie zwei Strich- oder besser
Kreuzlisten von Streuweiten im Vergleich: auf einem klassischen Caro-Kessel mit
Dreh¬kreuz, größerer Elfenbeinkugel und moderaten Scheiben- und
Kugelge-schwindigkeiten, sowie auf einem Huxley-Kessel ohne Drehkreuz,
kleinerer Kunststoffkugel und höheren Scheiben- und Kugelgeschwindigkeiten.
(Die Ursachen der typischen Geschwindigkeitsunterschiede sind durch die
unter-schiedlichen Kesselprofile für die Kugellaufflächen begründet und werden
in Kapitelteil erläutert.)
Ein paar Eigenheiten der
Kugelstreuung. Nachdem ich gesehen hatte, dass die Streuweitenverteilung unter
den üblichen Bedingungen weit davon entfernt war, eine Gleichverteilung zu
sein, untersuchte ich das Streuverhal¬ten näher. Wie im Casino, so war neben
dem mehr oder weniger regulärem Streuverhalten auch eine Menge exotischer
Streuungen zu beobachten: hauptsächlich Roller, Rücksprünge und
Mehrfachkollisionen.
Ein Roller findet statt, wenn die Kugel nach der Kollision
mindestens einen Umlauf rollend auf dem Nummernkranz absolviert. Die Ursache
hierfür ist, dass die Kugel nach erfolgter Kollision mit einer bestimmten
Geschwindigkeit einen tangentialen Winkel zum Nummernkranz
einnimmt. Bei meinem alten Kessel war das in 20% aller Würfe der Fall.
Üblicherweise sind nur etwa 10% aller Würfe Roller. Mit ihnen wird man nur die
übliche Trefferwahrscheinlichkeit erwarten dürfen; doch es gibt
Ausnahmebedin-zungen, zum Beispiel gewisse physikalische Werte der Kugelmasse
etwa, die iuf sonderbare Weise bewirken, dass die Rollweiten
überdurchschnittlich läufig einen Wert im Bereich des ersten oder zweiten
Maximums der Vertei-ing einnehmen.
Rücksprünge geschehen, wenn die Kugel im letzten Teil ihres
Laufes durch eine Stegwand des (entgegenkommenden) Fächerkranzes so
zurückgeworfen wird, dass die Streuweite sehr klein oder gar negativ ist. Dies
sind haupt-richlich die Streuweiten 33, 34, 35, 36, 0, 1, 2, 3 und 4 (die
Streuweiten 3 und —4 sind identisch). Rund 8% aller Streuungen waren
Rücksprünge. Sei kleineren Kunststoffkugeln kann dieser Prozentsatz bis zu etwa
30% inwachsen, wie ich später feststellen musste. Rücksprünge sind oft Verluste,
.venn der deterministische Ablauf (die laminare Phase) richtig berechnet _ind
der Streuweitenmittelwert richtig gewählt wurde. Eine Chance besteht illerdings
noch durch den Vis-ä-vis-Effekt. Hat man es mit einer kleinen, -ehr elastischen
Kunststoffkugel zu tun, mit häufigen Streuweiten zwischen —4 und +4, dann
sollte man auch einen Streuweitenmittelwert aus diesem 3ereich wählen und
sehen, wie groß die empirische Erwartung ist.
Bei Mehrfachkollisionen kollidiert die Kugel an
verschiedenen, auch waag--echten Rauten nacheinander. Das kommt vor, wenn sie
zuerst eine Raute - dr leicht antippt und mit einer der nächsten Rauten voll
kollidiert. In die->cm Fall ist es ratsam, die zuerst leicht angetippte
Raute als Kollisionsraute _r_zusehen, da die Kugel bei ihrer letzten Kollision
oft zurückgeworfen wird. Die Mehrfachkollision hat die Tendenz, die Streuweite
zu vergrößern, die frzte Kollision verkleinert sie meistens durch den Rückwurf
wieder, so dass ezüglich der zuerst angetippten Raute eine ganz reguläre
Streuweite ent--eht. Mehrfachkollisionen sind sehr oft von den regulären Würfen
kaum zu _-:rerscheiden, was die Erwartung betrifft. Auf meinem Kessel waren
rund 2'Dc) aller Streuungen Mehrfachkollisionen (Abb. 4.5).
Ein relativ häufig vorkommendes Streuverhalten wirkt sich
noch ungüns-- -_-_ aus, und zwar wenn die Kugel quer über den
Scheibenmittelteil rollt. Ich znne dies den Schlittschuheffekt, weil mir diese
Assoziation beim Betrachten Vorgangs zuerst in den Sinn kam. Oft hat dieser
Schlittschuheffekt die _ ,iche Wirkung wie der Vis-ä-vis-Effekt. Soweit die
wichtigsten Arten des
Ein ausgesprochen reguläres Streuverhalten zeigten rund 60%
aller Coups. Aber auch hier kamen alle möglichen Streuweiten vor. Doch 40%
chaotische Streuweiten können 60% reguläre — mit ausgeprägten Maxima — nicht
wie-
der zu nichte machen. Dazu müssten sie eine
Ungleichverteilung haben, ci:e die Ungleichverteilung der regulären Streuweiten
im Mittel exakt wieder aufheben würde; doch das ist nicht der Fall — auch wegen
der zahlreichen Kompensationseffekte, die bei den Kugelläufen häufig
stattfinden. Im nächs-ten Kapitelteil werden wir sie näher kennenlernen und
darüber nachdenker_ wie und warum sie „funktionieren".
Unregelmäßigkeiten der Kugelläufe vor der Kollision kommen
auch häu¬fig vor, also im vorwiegend deterministischen Teil — in der laminaren
Phase Gewiss können die Croupiers die Kugel zu Beginn des Wurfs in beliebiEe
Eigenrotationen versetzen, was oft als „Effet" bezeichnet wird. Aber eine
ideal runde und homogene Kugel wird sich in einem idealen Kessel nada
ein paar Umläufen durch die herrschenden gleichmäßigen
Reibungsverhält-nisse gleichgerichtet und ihren Lauf normalisiert haben, so
dass sie nur mehr reguläre, wenn auch relativ komplizierte Rollbewegungen
ausführen wird. (Ich habe die Eigendrallbewegungen von künstlich gestreiften
Kugeln hfl Zeitlupenaufnahmen studiert: Es ist aussichtslos, diese Effekte
berechnen. geschweige denn vorausberechnen zu wollen. Außerdem hätte man in der
Praxis nie die Möglichkeit, so ein System unter die Lupe zu nehmen. Hier hilft
wieder nur die Statistik weiter, um das häufigste, wahrscheinlichste Ver-halten
zu entdecken.)
Laufzeiten der Kugel und die elementaren Effekte
KRLZ = KRLZ(TUK) oder: Die Kugelrestlaufzeit in Abhängigkeit
da Kugelumlaufzeit. Im letzten Abschnitt (Seite 312) haben wir die
„Kued-restlaufzeit" KRLZ kennengelernt: Die Kugelrestlaufzeit KRLZ ist
definier
wesentlichs-:cn Vorteil der Kugelrestlaufzeit (gegenüber der
Kollisionszahl etwa) haben wir darin gesehen, dass wir damit die
Scheibenumlaufzeit normieren und somit alle gelernten Coups direkt vergleichbar
machen können.
Bereits zu Beginn der ballistischen Betrachtungen ist uns
klar geworden, dass der funktionale Zusammenhang zwischen Kugelumlaufzeit und
Ku-gelrestlaufzeit ein Schlüssel für eine brauchbare Vorhersage ist. In diesem
Abschnitt sehen wir uns die Struktur dieser funktionalen Abhängigkeit was näher
an. Durch einfache Beobachtung weiß jeder, dass die Restlauf-der Kugel bei
zunehmenden Einzelumlaufzeiten abnehmen. Wird die Kugel schnell geworfen, wird
sie länger kreisen und später abstürzen; wird langsamer geworfen, dauert es bis
zur Kollision mit einer Raute nicht so _nge.
Machen wir folgendes Experiment: Mithilfe einer Stoppuhr,
die eine Zwischenzeit speichern kann, messen wir das Zeitintervall zwischen
einem - :liebigen Passieren der Kugel an einer bestimmten Kesselstelle und dem
.:.--ollisionsaugenblick, wobei wir die erste Kugelumlaufzeit TUK ab Beginn
Messung als Zwischenzeit stoppen und speichern. Ziehen wir vom __-_.samten
Zeitintervall diese Kugelumlaufzeit TUK ab, erhalten wir die Kugelrestlaufzeit
KRLZ. Damit erhalten wir Daten, wie sie in Tabelle 4.3 dargestellt sind.
Dies sind also 20 Messungen. Wir fassen die
Kugelrestlaufzeit KRLZ als Funktion der Kugelumlaufzeit TUK auf. Um nun ein
Schaubild dieses funk--_onalen Zusammenhangs zu erhalten, tragen wir die Paare
(TUK, KRLZ) als Punkte in ein rechtwinkliges Koordinatensystem ein
zeigt. Bei den KRLZ kommen vier Werte vor, die wir vorerst
als Ausreißer ansehen und in der Graphik in Klammern setzen.
Die übrigen 16 Wertepaare bilden einen länglichen,
abfallenden Punkur-schwarm, der in den gemessenen Bereichen linear erscheint
und durch dem wir uns leicht eine Gerade gezogen denken können, wie in der
Abbildung eingezeichnet. Um die Parameter für diese Gerade zu erhalten, gibt es
eia elementares Verfahren, das die Methode der kleinsten Quadrate genanza wird.
Diese ermittelt diejenige Gerade, von der die Summe der quadrierten Abstände
aller Punkte ein Minimum bildet. In vielen wissenschaftlichen Ta-schenrechnern
ist das Verfahren einprogrammiert, so dass nur die Wertpaare nacheinander
eingegeben werden müssen, um die Parameter der gesuchten Regressionsgeraden zu
erhalten.
Als Parameter dieser Geraden erhalten wir zwei Zahlen: den
Steigune. faktor m (= AKRLZ/ATUK) und den Schnittpunkt s mit der Ordinate. ea =
KRLZ(TUK = 0)). Wir erhalten für die 16 Wertepaare die Parameter rn —4,34 und
s= 13,15, womit die Gleichung der Regressionsgeraden
KRLZ = —4,34•TUK + 13,15
lautet. Setzen wir für TUK einen beliebigen Wert (zwischen
0,8 und 11 ein, so erhalten wir den dazugehörigen Funktionswert KRLZ(TUK) arl
Geraden. Auch wenn dieser TUK-Wert noch nicht konkret gemessen wuuk
erhalten wir einen dazugehörigen KRLZ-Wert; Interpolation
wird diese ein-fache Methode genannt.
KRLZ und TUK sind negativ korreliert (negativ wegen des
negativen Steigungsfaktors der Geraden), und der Korrelationskoeffizient, der
ebenfalls von den meisten wissenschaftlichen Taschenrechnern abgerufen werden
kann, beträgt in unserem Fall —0,93.111
Man kann sich sehr gut vorstellen, dass ein anderes
Kessel-Kugel-System zu einer anderen Regressionsgeraden führt. Deshalb ist es
unerlässlich, bei Kessel- oder Kugelwechsel diese Korrelation quantitativ neu
zu bestimmen.
Diese Methode reicht für eine erste, grobe quantitative
Erfassung der funktionalen Abhängigkeit zwischen Restlaufzeiten und
Einzelumlaufzeiten der Kugel, doch sie genügt nicht für eine differenziertere
und genauere Pro-gnoseerstellung.
Tatsächlich schrieb ich im Frühjahr 1977 mein erstes
Programm zur Vorausberechnung des wahrscheinlichsten Einfallbereiches der Kugel
unter Verwendung dieser Regressionsgeraden. Insgesamt befriedigten mich die
damit erzielten Ergebnisse aber nicht, obgleich sie gelegentlich ganz gut
ausfielen.
Das Problem mit den Durchschnittswerten. Der Schwachpunkt
bei der Methode der kleinsten Quadrate war zweifellos die systematische Bildung
von Durchschnittswerten. Man kann nicht alle auftretenden Besonderheiten
vereinfachen dadurch, dass man statt der vielen individuellen Werte
Durch-schnittswerte nimmt. Man könnte es, aber man würde damit die Beschrei-bung
der Abläufe, Ereignisse und Ergebnisse verfälschen. Ein ganz wichtiger
Grundsatz lautet nämlich: Bei diskreten Werten und bei allgemeinen, speziell
i.itch mehrgipfligen Verteilungen dürfen nicht ohne weiteres Mittelwerte
gebildet u'erden!
Der Diskretisierungseffekt durch die Rauten. Bei völlig
austariertem Kes-sel wird jede (in der Regel senkrechte) Raute im Laufe der
Zeit in etwa gleich oft von der Kugel getroffen — natürlich nur, wenn die
Rauten geometrisch-physikalisch perfekt (exakt gleiche Abmessungen und
Beschaffenheit) und
auch im Kessel geometrisch perfekt angeordnet sind (exakt
radial ausgerich. tet, auf der gleichen Höhe usw.).
Tragen wir die Kugelrestlaufzeit als Funktion der
Kugelumlaufzeit mii ausreichender Präzision in ein Koordinatensystem ein, dann
werden wir füi die Kugelrestlaufzeit KRLZ statt der groben Regressionsgeraden
der Abbil¬dung 4.5 eine (absteigende) Treppenfunktion erhalten: Die
Kugelrestlaufzeit für eine ganze Reihe von ausreichend benachbarten
Kugelumlaufzeiten wird jeweils nahezu gleich und damit konstant bleiben. Erst
bei Änderung der Kugelumlaufzeit um einen gewissen Betrag wird die Kugel die
benachbarte Raute treffen und somit die Kugelrestlaufzeit sich ändern. Während
sich also die Kugelumlaufzeit stetig ändern kann, bewirken die Rauten, dass die
Ku-gelrestlaufzeiten in etwa gleich bleiben oder aber, dass sie sich sprunghaft
än-dern und nur bestimmte Werte annehmen. Die graphische Darstellung einer
solchen Funktion hat die typische Form einer Treppenfunktion (Abb. 4.7). Die
Kugel kann nur an bestimmten Stellen mit einer senkrechten Raute kollidieren —
und nicht dazwischen. Je enger die möglichen Kollisionsrauten beisammen sind,
das heißt, je mehr davon im Kessel angebracht sind, desto gleichmäßig stetiger
wird die KRLZ-Funktion sein.
Die Konsequenzen dieses Diskretisierungseffekts lässt die
Rolle der Rau¬ten in einem für die Prognoseerstellung günstigen Licht
erscheinen:
Der Diskretisierungseffekt führt zu einer
„Kanalisierung" der Kugelbahnen. Inso¬fern haben die Rauten für die
Kugelbahnen eine Art „Gleichrichterfunktion".
Aber auch das ist nur die ungefähre (und weitgehend
theoretische) Form der Treppenfunktion KRLZ. In Wirklichkeit sind die
KRLZ-Werte chaotischer, zerklüfteter, und zwar vor allem wegen des
roll-chaotischen Kollisionseffekts. Erst dieser Effekt liefert eine Erklärung
für die chaotische Mikrobeschaf¬fenheit der Kugelrestlaufzeit — und für den
schon oft erwähnten Vis-ä-vis-Effekt.
Der roll-chaotische Kollisionseffekt. Bei genauer
Betrachtung ist das freie Rollverhalten der Kugel auf der schiefen Bahn
zwischen ihrer Loslösung vom Kesselrand und ihrer Kollision mit einer Raute
gekennzeichnet durch kleine Perioden der Beschleunigung (runter) und der
Abbremsung (rauf).
Das kann aber bei sehr ähnlichen Kugelbahnen sehr
verschiedene Auswir-kungen haben: Einmal kollidiert die Kugel mit einer
bestimmten Raute, und einmal kommt sie an ihr gerade noch vorbei —
Bei einem vollkommen austarierten Kessel wird bei Lauf 2 die
nächste Raute die wahrscheinlichste Kollisionsraute — der
Diskretisierungseffekt durch die Rauten.
Dennoch ist der roll-chaotische Effekt nicht mit dem
Diskretisierungs-..-ffekt gleichzusetzen. Während der Diskretisierungseffekt
durch die Rauten m Prinzip völlig berechenbar ist, ist es der roll-ch elektronik
oder hochpräziser Akustik, weil hier kleinste Störungen zu eben nicht so
kleinen Auswirkungen führen. Innerhalb gewisser Toleranzgrenzt:: sind aber die
praktischen Auswirkungen der beiden Effekte dieselben. Des¬halb wollen wir
keine Haarspalterei betreiben, sondern uns pragmatisch an den jeweiligen
Auswirkungen orientieren. Ich werde auch die beiden Effek:e schlicht als die
elementaren Effekte bezeichnen.112
Die wichtigste Auswirkung des roll-chaotischen
Kollisionseffekts besteh: darin, dass die Funktion KRLZ mehrdeutig ist, das
heißt, für ein und demse_-ben TUK-Wert kann es verschiedene KRLZ-Werte geben.
Obwohl nun der roll-chaotische Kollisionseffekt praktisch
kaum bere¬chenbar ist, kann man ihn in den Griff bekommen — zumindest bis zu
einen: gewissen Grad. Wenn nämlich für jeden engeren TUK-Bereich mehren
diskrete KRLZ Werteals Grüppchen (Cluster) vorhanden sind, entscheicir:: man
sich bei der Erstellung einer Prognose für das umfangreichste oder figste
KRLZ-Cluster. Dann hat man auch die besten Chancen, eine richtE,z Prognose zu
erstellen.
Kugelrestlaufzeiten bei den elementaren Effekten. Da die
praktischen Auswirkungen des Diskretisierungseffekts und des roll-chaotischen
Kollisi-onseffekts innerhalb gewisser Toleranzgrenzen dieselben sind, werden
wir sie als die elementaren Effekte bezeichnen.
Obwohl gleiche Kugelumlaufzeiten nicht nur nicht zu exakt
gleichen Restlaufzeiten (oder Kollisionszeitpunkten) führen, sondern zu ganz
unter-schiedlichen, kann jeder Kugelumlaufzeit eine ganze Verteilung von
Kollisi-onszeiten zugeordnet werden, wie Abbildung 4.9 zeigt, aus denen man das
aussichtsreichste lokale Grüppchen (Cluster) für eine konkrete Prognose
heranziehen wird.
Dabei darf man natürlich keine Mittelwerte über die verschiedenen
K_ gelrestlaufzeiten bilden, denn diese (theoretischen) Mittelwerte würden_ der
Praxis signifikant weniger oft vorkommen als die diskreten, konkre:_-Werte.
Die Daten in der Praxis sind nicht so schön geordnet und
sehen komr_,_-zierter aus. In der Tat ist zu erwarten, dass sich in der Praxis
alle möglich= Einzeleffekte überlagern und ein eher chaotisches Bild abgeben.
Um die resultierenden Daten eines real existierenden
Roulettes besser na verstehen, fing ich an, die Summe dreier
aufeinanderfolgender Kugelurn-
laufzeiten TUK3 zu betrachteten, da ich die Auswirkungen von
Messfehlern möglichst klein halten wollte. Die Wertepaare (TUK3, KRLZ) wurden
nur dann aufgeschrieben, wenn die Kugel mit einer der Rauten 1 oder 2
kolli¬dierte, wobei die Rauten in Kugellaufrichtung durchnummeriert wurden.
Abbildung 4.10 stellt die Graphik dar.
Interessant ist, dass wir auf dieser Abbildung die
Überlagerung des Dis-kretisierungseffekts mit dem roll-chaotischen
Kollisionseffekt beobachten können; man sieht es sowohl an den verschiedenen
Beträgen der Kugelum¬laufzeiten TUK3 als auch an denen der Kugelrestlaufzeiten
KRLZ, wie man leicht interpretiert. Und die größeren senkrechten Abstände von
KRLZ-Werten bei teilweise gleichen TUK3 Werten illustrieren sogar den
Vis-ä-vis-Effekt.
Bei der Analyse eines real existierenden Roulettes kommt man
sich vor wie ein Arzt, der bei einem Patienten zahlreiche Symptome
verschie¬dener Krankheiten diagnostiziert. Auch hier ist eine gesunde Mischung
aus Wissen und Kunst erforderlich, um den Durch- und Überblick zu bewahren.
Die Scheibenposition am Ende der Kugellaufzeit ist sehr
leicht zu be¬rechnen, da sich der schwere Rotor sehr gleichmäßig bewegt. Die
Kunst einer guten Prognose wird darin liegen, gute Kriterien für die Auswahl
der besten Kugelrestlaufzeit zu haben, sowie für das häufigste
Kugelstreuverhal-ten (speziell unter Berücksichtigung der Kompensationseffekte,
die wir in Kapitelteil 4.3 kennenlernen werden).
Tilt: Rauteneffekt; Vis-ä-vis-Effekt;
Kompensationen
Zu Beginn meiner Untersuchungen, vor Jahrzehnten, tarierte
ich meinen Kessel aus, so gut es ging. Trotzdem konnte ich nicht verhindern,
dass die Kugel mit einigen Rauten signifikant häufiger kollidierte als mit
anderen. Dabei fiel mir auf, dass die häufigsten Kollisionsrauten meistens
unmittelbar benachbart waren. Zuerst führte ich diesen Vorfall auf die starke
Abnutzung meines alten Kessels zurück. Dann fragte ich mich, wie denn das mit
den anderen Kesseln in den Casinos so sei. Also fuhr ich zur nächsten Spielbank
und fertigte so viele Kollisionsstrichlisten der Rauten an, wie Tische in
Betrieb waren. Und siehe da: Alle hatten den gleichen, mehr oder weniger
ausgeprägten Tick, den ich Rauteneffekt nannte.
Die Ursache für einen Rauteneffekt bei idealen und ideal
angeordne¬ten Rauten kann nur eine räumliche Kesselschieflage sein, also eine
nicht vollkommen horizontale Kessellage. Warum kommt das aber so häufig vor,
obwohl die Kessel regelmäßig austariert werden, wie von Spielbankseite oft zu
hören ist? Es dauerte nicht lange, bis mir dieser Tatbestand plausibel
er-schien: Einerseits genügt eine sehr geringe Schieflage von 0,1 bis 0,2 Grad,
um den Effekt hervorzurufen, und andererseits ist der Kugellauf bei einem
Kesseltilt empfindlicher, als es selbst gute Wasserwaagen sind.
Für einen Tilt spricht noch: Die Kessel sind in der Regel in
den Tisch eingelassen, und der Tisch steht mit seinen Füßen auf dem
Teppichboden. Bei den vielen Leuten, die sich häufig auf den Tischrand stützen,
um ihre Einsätze zu platzieren, kann der Tisch — und somit der Kessel — nicht
lange perfekt waagrecht bleiben." 4
Der Rauteneffekt
Der Rauteneffekt als Folge geringster Kesselschieflagen. Der
erste Ef-fekt, den Kesselgucker entdeckten, war der Rauten-Effekt. Sie
entdeckten nämlich, dass bei den meisten Kesseln nicht alle (senkrechten)
Rauten im Mittel gleich oft von der Kugel getroffen wurden. Einige Rauten in
einem zusammenhängenden Kesselbereich wurden deutlich öfter getroffen als die
gegenüber liegenden Rauten. Und in einigen Extremfällen kollidierte die Kugel
sogar nur mit einer einzigen senkrechten Raute — ganz unabhängig davon, wie
langsam oder schnell die Kugel geworfen wurde. Eine Strichliste wie in Tabelle
4.4 ist schnell angefertigt.
Da der Kessel nicht perfekt waagrecht ist, werden diejenigen
Rauten voz der Kugel am häufigsten getroffen, die in der schiefen Kesselebene
„am Berg¬liegen. Und das gilt ebenfalls für den Loslösepunkt der Kugel vom
Kesselranc. (obgleich dieser Loslösepunkt kein „Punkt" ist, sondern über
einen gewisses Bereich „verschmiert" ist). Dennoch ist dies eine relevante
Information. ciie es den Kesselguckern erlaubte, ihre Prognose darauf
aufzubauen: Ausgehen:. von der häufigsten Kollisionsraute bzw. vom
Loslösepunkt, versuchten sat denjenigen früheren Zeitpunkt T* (am Loslösepunkt)
zu erraten, der zwee_ Bedingungen erfüllte:
* Ab dem
Zeitpunkt T* macht die Kugel noch genau vier Umläufe.
* Während
dieser vier restlichen Kugelumläufe legt die Scheibe (in entge-gengesetzter
Richtung) noch einen ausreichend gut abzuschätzenden Weg zurück (zum Beispiel
zwei volle Umläufe).
War so ein Zeitpunkt T* am Loslösepunkt ausgemacht, würde
die Scheibe —in unserem Beispiel — im Kollisionsaugenblick in der gleichen
Position sein,, und der Kesselgucker bräuchte dann nur mehr die ungefähre
mittlere Kuzzi-sprungweite von der Nummer unter dem Loslösepunkt in
Kugellaufrichtung
auftragen, um seine Prognose abzulesen — vier Kugelumläufe
vor der Kolb-sion. Und meistens reicht das zeitlich, um noch die Ansage zu
machen oder gar selbst zu setzen.
Das Kollisionsdiagramm des Rauteneffekts. Statt einer
Strichliste hat auch die Erstellung eines Kollisionsdiagramms (wie in Abb.
4.11) als lich erwiesen — vor allem dann, wenn zusätzlich noch die
Kugeleinfallberel-che bezüglich des starren Kessels betrachtet wurde.
Die Nützlichkeit des Rauteneffekts.115 Die enormen Vorteile
des Rautenef-:ekts liegen auf der Hand:
er ist schnell identifiziert und erlaubt einen zuverlässigen
Rückschluss auf den Tilt des Kessels; die Zuverlässigkeit ist mindestens so
groß wie die einer Präzisionswasserwaage — wobei man Letztere erst gar nicht
braucht; er verstärkt sowohl den Diskretisierungseffekt als auch den
roll-chaoti¬schen Kollisionseffekt zum Vis-ä-vis-Effekt — und
„kanalisiert" noch stär¬ker die Kugelbahnen (wodurch zahlreiche kleine
Schätz- oder Messfehler sich nicht sonderlich auswirken);
er verstärkt darüber hinaus auch einige sogenannte
Kompensationseffek¬te, wie wir im nächsten Abschnitt sehen werden;
• die
Casinos bemühen sich, die Kessel regelmäßig auszutarieren; die Er-fahrung hat
aber gezeigt, dass kleine Kesselschieflagen günstiger sind ab große; durch den
regelmäßigen Versuch des Austarierens werden die Kes-selschieflagen also meist
optimal klein gehalten.
Verstärkung der anderen Effekte
Der Vis-ä-vis-Effekt als Verstärkung elementarer Effekte.
Bereits in Ka-pitelteil 3.3 habe ich von diesem Vis-ä-vis-Effekt Gebrauch
gemacht. Es ist eine ganz gute Faustregel, wenn die folgenden zwei Bedingungen
herrschen:
1. der
Kessel hat einen Tilt, und
2. die
Scheibenumlaufzeit ist etwa doppelt so lange wie die Kugelumlauf¬zeit in ihrem
letzten Umlauf vor der Kollision mit einer Raute.
Der Diskretisierungseffekt und der roll-chaotische
Kollisionseffekt, die ele-mentaren Effekte bei Kesseln ohne Tilt (Kapitelteil
4.2), haben praktisch dieselben Auswirkungen. Deshalb müssen wir als
Pragmatiker zwischen ih-nen im Konkreten gar nicht unterscheiden. Doch gilt das
auch bei Kesseln mit Mit?
Ja! Beide elementaren Effekte werden durch einen Kesseltilt
verstärkt und münden in den Vis-ä-vis-Effekt (immer falls die
Scheibenumlaufzeit etwa doppelt so lange ist wie die Kugelumlaufzeit in ihrem
letzten Umlauf).116
Der Vis-ä-vis-Effekt als vermeintlicher
„Umdrehungsirrtum". Kesselgu-cker sind darauf angewiesen, einen besonderen
Kugelumlauf zu erkennen. immer wieder, denn der weitere Verlauf ab diesem
Augenblick lässt sich ganz gut abschätzen bzw. folgern. Wenn die Kugel nun bei
einem Wurf nach dem erkannten Umlauf nicht noch vier, sondern fünf Umläufe
macht, glaubt ein Kesselgucker nicht selten, dass er einem
„Umdrehungsirrtum" erlegen ist, d. h., dass er den Referenzumlauf der
Kugel einen Umlauf zu früh ge¬schätzt hat. Obwohl dies natürlich möglich ist —
was für ein Irrtum ist hier schon ausgeschlossen? —, hat er sich gar nicht
geirrt, sondern es hat einfach ein Diskretisierungseffekt oder ein
1-oll-chaotischer Kollisionseffekt, jeweils bei Kesseltilt stattgefunden — und
das ist ein Vis-ä-vis-Effekt. Man könnte sogar sagen: Nicht der Kesselgucker
hat sich geirrt, sondern die Kugel ... In der Tat scheint dieser wichtige
Aspekt bei der Prognoseerstellung den Kesselguckern
das größte dauerhafte Problem bereitet zu haben. Abbildung
4.12 veran-schaulicht den einfachen Vis-a-vis-Effekt.
Kompensationseffekte: systematisches Glück. Bedingt durch
die elemen-taren Effekte, kann die Kugel bei weitgehend gleichen
Anfangsgeschwindig-keiten an verschiedenen Rauten kollidieren. Kollidiert sie
früher (vor der berechneten Kollisionsraute), hat sie noch eine größere
Bewegungsenergie — die sie in einer im Mittel längeren Streuung abbaut.
Kollidiert die Kugel dagegen später (nach der berechneten Kollisionsraute), hat
sie schon eine geringere Bewegungsenergie — wodurch sie im Mittel kürzer
streut.
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