Der Goldmarkt Trading SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Author D.Selzer-McKenzie
Zum Golde drängt, am Golde hängt doch alles«, wusste schon
Johann Wolfgang von Goethe. Seit Tausenden von Jahren fasziniert der Glanz des
Goldes die Menschen. Nicht nur als Schmuck wird Gold geschätzt, sondern auch
als Wertaufbewahrungsmittel. Gerade in Phasen von Währungsturbulenzen und
Wirtschaftskrisen steigt die Nachfrage nach dem Edelmetall.
Den meisten Anlegern wird die jüngste Entwicklung des
glänzenden Edelmetalls nicht entgangen sein. So verzeichnete der Goldpreis
Mitte April den stärksten Tagesrückgang seit mehr als 30 Jahren und fiel
zwischenzeitlich auf ein 2-Jahres-Tief. Einige Markt-beobachter sprachen im
Anschluss sogar vom Platzen einer Blase.
Realität oder Übertreibung? Die Rohstoffanalysten der
Commerzbank haben die aktuelle Preisentwick-lung bei Gold mit früheren Blasen
verglichen und keine Blasenbildung feststellen können. So spricht das
fundamentale Umfeld aus ultralockerer Geld-politik, niedrigen Realzinsen und
einem drohenden weltweiten Abwertungswettlauf weiterhin für einen steigenden
Goldpreis.
Im Folgenden geben Ihnen unsere Rohstoffanalysten einen
Überblick über die aktuellen Tendenzen am internationalen Goldmarkt. Nutzen Sie
die Anregun-gen unserer Experten, gewinnen Sie neue Perspek-tiven und entdecken
Sie Investitionsmöglichkeiten, um an der Entwicklung des glänzenden Edelmetalls
zu partizipieren.
FUNDAMENTALANALYSE (CARSTEN FRITSCH, COMMODITY RESEARCH
COMMERZBANK) Der Goldpreis war Mitte April regelrecht eingebro¬chen. An einem
einzigen Tag verlor das gelbe Edel¬metall 9 Prozent an Wert. Dies entspricht
dem stärks¬ten Tagesrückgang seit mehr als 30 Jahren. Innerhalb von zwei
aufeinanderfolgenden Handelstagen hat sich Gold um mehr als 200 US-Dollar je
Feinunze verbilligt, was der stärkste absolute Preisrück¬gang aller Zeiten war.
Mit etwas mehr als 1.320 US-Dollar je Fein¬unze war Gold zeitweise so
preis¬wert wie zuletzt vor mehr als zwei Jahren (Grafik 1). Der Preissturz war
nicht auf einen stärkeren US-Dollar zurückzuführen. Der Gold¬preis in Euro ist
im selben Zeitraum ebenfalls um knapp 200 Euro je Feinunze gefallen und
erreichte mit gut 1.000 Euro je Feinunze das niedrigste Niveau seit Mai 2011.
Vom im September 2011 bei 1.920 US-Dollar erreich-ten
Rekordhoch hatte sich der Goldpreis zeitweise um bis zu 30 Prozent entfernt,
vom Zwischenhoch im Oktober 2012 um gut 25 Prozent. Dieser Umstand und das
Ausmaß des jüngsten Preisrückgangs ließ viele Marktbeobachter vom Platzen einer
Blase spre-chen. Zwar war der Goldpreis zwischen 2001 und 2012 auf
Schlusskursbasis in zwölf aufeinanderfol-genden Jahren gestiegen und hatte sich
zwischen-zeitlich versiebenfacht. Zudem war der
Goldpreis in den vergangenen Jahren deutlich stärker
gestiegen als die Ver¬braucherpreise. Der reale Goldpreis — also
korrigiert um den US-Verbraucher¬preisindex — hat ebenfalls
kräftig
zugelegt und liegt trotz des jüngsten deutlichen Rückgangs
immer noch viel höher als im langfristi-gen Durchschnitt (Grafik 2). Der
Goldpreis ist in den letzten Jahren auch deutlich stärker gestiegen als der
Aktienmarkt. Im September 2011 entsprach der Dow Jones Index nur noch dem Wert
von weniger als sechs Unzen Gold. Teurer war Gold im Vergleich zu
Aktien zuletzt im Jahr 1989.
Eine Blase ist aber vor allem dadurch charakterisiert, dass
der letzte Preisanstieg exponentiell verläuft und direkt darauf ein scharfer
Preiseinbruch erfolgt. In den letzten 15 Jahren hat es an den Finanzmärkten
zwei bekannte Blasen gegeben, welche diese Kriteri¬en erfüllen: die
New-Economy-Blase und die Ölpreis-blase, welche im März 2000 bzw. Juli 2008
platzten. Die Aktienkurse an der Nasdaq und der Preis für Rohöl stiegen
zunächst über mehrere Jahre kontinu-ierlich, bevor sie exponentiell zulegten
(Grafik 3). In den sieben Monaten vor dem Erreichen des Rekord-hochs hatte sich
der Nasdaq Composite nahezu ver-doppelt. Ähnliches gilt auch für den Ölpreis im
ersten Halbjahr 2008. Dagegen hat sich Gold von Januar bis Anfang September
2011 »nur« um 30 Prozent verteu¬ert, was kaum stärker war als der
jahresdurchschnitt¬liche Preisanstieg bis 2010.
Sowohl bei der Nasdaq als auch beim Ölpreis kam es in den
Monaten nach dem Erreichen des Rekord-hochs zudem zu einem kräftigen Rückgang
(Grafik 3). Die Nasdaq hat sich in den 9 Monaten bis Ende 2000 halbiert. Der
Ölpreis brauchte dafür im Jahr 2008 sogar nur 3 Monate. Bei Gold lagen hingegen
zwi¬schen dem Rekordhoch im September 2011 und dem jüngsten Absturz 19 Monate,
in den 3 Monaten direkt nach dem Rekordhoch ist der Goldpreis »lediglich« um 20
Prozent gefallen. Eine Blase, die erst nach so langer Zeit platzt, ist äußerst
ungewöhnlich.
Auch am Goldmarkt hat es Anfang 1980 schon eine Blase
gegeben, die im Prinzip ebenfalls die genann¬ten typischen Charakteristika
aufwies und sogar deut¬lich ausgeprägter war als jene an der Nasdaq oder beim
Ölpreis. Damals brauchte der Goldpreis weniger als zwei Monate, um sich zu
verdoppeln, und zwei Monate nach dem Erreichen des damaligen Rekord-hochs hatte
sich der Preis wieder nahezu halbiert. Damit würde sich ein Vergleich mit der
aktuellen Situation erübrigen. Wie 2011 entsprach aber auch damals die
Investmentnachfrage etwa 40 Prozent der gesamten Gold¬nachfrage. Allerdings ist
heute der Anteil der Europäer und Nordamerikaner an der Invest¬mentnachfrage
laut World Gold Council mit weniger als 50 Prozent deutlich niedriger als
damals (über 70 Prozent). Dafür belief sich der Anteil der Chinesen und Inder
im letzten Jahr auf knapp 40 Prozent, wäh¬rend sie vor 33 Jahren nur einen
vernachlässigbaren Teil der Investmentnachfrage ausmachten. Diese Nachfrage
dürfte deutlich nachhaltiger sein als jene aus den westlichen Industrieländern.
Denn ihr Motiv ist weniger eine Absicherung gegen einen Zusam¬menbruch des
Finanzsystems. Vielmehr dürften die gestiegenen Einkommen und die in dieser
Region generell höhere Inflationsrate wesentliche Investiti¬onsmotive sein.
Es gibt einen weiteren großen Unterschied zwischen 1980 und
heute: Der Preisrückgang damals wurde durch eine Straffung in der
US-Geldpolitik ausgelöst. Der US-Leitzins wurde von Oktober 1979 bis März 1980
von 11,5 auf 20 Prozent angehoben. Dadurch stieg der Realzins kräftig, was Gold
aus Sicht der Anleger weniger attraktiv machte (Grafik 4). Aktuell ist
lediglich ein früheres Ende der Fed-Anleihenkäufe vorstellbar. Von
bevorstehenden Zinsanhebungen der US-Notenbank kann dagegen keine Rede sein,
geschweige denn in einer Größenordnung wie vor 33 Jahren.
Ebenfalls gilt zu bedenken, dass Gold trotz des kontinuierlichen Preisanstiegs
in den vergangenen Jahren noch immer nur einen kleinen Anteil in den Portfolios
der Privatanleger ausmacht. Laut einer aktuellen Studie des World Gold Council
machen die privaten Goldbestände derzeit nur 1 Pro¬zent des globalen
Finanzanlagevermögens aus. Das entspricht in etwa dem Durchschnittswert der
Neun¬zigerjahre. Im Jahr 1980 betrug der Goldanteil dagegen 14 Pro-zent.
Wir können bei Gold somit keine Anzeichen einer Blase
erkennen. Von daher ist eine anhaltende Abwärtsbewegung des Goldpreises
un¬wahrscheinlich. Privatanleger erachten das derzeitige Preisniveau bereits
als Kaufgelegenheit. Die Nach¬frage nach Goldmünzen und -barren hat nach dem
Preisrückgang spürbar angezogen. Der Absatz von US-Goldmünzen erreichte im
April das höchste Niveau für einen Monat seit Dezember 2009, wobei der Großteil
der Goldmünzen nach dem Preissturz in der zweiten Monatshälfte verkauft wurde
(Grafik 5). Auch in China berichteten Händler von einer »außerordent¬lichen«
physischen Nachfrage. Im wichtigsten Gold-nachfrageland Indien haben die
deutlich gesunkenen Preise ebenfalls zu einem merklichen Anstieg der
Goldnachfrage geführt.
Aus unserer Sicht weist die aktuelle Situation eher
Parallelen zum vorübergehenden deutlichen Preis-rückgang im Oktober 2008 auf
als zu anderen Blasen. Damals ist der Goldpreis binnen zweier Tage eben¬falls
um knapp 200 US-Dollar je Feinunze gefallen, konnte die Verluste aber in den
darauffolgenden drei Monaten wieder wettmachen. Auch im Herbst 2008 ging der
Preisrückgang bei Gold mit einem Rückgang der Rohstoffpreise und einer
Abwärtsrevision der
globalen Wachstumserwartungen einher, weshalb die zuvor
beträchtliche Angst der Investoren vor einer stärkeren Inflation deutlich
abnahm. Ähnlich wie im April sind auch vor 41/2 Jahren vor allem kurzfristig
orientierte Marktteilnehmer aus dem Goldmarkt aus-gestiegen. Diese kehrten in
den darauffolgenden Monaten wieder in den Markt zurück.
Das positive fundamentale Umfeld für Gold hat sich auch nach
dem Preiseinbruch nicht verändert. Die Zentralbanken der Schwellenländer kaufen
seit drei Jahren Gold. Angesichts des niedrigen Anteils von Gold in den
Währungsreserven der Schwellenländer sollten die Zentralbanken das niedrigere
Preisniveau in den kommenden Monaten zu weiteren Käufen nutzen. Als weiterer
preisunterstützender Faktor ist die ultralockere Geldpolitik der Zentralbanken
in den Industrieländern zu nennen. Die Realzinsen sind deshalb nach wie vor
sehr niedrig (Grafik 4), was für eine Erholung der Investmentnachfrage im
Jahres-verlauf spricht. Zudem besteht nach den Beschlüssen der japanischen
Notenbank das Risiko eines globalen Abwertungswettlaufs. Hiervon sollte Gold
als alterna¬tive Währung profitieren.
Es wird dennoch einige Zeit dauern, bis Gold einen neuen
Aufwärtstrend aufnehmen wird. Denn der starke Preisrückgang
hat den Ruf von Gold als sicherem Hafen und wert-stabiler
Anlage erschüttert. Auch das charttechnische Bild ist nach dem Unterschreiten
einiger wichtiger Unterstützungslinien angeschlagen. Zudem verzeich-nen die
Gold-ETFs weiterhin Abflüsse. Seit Jahres-beginn belaufen sich diese auf 418
Tonnen. Damit wurden alle Zuflüsse seit Juli 2011 wieder rückgängig gemacht
(Grafik 6). Zumindest in diesem Segment des Goldmarkts scheint sich im letzten
Jahr eine Übertreibung gebildet zu haben, welche nun korri¬giert wird. Anleger
werden deshalb zunächst noch vorsichtig sein. Wir sehen in den kommenden zwei
Monaten eine Phase der Bodenbildung beim Gold-preis im Bereich von 1.300 bis
1.500 US-Dollar je Feinunze. In der zweiten Jahreshälfte sollte das Ver-trauen
der Anleger in Gold allmählich zurückkehren. Für das Jahresende rechnen wir mit
einem Goldpreis von 1.700 US-Dollar je Feinunze.
GOLD ALS ANLAGEKLASSE:
GERINGER GLEICHLAUF, GERINGES RISIKO Gold ist zwar vor allem
als Wertaufbewahrungsmittel und Krisenwährung gefragt. Aus Gründen der
Diver-sifikation sollte das Edelmetall jedoch in keinem De-pot fehlen. Aus der
Kapitalmarkttheorie ist bekannt, dass nur durch eine breite Streuung in mehrere
Anlageklassen das Risiko eines Portfolios reduziert oder alternativ bei
gleichem Risiko der Gesamtertrag gesteigert werden kann.
Gold ist dabei ein ideales Mittel, um das Portfolio
effizient zu diversifizieren. Denn breite Streuung allein reicht nicht aus.
Anleger laufen sonst Gefahr,
Anlageklassen mit starkem er Diversifikation kombinieren.
Das Risiko eines
Gleichlauf (Korrelation) zu
Portfolios wird nur reduziert,
indem Anlageklassen mit gerin-
ger oder negativer Korrelation kombiniert werden. Die
Korrelation von Gold zu den traditionellen Anlageklassen Aktien und Anleihen
ist sehr niedrig. So beträgt der Korrelationskoeffizient beispielsweise zum DAX
über fünf Jahre nur +0,03. Ein Koeffizient von +1 bedeutet, dass sich zwei
Anla¬gen im perfekten Gleichlauf bewegen: Steigt eine Anlage, steigt auch die
andere im selben Ausmaß. Ein Koeffizient von 0 heißt, dass beide Anlagen sich
unabhängig voneinander bewegen. Ein Koeffizient von —1 bedeutet genau das
Gegenteil des perfekten Gleichlaufs: Beide bewegen sich perfekt gegenläufig.
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