Dienstag, 4. Juni 2013

Unije Croatia Reise Travel SelMcKenzie Selzer-McKenzie


Unije Croatia Reise Travel SelMcKenzie Selzer-McKenzie



 

Ein Reisebericht von D.Selzer-McKenzie

Das kroatische Eiland Unije ist ein ungeputztes Juwel im Mittelmeer. Hierher kommt nur, wer versehentlich zu früh von der Fähre geht oder vorsätzlich die Einsamkeit sucht. Aber derer werden immer mehr. Und der Bürgermeister arbeitet am sanften Fremdenverkehr.

 

Unije ist Teil eines Archipels aus 13 Inseln in der Kvarner Bucht. Mit knapp 17 Quadratkilometern ist sie etwa halb so groß wie Borkum. Auf der Karte sieht das Eiland aus wie ein umgedrehter Revolver: Der Schaft ist zerfranst durch drei Buchten, die Mündung zeigt auf die Nachbar¬insel Srakane. Am Abzug liegt der Ort Unije.

Lesesaal aus dem Jahr 1897

Nur 90 Einwohner leben das ganze Jahr hier. Das höchste Gebäude ist der Glockenturm der Kirche des heiligen Andreas aus dem Jahr 1857. Eine

 

viele Geckos wie anderswo Urlauber. Trifft man neben Ziegen und Feldhasen doch mal einen Menschen, kommt man schnell ins Gespräch: „Es ist herrlich ruhig. Wir kommen seit 15 Jahren je¬den Sommer", erzählt das Pärchen, das gerade mit Isomatte und Rucksack beladen zur nächsten Badebucht wandert. „Früher gab es mal zwei Autos. Als sie aufeinander trafen und sich die Kühlerhauben knutschten, schaffte man sie schnell wieder ab", berichtet die junge Frau und lacht. „Aber inzwischen gibt es wohl ein Moped für die Jugendlichen." Ihr Vater hat ein Ferien¬haus auf Unije. Er ist einer der knapp 1000 Men-

 

 

Hallo und Auf Wiedersehen bis zum nächsten Mal: Auf Unije   Morgens um sieben bringt die Fähre Lebensmittel und Urlauber nach Unije und auf die

hat man noch Zeit, einem Schiff nachzuwinken.       Nachbarinseln. Abends fährt sie zurück. Außerdem steuert ein Catamaran täglich die Insel an.

 

leger sitzen und zuschauen, wie Brot, Bier, Nek-tarinen und Toilettenpapier ausgeladen werden. Jeden Tag bringt die Fähre Lebensmittel vom kroatischen Festland. Manchmal spuckt sie dabei auch ein paar Touristen aus. Aber meist eher ver-sehentlich. Diese wollten eigentlich erst beim nächsten Stopp auf „Susak" an Land gehen. Aber wer schon mal da ist, trinkt dann doch einen Kaffee unter der blauen Markise des Strandcas und schaut sich danach auf der Insel um - denn die nächste Fähre fährt erst am Abend zurück.

 

Straße führt steil den Hügel hinauf, vorbei am einzigen Lebensmittelladen und am Kunsthand-werk-Atelier, das zugleich Souvenirladen ist. Im Gebäude der Post befindet sich ein kroatischer Lesesaal aus dem Jahr 1897. Den Schlüssel hat der Postmann, er macht aber gerade Mittag, so dass die Besichtigung warten muss.

Begleitet von einer Schar Schmetterlinge geht es auf schmalen Pfaden über Macchia-bewachsene Hügel. Grillen zirpen, es duftet nach Minze und Rosmarin. Am alten Leuchtturm sonnen sich so

 

schen, die einfach den Sommer hier verbringen. Gern würde Bürgermeister Robert Nikolk die Teilzeitbewohner dazu bewegen, auch im Winter zu bleiben. Schließlich wurde die Insel schon vor 3000 Jahren besiedelt. Das belegen archäologi-sche Funde wie die Reste von drei Befestigungs¬anlagen, die auf den Hügeln thronen, und die Ruinen einer römischen Villa, erbaut irgend¬wann zwischen dem ersten bis vierten Jahr¬hundert. Damals bedeckten Olivenbäume und Weinreben die ganze Insel. Heute leben die

Einheimischen neben Fischfang und Oliven¬anbau auch vom aufkommenden Tourismus. Später sitzt Bürgermeister Nikolid für ein Gespräch im Strandcaf. Seine Wurzeln auf die¬sem Flecken Erde reichen 600 Jahre zurück. „Viele Menschen sind nach dem Zweiten Welt¬krieg in die USA emigriert", erzählt er. Deshalb hat auch er dort Verwandte, die er einmal im Jahr besucht: zwei Onkel und zwei Tanten sowie 53 Cousins und Cousinen ersten und zweiten Grades. „Ich mag New York", sagt er und schaut Richtung Horizont, „aber ich bekomme dort Kopfschmerzen. Ich leide, wenn ich das Meer nicht sehe." Wie seine Umgebung strahlt auch er eine große Ruhe aus. Dabei hat er genug zu tun. Er ist Geschäftsführer einer Müllentsorgungs-firma, hat eine Frau, drei Kinder, fünf Katzen und zwei Hunde. Nebenbei organisiert er Meis¬terschaften im traditionellen Speerfischen und ist Mitglied der internationalen Slowfood Organi¬sation, die sich für Frische, Geschmack sowie fai¬re und umweltbewusste Herstellung von Lebens¬mitteln einsetzt. Eine nachhaltige Entwicklung ¬auch im Tourismus - ist ihm wichtig: „Wir haben kein Hotel, aber 150 Gästebetten. Das ist auch die absolute Obergrenze", meint er.

Vielleicht wirkt Unije-Ort deshalb wie aus der Zeit gefallen. Die flachen, breiten Häuser sind wie ein Amphitheater zum Meer hin ausgerich-

 

tet. Kein Hochhaus verschandelt die Landschaft. In den Gärten wachsen Tomaten, Möhren, Zucchini, alles bio - auch ohne Kontrolllabel. Aufgrund des tonhaltigen Sandsteins und der 2500 Sonnenstunden im Jahr ist die Insel seit je-her sehr fruchtbar. Ihr früherer Name „Nia" leitet sich vom griechischen „Heneios" ab, was so viel wie Feld bedeutet.

Sport statt Langeweile

Trotzdem wird nichts in Massen angebaut, wes¬halb vieles mit der Fähre auf die Insel transpor¬tiert wird. „Als das Schiff im Winter wegen schlechten Wetters 20 Tage lang nicht kam, ha¬ben wir unser eigenes Brot gebacken", erzählt der Bürgermeister. Für besondere Anlässe und Not¬fälle gibt es einen kleinen Flughafen. Eine dreisit¬zige Propellermaschine fliegt von dort auf die Nachbarinsel Loknj. Früher sind die Kinder da¬mit in die Schule geflogen. Heute lernen die sie¬ben Schüler per Videokonferenz. Wird es nicht doch mal langweilig auf einer so kleinen Insel? „Nein", sagt Nikolid. Im Sommer finden jede Menge Wettbewerbe statt: Wasserpolo, Volley¬ball, Fußball. Außerdem gibt es ein großes Musikfest in der Kirche.

Wer auf Unije unterwegs ist, egal in welcher Richtung, sollte unbedingt Wasser und Proviant

 

mitnehmen. Eine Einkehrmöglichkeit gibt es außerhalb des Ortes nicht. Obendrein ist es viel schöner, sich auf einen Hügel zu setzen, den Blick auf die Kreidefelsen und das Meer zu genießen, zu picknicken und sich dabei vom Wind die Haare fönen zu lassen. Gut möglich, dass im Meer ein paar Delfine vorbeischwimmen. Das Wasser ist extrem sauber, und die feinkiesigen Badebuchten hat man oft ganz für sich allein. Am „römischen Weg" liegt die Bucht Maradol, die bei Seglern beliebt ist. Dort dümpeln ganz malerisch ein paar Boote. Aus dem Gebüsch am Wegesrand surren Bienen. Seit 2004 erforschen hier deutsche und kroatische Wissenschaftler das verstärkte Sterben der Bienenvölker. Dabei wur¬den (nicht stechende) Arten von Bienen aus ganz Europa nach Unije gebracht, um sie resistent ge¬gen Milben zu machen.

Am Abend trifft man so ziemlich alle Urlauber in den drei Restaurants am Meer wieder. Alle bieten die gleichen Gerichte zu gleichen Preisen an. Gegen halb acht tuckert die Fähre heran und saugt die versehentlich hier Gestrandeten wieder ein. Ein Pärchen verabschiedet seinen Besuch und winkt dem Schiff hinterher - eine ganze Viertelstunde lang. Auf Unije hat man eben noch Zeit dafür.

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