Geldmarkt Chinesischer Renminbi Trading SelMcKenzie
Selzer-McKenzie
Author D.Selzer-McKenzie
Manchmal gibt es Einschätzungen an den Finanzmärkten, die so
weit verbreitet sind, dass sie kaum noch hinterfragt werden. Eine dieser
»Weisheiten« am Devisenmarkt ist sicherlich die Aussage: Der chine¬sische
Renminbi ist unterbewertet. Ob Analyst, Investor oder Politiker, niemand muss
bei dieser Feststellung Sorge haben, dass er auf größeren Widerspruch treffen
könnte. Allerdings ist der Wahrheitsgehalt einer Aussage nicht immer mit deren
Häufigkeit korreliert.
Wer sich in seiner bisherigen heilen Welt nicht stören
lassen will, sollte die Lektüre an dieser Stelle einstel-len. Wer weiterliest,
wird erkennen, wie wenig die Argumente für eine Unterbewertung des Renminbi
taugen. Gern wird bei Analysen eines sogenannten fairen Werts einer Währung auf
die Kaufkraftparitä-tentheorie zurückgegriffen. Nun hat diese Theorie schon an
sich einige Schwächen (so bezieht sie sich nur auf handelbare Güter) und auch
die empirischen Ergeb¬nisse sind eher dürftig (Wechsel¬kurse weichen über einen
langen Zeitraum erheblich von den Kaufkraftparitätenkursen ab). Vor allem aber
macht eine Anwendung im Falle Chinas schon deswegen kaum Sinn, da China noch
weit davon entfernt ist, eine Marktwirtschaft zu sein. Nach wie vor werden
Preise administriert und sind nicht immer Ausdruck von echten Marktkräften.
Deswegen wird zur Argumentation einer Unterbe-wertung vor
allem immer wieder auf den enormen Handelsüberschuss Chinas verwiesen. Dieser
findet seinen Ausdruck letztlich in den über die Jahre kräf¬tig gewachsenen
Währungsreserven. Schon seit Januar 2006 ist China der größte Halter von
Wäh-rungsreserven weltweit, und das mittlerweile mit einem immen¬sen Abstand.
Mit einer stärkeren Währung, so die Argumentati¬onslinie, wären die chinesischen
Exporte preislich weniger wett-bewerbsfähig und der Über¬schuss letztlich
geringer. So nachvollziehbar sich das auch anhört: Ein Blick auf die Daten
nimmt diesem Argument schnell den Wind aus den Segeln. Dazu vergleichen wir den
handelsgewichteten Wechselkurs des chinesischen Yuan mit der Entwicklung der
chinesischen Handelsbilanz.
zwischen 1999 und 2005 zunächst eine Aufwertung, dann eine
Abwertung, ohne dass sich der Handelsüberschuss überhaupt veränderte. Ein
Zusammenhang zwischen Wechselkurs und Außen-handel bestand also nicht. Noch
kurioser aber wird die Lage ab 2005. Seitdem geht eine Aufwertung des
chinesi¬schen Yuan regelmäßig mit steigenden, eine Abwertung mit sinkenden
Handelsüberschüs¬sen einher. Der tatsächliche Zusammenhang ist also genau
umgekehrt, als gemeinhin unterstellt wird. Eigentlich würde das also bedeuten,
dass ein stärkerer chinesi¬scher Yuan die Überschüsse weiter ansteigen lassen
würde. Zumindest aber kann man festhalten, dass zwischen Wechselkurs und
Außenhandel nicht der erwartete Zusammenhang besteht. Wenn dieser Zu¬sammenhang
fehlt, können aber auch die Überschüs¬se nicht als Argument für eine
Unterbewertung tau¬gen. Wer also ehrlich ist, kommt zu dem Ergebnis, dass sich
eine Über- oder Unterbewertung des chine¬sischen Yuan kaum nachweisen lässt.
Das heißt frei¬lich nicht, dass bei einer Freigabe des Renminbi nicht zunächst
mit einer Aufwertung zu rechnen wäre. Ob eine solche aber nachhaltig wäre,
können die Daten kaum klären.
Gleichwohl ist mit einer wirklichen Freigabe auf ab-sehbare
Zeit noch nicht zu rechnen. Dennoch haben die Verantwortlichen in Peking in den
letzten Mona¬ten anscheinend einen Strategiewechsel vollzogen. In den letzten
Jahren wertete der Renminbi gegenŸber dem US-Dollar immer nur dann auf, wenn
der Dollar allgemein schwach war. Tendierte der US-Dollar hingegen zur Stärke,
ließ sich Peking
trotz teilweise erheblicher Proteste aus den USA nicht davon
abhalten, den Kurs stabil zu halten. Spätestens jetzt wird das Dilemma
deutlich, in dem sich die Chinesen befinden. Auf der einen Seite machen sie
sich angreifbar, da der US-Dollar/Chine-sischer Yuan-Kurs nicht mehr als 1
Prozent nach oben oder nach unten von dem täglich durch die Notenbank fixierten
Kurs abweichen darf. Zum an-deren hat auch die Aufwertung der letzten Jahre
nicht dazu geführt. dass sich der bilaterale Handelsüberschuss mit den USA
abgebaut hätte. Wer bisher einen stär¬keren US-Dollar erwartete, war bei seiner
Prognose für den US-Dollar/Chinesischer Yuan-Wechselkurs immer gut beraten,
unter der meist vom Konsens erwarteten Aufwertung zu bleiben. Diese
Hilfestel¬lung entfällt mit der neuen Strategie. Das könnte auch daran liegen,
dass Peking erkannt hat, dass der Einfluss des effektiven Wechselkurses auf die
Handelsbilanz keineswegs so stark ist wie oft unter¬stellt. Aus dieser Sicht
hat der US-Dollar/Chinesi-scher Yuan-Wechselkurs damit noch Luft nach unten.
Immer wieder wird auch eine Ausweitung des Ban¬des. in dem der
US-Dollar/Chinesischer Yuan-Wech-selkurs um den Fixkurs schwanken darf,
diskutiert. Viel gewinnen kann Peking damit allerdings nicht. Zum einen wird der
tatsächliche Kurs schnell erneut an der Untergrenze handeln. Zum anderen könnte
ein solcher Schritt die Aufwertungserwartungen der Investoren nur noch weiter
beflügeln und damit erneut Hot-Money-Zuflüsse nach China und damit letztlich
auch den Aufwertungsdruck verstärken.
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