Samstag, 17. April 2010

Opel Olympia 1950 SelMcKenzie Selzer-McKenzie

Reise 1950 mit dem Opel Olympia
Eine Geschichte von Author D.Selzer-McKenzie
Video:
http://www.youtube.com/watch?v=H6nRDABHOZ4


Der Opel Olympia, nach einem Un¬fall von Laien instand gesetzt, zog leicht nach rechts und galt daher als "nicht mehr durch den TÜV zu bringen", war aber als Seilrückhol¬fahrzeug auf dem Flugplatz des Ho¬henlimburger Luftsportvereins noch zu gebrauchen. Er stand als Reserve für unseren tüchtigen P 4, auch ein Opel älterer Bauart, den wir, die Buchstabenfolge umdre¬hend, liebevoll „Lepo" nannten, ein Jahr lang ungenutzt in der Hal¬le. Ich legte 150 Mark in die Vereins¬kasse und erwarb günstig 1956 die¬sen Opel Olympia, Baujahr 1950, la¬ckierte das beige Gefährt hellgrau und gab ihm ein samtrotes Dach. Das tat ich meiner Freundin zulie¬be, der ich vorher ein graues Sack-kleid mit rotem Halsausschnitt ent¬worfen hatte. Dann wartete ich ei¬nen Wolkenbruch ab und fuhr zum TÜV: Der Ingenieur starrte das far¬benprächtige neue Auto an, wollte im Trockenen bleiben, so hatte ich es mir auch vorgestellt. Er prüfte, klebte die Plakette und winkte mich durch.
Als ich die Freundin, angetan mit diesem Kleid auf dem Eis des Letmather Teichs auf Schlittschu¬hen umfuhr und sie in jenem Win¬ter vielleicht zu sehr umzingelte, veränderte sie sich. Sie war nicht mehr wie gestern oder vorgestern. Ich schob es aufs Auto, mit dem ich mich wohl zu sehr beschäftigt hat¬te; und glaubte, sie sei auf den Opel eifersüchtig. Eine solche Dumm¬heit konnte nur mir einfallen.
Für den nächsten Frühsommer hatten wir eine Fahrt nach Ascona geplant. Offiziell durfte sie nicht. Ihre Eltern sagten, sie sei zu jung dafür. Das „Dafür" rumorte in mei¬nem Kopf und auch sonst, aber was, mich lähmte, war die Ahnung, dass sie nicht mitfahren werde. Ich stell¬

te das Auto in den Hangar. Anfang März hielt ich es nicht mehr aus und machte mit dem Auto eine Spritzfahrt. Nach 700 Meter auf ei¬nem schnurgeraden unberührten Feldweg schüttelte sich der Motor und blieb stehen. Als ich ausstieg und nach hinten blickte, sah ich, so¬weit ich blicken konnte, eine zwei Finger breite, schwarzgelbe Ölspur im Schnee. Ich hatte im Herbst ver¬gessen, Frostschutz aufzufüllen, und im Winter hatte der Frost den Zylinderblock gesprengt. Als ich die Motorhaube öffnete, entdeckte ich am Block unterhalb der Zünd¬kerzen einen Riss von etwa fünf Zentimeter Breite und drei Millime¬ter Höhe. Daraus traufte eine braungelbe Emulsion von Öl und Wasser. Das Kühlwasser war durch den Riss innen in den Ölkreis ge¬drungen, hatte ihn zum Überlaufen gebracht.
Als künftiger Student der Ger-manistik las ich damals Wolfram von Eschenbachs „Parzival" und er¬innerte mich an die Stelle, wo der verstoßene Held, der sich eigent¬lich nur eine „aventiure" wünschte und vor der Ehe ausriss , im Win¬ter, voller Reue, vom Pferd herab in den Schnee sah und in den Bluts¬tropfen, die dort hingeträufelt la¬gen, das Antlitz „Kundwiramours", seiner fernen Geliebten, zu erken¬nen glaubte. Aus der Fahrt nach As¬cona, auf die ich mich so gefreut hatte, wurde nichts.
Anfang Juli wagte ich doch noch eine Reparatur. Ich bohrte mit Hil¬fe eines Fliegerfreundes, der das Uhrmacherhandwerk gelernt hatte, vier Löcher oberhalb und unter¬halb des Risses, schnitt Gewinde hinein, tränkte ein Fließ aus Stahl¬wolle mit einem Zweikomponen-tenkleber und schraubte es mit ei-ner Stahlplatte fest gegen den Mo-torblock. Die Reparatur war dilet-tantisch, weil der Motorblock, der mit dem Zylinderkopf dicht verbun¬den werden musste, nicht mehr plan war, sondern auf seiner Ober¬seite, dort, wo an der Seite des Blocks der Riss war, eine Ausbeu¬lung, nämlich einen Buckel von drei Millimeter Höhe besaß, den ich eigentlich hätte fortschleifen müssen. Aber ich besaß kein geeig¬

netes Schleifgerät. Ich nahm eine dickere Zylinderkopfdichtung und schlug sie mit einem Hammer an der heiklen Stelle über dem Riss dünner. Erstaunlicherweise wurde die lecke Stelle dicht. Nach 200 Ki¬lometer Probefahrt war die gelbe Emulsion wieder schwarz zu öl ge¬worden. Das Wasser hatte sich aus dem Ölkreis verflüchtigt. Nur ab und zu, sehr selten am Anfang, spä¬ter öfter, verschluckte sich das Auto sekundenlang.
Wie schon erwartet, fuhr sie nicht mit nach Ascona. Ich wurde verstoßen, und ein anderer kam an die Reihe, aber sie gab mir noch ih¬ren Hund mit. „Damit etwas von

ihr noch bei mir sei." Di( nicht nur verbal eine Unge lichkeit, sondern auch tatsi ein Spaniel.
Schon auf der Hinfahrt technische Probleme. Bei D bühl leuchtete das rote Lid Kurzschluss in der Lichtma Auf der Passhöhe des San Be no bröselte das Dichtgummi ken hinteren Bremszylindi verlor das gesamte Bremsöl u te als Bremskraft nur no( zweiten Gang und eine gut f nierende Handbremse. Dah te ich den Abstieg vom Pass tem Schweiß auf der Stirn u: meterlangem Stau von Ur
hinter mir, die ärgerlich hupten. Dazu bellte der Hund.
-Wie sie, das Auto und meine ei-gene Stimmung hielt auch der Hund mir nicht die Treue. Er woll¬te, als wir zusammen im Lago Mag¬giore schwammen, sofort wieder ans Ufer. Auch fraß er nicht, er sehnte sich nach ihr. Als ich ihn mit Tartar füttern wollte, schnüffelte er nur daran und wandte sich ab. Dar¬aufhin drückte ich es ihm in den Ra¬chen hinein. Aber da hatte ich nicht mit dem Stolz des Spaniels ge¬rechnet. Der Spaniel biß mich so heftig, dass ich für den Rest des Ur¬laubs schmerzlich meinen Herz¬schlag in meinem Finger klopfend spürte. Am nächsten Morgen - ich schlief noch im Zelt - bellte der Spaniel. Ich ließ ihn aus dem Auto, und er nahm unaufgefordert ein Bad im warmen See und kam zu¬rück, ein Stück Holz quer im Maul und schüttelte sich die Nässe aus dem Fell. Während ich das Früh¬stück über einem Feuer zwischen drei Steinen am Seeufer vorbereite¬te und in der Pfanne mehrere Eier mit Speck briet, schnüffelte auch er an seinem Napf und begann wieder zu fressen.
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