Donnerstag, 21. Januar 2010

Toyota Prius Autotest SelMcKenzie Selzer-McKenzie

Toyota Prius Autotest
Author D.Selzer-McKenzie

Video:
http://www.youtube.com/watch?v=v3hdXOAc-3A

Dem Author wurde der neue Toyota zur Verfügung gestellt und hier seine Testeindrücke:
aritischer Humor kann ganz schön gemein sein. Die Hy¬brid-Modelle von Toyota, so
schrieb ein Fachjournalist von den In-seln, „sind etwas für Menschen, die Autos überhaupt nicht mögen".
Steckt da ein Körnchen Wahrheit drin? Ist Sparen das Gegenteil von Spaß? Die Amerikaner sehen das an-ders: Der Toyota Prius verbreitet sich im Land der dicken SUV und Pickup schnell wie eine Spam-Mail. In der Edel-Gemeinde Beverly Hills, wo das Auto wahrhaftig nicht dem traditionell verstandenen Fahrspaß, sondern allein der Stützung des eigenen Egos dient, fährt höchst selbstbewusst Prius, wer sich als weltoffener und umweltbe-sorgter Intelligenzler präsentieren möchte. Im Rolls spielt man dort die prollige Prinzenrolle.
Es kommt also auf den Standpunkt an. Mit minimaler Beanspruchung der na-türlichen Ressourcen von A nach B zu kommen, hat durchaus seinen Reiz. Der Prius beweist das auf einer Tour von Stuttgart durch den Schwarzwald bis zum Kaiserstuhl. Ein bisschen Auto bahn, viel gewundene Landstraße. Der Fahrstil: keineswegs bewusst öko, zügig überholend, wenn sich die Gelegenheit bietet. Nach 208 Kilometern der Tank¬stopp: Lächerliche 10.7Liter gluckern in den Tank, der Durchschnittsver¬brauch liegt bei 5,1 Liter/100 km.
Rückfahrt auf der Autobahn. Es sind längere Vollgasetappen möglich, bei denen sich der Prius nach quälend lan¬gem Anlauf bis auf 190 km/h schraubt. Durchschnitt 8,4 Liter. Über den gesam¬ten Test ergeben sich 5,9 Liter, und das ist ein Wort für ein familientaugliches

Auto, das vier Personen bequem Platz bietet.
Das Zusammenspiel eines Elektro-motors mit einem in der jüngsten Prius¬Generation nun 1,8 Liter großen Vier¬zylinder besteht die Öko-Probe also mit Bravour. Weil im Alltag nicht getestet wird, wird die Vier vor dem Komma zur viel erlebten Realität.
Allein schon die Anzeigen im Cock-pit, die über den Kraftfluss und den Verbrauch informieren, stellen eine ständige Herausforderung dar, nach neuen Verbrauchsrekorden zu jagen. Wer das Gaspedal ganz niedertritt, tut dies automatisch mit schlechtem Ge-wissen.
Da reizt es eher, den per Tastendruck anwählbaren EV-Modus zu prüfen. In dem fährt der Prius voll elektrisch, der Ver¬brennungsmotor ruht. Das geht bis ma¬ximal 45 km/h, also bestenfalls in der Stadt. Und nicht lange. Wer 1,5 Kilo¬meter schafft, bis die Batterie mangeln¬

de Kapazität signalisiert, darf sich schon auf die Schulter klopfen. Es reicht immerhin, um in Parkhäusern abgasfrei zu manövrieren oder im Stop- and-go-Verkehr den Benzinmotor für längere Zeit zum Schweigen zu verur¬teilen. Das lässt ahnen, welches Poten¬zial im Hybrid steckt und dass er in der Zukunft, mit der Weiterentwicklung der Batterietechnik, noch weit mehr können wird.
Gegenüber seinem Vorgänger hat der Prius jedenfalls einen ordentlichen Sprung in der Antriebstechnik nach vorn gemacht. Aber auch sonst ist er ein eindeutig besseres Auto geworden.
Die Lenkung reagiert spontan und direkt, sie vermittelt sogar einen Hauch sportlichen Handlings. Das Fahrverhal¬ten wurde insgesamt behänder — ein moderner Fronttriebler eben, der pro¬blemlos und auf Wunsch auch schnell durch die Kurven schnürt, auf der Au¬tobahn solide geradeaus läuft und sich

durch gute, wenn auch nicht herausra¬gende Bremsen auszeichnet.
Wichtiger noch: Der Federungskom¬fort hat zugelegt. Der Prius bügelt die Straßen zwar nicht sänftenartig glatt, aber er vermag Bodenwellen so zu ab¬sorbieren, dass sie bei der reisenden Besatzung nicht zum diskussionswür¬digen Thema werden.
Da gibt es andere. Beispielsweise die dominierenden Windgeräusche bei ho¬hem Tempo und das ungewöhnlich laute Abrollen der Reifen, die sich auf der Autobahn zu einer lästigen Kako-phonie vereinen.
Oder auch der Motor. Der arbeitet nach dem so genannten Atkinson-Prin¬zip. Das hat etwas mit den Steuerzeiten der Einlassventile zu tun, verbessert die Effizienz im oberen Drehzahlbereich und reduziert die Notwendigkeit, unter Volllast das Gemisch anzufetten, was der Schadstoffemission und dem Ver-brauch gut tut. Wer Details liebt: Wiki

pedia.de liefert mehr, als Sie vermut-lich wissen wollen.
Manches davon merkt man beim Fahren. Die Atkinson-Steuerung beein¬trächtigt die Drehmomententwicklung im unteren Drehzahlbereich, weshalb man ruhig behaupten darf, dass der Verbrennungsmotor wohl kaum seinen mittlerweile über 100-jährigen Sieges¬zug angetreten hätte, wenn Atkinson die Grundlagen geliefert hätte. Aber in Verbindung mit einem Elektromotor, dessen Durchzugskraft aus dem Stand das ausgleichen kann, wird die Sache wieder interessant.
Das Gesamtbild, das entsteht und zu dem als charakterbildender Bestandteil auch die stufenlose Automatik des Prius gehört, ist dennoch nicht rundum über¬zeugend. Das Ansprechen auf Befehle des sehr langhubig ausgelegten Gaspe¬dals wirkt speziell im Eco-Modus aus¬gesprochen zäh. Es gibt auch die Stel¬lung Power, die den Benzinmotor mehr in die Pflicht nimmt, aber die erhöht spürbar den Verbrauch. In jedem Fall

wird die Geduld auf die Probe gestellt, bis sich ernsthafter Schub einstellt. Hin¬ter dieser gewöhnungsbedürftigen Aus¬legung steckt das Bemühen, den Fahrer zu erziehen — zu einer passiven Fahrwei¬se, die dem Konsumverhalten des Hy¬bridantriebs zugute kommt.
In diesem Fall wird auch der Ver-brennungsmotor nur am Rande wahr-genommen. Er brummt friedlich vor sich hin und drängt sich nicht in den Vordergrund. Das ändert sich, wenn die Leistung abgefordert wird, die sich in der Summe dessen, was Kolben- und Elektromotor liefern, auf immerhin 136 PS beläuft.
Dann heult der Motor gequält auf und verharrt beim Beschleunigen bei einer Drehzahl, in der er den besten Durchzug liefert. Das klingt wie eine alte Waschmaschine im Schleudergang und zerrt auf die Dauer an den Nerven. Also runter vom Gas und Benzin spa¬ren — auch auf freier Autobahn.
Prius fahren heißt umlernen. Abschied nehmen von der Vielzylinder-Drehzahl¬

und-Sound-Verliebtheit, von Turbo-Bumms und feinmechanischer Getrie-betechnik. Das Fahren reduziert sich wieder auf die Freiheit, die uns das Auto gibt: jederzeit dorthin fahren zu können, wohin wir gerade wollen. Auch das kann Fahr-Spaß sein.
Steigerung verspricht eine ange-nehme Auto-Umgebung, und da wie-derum springt der Prius zu kurz. Die schlechte Übersichtlichkeit seiner Ka-rosserie wird im dichten Verkehr zum Ärgernis, die lieblose Kunststoff-Land-schaft seines Interieurs ernüchtert an-gesichts der Preise, die für diese Toyo-ta-Limousine gefordert werden.
Auch die Ergonomie der Bedienung und die verschachtelte Digital-Instru-mentierung verdienen keinen Beifall bei einem Produkt, das in die Auto- Zukunft weisen soll. Aber die steht ja auch gerade erst vor einem Neustart.

Toyota Prius Autotest SelMcKenzie Selzer-McKenzie

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