Samstag, 13. August 2011

Railway China Trading SelMcKenzie Selzer-McKenzie

Railway China Trading SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Author D.Selzer-McKenzie

Mit dem wachsenden Mittelstand und der zunehmenden Urbanisierung steigen die Anforderungen an die Transportsysteme Chinas. Nun drückt das »Reich der Mitte« beim Ausbau seiner Infrastruktur mächtig aufs Gaspedal. So auch im Schienenverkehr.

Mit über 160 Städten mit mehr als einer Million Einwohner erlebt China eine Urbanisierung in Höchstgeschwindigkeit. Nun bekommt die Volksrepublik die Folgen des Turbowachs¬tums zu spüren. So stößt das veraltete Schie¬nennetz — sowohl im Personen- wie auch im Güterverkehr — schon seit Längerem an seine Grenzen. Zudem können viele Strecken wegen Qualitätsmängeln an den Schienen, Schwellen und Brücken nur mit leichten Zügen befahren werden. Dies soll sich jetzt ändern.
China: Milliarden für eine «saubere» Bahn Der vom Eisenbahnministerium erarbeitete Plan für den Ausbau des Schienennetzes wurde 2006 verabschiedet und soll bis im Jahr 2020 das Streckennetz für Hochgeschwindig¬keitszüge von heute ca. 13.000 km auf 25.000 km erweitern. Das gesamte Schienennetz soll von momentan 90.000 km auf 120.000 km erweitert werden — dies ist ungefähr drei Mal so viel wie der Erdumfang. Ziel dabei ist es, alle wichtigen Städte miteinander zu verbinden. Auch die Verbindung ins Hinterland spielt in China eine wichtige Rolle, denn aufgrund der steigenden Löhne und Grundstückpreise in den Küstenregionen verlegen viele Unter-nehmen ihre Produktion zunehmend dorthin. Die gefertigten Produkte werden derzeit noch vor allem per Schiff und per Lkw transportiert. Auch die Menschen, die vom Land in die Stadt ziehen, brauchen eine infrastrukturelle Mög¬lichkeit zur Anknüpfung aus dem Hinterland. Die Investitionen sind enorm: Bis jetzt hat die chinesische Regierung rund zwei Billionen Yuan (ca. 200 Mrd. Euro) bewilligt.
Die Investitionen für das zweite Halbjahr werden jetzt von der Regierung in Bezug auf das jüngste Zugunglück im Osten von China noch einmal neu diskutiert. Im Vordergrund steht die Sicherheitsprüfung der neuen Hoch¬geschwindigkeitszüge. So werden in den nächsten zwei Monaten Sicherheitskontrollen durchgeführt, um auch die Zuverlässigkeit der Technik zu prüfen. Die Kurse der wichtigsten Konzerne, welche in der Eisenbahnindustrie tätig sind, gaben inzwischen um ca. 10 % nach. Dennoch ist der Ausbau des Schienen¬netzes in China unabdingbar. So sind auch unzählige chinesische Firmen daran beteiligt.

Die Transportwege mittels «schadstoffarmen» Technologien hilft den Umweltproblemen in China enorm. Deshalb ist dem Bahnprojekt auch weiterhin eine hohe Priorität eingeräumt.
Fünf Milliarden Passagiere
Experten gehen davon aus, dass sich das chi¬nesische Passagieraufkommen bis 2020 auf jährlich fünf Milliarden verdreifachen wird. »Mit den Hochgeschwindigkeitszügen will China sein Transportnetz auf saubere Art und Weise ausbauen« sagt Keith Dierkx, Direktor des Global Rail Innovation Center von IBM in Peking. Der Ausbau hat außer dem Wachstum noch weitere Gründe. Die Regierung will die Abhängigkeit von Öl-Importen für den Flug- und Autoverkehr nicht weiter verschärfen. Zudem werde auch der Güterverkehr in China von den neuen Linien profitieren, weil die existierenden entlastet würden, so Dierkx. Ein derartiger Ausbau der Infrastruktur erfor¬dert gewaltige Ingenieurleistungen. Allein die WuGuang-Linie (Verbindung zwischen Wuhan im Inland und der Hafenstadt Guangzhou)

zählt 625 Brücken, die zusammen 362 Kilo-meter lang sind, sowie 221 Tunnel mit einer Gesamtlänge von 177 Kilometern. Die Bau¬kosten beliefen sich auf stolze 116 Milliarden
«Bis 2020 soll das Hochgeschwin-digkeitsnetz von heute 13.000 km auf 25.000 km erweitert werden, das gesamte Schienennetz von momen¬tan 90.000 km auf 120.000 km — ungefähr drei mal so viel wie der Erdumfang.»
Yuan (11,7 Mrd. Euro). Die Erweiterung der Peking-Tianjin-Trasse nach Shanghai wird mit 221 Milliarden Yuan (22,3 Mrd. Euro) fast doppelt so viel kosten und noch teurer als der umstrittene Drei-Schluchten-Staudamm sein.
Ehrgeizige Projekte
»Bis 2015 werden in China mehr Hochge
schwindigkeitsstrecken entstehen als im Rest
Ziele sind hoch gesteckt. Zur Veranschauli-chung werden nachfolgend einige Beispiele der bisherigen Netzbauten sowie geplante Bauvorhaben genannt:
          Tibet-Eisenbahn
Im Jahr 2006 wurde die Tibet-Eisenbahn eröffnet, welche das »Dach der Welt« erstmals mit dem chinesischen Inland ver¬bindet. 2010 hat China mit der Verlänge¬rung der Tibet-Eisenbahn begonnen. Die neue Strecke der höchsten Bahnlinie der Welt soll die tibetische Hauptstadt Lhasa mit der zweitgrößten Stadt Xigaze ver¬binden. Die 253 Kilometer lange Verbin¬dung, welche durch höchst unwegsame Bergregionen führt, kostet 13,3 Milliarden Yuan (1,47 Mrd. Euro). Der schwierige Bau wird voraussichtlich vier Jahre dauern. Per 2013 ist eine weitere Verlängerung nach Nyingchi geplant. Die einspurige Strecke nach Xigaze gilt als sehr ehrgeizig, weil sie über 115 Kilometer lang ist und fast zur Hälfte durch Tunnels und über Brücken führt.

          Wuhan-Guangzhou-Strecke
Im Dezember 2009 wurde unter dem Slogan »Unternehmen Zukunft« die schnellste Bahnlinie der Welt eröffnet. Auf der 968 Kilometer langen Strecke zwischen Wuhan im Inland und der Hafenstadt Guangzhou sind Spitzengeschwindigkeiten von 394 km/h möglich. Dank einer Durchschnitts¬geschwindigkeit von 312 km/h verkürzt sich die Fahrzeit von 10,5 auf drei Stunden. Damit stösst die WuGuang-Linie den bis¬herigen Spitzenreiter, den französischen Streckenabschnitt zwischen Lothringen und Champagne mit einer Durchschnittsge¬schwindigkeit von 272 km/h, vom Podest. Rongfang Liu, Eisenbahn-Expertin am New Jersey Institute of Technology erwähnt, es sei bemerkenswert, dass auf der WuGuang-Linie nicht alte Bahnstrassen modernisiert, sondern über Hunderte von Kilometern von Grund auf neu angelegt worden seien. Dabei wurden wie auf einigen ICE-Strecken hierzulande natürliche Hindernisse mit Tun¬nels und Brücken eingeebnet.
          Ost-West-Linie zwischen
Xi'an und Zhengzhou
Die erste Ost-West-Linie zwischen Xi'an und Zhengzhou hat im Februar 2010 den Betrieb aufgenommen, die Peking-Tianjin¬Linie wird bis 2012 nach Shanghai verlän¬gert. Die WuGuang-Linie wiederum wird bis 2013 nach Norden bis Hongkong wei¬tergeführt.
          Peking-Shanghai-Strecke
Erst kürzlich, Anfang Juli 2011, haben die ersten planmäßigen Hochgeschwindig-keitszüge zwischen Peking und Shanghai den Betrieb aufgenommen. Die neuen Züge fahren die 1318 Kilometer lange Strecke in vier Stunden und 48 Minuten. Damit ist die Peking-Shanghai-Linie momentan die längste und schnellste Strecke der Welt und hat damit die Zuggeschwindigkeit der Wuhan-Guangzhou-Strecke überholt. In diesem Gebiet wohnt rund ein Viertel der Bevölkerung des Landes. Durch die Tra-gödie des jüngsten Zugunglücks wird der Verkehr mit den Hochgeschwindigkeits-zügen nun durch Sicherheitskontrollen genauestens überprüft. Dabei dürften sich die Behörden wohl an Japan orientieren. Dort gab es seit 40 Jahren keinen einzigen technisch bedingten Unfall von Hochge¬schwindigkeitszügen.

China wächst unbeirrt weiter
Die monatlich steigende Inflation veranlasste die chinesische Führung zu einer Straffung der Geldpolitik. Damit versucht die Regierung, die Inflation zu bekämpfen. Die Anfang Juli vor¬gestellten Zahlen für das zweite Quartal 2011 zeigen, dass die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt robuster ist, als manche Skeptiker befürchten. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) wuchs gegenüber der Vorjahresperiode um 9,5 %. Gegenüber dem ersten Quartal legte das BIP um 2,2 % zu, wie das Nationale Sta¬tistikamt meldete. Insgesamt ist eine leichte Verlangsamung des Wachstums festzustellen. Sheng Laiyun, Sprecher des Statistikamtes, nannte als Hauptursachen dafür die Eingriffe in den Immobilienmarkt sowie das Auslaufen spezifischer Stimulierungsprogramme, etwa in der Autoindustrie. Die Politik der chinesischen Zentralbank schaffe bessere Grundlagen für eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung in der Zukunft. Dafür sei der leichte, vorüber-gehende Wachstumsrückgang in Kauf zu nehmen.
Anhaltend starkes Wachstum in China — tiefe Staatsverschuldung

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