Eisbär Animals Tiere SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Der Eisbär (Ursus maritimus), auch Polarbär, ist eine
Raubtierart aus der Familie der Bären (Ursidae). Er bewohnt die nördlichen
Polarregionen und ist eng mit dem Braunbären verwandt. Er gilt neben dem
Kamtschatkabären und dem Kodiakbären als das größte an Land lebende Raubtier
der Erde.
Erwachsene männliche Eisbären erreichen im Durchschnitt eine
Kopf-Rumpf-Länge von 2,40 bis 2,60 Metern, in Einzelfällen sogar von bis zu
3,40 Metern; die Schulterhöhe beträgt bis zu 1,60 Meter. Das Gewicht variiert
zwischen 300 und 800 (durchschnittlich 420 bis 500) Kilogramm. Bei Weibchen
erreicht die Kopf-Rumpf-Länge im Durchschnitt 1,90 bis 2,10 Meter, doch wurden
auch schon 2,50 Meter gemessen; das Körpergewicht liegt bei ihnen zwischen 150
und 300 Kilogramm. Das Gewicht hängt wesentlich vom Ernährungszustand der Tiere
ab: im Sommer wiegen ausgehungerte Eisbären deutlich weniger als während der
Zeit winterlicher Robbenjagd. Eine Rolle spielen auch regionale Größenunterschiede.
Die kleinsten Tiere leben auf Spitzbergen und die größten in der Nähe der
Beringstraße. Wie alle Bärenarten besitzen auch Eisbären nur einen
Stummelschwanz von 7 bis 13 Zentimetern Länge.
Fell und Haut
Das gelblich-weiße Fell stellt in eisigem Umfeld eine
Tarnung dar. Es ist zudem sehr dicht, ölig und wasserabweisend; unter der bei
ausgewachsenen Tieren schwarzen Haut (bei Babys ist sie noch rosa) befindet
sich eine 5 bis 10 Zentimeter dicke Fettschicht. Die äußeren Fellhaare des
Eisbären sind hohl, was zusätzlich zur dicken Fettschicht für eine
hervorragende Wärmedämmung sorgt. Außerdem erhöhen die Haare zusammen mit der
Speckschicht den Auftrieb beim Schwimmen. Die verringerte Wärmeabstrahlung
lässt Infrarotaufnahmen des Eisbären praktisch nicht zu. Da das Fell
Ultraviolettstrahlung nicht reflektiert, wurde die These aufgestellt, dass die
Haare als Lichtleiter die Strahlung auf die Haut leiten. Diese These wurde
jedoch widerlegt, das Fell selbst absorbiert die Strahlung.[1]
Aufgerichteter, auf den Hinterbeinen stehender Eisbär im
ZOOM Gelsenkirchen
Körperbau und Gang
Behaarte Hintertatze
Beim Körperbau unterscheiden sich Eisbären von anderen
Bärenarten durch einen langen Hals und einen relativ kleinen, flacheren Kopf.
Im Gegensatz zu den nahe verwandten Braunbären fehlt ihnen der Muskelberg am
Nacken. Die Augen sind verhältnismäßig klein. Die Ohrmuscheln sind nach vorne
aufgerichtet und rund geformt. Wie die meisten Bären besitzen Eisbären 42
Zähne, und wie alle Bären sind sie Sohlengänger. Ihre Vorderbeine sind lang und
kräftig; die großen Vordertatzen sind paddelförmig ausgebildet und mit
Schwimmhäuten versehen, was ein schnelles Schwimmen ermöglicht. Auf den
muskulösen Hinterbeinen können sich die Eisbären zu maximaler Höhe erheben
(etwa bei Kämpfen oder für besseren Rundblick); die Hintertatzen dienen beim
Schwimmen als Steuerruder. Die Fußsohlen sind dicht behaart, was dem
Kälteschutz dient und auch das Ausrutschen auf dem Eis verhindert. Alle vier
Pfoten sind jeweils mit fünf nicht einziehbaren Krallen bewehrt.
Sinne
Der Geruchssinn der Eisbären ist – im Vergleich mit anderen
Raubtieren – ungewöhnlich gut ausgebildet. Auch das Gehör ist recht
empfindlich. So ertasten Eisbären die Dicke der Eisfläche, indem sie auf das
Eis schlagen und die Wasserreflektionen hören, um optimale Ansatzpunkte für das
Aufbrechen von Wasserlöchern zu finden. Die Sehkraft dürfte dagegen ungefähr
der des Menschen entsprechen.
In der Leber speichern Eisbären große Mengen an Vitamin A.
Häufiger Verzehr von Eisbärenleber führt beim Menschen deshalb zu
A-Hypervitaminosen, schwerwiegenden Gesundheitsstörungen mit Symptomen wie
Kopfschmerzen, Übelkeit und trockener Haut (auch Schleimhäute). Bei andauerndem
Verzehr besteht sogar Krebsgefahr durch teratogene Wirkung.
Verbreitungsgebiet und Lebensraum
Verbreitungsgebiet des Eisbären
Eisbären sind ausschließlich in der Arktis verbreitet und
zwar zirkumpolar, also in der Polarregion rund um den Nordpol. Die meisten
hocharktischen Eisbären halten sich das ganze Jahr über an den Küsten oder auf
dem Meereseis auf, um dort Robben zu jagen. Sie bevorzugen dabei Gebiete, in
denen das Eis durch Wind und Meeresströmungen in Bewegung bleibt und immer
wieder aufgerissen wird, wodurch eisfreie Stellen entstehen (Polynjas). Im
Sommer halten sich Eisbären überwiegend an den südlichen Rändern des Treibeises
auf. Mit Wintereinbruch wandern sie südwärts, den offenen Stellen folgend. An
der Südküste der Hudson Bay (Kanada) sind die Tiere während des Sommers
allerdings gezwungen, an Land zurückzukehren. Nach kilometerweiten Wanderungen
ins Landesinnere müssen sie sich dann mit dem wenigen begnügen, was ihnen
Tundra und Taiga an Fressbarem bieten.
Lange Zeit galt die Auffassung, Eisbären seien
ausgesprochene Wanderer, die der Bewegung des Eises großräumig rund um den
Nordpol folgen. Neuere Beobachtungen ergaben jedoch, dass es eine größere
Anzahl standorttreuer Populationen gibt. Hierzu gehören etwa die Eisbären des
Wapusk-Nationalparks und des Ukkusiksalik-Nationalparks.
Eisbären kommen in jeweils meist mehreren Populationen in
folgenden sechs Erdregionen vor:
auf Spitzbergen
und dem Franz-Josef-Land
im nördlichen
Sibirien
auf der Wrangelinsel
und im westlichen Alaska
im nördlichen
Alaska
in Kanada, vor
allem auf den arktischen Inseln, aber auch entlang der Hudson Bay und an der
Nordküste der Labrador-Halbinsel
auf Grönland
Die nördlichste geographische Breite, auf der Eisbären
beobachtet wurden, beträgt 88°, die am weitesten südlich vorkommenden Tiere
halten sich entlang der Hudson Bay und der Nordwestküste der sich etwas weiter
südöstlich anschließenden James Bay auf. Regelmäßig werden vereinzelt Eisbären
auch auf Neufundland und Island gesichtet.
Lebensweise
Aktivitätszeiten
Eisbären sind tagaktiv und vor allem während des ersten
Tagesdrittels in Bewegung. Etwa 29 Prozent ihrer Zeit nehmen Wandern und
Schwimmen in Anspruch und nur 5 Prozent sind dem Jagen und Fressen zuzurechnen.
Etwa 66 Prozent ihrer Zeit verbringen sie jedoch schlafend, ruhend oder auf
Beute lauernd. Das Säugen der Jungen erfolgt überwiegend zur Mittagszeit
(Sonnenhöchststand).
Die Eisbären an der Südküste der Hudson Bay, die im
Grenzbereich von Tundra und Taiga leben, legen sich während des Sommers
zuweilen Erdmulden an, um den Permafrostboden zur Kühlung zu nutzen. Im
Gegensatz zu anderen Bärenarten halten Eisbären jedoch keine Winterruhe, da der
Winter für sie optimale Bedingungen zur Robbenjagd bietet. Bei extremen
Wetterverhältnissen lassen sie sich einschneien und trotzen so auch starken
Schneestürmen und Blizzards.
Höhlen benutzen nur trächtige Weibchen. Sie ziehen sich von
Oktober oder November bis März in eine von ihnen selbst angelegte oder wieder
hergerichtete frühere Geburtshöhle zurück. Diese besteht aus einer Vertiefung,
die in den womöglich torfigen Boden gegraben und mit Schnee überwölbt wird.
Hierdurch ergibt sich ein ein bis drei Meter langer, oft steil nach oben
gerichteter Tunnel mit einer ovalen Kammer, die ein Volumen von etwa drei
Kubikmetern besitzt. Der Eingang dieser Geburtshöhlen wird gewöhnlich als
Kältefalle ausgestaltet. Während des Aufenthalts in der Höhle gehen
Atemfrequenz und Herzschlag deutlich zurück. Da die Körpertemperatur dennoch
nur leicht sinkt, stellt dieser Zustand keinen echten Winterschlaf sondern nur
eine Winterruhe dar. Die Körpertemperatur passt sich somit, anders als bei
übrigen Bären, nicht an ein verringertes Nahrungsangebot an, sondern soll den
Jungtieren nach der Geburt größtmöglichen Schutz bieten.
Sozialverhalten
Eisbären sind wie alle Bären Einzelgänger, Mütter mit ihren
Jungen ausgenommen. Das Jagdrevier eines Eisbären erstreckt sich zwar über
einen Radius von rund 150 Kilometern, doch zeigen die Tiere kein ausgeprägtes
Territorialverhalten und die Reviere überlappen sich weitgehend. An Stellen mit
reichem Nahrungsangebot jagt oft eine größere Zahl von Tieren in
verhältnismäßig geringem Abstand. Sogar während des wochenlangen Wartens auf
das Zufrieren des Meeres zeigen selbst ausgewachsene männliche Eisbären
untereinander oft erstaunlich tolerantes Verhalten, etwa bei ritualisierten
Kampfspielen (dem „Sparring“).
Fortbewegung
Tauchender Eisbär
Eisbären sind sehr gute Schwimmer, jagen jedoch üblicherweise
nicht im Wasser nach Beute. Schwimmend können sie mehr als fünf Kilometer in
der Stunde zurücklegen. Tauchgänge von zwei Minuten bereiten ihnen keinerlei
Schwierigkeit; die Tauchtiefe beträgt aber selten mehr als zwei Meter. An Land
wandern Eisbären oft stundenlang über weite Strecken und bringen in der Stunde
mehr als sechs Kilometer hinter sich. Kurze Sprints mit 30 Kilometer pro Stunde
sind ihnen leicht möglich. Da sie sich dabei jedoch stark erhitzen, sind sie
nicht in der Lage, solche Geschwindigkeiten lange durchzuhalten. Rentieren oder
Karibus sind Eisbären in dieser Hinsicht unterlegen.
Zwischen dem Spätaugust und Spätoktober 2008 schwamm ein mit
einem Senderhalsband versehener ausgewachsener, weiblicher Eisbär
ununterbrochen eine Strecke von 687 km in neun Tagen. Danach legte das Weibchen
schwimmend und über Eisschollen laufend, noch eine Strecke von 1800 km zurück
und verlor insgesamt 22 % ihres Gewichts.[2] Die gleiche Langzeitstudie von 52
weiblichen Eisbären legt den Schluss nahe, dass Langstreckenschwimmen eine
Verhaltensreaktion auf die veränderten Eisbedingungen im Rahmen der globalen
Erwärmung ist.[3][4]
Ernährung und Jagdverhalten
Eisbär beim Fressen
Eisbär beim Fressen eines Stückes Rind im Zoo Hannover
Von allen Bärenarten sind Eisbären am ausgeprägtesten auf
Fleischversorgung angewiesen. Sie stehen an der Spitze der natürlichen
arktischen Nahrungskette. Den Hauptbestandteil ihrer Nahrung machen Robben aus,
vorwiegend Ringelrobben, aber auch Bart- und Sattelrobben, Klappmützen sowie
junge oder geschwächte Walrosse. In Ausnahmefällen können große Eisbären auch
erwachsene Walrosse erbeuten.[5]
Im offenen Wasser gelingt es Eisbären kaum, Robben zu
erbeuten. Während des Winters bieten sich dagegen auf Packeisfeldern an
Eisspalten beste Jagdbedingungen. Eisbären können Robben mit ihrem Geruchssinn
in mehr als einem Kilometer Entfernung oder unter ein Meter dicken Eis- oder
Schneeschichten aufspüren. Üblicherweise erbeuten sie Robben an deren
Atemlöchern. Durch sein helles Fell getarnt ist der Eisbär an die Umgebung
angepasst und wird vom Beutetier unter dem Wasserspiegel nur schwer
wahrgenommen. An den Eislöchern harren die Jäger oft stundenlang aus, bis eine
Robbe zum Luftholen an die Oberfläche kommt, und erlegen dann die Beute durch
blitzschnellen Zugriff mit Gebiss und Pranken. Bei einer anderen beobachteten
Jagdmethode wittern sie die oft winzigen Luftlöcher, unter denen sich
sogenannte Robbenhöhlen befinden, aus enormen Entfernungen. Hier durchbrechen
sie dann die Eisschicht unter Verwendung ihrer enormen Kraft und zerren die
Beute dank dem kräftigen Hals an die Oberfläche. Allerdings verläuft nur rund
einer von zehn Fangversuchen erfolgreich.
Wohlgenährte Eisbären fressen vom frisch erlegten Beutetier
nur Haut und Speck, der Rest bleibt liegen. Über die Beutereste machen sich
schwächere Bären oder Polarfüchse her, aber auch aasfressende Seevögel wie
Möwen. Viele Polarfüchse haben sich regelrecht darauf spezialisiert,
Nahrungsreste von Eisbären zu verwerten.
Exakte Zahlen zur Menge der Nahrungsaufnahme der Eisbären
lassen sich nicht angeben, da sie sehr unregelmäßig und an ihre arktischen
Lebensverhältnisse angepasst fressen. Sie verzehren ein enormes Quantum, wenn
sie wochen- oder monatelang gehungert haben. Mit ihrem großvolumigen Magen, der
im Vergleich zu anderen Raubtieren überdimensioniert ist, sind sie in der Lage,
auch sehr große Nahrungsmengen zu sich zu nehmen und dann wieder wochenlang zu
hungern.
Eisbären sind die Raubtiere mit dem größten Fettverzehr.
Extremfälle sind bekannt, bei denen sich Eisbären bis zu 150 Kilogramm über ihr
Durchschnittsgewicht angefressen haben und so über einen im Körper
gespeicherten Vorrat von mehr als einem Jahr verfügten. Generell stellen sich
Eisbären in Regionen, wo sie nicht regelmäßig Beute machen können, von normalem
Stoffwechsel auf Fasten um und halten dies 4 bis 8, selten sogar 12 Monate
durch, in denen sie sich dann meist nur Seetang oder Seegras zuführen, um das
Verdauungssystem aktiv zu halten.
Zur Nahrung von Eisbären zählen außer Robben und jungen
Walrossen auch Kleinsäuger, etwa Erdhörnchen, Lemminge und Wühlmäuse, sowie
Vögel, Vogeleier und Fische. Gelegentlich erlegen sie laufbehinderte Rentiere
und noch seltener kleine Narwale und Weißwale. Vor allem im Sommer, wenn das
Nahrungsangebot gering ist, verzehren Eisbären Kadaver oder von Jägern
zurückgelassene Fleischreste und pflanzliche Materialien.
Bei ausgewachsenen männlichen Eisbären ist Kannibalismus
nicht ungewöhnlich. Junge Eisbären laufen immer wieder Gefahr, von einem
älteren männlichen Bären gefressen zu werden. Muttertiere weichen daher mit
ihren Jungen den Männchen aus oder verjagen diese mit Drohgebärden.
Fortpflanzung
Junge Eisbären
Die rund eine Woche dauernde Paarungszeit fällt, je nach nördlicher
Breite, in die Monate März bis Juni. Die Zeit von der Befruchtung bis zur
Geburt beträgt etwa acht Monate. Allerdings kommt es erst Ende August, Anfang
September zur Einnistung des Eies und damit zu einer zwei bis drei Monate
dauernden eigentlichen Tragzeit. Dies ist ein natürlicher Schutzvorgang; falls
die werdende Mutter nämlich durch Nahrungsmangel im Sommer zu sehr ausgehungert
ist, wird das Ei vor der Einnistung resorbiert und die Trächtigkeit
abgebrochen.
Die Geburt der Bären erfolgt dann zwischen November und
Januar, also im Winter. Trächtige Weibchen beziehen etwa einen Monat vor der
Geburt eine Geburtshöhle, in der sie Winterruhe halten (s. o.). Sie verlassen
diese Geburtshöhle mit ihren Jungen erst vier Monate später (im März oder April).
Die Gegenden, in denen die Weibchen ihre Jungen gebären, werden als „Denning
Areas“ (Höhlengebiete) bezeichnet.
Das in seiner Ausdehnung größte Geburtshöhlengebiet der
gesamten Arktis liegt im kanadischen Wapusk-Nationalpark, der sich an der
Südküste der Hudson Bay rund 70 Kilometer südöstlich der Stadt Churchill,
zwischen dem Nelson River und Cape Churchill ausdehnt („Wapusk“ ist die
Bezeichnung der Cree-Indianer für „weißer Bär“). Große kanadische Höhlengebiete
erstrecken sich außerdem um die Mündung des Winisk River in die Hudson Bay
(südöstlich des Wapusk-Nationalparks), um die Agu Bay an der Westküste der
Baffin-Insel nahe dem westlichen Ende der Fury-und-Hecla-Straße und entlang der
zum Ukkusiksalik-Nationalpark gehörenden Wager Bay sowie in der Nordwestecke
der Hudson Bay. Außerhalb Kanadas befinden sich ausgedehnte
Geburtshöhlengebiete in Alaska, auf Grönland, auf Spitzbergen und auf der
Wrangelinsel im Nordosten Sibiriens.
Der Wurf besteht aus einem bis (äußerst selten) vier,
überwiegend jedoch zwei etwa kaninchengroßen, bei der Geburt sehr fein
behaarten, zunächst noch blinden und tauben Jungen von 400 bis 900 Gramm
Gewicht. In den ersten beiden Monaten erreichen sie ein Gewicht von 10 bis 15
Kilogramm und ihr weißes Fell wird immer dichter. Die Jungen werden 1½ bis 2½
Jahre gesäugt. Während dieser Zeit lernen sie das Jagdverhalten der Mutter und
werden schließlich von ihr verlassen. Unter den harten Bedingungen der Arktis
überleben die ersten fünf Jahre nur etwa die Hälfte der Jungtiere.
Eisbären werden mit etwa fünf bis sechs Jahren
geschlechtsreif. Ab 20 Jahren geht die Fruchtbarkeit der Weibchen deutlich
zurück. Das potentielle Höchstalter von Eisbären in freier Natur wird auf 25
bis 30 Jahre geschätzt, in menschlicher Obhut können sie 45 Jahre alt werden.
Eisbären und Menschen
Spielkampf zweier Eisbären
Bedrohungen und Schutz
Schon vor der Berührung mit Europäern jagten die indigenen
Völker Nordasiens und Nordamerikas Eisbären, insbesondere wegen des Eisbärfells
und des Specks. Im 20. Jahrhundert intensivierte sich die Bejagung aufgrund der
kommerziellen Nutzung aller Körperteile, vor allem aber aus reiner Vergnügung
(Trophäenjagd). Die ausgiebige Nutzung von Flugzeugen zur Lokalisierung der
Tiere und als Transportmittel führte zur drastischen Schrumpfung der
Populationen in den 1950er- und 1960er-Jahren auf weltweit insgesamt 5.000 bis
10.000 Tiere (geschätzt). Im Jahr 1973 beschlossen Kanada, die Vereinigten
Staaten, Dänemark (für Grönland), Norwegen (für Svalbard) und die Sowjetunion
ein Abkommen, das die Jagd einschränken, die Habitate schützen und die
gemeinsame Forschung verstärken sollte. Die Jagd durch Trophäenjäger ist
weiterhin in Kanada, dem Land mit dem größten Eisbärbestand, sowie seit 2005
wieder in Grönland erlaubt und wird offiziell durch Jagdquoten beschränkt.[6]
Hobbyjäger zahlen für die Jagd auf einen Eisbären bis zu 30.000 Euro.[7] Kanada
und Grönland unterzeichneten im Oktober 2009 ein Abkommen, welches die
Jagdquoten auf ein nachhaltiges Maß begrenzen soll.[8] Darüber hinaus gibt es
Sonderregelungen für indigene Völker. Durch solche Schutzmaßnahmen nahm die Zahl
von Eisbären nach Schätzungen der IUCN weltweit auf derzeit etwa 20.000 bis
25.000 Tiere zu.[9] Ein Antrag der USA nach einem strikten Handelsverbot
außerhalb der fünf Länder mit Eisbär-Population wurde im März 2010 auf der
Konferenz der Vertragsstaaten des Washingtoner Artenschutzabkommens in Doha
unter anderem mit den Stimmen der Europäischen Union abgelehnt.[10]
In jüngerer Zeit sind allerdings zwei weitere Faktoren für
die Bedrohung der Eisbären maßgeblich geworden. Zum einen wird durch die
verstärkte Förderung von Erdöl und Erdgas in den arktischen Regionen ihr
Lebensraum eingeschränkt. Insbesondere die Gebiete, in denen sich die Weibchen
zur Winterruhe und zur Geburt zurückziehen, werden hierdurch in Mitleidenschaft
gezogen. Zum anderen wird befürchtet, dass die Lebensräume der Eisbären durch
die globale Erwärmung generell drastisch zurückgehen werden.[11] Bei dem
prognostiziertem Rückgang des arktischen Meereises ist zu erwarten, dass bis
Mitte des Jahrhunderts 2/3 der gegenwärtigen Eisbärenpopulation verloren
gehen.[12] Verschwindet das Meereis komplett, ist es unwahrscheinlich, dass die
Eisbären als Art überleben.[13]
So berichteten Forscher der US-Wissenschaftsbehörde
Geological Survey im Juni 2006 in der Zeitschrift Polar Biology, dass sie seit
2004 wiederholt Überreste von erwachsenen weiblichen Tieren gefunden hätten,
die von männlichen Artgenossen getötet und teilweise aufgefressen worden seien.
In einem Fall habe man Fußabdrücke eines Jungtieres neben dem toten Weibchen
entdeckt. Das Jungtier habe entkommen können, weil das angreifende Männchen ihm
nicht gefolgt sei. Die Forscher um Teamleiter Steven Armstrup werteten dieses
Verhalten als Anzeichen dafür, dass Hunger die treibende Kraft für den Angriff
war und nicht das Töten eines fremden Jungtieres. Alle Fälle ereigneten sich in
Gebieten, in denen das Polareis mehr und mehr wegschmilzt. Die Tiere in diesen
Regionen seien zudem auffallend dünn.[14]
Auch nach Beobachtungen der Inuit sind die Eisbären wegen
der Eisschmelze im Polarmeer gefährdet. Sie ertrinken, weil das Eis auf Grund
der Klimaerwärmung nicht dick genug ist. Dabei sind sie durchschnittlich 50
Kilogramm leichter als noch 20 Jahre zuvor.[15]
Die IUCN führt den Eisbär im Status gefährdet (vulnerable)
und rechnet mit einem Rückgang der Bestände.[16]
Bedrohung des Menschen
Verglichen mit anderen Bären neigen Eisbären stärker dazu,
Menschen als Beutetiere anzusehen. Wenn es auch wegen der dünnen Besiedlung der
Arktis verhältnismäßig selten zur Konfrontation kommt, wird trotzdem von Zeit
zu Zeit über für Menschen tödliche Begegnungen berichtet. Am häufigsten
erfolgen Angriffe durch Halbwüchsige sowie Muttertiere mit Kindern.[17]
Eisbären in der Kultur
In der Mythologie der Inuit spielt „Nanuq“ (Inuktitut-Wort
für Eisbär, englisch geschrieben: Nanook) generell eine bedeutende Rolle.
Regional gab es sogar einen Mythos, wonach ein besonders hervorgehobener Eisbär
„Herr der Eisbären“ sei und entscheiden könne, ob sich die Jäger den Regeln
gemäß verhielten; erst danach sei eine erfolgreiche Eisbärenjagd möglich. Auch
von anderen arktischen Völkern sind ähnliche Mythen bekannt. Bis heute ziert
der Eisbär das Wappen Grönlands und auch andere Wappen und Flaggen nordischer
Länder.
In Literatur und Film, vor allem für Kinder, kommen immer
wieder Eisbären vor. Die Beliebtheit von Fernsehsendungen und Fotobüchern über
Eisbären ist seit Jahren ungebrochen. Recht bekannt ist zum Beispiel die
Bilderbuchserie Der kleine Eisbär von Hans de Beer.
2007 und 2008 wurden zwei junge Eisbären namens Knut und Flocke
ein globales Medienphänomen.
Systematik
Äußere Systematik
Aufgrund der Unterschiede im Körperbau wurde der Eisbär
zeitweise in eine eigene Gattung Thalarctos eingeordnet. Jüngere Systematiken
ordnen ihn aber generell in die Gattung Ursus ein, zu der unter anderem auch
Braunbär und Schwarzbär gezählt werden. Der nächste Verwandte des Eisbären ist
der Braunbär.
Aus einer DNA-Analyse der Mitochondrien wurde 2010
abgeleitet, dass sich die Arten vor rund 150.000 Jahren aufspalteten.[18][19]
Ein umfassender Vergleich des Erbguts aus dem Zellkern kam dagegen zum
Ergebnis, dass sich die Abspaltung bereits vor 338.000 bis 934.000 Jahren
ereignete.[20][21]
Neuerdings haben genetische Untersuchungen gezeigt, dass
manche Braunbärpopulationen näher mit dem Eisbären verwandt sind als
untereinander, so dass der Braunbär eine „paraphyletische Art“ darstellt. Diese
Entdeckung wird als Paradebeispiel angeführt, um das traditionelle Artkonzept
infrage zu stellen. Eigentlich müsste man nämlich den Eisbären als Unterart des
Braunbären führen.
Hybridbildung zwischen Eis- und Braunbär
Eis- und Braunbären sind untereinander kreuzbar und können
fruchtbare Nachkommen zeugen. Eine Hybridisation zwischen beiden Arten war
lange nur von Zootieren bekannt. Am 16. April 2006 erlegte jedoch ein
Sportjäger, Jim Martell aus dem US-Staat Idaho, in der Nähe von Sachs Harbour
auf Banks Island (Nordwest-Territorien, Kanada) einen vermeintlichen Eisbären,
dessen Fell nicht richtig weiß oder gelblich war. Das Fell des Bären zeigte
eher ein sehr helles Braun, wie es bei hellen Grizzlybären vorkommt. Eine
DNA-Analyse durch Experten des Umweltministeriums der Nordwest-Territorien
ergab, dass es sich bei dem erlegten Tier überraschenderweise um einen Hybriden
aus Eisbär und Grizzlybär (eine Unterart des Braunbären) handelte.
Normalerweise verhalten sich beide Bärenarten sehr feindselig, falls sie sich
überhaupt in der Arktis begegnen. Außerdem paaren sich Eisbären üblicherweise
auf dem Eis und Grizzlys auf dem Festland, weshalb eine Paarung zwischen beiden
Arten bislang als unwahrscheinlich galt
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.