Oper Das Hirtenvolk der Arkadier- komponiert von D.
Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/Xoe7j5us48g
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3 Stunden Oper, Inhalt:
Die Arkadier galten im Altertum als raues Hirtenvolk.
Gewisse Charakterzüge Arkadiens lassen sich durch seine isolierte geographische
Lage erklären. Seine Einwohner sehen sich als das älteste griechische Volk
überhaupt an. Schon in der Zeit des Hellenismus wurde Arkadien verklärt zum Ort
des Goldenen Zeitalters, wo die Menschen unbelastet von mühsamer Arbeit und
gesellschaftlichem Anpassungsdruck in einer idyllischen Natur als zufriedene
und glückliche Hirten lebten. Entsprechend etablierte es sich als Topos der
antiken bukolischen Literatur, beispielsweise der Hirtengedichte Vergils. In
der antiken lateinischen Literatur wird der ursprünglich in Griechenland
befindliche Ort oft nach Sizilien verlegt.
Für die Wiederbelebung der Gattung in der europäischen
Renaissance wurde um 1480 der Schäferroman Arcadia von Jacopo Sannazaro
maßgeblich. Im Barock und im 16. bis 18. Jahrhundert entstanden zahllose Texte
und Gemälde mit Motiven im mythischen Arkadien.
Aus dem Mythos Arkadien wurde in der Frühen Neuzeit die
Vorstellung gewonnen, es sei Leben jenseits gesellschaftlicher Zwänge möglich.
Dies waren in ihrem Kern politische Phantasien, die vor allem vom Hochadel
geschürt wurden, der unter dem politischen Druck des sich stabilisierenden
frühneuzeitlichen Staates unter erheblichen Disziplinierungsdruck geriet. Unter
der Oberfläche dieses aristokratischen Eskapismus wurde die Idee einer
individuellen Freiheit geboren und gewahrt, die zwar die Freiheit des
Großadligen meinte, aber bereits seit dem 17. Jahrhundert in den Niederlanden,
dann aber seit dem 18. Jahrhundert auch in Frankreich und Deutschland vom
Bürgertum beerbt wurde.
Ein wesentlicher Bestandteil dieses Traums von arkadischer
Freiheit war die Schäferideologie, ein vielfältig zusammengesetztes
Ideensystem, deren Kern die Pastoralliteratur und deren Verarbeitung zu Motiven
der dekorativen Künste seit dem 17. Jahrhundert ist. Gemäß dieser Vorstellungen
fliehen Adlige vor der unerträglich gewordenen Gesellschaft aufs Land, verkleiden
sich dort als Schäfer und treten mit den dort wirkenden „echten“ Schäfern in
Kontakt. Thema der Handlungen dieser Literatur-Schäfer oder Bücher-Hirten ist
vor allem die Liebe. Gelegentlich wird aber die Schäferidylle massiv von der
Realität eines gewalttätigen Lebens (so in der Galatea von Miguel de Cervantes)
oder der Ritterwelt und ihrer Kriegshandlungen (so in der Astrée von Honoré
d’Urfé) heimgesucht, was bei allem Symbolismus der Pastorale einen deutlichen
Zug zum Realismus darstellt. Auch der Tod, der in Nicolas Poussins Arkadischen
Hirten auf sich selbst mit einer autoreferenziellen Inschrift auf dem Epitaph
verweist, spielt auf der symbolischen Ebene des mythologischen Bildes eine der
Wirklichkeit analoge Struktur durch: nämlich die zum wirklichen Leben gehörige
Präsenz des Todes inmitten eines glücklichen Lebens.
Was zunächst lediglich als Maskenspiel erschien, wurde in
der symbolischen Selbstpräsentation von Adligen zum Bildprogramm: Aristokraten
ließen sich im Schäferkostüm malen und setzten sich als Hirten in Szene. Dies
war die symbolisch überhöhte Form, mit der die archaische Vorstellung, wonach
der Herrscher auch immer ein Hirte seines Volkes sei, in der Neuzeit als
Bestandteil adliger Herrschaftsansprüche und Machtlegitimation überdauert und
aktualisiert wurde.
Zur Rezeption der Idee vom glücklichen Arkadien gehörte
auch, dass das Gebiet, über das ein Adliger seine Territorialherrschaft
ausübte, als ein neues Arkadien vorgestellt wurde. Auf diese Weise entzogen die
Aristokraten wenigstens auf der symbolischen Ebene ihr Einflussgebiet der Macht
der königlichen Zentralgewalt.
Entsprechende arkadische Landschaften gab es im Europa der
Frühen Neuzeit vor allem als literarisch vermittelte Konstruktionen und
Phantasien. So ließ Honoré d’Urfé in seiner Heimat Le Forez (heute im
Département Loire) die Handlung seines Schäferromans L’Astrée spielen. Le Forez
verwandelt sich auf diese Weise wenigstens im poetischen Bild in eine
neuzeitliche arkadische Landschaft.
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