Trading – Gold glänzt wieder
Author D. Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/UJBTGXykqn0
Der Goldpreis ist Anfang März auf ein 13-Monats-Hoch von
1280 US-Dollar je Feinunze gestiegen. Begünstigt wurde der Preisanstieg durch
Finanzmarktturbulenzen, das Auspreisen von Fed-Zinserhöhungen und kräftige
Zuflüsse in die Gold-ETFs. Auch wenn sich der Preisanstieg zunächst noch
fortsetzen könnte, sehen wir ein gewisses Korrekturpotenzial, insbeson¬dere
falls neuerliche Fed-Zinserhöhungsspekulationen einset¬zen. Am Jahresende
erwarten wir Gold daher etwas niedriger bei 1.250 US-Dollar je Feinunze. Silber
hat den Preisanstieg bei Gold bislang kaum nachvollzogen, dürfte dies im Laufe
des Jahres aber nachholen.
Der Goldpreis ist fulminant in das Jahr 2016 gestartet. In
den ersten neun Wochen verteuerte sich Gold um 20 Prozent auf ein
13-Monats-Hoch von 1.280 US-Dollar je Feinunze (Grafik 1). Der Goldpreis war
dabei vielfältig unterstützt. So erhielt er Aufwind von den zeitweise kräftig
gefallenen globalen Aktienmärkten, die die steigende Risikoaversion der
Marktteilnehmer ausdrückten. Dies und eine Reihe enttäuschender Konjunkturdaten
aus den USA führten zu einem Auspreisen bislang erwarteter Zinserhö¬hungen der
US-Notenbank Fed in diesem Jahr. Im Zuge dessen wertete der US-Dollar spürbar
ab - gegenüber dem Euro fiel er
Mitte Februar auf ein 4-Monats-Tief. Zeitgleich fiel die
Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen auf ein 31/2-Jahres-Tief von gut 1,5
Prozent, was als weiteres Indiz für die hohe Risikoaversion der Marktteilnehmer
gelten kann. Auch seitens der Zentral-banken gab es eindeutig positive Signale
für Gold. So senkte die Bank von Japan Ende Januar ihren Leitzins überraschend
in den negativen Bereich. Damit folgte sie der EZB, der Schweize-rischen
Nationalbank und der schwedischen Riksbank, welche bereits Negativzinsen
eingeführt hatten. Darüber hinaus hatte die Riksbank Anfang Februar die Zinsen
überraschend deutlich weiter in den negativen Bereich gesenkt. Die EZB ist im
März mit einer weiteren Zinssenkung und der Ausweitung der Anleihen-käufe
gefolgt. Unseren Zinsstrategen zufolge handelten Ende Februar Anleihen mit einem
Volumen von mehr als 10 Billionen Euro weltweit mit einem negativen Zins. In
Deutschland warfen Staatsanleihen mit einer Laufzeit von acht Jahren oder
weniger
eine negative Rendite ab. Die deutsche Umlaufrendite lag nur
noch knapp über der Nulllinie. Früher hieß es, Gold bringt keine Zinsen. Heute
muss es eher heißen, Gold kostet keine Zinsen. Auch in Euro gerechnet
verteuerte sich Gold daraufhin auf ein 13-Monats-Hoch von fast 1.165 Euro je
Feinunze.
In der Folge der geschilderten Entwicklungen hat das in den
letzten Jahren eher verhaltene Anlegerinteresse an Gold spürbar angezogen. Die
von Bloomberg erfassten Gold-ETFs verzeich-neten in den ersten beiden Monaten
des Jahres Zuflüsse von 240 Tonnen (Grafik 2). Damit waren die Zuflüsse in die
ETFs bisdahin schon deutlich größer als die gesamten Abflüsse des letzten
Jahres (138 Tonnen). Zugleich entspricht dies etwa der Hälfte der globalen
Minenproduktion in diesem Zeitraum. Im Februar verzeichneten die Gold-ETFs mit
rund 185 Tonnen sogar den stärksten Monatszufluss seit der globalen
Wirtschafts- und Finanzkrise vor sieben Jahren. Trotz steigender Aktienmärkte
hielten die Zuflüsse in die Gold-ETFs an und gewannen sogar an Dynamik. Es ist
allerdings nicht davon auszugehen, dass sich das Tempo der ETF-Zuflüsse in
diesem Ausmaß fortsetzt. Sollte der dreijährige Trend von ETF-Abflüssen damit
dennoch beendet sein, wäre dies ein deutlich preisunterstützender Faktor für
Gold. Denn anstatt wie in den letzten drei Jahren Gold zur Verfügung zu
stellen, würden die Gold-ETFs dem Markt Gold entziehen.
Gold dürfte seinen Höhen¬flug zunächst fortsetzen und könnte
durchaus das Hoch von Anfang 2015 bei 1.300 US-Dollar je Feinunze erreichen. Im
Falle einer weiteren Verschärfung der Konjunktursorgen und neuerlicher Turbulenzen
an den Aktienmärkten sind auch höhere Notierungen vorstellbar. Wir warnen
allerdings davor, die Aufwärtsbewegung beim Gold¬preis seit Jahresbeginn für
die kommenden Monate einfach fort-zuschreiben. Denn die Goldpreisentwicklung
ist keine Einbahn-straße und ein Rückschlag jederzeit möglich. So dürfte das
gestiegene Preisniveau die Schmucknachfrage in China und Indien dämpfen. Die
indischen Goldimporte dürften laut vorläufi-gen Daten des Finanzministeriums im
Februar auf das niedrigste Niveau seit einem Jahr gefallen sein. Gemäß Daten
der Hong-konger Statistikbehörde hat China im Januar aus Hongkong auf
Nettobasis so wenig Gold importiert wie seit August 2014 nicht mehr (Grafik 3).
Zu den geringen Importen hat wohl auch die Abwertung des chinesischen Renminbi
beigetragen, wodurch der Goldpreis in lokaler Währung noch stärker als in
US-Dollar gerechnet gestiegen ist. Zudem wurden im Dezember vor-gezogene Käufe
getätigt. Doch auch nach den Neujahrsfeier-lichkeiten zeigte sich die
Goldnachfrage in China verhalten, nachdem insbesondere die Investmentnachfrage
noch Anfang 2016 sehr stark war.
Für Gegenwind könnten auch neue
Fed-Zinserhöhungsspekula-tionen sorgen. Der Markt rechnete Anfang März gemessen
an den Fed Funds Futures mit einer Wahrscheinlichkeit von etwas mehr als 60
Prozent mit einer Zinserhöhung bis zum Jahresende. Unsere Volkswirte erwarten
dagegen, dass die US-Notenbank den Leitzins in diesem Jahr zweimal erhöhen
wird. Wie das letzte Jahr eindrucksvoll gezeigt hat, reagiert Gold auf
Zinserhöhungs-spekulationen sehr empfindlich, zumal dann auch der US-Dollar
wieder an Stärke gewinnen dürfte. Zur Vorsicht mahnt auch die Entwicklung in
den vergangenen beiden Jahren. Gold startete jeweils fulminant in das neue
Jahr, konnte die Gewinne
allerdings nicht halten. »Gold
reagiert auf Zins-
Sowohl 2014 als auch 2015 erhöhungsspekulationen
verzeichnete Gold jeweils im sehr
empfindlich, zumal
ersten Quartal das jeweilige dann
auch der US-Dollar
Jahreshoch, beendete das wieder
an Stärke gewinnen
Jahr 2014 leicht unter dem dürfte.«
Jahreseinstandsniveau und
das Jahr 2015 sogar deutlich
im Minus (Grafik 4). Auch wenn der Preisanstieg von Gold in
den letzten Monaten wohl zu schnell erfolgte und sich Korrektur-potenzial
aufgebaut hat, erwarten wir allerdings kein deutliches Abrutschen des
Goldpreises wie im letzten Jahr. Vielmehr sehen wir Gold in einem von hoher
Unsicherheit und negativen Zinsen gekennzeichneten Marktumfeld gut unterstützt.
Bei einer Beruhi-gung der Marktlage und besseren Konjunkturdaten aus den USA
dürfte Gold zwischenzeitlich zwar nochmals unter Druck gera¬ten, weil dann
Zinserhöhungen durch die US-Notenbank Fed wieder wahrscheinlicher werden. Diese
sollten den Goldpreis aber nur kurzzeitig belasten. Ende 2016 erwarten wir
einen Gold¬preis von 1.250 US-Dollar je Feinunze. Silberpreis profitierte zwar
vom Aufwind am Goldmarkt und stieg Anfang Februar auf ein 31/2-Monats-Hoch von
16 US-Dollar je Feinunze. Der Preisanstieg bleibt aber deutlich hinter dem von
Gold zurück. Das Gold-Silber-Verhältnis ist daraufhin erstmals seit Dezember
2008 auf über 80 gestiegen. Silber zeigt nicht erst seit Jahresbeginn eine
relative Schwäche, sondern bereits seit knapp fünf Jahren (Grafik 5). Der
hybride Charakter des Edel-metalls - einerseits wie Gold als alternative
Wertanlage gesucht, andererseits als Metall in der Industrie gefragt - hat zur
Folge, dass sich Silber in manchen Zeiten besser, in anderen Zeiten schlechter
als Gold entwickelt. Verstärkt wird dieses Phänomen dadurch, dass der
Silbermarkt ein »kleinerer« Markt ist als der Goldmarkt, sodass bereits einige
wenige Trans¬aktionen den Preis bewegen können. Was steckt hinter der schwachen
Preisentwicklung und werden die Tendenzen in absehbarer Zeit drehen?
Preisbelastend war die schwache industrielle Silbernachfrage,
auf welche über die Hälfte der physischen Nachfrage entfällt und die seit 2010
um 11,5 Prozent gefallen ist (Grafik 6). Rückläufig war der Bedarf der
Elektronikindustrie, die 50 Prozent der industriel¬len Nachfrage ausmacht.
Silber wird dort wegen seiner außerge-wöhnlichen Leitfähigkeit verwendet. Vor
allem die chinesische Nachfrage war schwach. Doch hier dürften sich die
Tendenzen stabilisieren, wie die in der zweiten Jahreshälfte 2015 wieder
stärker gestiegenen Silberimporte andeuten. Die bereits im letz-ten Jahr
positiven Nachfragetendenzen in den übrigen industriel-len Segmenten dürften
sich fortsetzen. So sollte der Bedarf in der Photovoltaik, welcher 13 Prozent
der industriellen Nachfrage ausmacht, im laufenden Jahr sein altes Rekordhoch
aus dem Jahr 2011 übertreffen. Die Reduktion von Silber in den Solarzel¬len
dürfte allmählich auslaufen, sodass der Silberbedarf wieder stärker im Einklang
mit der Produktion von Solarzellen steigen dürfte. Die weltweite Produktion von
Solaranlagen soll in diesemJahr mit einer Rate im hohen einstelligen Bereich
wachsen. Deut-lich geringer ist zwar die Bedeutung der Nachfrage der Hersteller
von Ethylenoxid (E0), die Silberkatalysatoren benötigen, um dieses in der
Chemie stark verwendete Gas zu produzieren. Allerdings wächst diese
Nachfragekomponente besonders dyna-misch. Im letzten Jahr betrug der Anstieg 40
Prozent. Für dieses Jahr erwartet das Silver Institute einen Nachfrageanstieg
um 25 Prozent. In Summe dagegen fast unverändert war die übrige physische
Silbernachfrage: Die Nachfrage nach Silbermünzen hat im letzten Jahr ein
Rekordniveau erreicht. Sie stellte damit 12 Prozent der gesamten physischen
Silbernachfrage. Auch im laufenden Jahr erwartet das Silver Institute aufgrund
der attrakti-ven Preise und eines steigenden Interesses an sicheren Anlagen
eine robuste Münznachfrage. Dagegen war die Nachfrage nach
Silberschmuck 2015 leicht
rückläufig. Für 2016 erwar-
»Das Silver Institute tet
das Silver Institute hier
erwartet aufgrund der einen
Anstieg um 5 Prozent. attraktiven Preise und eines
steigenden Interesses an Im
letzten Jahr ging die
sicheren Anlagen eine schwache
Nachfrage mit
robuste Münznachfrage.« einem
fallenden Silberan-
gebot einher. Das globale
Minenangebot stagnierte 2015 wegen der gefallenen Preise
erstmals seit langem (Gra-fik 7). Silber fällt überwiegend als Nebenprodukt bei
der Gold-Kupfer-, Blei- und Zinkproduktion an. In der Minenproduktion von
Industriemetallen sind jedoch deutliche Einschnitte ange- kündigt, denn die
Preise sind auch dort massiv gefallen und ein profitables Arbeiten ist oft
nicht mehr möglich. Auch für die Primärproduktion von Silber, die knapp ein
Drittel des Minen-angebots ausmacht, ver-
schlechtern sich die Pers-
pektiven. Viele Produzen- »Altsilber
ist die zweite
tenländer profitieren zwar wichtige
Angebotskompo-
noch von den Abwertungen nente,
die knapp 15 Prozent
ihrer Landeswährungen. des
physischen Angebots
Mexiko und Peru sind die ausmacht,«
größten Produzentenländer
und stellen ein Drittel des
Angebots; der mexikanische Peso hat in der Spitze 30 Prozent
und der peruanische Sol gut 20 Prozent gegenüber dem US-Dol¬lar abgewertet. Das
dämpft die Kosten in US-Dollar, zumal die Inbetriebnahme neuer Minen bzw. die
Erweiterung kosteneffizi-enter Minen, wie der Saucito-Mine in Mexiko, ebenfalls
die Pro-duktionskosten bremsen. Der preisbedingte Rückgang der Erlöse aus der
Nebenproduktion anderer Metalle konnte damit abge¬federt werden. Alles in allem
sind damit die Cash-Costs in der Primärproduktion von Silber sogar gefallen.
Dennoch: Nimmt man die Kapitalkosten hinzu, so machen laut dem Research-Un-ternehmen
GFMS wegen der gesunkenen Silberpreise 20 Prozent der Silberproduzenten
Verluste. Auch vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren stark gekürzten
Explorationsausgaben ist deshalb 2016 das erste Mal seit 2002 mit einem
fallenden Minen-angebot zu rechnen. Altsilber ist die zweite wichtige
Angebots-komponente, die knapp 15 Prozent des physischen Angebots usmacht.
Diese ist bereits seit Jahren rückläufig. Das Aufkom¬men aus der Industrie
(knapp 50 Prozent) dürfte 2016 bestenfalls stagnieren. Denn aufgrund des
niedrigen Preisniveaus lohnt die Wiedergewinnung von Silber aus elektronischen
Applikationen vielfach nicht. Dem könnte wegen der Verschrottung von
Alt-katalysatoren zusätzliches Recyclingangebot aus dem Bereich Ethylenoxid
entgegenstehen.
Das Angebot an alten Silberwaren und altem Silberschmuck ist
preissensitiv, sodass auch hier mit einem fortgesetzten Rückgang zu rechnen
ist. Strukturell weiter schrumpfend ist zudem das Altsilberangebot aus der
Fotoindustrie. Alles in allem dürfte somit das gesamte Silberangebot weiter
schrumpfen.
Damit steht 2016 einer steigenden Silbernachfrage ein
fallendes Silberangebot gegenüber (Grafik 8). Der Silbermarkt dürfte daher ein
in etwa dreimal höheres Angebotsdefizit aufweisen als 2015. Wie stark dies die
Preise beeinflusst, hängt wesentlich von der Entwicklung der
Investmentnachfrage ab. Im letzten Jahr hatten die Investoren 524 Tonnen Silber
aus den ETFs abgezo¬gen, was das Angebotsdefizit in etwa um die Hälfte
schrumpfen ließ und den Silberpreis belastete. Mittelfristig dürfte der
Silber¬preis aufgrund der deutlichen Ausweitung des Angebotsdefizits zulegen,
auch gegenüber Gold. Wir rechnen zum Jahresende mit einem Silberpreis von 17
US-Dollar je Feinunze. Das Gold-Silber-Verhältnis dürfte auf 74 fallen.
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