Freitag, 29. April 2016

Trading – Gold glänzt wieder


Trading – Gold glänzt wieder

Author D. Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/UJBTGXykqn0

Der Goldpreis ist Anfang März auf ein 13-Monats-Hoch von 1280 US-Dollar je Feinunze gestiegen. Begünstigt wurde der Preisanstieg durch Finanzmarktturbulenzen, das Auspreisen von Fed-Zinserhöhungen und kräftige Zuflüsse in die Gold-ETFs. Auch wenn sich der Preisanstieg zunächst noch fortsetzen könnte, sehen wir ein gewisses Korrekturpotenzial, insbeson¬dere falls neuerliche Fed-Zinserhöhungsspekulationen einset¬zen. Am Jahresende erwarten wir Gold daher etwas niedriger bei 1.250 US-Dollar je Feinunze. Silber hat den Preisanstieg bei Gold bislang kaum nachvollzogen, dürfte dies im Laufe des Jahres aber nachholen.

Der Goldpreis ist fulminant in das Jahr 2016 gestartet. In den ersten neun Wochen verteuerte sich Gold um 20 Prozent auf ein 13-Monats-Hoch von 1.280 US-Dollar je Feinunze (Grafik 1). Der Goldpreis war dabei vielfältig unterstützt. So erhielt er Aufwind von den zeitweise kräftig gefallenen globalen Aktienmärkten, die die steigende Risikoaversion der Marktteilnehmer ausdrückten. Dies und eine Reihe enttäuschender Konjunkturdaten aus den USA führten zu einem Auspreisen bislang erwarteter Zinserhö¬hungen der US-Notenbank Fed in diesem Jahr. Im Zuge dessen wertete der US-Dollar spürbar ab - gegenüber dem Euro fiel er

 

Mitte Februar auf ein 4-Monats-Tief. Zeitgleich fiel die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen auf ein 31/2-Jahres-Tief von gut 1,5 Prozent, was als weiteres Indiz für die hohe Risikoaversion der Marktteilnehmer gelten kann. Auch seitens der Zentral-banken gab es eindeutig positive Signale für Gold. So senkte die Bank von Japan Ende Januar ihren Leitzins überraschend in den negativen Bereich. Damit folgte sie der EZB, der Schweize-rischen Nationalbank und der schwedischen Riksbank, welche bereits Negativzinsen eingeführt hatten. Darüber hinaus hatte die Riksbank Anfang Februar die Zinsen überraschend deutlich weiter in den negativen Bereich gesenkt. Die EZB ist im März mit einer weiteren Zinssenkung und der Ausweitung der Anleihen-käufe gefolgt. Unseren Zinsstrategen zufolge handelten Ende Februar Anleihen mit einem Volumen von mehr als 10 Billionen Euro weltweit mit einem negativen Zins. In Deutschland warfen Staatsanleihen mit einer Laufzeit von acht Jahren oder weniger

 

eine negative Rendite ab. Die deutsche Umlaufrendite lag nur noch knapp über der Nulllinie. Früher hieß es, Gold bringt keine Zinsen. Heute muss es eher heißen, Gold kostet keine Zinsen. Auch in Euro gerechnet verteuerte sich Gold daraufhin auf ein 13-Monats-Hoch von fast 1.165 Euro je Feinunze.

In der Folge der geschilderten Entwicklungen hat das in den letzten Jahren eher verhaltene Anlegerinteresse an Gold spürbar angezogen. Die von Bloomberg erfassten Gold-ETFs verzeich-neten in den ersten beiden Monaten des Jahres Zuflüsse von 240 Tonnen (Grafik 2). Damit waren die Zuflüsse in die ETFs bisdahin schon deutlich größer als die gesamten Abflüsse des letzten Jahres (138 Tonnen). Zugleich entspricht dies etwa der Hälfte der globalen Minenproduktion in diesem Zeitraum. Im Februar verzeichneten die Gold-ETFs mit rund 185 Tonnen sogar den stärksten Monatszufluss seit der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise vor sieben Jahren. Trotz steigender Aktienmärkte hielten die Zuflüsse in die Gold-ETFs an und gewannen sogar an Dynamik. Es ist allerdings nicht davon auszugehen, dass sich das Tempo der ETF-Zuflüsse in diesem Ausmaß fortsetzt. Sollte der dreijährige Trend von ETF-Abflüssen damit dennoch beendet sein, wäre dies ein deutlich preisunterstützender Faktor für Gold. Denn anstatt wie in den letzten drei Jahren Gold zur Verfügung zu stellen, würden die Gold-ETFs dem Markt Gold entziehen.

Gold dürfte seinen Höhen¬flug zunächst fortsetzen und könnte durchaus das Hoch von Anfang 2015 bei 1.300 US-Dollar je Feinunze erreichen. Im Falle einer weiteren Verschärfung der Konjunktursorgen und neuerlicher Turbulenzen an den Aktienmärkten sind auch höhere Notierungen vorstellbar. Wir warnen allerdings davor, die Aufwärtsbewegung beim Gold¬preis seit Jahresbeginn für die kommenden Monate einfach fort-zuschreiben. Denn die Goldpreisentwicklung ist keine Einbahn-straße und ein Rückschlag jederzeit möglich. So dürfte das gestiegene Preisniveau die Schmucknachfrage in China und Indien dämpfen. Die indischen Goldimporte dürften laut vorläufi-gen Daten des Finanzministeriums im Februar auf das niedrigste Niveau seit einem Jahr gefallen sein. Gemäß Daten der Hong-konger Statistikbehörde hat China im Januar aus Hongkong auf Nettobasis so wenig Gold importiert wie seit August 2014 nicht mehr (Grafik 3). Zu den geringen Importen hat wohl auch die Abwertung des chinesischen Renminbi beigetragen, wodurch der Goldpreis in lokaler Währung noch stärker als in US-Dollar gerechnet gestiegen ist. Zudem wurden im Dezember vor-gezogene Käufe getätigt. Doch auch nach den Neujahrsfeier-lichkeiten zeigte sich die Goldnachfrage in China verhalten, nachdem insbesondere die Investmentnachfrage noch Anfang 2016 sehr stark war.

Für Gegenwind könnten auch neue Fed-Zinserhöhungsspekula-tionen sorgen. Der Markt rechnete Anfang März gemessen an den Fed Funds Futures mit einer Wahrscheinlichkeit von etwas mehr als 60 Prozent mit einer Zinserhöhung bis zum Jahresende. Unsere Volkswirte erwarten dagegen, dass die US-Notenbank den Leitzins in diesem Jahr zweimal erhöhen wird. Wie das letzte Jahr eindrucksvoll gezeigt hat, reagiert Gold auf Zinserhöhungs-spekulationen sehr empfindlich, zumal dann auch der US-Dollar wieder an Stärke gewinnen dürfte. Zur Vorsicht mahnt auch die Entwicklung in den vergangenen beiden Jahren. Gold startete jeweils fulminant in das neue

Jahr, konnte die Gewinne

allerdings nicht halten.  »Gold reagiert auf Zins-

Sowohl 2014 als auch 2015      erhöhungsspekulationen

verzeichnete Gold jeweils im sehr empfindlich, zumal

ersten Quartal das jeweilige   dann auch der US-Dollar

Jahreshoch, beendete das        wieder an Stärke gewinnen

Jahr 2014 leicht unter dem      dürfte.« Jahreseinstandsniveau und

das Jahr 2015 sogar deutlich

im Minus (Grafik 4). Auch wenn der Preisanstieg von Gold in den letzten Monaten wohl zu schnell erfolgte und sich Korrektur-potenzial aufgebaut hat, erwarten wir allerdings kein deutliches Abrutschen des Goldpreises wie im letzten Jahr. Vielmehr sehen wir Gold in einem von hoher Unsicherheit und negativen Zinsen gekennzeichneten Marktumfeld gut unterstützt. Bei einer Beruhi-gung der Marktlage und besseren Konjunkturdaten aus den USA dürfte Gold zwischenzeitlich zwar nochmals unter Druck gera¬ten, weil dann Zinserhöhungen durch die US-Notenbank Fed wieder wahrscheinlicher werden. Diese sollten den Goldpreis aber nur kurzzeitig belasten. Ende 2016 erwarten wir einen Gold¬preis von 1.250 US-Dollar je Feinunze. Silberpreis profitierte zwar vom Aufwind am Goldmarkt und stieg Anfang Februar auf ein 31/2-Monats-Hoch von 16 US-Dollar je Feinunze. Der Preisanstieg bleibt aber deutlich hinter dem von Gold zurück. Das Gold-Silber-Verhältnis ist daraufhin erstmals seit Dezember 2008 auf über 80 gestiegen. Silber zeigt nicht erst seit Jahresbeginn eine relative Schwäche, sondern bereits seit knapp fünf Jahren (Grafik 5). Der hybride Charakter des Edel-metalls - einerseits wie Gold als alternative Wertanlage gesucht, andererseits als Metall in der Industrie gefragt - hat zur Folge, dass sich Silber in manchen Zeiten besser, in anderen Zeiten schlechter als Gold entwickelt. Verstärkt wird dieses Phänomen dadurch, dass der Silbermarkt ein »kleinerer« Markt ist als der Goldmarkt, sodass bereits einige wenige Trans¬aktionen den Preis bewegen können. Was steckt hinter der schwachen Preisentwicklung und werden die Tendenzen in absehbarer Zeit drehen?

Preisbelastend war die schwache industrielle Silbernachfrage, auf welche über die Hälfte der physischen Nachfrage entfällt und die seit 2010 um 11,5 Prozent gefallen ist (Grafik 6). Rückläufig war der Bedarf der Elektronikindustrie, die 50 Prozent der industriel¬len Nachfrage ausmacht. Silber wird dort wegen seiner außerge-wöhnlichen Leitfähigkeit verwendet. Vor allem die chinesische Nachfrage war schwach. Doch hier dürften sich die Tendenzen stabilisieren, wie die in der zweiten Jahreshälfte 2015 wieder stärker gestiegenen Silberimporte andeuten. Die bereits im letz-ten Jahr positiven Nachfragetendenzen in den übrigen industriel-len Segmenten dürften sich fortsetzen. So sollte der Bedarf in der Photovoltaik, welcher 13 Prozent der industriellen Nachfrage ausmacht, im laufenden Jahr sein altes Rekordhoch aus dem Jahr 2011 übertreffen. Die Reduktion von Silber in den Solarzel¬len dürfte allmählich auslaufen, sodass der Silberbedarf wieder stärker im Einklang mit der Produktion von Solarzellen steigen dürfte. Die weltweite Produktion von Solaranlagen soll in diesemJahr mit einer Rate im hohen einstelligen Bereich wachsen. Deut-lich geringer ist zwar die Bedeutung der Nachfrage der Hersteller von Ethylenoxid (E0), die Silberkatalysatoren benötigen, um dieses in der Chemie stark verwendete Gas zu produzieren. Allerdings wächst diese Nachfragekomponente besonders dyna-misch. Im letzten Jahr betrug der Anstieg 40 Prozent. Für dieses Jahr erwartet das Silver Institute einen Nachfrageanstieg um 25 Prozent. In Summe dagegen fast unverändert war die übrige physische Silbernachfrage: Die Nachfrage nach Silbermünzen hat im letzten Jahr ein Rekordniveau erreicht. Sie stellte damit 12 Prozent der gesamten physischen Silbernachfrage. Auch im laufenden Jahr erwartet das Silver Institute aufgrund der attrakti-ven Preise und eines steigenden Interesses an sicheren Anlagen eine robuste Münznachfrage. Dagegen war die Nachfrage nach

Silberschmuck 2015 leicht

rückläufig. Für 2016 erwar-

»Das Silver Institute       tet das Silver Institute hier

erwartet aufgrund der   einen Anstieg um 5 Prozent. attraktiven Preise und eines

steigenden Interesses an         Im letzten Jahr ging die

sicheren Anlagen eine   schwache Nachfrage mit

robuste Münznachfrage.«        einem fallenden Silberan-

gebot einher. Das globale

Minenangebot stagnierte 2015 wegen der gefallenen Preise erstmals seit langem (Gra-fik 7). Silber fällt überwiegend als Nebenprodukt bei der Gold-Kupfer-, Blei- und Zinkproduktion an. In der Minenproduktion von Industriemetallen sind jedoch deutliche Einschnitte ange- kündigt, denn die Preise sind auch dort massiv gefallen und ein profitables Arbeiten ist oft nicht mehr möglich. Auch für die Primärproduktion von Silber, die knapp ein Drittel des Minen-angebots ausmacht, ver-

schlechtern sich die Pers-

pektiven. Viele Produzen-        »Altsilber ist die zweite

tenländer profitieren zwar      wichtige Angebotskompo-

noch von den Abwertungen    nente, die knapp 15 Prozent

ihrer Landeswährungen.           des physischen Angebots

Mexiko und Peru sind die         ausmacht,« größten Produzentenländer

und stellen ein Drittel des

Angebots; der mexikanische Peso hat in der Spitze 30 Prozent und der peruanische Sol gut 20 Prozent gegenüber dem US-Dol¬lar abgewertet. Das dämpft die Kosten in US-Dollar, zumal die Inbetriebnahme neuer Minen bzw. die Erweiterung kosteneffizi-enter Minen, wie der Saucito-Mine in Mexiko, ebenfalls die Pro-duktionskosten bremsen. Der preisbedingte Rückgang der Erlöse aus der Nebenproduktion anderer Metalle konnte damit abge¬federt werden. Alles in allem sind damit die Cash-Costs in der Primärproduktion von Silber sogar gefallen. Dennoch: Nimmt man die Kapitalkosten hinzu, so machen laut dem Research-Un-ternehmen GFMS wegen der gesunkenen Silberpreise 20 Prozent der Silberproduzenten Verluste. Auch vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren stark gekürzten Explorationsausgaben ist deshalb 2016 das erste Mal seit 2002 mit einem fallenden Minen-angebot zu rechnen. Altsilber ist die zweite wichtige Angebots-komponente, die knapp 15 Prozent des physischen Angebots usmacht. Diese ist bereits seit Jahren rückläufig. Das Aufkom¬men aus der Industrie (knapp 50 Prozent) dürfte 2016 bestenfalls stagnieren. Denn aufgrund des niedrigen Preisniveaus lohnt die Wiedergewinnung von Silber aus elektronischen Applikationen vielfach nicht. Dem könnte wegen der Verschrottung von Alt-katalysatoren zusätzliches Recyclingangebot aus dem Bereich Ethylenoxid entgegenstehen.

Das Angebot an alten Silberwaren und altem Silberschmuck ist preissensitiv, sodass auch hier mit einem fortgesetzten Rückgang zu rechnen ist. Strukturell weiter schrumpfend ist zudem das Altsilberangebot aus der Fotoindustrie. Alles in allem dürfte somit das gesamte Silberangebot weiter schrumpfen.

Damit steht 2016 einer steigenden Silbernachfrage ein fallendes Silberangebot gegenüber (Grafik 8). Der Silbermarkt dürfte daher ein in etwa dreimal höheres Angebotsdefizit aufweisen als 2015. Wie stark dies die Preise beeinflusst, hängt wesentlich von der Entwicklung der Investmentnachfrage ab. Im letzten Jahr hatten die Investoren 524 Tonnen Silber aus den ETFs abgezo¬gen, was das Angebotsdefizit in etwa um die Hälfte schrumpfen ließ und den Silberpreis belastete. Mittelfristig dürfte der Silber¬preis aufgrund der deutlichen Ausweitung des Angebotsdefizits zulegen, auch gegenüber Gold. Wir rechnen zum Jahresende mit einem Silberpreis von 17 US-Dollar je Feinunze. Das Gold-Silber-Verhältnis dürfte auf 74 fallen.

 

 






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