Sonntag, 17. April 2016

Cabriolets


Cabriolets

Author D. Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/2VvL4imj3cU

Hohe Preise und eingeschränkte Ein-satzmöglichkeiten führten zu exklusiven Modellen, die nur in vergleichsweise kleinen Mengen gebaut wurden. Auf dem Konstruktions- und Fertigungsni¬veau der Oberklasse hat niemand mehr Erfahrung mit den offenen Quartett-Mobilen als Mercedes-Benz. Dennoch gibt es aus der Nachkriegs-Markenhisto¬rie nur drei wichtige Beispiele für Top-Cabriolets, die unter ihrem Zeltdach vier anständige Sitzplätze offerierten: Schon 1951 führte Mercedes seinen ma-jestätischen Typ 3oo heran, geschlossen karossiert im Stil der Luxuswagen, ein Auto für den ersten Kanzler der jungen deutschen Republik. Auf der Basis dieser großen Limousine entstanden mehrere offene Versionen, darunter der nur in 51 Exemplaren gefertigte 300 D (hat nichts mit Diesel zu tun): Das mächtige, zwei Tonnen schwere Cabriolet hatte bis zu sechs Sitze und vier Türen (!), das Ver¬deck lag beim offenen Auto wie ein klei¬ner Gebirgszug hinter der Rückbank un¬ter seiner Abdeckung. Meist wurden da¬mit Staatsmänner chauffiert. Aber es wurde auch verkauft, für 24 700 DM, ein Porsche 356 Cabrio kostete damals etwa die Hälfte. Der letzte sportliche Mercedes in der sogenannten klassi-schen Linienführung war der zweitürige eine dürftig gepolsterte und schmale Sitzbank im Fond heran, mit gutem Wil¬len und bewehrt mit fester Sturmhaube, ließen sich hier insgesamt vier glückli¬che Menschen unterbringen. Beim Aus¬laufen des offenen 300 im Jahr 1958 mel¬dete sich die Formenwelt der neuen Zeit: Die einst dominierenden Kotflügel legten sich in der frischen Baureihe ver¬schämt der Karosserie an, sie standen nicht mehr frei, sondern schmiegten sich beidseits an den Kühler, die Ponton-form rundete auch den Mercedes vorn und hinten, und von 1956 bis 1960 fuh¬ren Coup6 und Cabriolet der Baureihen W 108 und W 128 im Dienste der abge-rundeten Schönheit. Elegante Wagen mit dezent-reichlichem Chromschmuck aus der Ponton-Baureihe 220 S/SE als Coup6 und Cabrio wurden gern von Stars und Sternchen zum Beginn der 296oer Jahre genutzt. Das Cabrio C bot vier Sitzplätze und brachte bis zu drei Zenmer mehr als die Limousine auf die Waage, hielt jedoch reichlich Platz für Passagiere und Gepäck bereit und wur¬de als „klassisches Luxusgeschöpf" einge¬stuft. Im Typ 220 SE wurde bereits 1958 der Kraftstoff über eine Bosch-Einsprit¬zung zugeteilt, 225 PS brachten das rund 1,8 Tonnen wiegende Cabrio C auf gut 16o km/h, 23 400 DM waren 1960 dafür beim Neukauf anzulegen.

Wie bei den Mercedes-Limousinen führte bei den großen Cabrios ein glei-

 

bis 28o SE 3.5 (mit V8) die modische ft Heckflosse. Allerdings wurde diese Aus¬ ri prägung der seitlichen Heckpartie bei

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Für 34 750 DM war es zu erwerben, die rei vielleicht beste Geldanlage im Geschäft pri mit Oldtimern. Wenn dieses Mercedes tei Cabrio, auf dem Rasen von Pebble Lu Beach melodisch summend, die kalifor-

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Ob diese Beinahe-Ehrfurcht in fünf¬ ers zig Jahren das neue S-Cabrio begleitet? san Das weiß keiner. Denn Inhalt und Auf¬ der tritt des neuen Groß-Cabrios mit vier kor Sitzen unter dem freien Himmel haben gei sich drastisch verändert. Statt einer über Ha sechzig Jahre alten Eleganz, die trotz klei- Da, sich Cabrios mit der Hartnä-ckighit einer schweren Erkältung, und sie gerieten in den Ruf der Ursprünglich¬keit des Fahrens. Wobei die Beweglich¬keit des Daches in der moderneren Ge¬sellschaft meist nur für zwei Reisende aus¬reichend und konstruiert ist. Denn meh¬rere Quadratmeter an klappender, sich fal¬tender oder über- und ineinander schich¬tender Dachfläche zu beherrschen ist eine anspruchsvolle Übung. Womöglich sollte dieses Flachdach dann auch bei hö¬heren Geschwindigkeiten, jenseits von 200 km/h zum Beispiel, nicht zum Flat¬tern und Davonfliegen neigen. Auch der Anspruch, den größeren Wagen ohne die schützende und stützende Hilfe des stäh¬lernen Aufbaus zu einer festen Burg wer-den zu lassen, gehört zu den eher heiklen und teuren Aufgaben der Konstrukteure. Zudem hat sich mit der mobilen Offen¬heit die Ansicht verbunden, es sei eine sportliche Herausforderung, mit offenem Dach zu fahren. Deshalb sei das offene Auto naturgemäß ein Sportwagen, ein Ra-cer ohne Dach, ein Roadster, ein Spider oder ein zweisitziges Cabriolet. Das aller¬dings darf als Irrtum gewertet werden. Auch vier Sitze lassen sich unter freiem Himmel zügig beschleunigen und mit Entschlossenheit durch Kurven werfen. Dennoch gehören viersitzige Cabriolets zu den eher seltenen Erscheinungen in privater Hand. Wenn man die ganz gro¬ßen Unikate (Landaulets) für Monar¬chen, Milliardäre und Karnevalspotenta¬ten nicht berücksichtigt.

Hohe Preise und eingeschränkte Ein¬satzmöglichkeiten führten zu exklusiven Modellen, die nur in vergleichsweise kleinen Mengen gebaut wurden. Auf dem Konstruktions- und Fertigungsni¬veau der Oberklasse hat niemand mehr Erfahrung mit den offenen Quartett-Mobilen als Mercedes-Benz. Dennoch gibt es aus der Nachkriegs-Markenhisto¬rie nur drei wichtige Beispiele für Top-Cabriolets, die unter ihrem Zeltdach vier anständige Sitzplätze offerierten: Schon 1951 führte Mercedes seinen ma-jestätischen Typ 300 heran, geschlossen karossiert im Stil der Luxuswagen, ein Auto für den ersten Kanzler der jungen deutschen Republik. Auf der Basis dieser großen Limousine entstanden mehrere offene Versionen, darunter der nur in 51 Exemplaren gefertigte 300 D (hat nichts mit Diesel zu tun): Das mächtige, zwei Tonnen schwere Cabriolet hatte bis zu sechs Sitze und vier Türen (0, das Ver¬deck lag beim offenen Auto wie ein klei¬ner Gebirgszug hinter der Rückbank un-ter seiner Abdeckung. Meist wurden da¬mit Staatsmänner chauffiert. Aber es wurde auch verkauft, für 24 700 DM, ein Porsche 356 Cabrio kostete damals etwa die Hälfte. Der letzte sportliche Mercedes in der sogenannten klassi¬schen Linienführung war der zweitürige

 

300 S, von dem auch ein Cabrio von ver¬störender Schönheit abgeleitet wurde. Es führte nicht nur eine bis zum Hori¬zont reichende Haube, sondern auch eine dürftig gepolsterte und schmale Sitzbank im Fond heran, mit gutem Wil¬len und bewehrt mit fester Sturmhaube, ließen sich hier insgesamt vier glückli¬che Menschen unterbringen. Beim Aus-laufen des offenen 300 im Jahr 1958 mel¬dete sich die Formenwelt der neuen Zeit: Die einst dominierenden Kotflügel legten sich in der frischen Baureihe ver¬schämt der Karosserie an, sie standen nicht mehr frei, sondern schmiegten sich beidseits an den Kühler, die Ponton-form rundete auch den Mercedes vorn und hinten, und von 1956 bis 1960 fuh¬ren Coupe und Cabriolet der Baureihen W io8 und W 128 im Dienste der abge¬rundeten Schönheit. Elegante Wagen mit dezent-reichlichem Chromschmuck aus der Ponton-Baureihe 220 S/SE als Coup6 und Cabrio wurden gern von Stars und Sternchen zum Beginn der 196oer Jahre genutzt. Das Cabrio C bot vier Sitzplätze und brachte bis zu drei Zentner mehr als die Limousine auf die Waage, hielt jedoch reichlich Platz für Passagiere und Gepäck bereit und wur¬de als „klassisches Luxusgeschöpf" einge¬stuft. Im Typ 220 SE wurde bereits 1958 der Kraftstoff über eine Bosch-Einsprit-zung zugeteilt, 115 PS brachten das rund 1,8 Tonnen wiegende Cabrio C auf gut 160 km/h, 23 400 DM waren 1960 dafür beim Neukauf anzulegen.

Wie bei den Mercedes-Limousinen führte bei den großen Cabrios Wscos bedeutet E-Mail? Typi-he Antworten junger Leute: Damit kommunizie¬ren die Älteren. E-Mail ist das digi¬tale Äquivalent für Anzug und Kra¬watte. Nie würde man seinen gleich¬altrigen Freunden eine E-Mail schi¬cken, sie wären genervt. Sie würden fragen, warum keine Message oder kein Whatsapp verwendet wird. Wer nie ohne Smartphone gelebt hat, wer eine Zeit vor Facebook, Snapchat oder Instagram nie erlebt hat, lebt auch digital anders. Das Techniktool schlechthin ist das Smartphone, nicht der Notebook, den wir Älteren sofort als Arbeits-werkzeug sowie wichtigsten Zugang zum Netz und zur Kommunikation schätzen. Dem herkömmlichen Rechner geht es an den Kragen. Abermals sanken im ersten Quartal die Hardware-Verkäufe um fast to Prozent, wie die Marktforscher von Gartner ermittelt haben. Der Wech¬sel hin zum Smartphone wird auch nicht mehr von jenen Mechanismen gebremst, die dereinst den PC-Markt beflügelten: Neue Intel-Pro-zessoren locken nur noch detailver¬liebte Fachleute und Kenner. Die Broadwell-E-Generation mit 14 Na¬nometer zieht nicht, und Kaby Lake oder Bristol Ridge sucht man¬cher eher in Google Maps als exo-tisches Reiseziel denn auf der Agen¬da kommender Hochleistungspro-zessoren. Coup6/Cabriolet Baureihe 220 SE bis 280 SE 3.5 (mit V8) die modische Heckflosse. Allerdings wurde diese Aus¬prägung der seitlichen Heckpartie bei den eleganten Zweitürern nur sehr zu-rückhaltend, in rundlicher Form, einge¬setzt. Die Likiousinen kamen in ihren Spitzenversionen mit chrombetonten Heckflossen, was aber ihrer Eleganz kei¬neswegs schadete. Wie es hieß, für „höchste Ansprüche" rauschte das vier-plätzige-3oo-SE-Cabriolet mit dem 16o-PS-Einspritier durch den Wind und hinterließ den Duft nach großem Geld. Die Vorstellung, man könne es als Mann nur mit weißer Schildmütze und Lederhandschuhe mit offenen Kuppen für die sensiblen Chirurgen-Finger fah¬ren, ist für alle Zeiten damit verbunden. Für 34 750 DM war es zu erwerben, die vielleicht beste Geldanlage im Geschäft mit Oldtimern. Wenn dieses Mercedes Cabrio, auf dem Rasen von Pebble Beach melodisch summend, die kalifor¬nische Sonne genießt oder mit leise fau¬chendem Reihensechszylinder auf knir-schendem Kies zur Villa d'Este rollt, dann werden beim Publikum atemlose Schweigeminuten ausgerufen.

Ob diese Beinahe-Ehrfurcht in fiinf-zig Jahren das neue S-Cabrio begleitet? Das weiß keiner. Denn Inhalt und Auf¬tritt des neuen Groß-Cabrios mit vier Sitzen unter dem freien Himmel haben sich drastisch verändert. Statt einer über sechzig Jahre alten Eleganz, die trotz klei-

 

 

 





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