Interview mit Paul Baloyi, von der Entwicklungsbank DBSA des südlichen Africa
Das Interview führte D.Selzer-McKenzie
Der Kontinent leidet indirekt
unter der globalen Wirtschaftskrise.
Paul Baloyi sieht dennoch
hoffnungsvolle Ansätze
.in Afrika. Die Entwicklungshilfe
des Westens sei allerdings
oft teuer und ineffizient.
Immer wenn es mit der globalen Wirtschaft
bergab geht, ist ein Aufschrei zu
hören, dass der afrikanische Kontinent
am stärksten getroffen sei. Trffi das
wirklich zu? Immerhin erwarten die
meisten afrikanischen Lönder ein positives
lltirtschaftswachstum . . .
Der afrikanische Kontinent ist stark in
dle globale Wirtschaft eingebunden.
Geht es dem Rest der Welt schlecht, trifft
es uns ebenfalls. Allerdings erholt sich
Afrikas Wirtschaft auch scinell, wenn es
aufwärtsgeht. Wir rechnen in den nächsten
Jahren mit Wachstumsraten von 2 bis
3 Prozent, das ist für Entwicklunssländer
wenig. Wir sind aber zuversichtläh, dass
China und Indien weiterhin einen immensen
Rohstoffbedarf haben. Davon profitiert
Afrika. Außerdem hat die Regiörung
Südafrikas, der Wirtschaftsmotor dei
Kontinents, ein milliardenschweres Infrastrukturprogramm
aufgelegt. Wir bauen
Straßen,S tadien,e inenö ffentlichenN ahverkehr
und vieles mehr. Auch das mildert
die Folgen der globalen Rezession.
Dann sieht es gar nicht so schlecht aus?
Glücklicherweise ist die Bankenkrise
wegen strikter Regulierungen - für die
uns die Außenwelt vorher gescholten hat
- an Afrika vorbeigegangänA. ber jetzt
treffen uns die Zweitrundeneffekte. Die
exportabhängige Rohstoffbranche und
die Industrie leiden. Außerdem haben wir
Lücken in der Finanzierung der laufenden
Infrastrukturprojekte.
-Am
Finanzmarkt
ist zwar Liquidität vorhanden, aber
die Kosten würden nachfolgende Generationen
zu sehr belasten. öaher müssen
Entwicklungsbanken wie die DBSA und
die African Development Bank zusammen
mit ihren internationalen partnern
einspringen. Trotzdem verfallen wir nicht
in Selbstmitleid. Wir tun etwas gegen die
Krise und sind optimistisch.
Der Rohstoffioom hat Afrika einen sieben
Jahre dauernden Aufschwung mit
mehr als 5 Prozent Wachstum iedes Jahr
beschert. Warum ist in dieser 2eü nichts
passiert, um sich für schlechtere Zeiten
zu rüsten? Viele Ldnder in Afrika hringen
immer noch von einem einzigen Rohstoff
ab, die Infrastruktur ist marod
e . . .
Ein Land, das von einem sehr niedrigen
Niveau aus wächst, hat zunächst gro.
ßen NachholbedarfM. an kann nicht-das
gesamte Geld in die Diversifizierung der
Wirtschaft stecken. Der Staat musJ die
richtige Balance zwischen wirtschaftlichen
Investitionen und Sozialauseaben
finden, um die Armut zu bekämpfei.
Hat sich die Lebenssituation der breiten
B ev ö lke rung. ge b e s s e rt ?
Es ist sehr viel geschehen. Man darf
nicht vergessen, dass es in Afrika darum
geht, die grundlegendsten Bedürfnisse
der Menschen zu erfüllen, und nicht. wie
in den entwickelten Ländern, einen Lebensstandard
zu erhalten. Man kann außerdem
nicht alle afrikanischen Länder
über einen Kamm scheren. Es gibt erfolgreiche
Länder wie Südafrika, die sich abgesehen
vorn Kampf gegen HIV/Aids
größtenteils selbst helfen können, und es
gibt Länder, die vermutlich immer von internationalen
Hilfszahlungen abhängen.
Braucht Südafrika dann keine der auf
dem G-20- und auf dem G-8-Gipfettrejfen
beschloss enenM illiardenhitfen?
Das südliche Afrika ist das wirtschaftliche
Kraftwerk des Kontinents. Wenn wir
nicht die Wettbewerbsfähigkeit dieser Region
stärken, dann wird der sanze restliche
Kontinent nicht weiterliommen. Es
ist aber noch zu fnih, um über die Verteilung
der Gelder zu sprechen. Erst müssen
wir abwarten, inwieweit die Versprechen
erfüllt werden.
Haben Sie daran Zweifel?
Afrika ist schon so viel versprochen
worden, aber ob das Geld wirklich fließt.
ist einea ndereF rage.W ir hoffen,d assd ie
Politiker es ernst gemeint haben und aus
den Zusagen brauchbare Pläne entstehen.
Wir Afrikaner aber haben unsere.Lektion
aus der Vergangenheit gelernt. Wenn wir
nicht nachhaken,b leibt es bei den zuten
Vorsätzen.
Haben afikanische Entwicklungsbanken
ein Mitspracherecht,wie die Miltiarden
verteih werden?
Darauf pochen wir. Als Afrikaner müssen
wir über unser eigenes Schicksal miibestimmen
drirfen. Afrika ist kein Bittstel-
Ier der Weltbank und der westlichen Welt
mehr. Mittlerweile werden wir ernst senommen.
Es findet ein reger Austauöh
von Ideen statt. Afrika ist nicht arm, auch
wenn arme Menschen dort leben.
Sind Sie sich auch manchmal nicht einig?
Aber natürlich. Die Weltbank hat gerade
einen Bericht vorgelegt, nach dem3üdafrikas
Städte als Zentren des Wirtschaftswachstums
gestdrkt werden sollen. Aus unserer
Sichtjedoch darfrnan auch die ländichen
Regionenn icht vernachlässigenD. ie
Regierqng ist allen Bürgern verpflichtet,
auch denen auf dem Land, wo der größte
Bedarf besteht.E ine Massenwanderungin
die Städte kann nicht die kisuns sein
Die Kritik an der Entwicklungshilft
wird immer lauter, neuerdings auch in
Afrika. Die sambische Autorin und Investmentbankerin
Dambisa Moyo argumentiert,
dass die Hilfen kontraproduktiv
seien. In 60 fahren sei eine Billion
Dollar Hilfsgelder nach Afrika ceflossen,
aber die Situation des durchschnittlichen
Afrikaners habe sich verschlechtert.
Hat sie recht?
Grundsätzlich ist Entwickluneshilfe
gut und wichtig ftir Afrika. Es fommt
aber auf die Umsetzung an.In der Vergangenheit
wurden viele Fehler gemacht.
Nahrungsmittellieferungen verhindern in
der Tat die Entwicklung einer eigenen
Landwirtschaft. Auch geben einige I-änder
vor, dem Kontinent helfen zu wollen,
tatsächlich aber sind sie nur an den Rohstoffen
interessiert.
Und der Einsatz von Nichtregierungsorganisationen
(NGOs) ?
Darin sehe ich ebenfalls ein sroßes
Problem. Mittlerweile tummeln siÄ Tausende
von.Organisationen und Beratern
in Afrika. Die Entwicklungshilfe ist zu einem
eigenen Wirtschaftszweig geworden.
Jede Organisation baut eigene Verwaltungsapparate
auf und schickt Fachkräfte
aus dem Ausland mit teuren Verträgen
hierher, die, nebenbei bemerkt.
die Wohnungspreises o in die Höhe treiben,
dass sich viele Viertel nur noch ausländische
Entsandte leisten können.
Nicht nur werden dabei das Wissen und
die Erfahrung der einheimischen Institutionen
ignoriert. Von den Hilfsgeldern
kommt nach Abzlg der Kosten iuch zu
wenig an. Es ärgert mich auch, dass viele
unserer gut ausgebildeten Leute von
NGOs abgeworben werden. Die Entwicklungshilfe
verstärkt damit den. ,,Brain
Drain" aus Afrika. Das ist wirklich kontraproduktiv.
Welche Lösung schlagön Sie vor?
Die Einsätze müssen besser koordiniert
und die afrikanischen Institutionen
müssen gestärkt werden. Das Geld direkt
an die afrikanischen Entwicklungsbanken
weiterzuleiten wäre viel effizienter.
Das Gespräch führte D.Selzer-McKenzie
Mittwoch, 12. August 2009
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