Usain Bolt

Usain Bolt

Author D.Selzer-McKenzie

Der jamaikanische Sprintstar gewinnt auch über 200 Meter unangefochten die Goldmedaille — und stellt bei seinem
zweiten WM-Titel in 19,19 Sekunden die nächste Bestmarke auf.
sain Bolt hat dreieinhalb Stun
den vor seinem 23. Geburtstag
mit seinem grandiosen 200-Me
ter-Sieg in der Weltrekordzeit von 19,19 Sekunden trotz eines Gegen¬winds von 0,3 Meter pro Sekunde einen weiteren Meilenstein in der Sportge¬schichte gesetzt. Damit ist der Schritt un¬ter die 19-Sekunden-Grenze in unmittel¬bare Nähe gerückt. Der • schnelle' Mann von der Karibik-Insel blieb dank eines fan¬tastischen Starts elf Hundertstelsekunden unter seiner auf den Tag genau vor einem Jahr beim Olympiasieg in Peking aufge¬stellten Bestmarke (19,30) und ist der ers¬te Athlet, der sowohl bei Olympischen Spielen als auch bei einer Weltmeister¬schaft einen Doppelerfolg über die bei¬den Sprint-Einzelstrecken feiern konnte.
Vier Tage nach seinem 100-Meter¬Wunderlauf, als Bolt die Welt für 9,58 Se¬kunden in Atem hielt, distanzierte der nach dem Verzicht seines größten Riva¬len Tyson Gay praktisch konkurrenzlose Bolt seine Gegner mit seinen unwider¬stehlich raumgreifenden Schritten aber¬mals deutlich und kam weit vor Alonso Edward (Panama/19,81) sowie dem Ame¬rikaner Wallace Spearmon (19,85) ins Ziel. Es war der sechste Weltrekord des Ja-maikaners, der vor den Olympischen Spie¬- len die 100-Meter-Bestmarke in 9,72 Se¬kunden an sich gerissen hatte, dann in Pe¬king in 9,69 Sekunden über 100 Meter, 19,30 Sekunden über 200 Meter und 37,10 Sekunden mit der 4x100-Meter-Staf¬fel drei weitere Bestmarken erzielt hatte. Auch in Berlin könnte er am Samstag mit Jamaikas Staffel-Quartett das Weltre¬kord-Triple und damit seine siebte Re¬kordmarke erreichen.
Die große Geburtstags-Sause fällt aber wohl aus. „Eine Party ist nicht geplant. Ich habe den Tag zwar für mich frei, aber ich kann nicht viel feiern, denn am Samstag ist bereits das Staffel-Rennen", sagte Bolt
der im Vorlauf am Freitag nicht antreten wird. Vielleicht belohnt er sich ja wie schon nach seinem 100-Meter-Triumph mit Hähnchen-Nuggets in einem Schellres¬taurant. Dabei könnte der Aunahmesprin¬ter mit seiner WM-Prämie wohl in jedem Gourmetrestaurant der Welt speisen. Durch seine zwei Siege mit Bestzeiten strich Bolt bislang bereits 320 000 Dollar ein. Sollte er am Samstag mit der 4x100-Meter-Staffel seinen Dreifach-Tri-umph ebenfalls mit einem Weltrekord per¬fekt machen, wird Bolt mit knapp 350 000 Dollar im Koffer aus Berlin abreisen.
Am bislang heißesten Tag des Jahres heizte Bolt den Zuschauern im Olympia¬stadion mit seiner persönlichen Show zu¬sätzlich ein. Der Reggae-Liebhaber tänzel¬te vor sich hin, schnitt Grimassen für die Kamera und verteilte Handküsse ins Pu¬blikum. Als sich Bolt und seine Gegner in die Startblöcke begaben, wurde aus dem ohrenbetäubenden Lärm im weiten Rund der Arena eine elektrisierende Stille vol¬ler Spannung, die sich mit dem Start¬schuss entlud. Seine Finalgegner hatten sich bereits vor dem Start in Galgenhu¬mor gerettet. „Vielleicht kann ich ihm ja
auch ein Bein stellen, ohne dass ich er¬wischt werde", sagte der Amerikaner Shawn Crawford und hatte noch eine mar¬tialische Idee zu bieten: „Ich bin der Dra¬chentöter. Aber der einzige Weg, den Dra¬chen Bolt zu töten, ist, ihm seinen Kopf abzuschlagen."
Der amerikanische Leichtathletikstar Michael Johnson, dem Bolt in Peking den 200-Meter-Weltrekord entriss, macht seinem Landsmann Tyson Gay für die Zukunft keine großen Hoffnun¬gen auf ein faires Duell. „Solange Bolt läuft, sind die zwei Titel aus Osaka die
einzigen, die Tyson Gay gewinnen kann." Michael Johnson traut dem Ja¬maikaner Usain Bolt sogar zu, seinen zehn Jahre alten 400-Meter-Weltrekord zu brechen. „Das ist sehr gut möglich"; sagte er. „Aber eine Sache ist sicher: Das wird nicht so schnell gehen wie über 100 und 200 Meter. Dafür braucht es mehr Training und mehr Wettkämp¬fe", sagte der viermalige Olympiasieger und neunmalige Weltmeister, der die Bestzeit über die Stadionrunde seit dem 26. August 1999 mit 43,18 Sekunden hält.