Freitag, 21. Mai 2010

Trading mit dem Rohstoff Nickel Trading SelMcKenzie Selzer-McKenzie

Trading mit dem Rohstoff Nickel Trading SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Author D.Selzer-McKenzie
Video:
http://www.youtube.com/watch?v=8hcyfjxJuHo

Kein anderes Industriemetall hat sich seit Jahresbeginn stärker entwickelt als Nickel. Ende April erreichten die Notierungen an der „London Metal
Exchange“ (LME) mit mehr als 27.000 US-Dollar pro Tonne den höchsten Stand seit etwa zwei Jahren. Das ist gleichbedeutend mit einer
Verteuerung um mehr als 40 Prozent in nur drei Monaten. Allerdings brachen die Kurse Anfang Mai innerhalb weniger Tage wieder um rund
6.000 US-Dollar bzw. etwa 20 Prozent ein. Das als chronisch volatil bekannte Erz hat seinem Ruf somit einmal mehr alle Ehre gemacht
Die Meinungen über die weitere Entwicklung gehen derzeit weit auseinander.
Während Optimisten eine Fortsetzung der Rallye erwarten, rechnen
Pessimisten mit weiteren deutlichen Rückschlägen. Dabei finden
beide Seiten gute Argumente, um ihre jeweilige Position zu begründen.
Auf der einen Seite weisen die Fundamentaldaten auf eine konjunkturelle
Erholung der Weltwirtschaft hin, was für steigende Preise spricht. Auf
der anderen Seite sind die Nickellagerbestände mittlerweile nach historischen
Maßstäben sehr hoch, wodurch weitere Zugewinne limitiert werden
sollten. Darüber hinaus gibt es erste Anzeichen für eine restriktivere
Wirtschaftspolitik des größten Verbraucherlandes China, das gegen eine
mögliche Überhitzung der Wirtschaft und die steigende Teuerung vorgehen
will. Dem gegenüber zeigt die chinesische Stahlindustrie bisher
kaum Zeichen einer nachlassenden Produktionsdynamik, und mittlerweile
fasst die Stahlkonjunktur auch in den Industrieländern zunehmend
deutlicher Fuß. Alles in allem ergibt sich also ein recht unklares Bild, das
reichlich Interpretationsspielraum bietet.
Um die Entwicklung der vergangenen Monate richtig einordnen zu können,
ist ein Blick auf die fundamentalen Charakteristika des
Nickelmarktes unabdingbar. Grundsätzlich betrachtet handelt es sich um
einen ausgesprochen konjunktursensiblen Rohstoff. Etwa 60-70 Prozent
des Erzes wird bei der Herstellung von korrosionsfestem Stahl verbraucht.
Weitere 20 Prozent werden zu sonstigen Legierungen verarbeitet,
der Rest verteilt sich auf die Galvanotechnik und chemische
Anwendungen. Neben der Primärnickelproduktion kommt dem Recycling
aus Stahlschrott eine wichtige Rolle als Sekundärquelle zu. Vor allem in
China hat sich zudem die Produktion von „Nickel Pig Iron“ als Substitut
etabliert. Gegenüber "konventionellem" Nickel zeichnet sich das
Substitut v.a. durch niedrigere Produktionskosten und geringere Qualität
aus. Der Reinheitsgrad (i.S.v. Nickelgehalt) von Nickel Pig Iron beträgt 1,5
bis maximal 20 Prozent. Im Vergleich dazu kommt herkömmliches Nickel
auf einen durchschnittlichen Nickelanteil von 25-40 Prozent.
Folglich hat die Entwicklung der Stahlproduktion erheblichen Einfluss auf
die Nachfrage, die wiederum stark von der Weltkonjunktur abhängt. Die
positive Preisentwicklung der vergangenen Monate ist in erster Linie auf
die unerwartet robuste Entwicklung des chinesischen Stahlmarktes
zurückzuführen. Während die Produktion der Industrieländer im vergangenen
Jahr regelrecht eingebrochen ist, hat das gigantische Konjunkturund
Infrastrukturprogramm der chinesischen Regierung die inländische
Stahlnachfrage angefeuert. China ist mit etwa einem Drittel der globalen
Nachfrage das mit Abstand wichtigste Verbrauchsland. Zudem haben
chinesische Einkäufer das in ihren Augen niedrige Preisniveau genutzt,
und vor allem im vergangenen Sommer große Mengen Nickel auf dem
Weltmarkt aufgekauft. Anscheinend wurde ein beträchtlicher Teil der
Importe eingelagert, möglicherweise um eine strategische Reserve aufzubauen.
Was für die letzen Monate Gültigkeit hatte, wird aus heutiger Sicht auch
die kommenden Monate bestimmen. China ist und bleibt die entscheidende
Stellschraube auf dem Nickelmarkt. Sollte die Nachfrage des
Landes sich deutlich abschwächen, wäre das wohl gleichbedeutend mit
einem Preisrückschlag. Trotz erheblich verbesserter Bedingungen könnten
die übrigen Industrie- und Schwellenländer die entstandene
Nachfragelücke wohl kaum füllen. Aktuell ist davon jedoch kaum etwas
zu spüren: Alleine in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres ist
die globale Produktion von rostfreiem Stahl nach Angaben des
„International Stainless Steel Forum“ (ISSF) auf 7,5 Millionen Tonnen
gestiegen. Das sind rund 55 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, was
dem stärksten Zuwachs seit mehr als 30 Jahren entspricht. In China
beträgt der entsprechende Zuwachs etwa 38 Prozent. Bei der Analyse
der Daten sollte jedoch beachtet werden, dass es sich bei dem entsprechenden
ersten Vergleichsquartal 2009 um den Zeitraum mit den niedrigsten
Produktionsziffern seit mehr als zehn Jahren handelt.
Aussagekräftiger ist der Vergleich mit dem Vorquartal, der zwar immer
noch positiv ausfällt, jedoch bei weitem geringer: Auf globaler Ebene
steht hier ein Plus von 11,5 Prozent zu Buche, in China beträgt die
Steigerung 8,9 Prozent.
Vergleicht man der Reihe nach die Zuwachsraten der einzelnen Quartale,
wird schnell deutlich, dass der Markt sich zwar mit großem Tempo erholt,
die Erholung jedoch zunehmend an Dynamik verliert. Dieser
Trend spiegelt sich auch in der Entwicklung der
Nickellagerbestände an der LME wieder. Im vergangenen
Februar meldete der Handelsplatz
mit mehr als 160.000 Tonnen den höchsten
jemals erreichten Wert. Der deutliche
Lageraufbau geht wahrscheinlich in erster
Linie auf die Abschwächung der chinesischen
Nachfrage in den letzten beiden
Quartalen zurück, die nicht von den
OECD-Staaten kompensiert werden konnte.
Mittlerweile scheint sich das Blatt aber
wieder gewendet zu haben, die Bestände
sind tendenziell rückläufig, wenn auch weiterhin
auf hohem Niveau. Offenbar gehen einige bisher
eher zurückhaltende Stahlkocher dazu über, die
eigenen Bestände wieder aufzufüllen. Anscheinend
erscheint den Käufern das gegenwärtige Preisniveau nicht als zu hoch,
wozu auch die deutlichen gestiegenen Stahlpreise beitragen, durch sie
sich ein Teil der Mehrkosten auf die Konsumenten abwälzen lässt.
In der Gesamtschau scheint es um die Fundamentaldaten auf dem
Nickelmarkt derzeit nicht schlecht bestellt zu sein. Sollte ein konjunktureller
Rückschlag ausbleiben, erscheinen die Notierungen bei einem
Niveau von 20.000-21.000 Dollar zumindest gut unterstützt zu sein.
Allerdings bleiben weiterhin erhebliche Unsicherheiten bestehen, nicht
zuletzt auf Grund der anhaltenden Sorgen um die Stabilität der Eurozone
bzw. die Verfassung der Anleihenmärkte, die sich auch auf die
Rohstoffmärkte auswirken. Spezifische Herausforderungen für den
Nickelmarkt sind die weiterhin hohen Lagerbestände sowohl in China als
auch in Europa, sowie die voraussichtlich deutlichen Outputsteigerungen
der Nickelproduzenten als Reaktion auf das aktuelle Preisniveau. Zudem
sollten die Probleme der Hersteller Vale und BHP mit dem kanadischen
Sudbury Schmelzer bzw. der australischen Nickel West Minen in absehbarer
Zeit gelöst werden, was kurzfristig Druck von der Angebotsseite
nehmen sollte. Mit großem Interesse beobachten Marktteilnehmer auch
die bald beginnende Produktion der ebenfalls zu Vale gehörenden Goro-
Mine in Neu Kaledonien, eines der größten derzeit anlaufenden Projekte
weltweit. Bei planmäßigem Verlauf wäre im Gesamtjahr mit einer deutlichen
Verbesserung des Nickelangebots zu rechnen, was sich in einem
klaren Jahresüberschuss niederschlagen sollte.
Vor diesem Hintergrund scheinen größere Preissteigerungen hauptsächlich
dann möglich, wenn die Nachfrage der Stahlindustrie sich weiter
ausgesprochen positiv entwickelt. Sollte die chinesische Regierung ihre
Maßnahmen zur Abkühlung der Wirtschaft ausweiten, müsste sich ein
neues Zugpferd finden, um den Nachfrageausfall auszugleichen. Falls
dies nicht der Fall sein sollte, droht aus charttechnischer Sicht ein
Rückfall auf die Unterstützungszone bei 17.750 Dollar. Sollte
auch diese Zone nicht halten, etwa bei einem Rückfall
der Weltwirtschaft in eine Rezession, wäre mit
einem erneuten Test der Unterstützung bei ca.
10.300 Dollar und letztlich dem Vorjahrestief
von rund 9.000 Dollar zu rechnen.
Allerdings erscheint diese Variante unserer
Ansicht nach als unwahrscheinlich.
Gegenwärtig favorisieren wir eine
Verteidigung der Unterstützungszone bei
20.000 – 21.000 Dollar, die von einem
Anstieg auf den Widerstand bei 24.885
Dollar gefolgt werden sollte. Bei einer nachhaltigen
Überwindung dieser Marke wäre aus
technischer Sicht der Weg bis 35.000 Dollar frei.
Dazu bedürfte es aber wohl eines externen
Katalysators, wie beispielsweise durch anhaltende
Versorgungsstörungen auf Grund von Streiks oder Naturereignissen.

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