Fangschrecke Gottesanbeterin Tiere Animals Natur SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Author D.Selzer-McKenzie
Video http://www.youtube.com/watch?v=5K3CSXbmp5o
Die Fangschrecken oder Gottesanbeterinnen (Mantodea) sind eine Ordnung der Insekten und gehören zu den Fluginsekten (Pterygota). Häufig werden sie auch als Mantiden bezeichnet.[1]
Gottesanbeterinnen verfügen über eine – insbesondere in Verbindung mit ihrer oft langanhaltenden Reglosigkeit – sehr gute Tarnung. Die Körperlänge der meisten Arten beträgt zwischen 40 und 80 mm. Die kleinsten Gottesanbeterinnen sind die ursprünglichen Vertreter der Gattung Mantoida aus Südamerika, deren kleinste Art Mantoida tenuis nur etwa 12 mm misst. Die größten Arten finden sich in den Gattungen Toxodera und Ischnomantis mit fast 160 mm.
Das für Insekten ungewöhnliche Erscheinungsbild verdanken die Fangschrecken neben der Umwandlung des ersten Beinpaares zu Fangbeinen vor allem einer Verlängerung des ersten Brustsegmentes (Prothorax), welches den Aktionsradius der Fangbeine stark erweitert. Der dreieckige Kopf der Tiere ist über den Hals (Cervix) mit dem Prothorax verbunden. Anders als bei fast allen anderen Insekten lässt sich der Kopf der Gottesanbeterinnen über einen großen Winkel drehen. Diese Umgestaltung des Thorax mit der Drehbarkeit des Kopfes findet sich ansonsten nur bei den Kamelhalsfliegen und bei den zu den Netzflüglern gehörenden Fanghaften.
Ghana-Gottesanbeterin (Sphodromantis lineola) ♀
Die Fangbeine der Fangschrecken werden aus der Tibia (Unterschenkel) und dem Femur (Oberschenkel) gebildet. Die Tibia trägt viele Dornen und eine große Endklaue. Sie kann gegen das dornenbewehrte Femur wie ein Taschenmesser eingeklappt werden. Die Hüftglieder (Coxa) sind ebenfalls verlängert und frei beweglich. Mit diesen Fangbeinen kann die Fangschrecke innerhalb von 0,1 Sekunden zuschlagen, um ein Opfer zu fangen. Viele Arten können mit diesem präzisen Fangapparat sogar Fliegen aus der Luft fangen. In Lauerstellung werden die Fangbeine erhoben und an den Körper angelegt gehalten, daher bekamen die Tiere auch den Namen Gottesanbeterinnen.
Die großen Facettenaugen der Tiere liegen weit auseinander und ermöglichen so ein stereoskopisches Sehen. Da sie zum Orten und Verfolgen der Beute, sowie zur genauen Ortung der Geschlechtspartner verwendet werden, stellen sie das wichtigste Sinnesorgan der Tiere dar. Ein weiteres Sinnesorgan bildet das unpaare Gehörorgan zwischen den Hinterhüften mancher Arten. Mit diesem können Töne im Bereich von 25 bis 130 kHz gehört werden, es dient vermutlich dazu, während des Fluges Fledermäuse zu orten. Die sog. Gehörspalte liegt zwischen dem 2. und 3. Beinpaar und ist nur 0,2 mm breit. Weibchen haben ein geringeres Hörvermögen als Männchen. Manche Arten haben auch zwei Hörorgane die untereinander angeordnet sind, welche unterschiedliche Frequenzen wahrnehmen können. Andere Arten wiederum verfügen über gar kein Hörorgan.[2]
Verhalten [Bearbeiten]
Popa spurca crassa ♀ – subadult
Die meisten Fangschrecken, wie z. B. die Geistermantis (Phyllocrania paradoxa) oder die Europäische Gottesanbeterin (Mantis religiosa) sind tagaktive Lauerjäger, das heißt sie verharren stundenlang unbeweglich, bis sich ihnen ein Opfer nähert, welches sie dann mit ihren Fangbeinen packen. Dabei zeigen viele Arten Anpassungen an ihre Umgebung, die es ihrer Beute erschweren, sie in ihrer Lauerstellung zu erkennen. Nicht nur in den Farben, die innerhalb der Arten sehr variabel sein können, sondern auch durch die Körperform und durch blattartig verbreiterte Cuticuladuplikaturen (Loben) ahmen sie in ihrer äußeren Form Teile von Pflanzen nach (Mimese). Die Geistermantis sieht vertrockneten Blättern sehr ähnlich, andere Arten ahmen Holzstückchen und Zweige nach. Es wird diskutiert, ob Fangschrecken wie die Teufelsblume (Idolomantis diabolicus) sowie Pseudocreobotra wahlbergii oder Creobroter pictipennis, die Blumen und Blüten ähneln, durch ihre Form und Farbe Insekten anlocken können. Dies wäre eine Form der Peckham’schen Mimikry.
Andere Arten, z. B. Popa spurca, Eremiaphila und Heteronutarsus, die in den Wüsten und Halbwüsten des nördlichen Afrika bis nach Indien vorkommen, laufen sehr schnell und viel herum, um ihre Beute zu verfolgen. Die meisten Arten ernähren sich von Insekten und Spinnen. Es gibt jedoch auch einige größere Vertreter, die daneben auch Skorpione und sogar kleine Wirbeltiere, wie junge Schlangen, Eidechsen, Kolibris und kleine Säugetiere erbeuten können.[2] [3]
Die Fangschrecken haben ein ausgedehntes Balzverhalten, das vor allem dazu dient, dass sich das Männchen dem meist größeren Weibchen gefahrlos nähern kann. Trotzdem kann es vorkommen, dass das Männchen vor oder während der Begattung vom Weibchen teilweise oder vollständig verspeist wird (Kannibalismus), wobei dies der Kopulation keinen Abbruch tut. Die Eier werden in großen Eipaketen (Ootheken) abgelegt. Einige Arten vermehren sich durch Parthenogenese.
Verbreitung [Bearbeiten]
Von den bekannten 2300 Arten lebt in Mitteleuropa nur eine Art, die Europäische Gottesanbeterin, alle anderen findet man in den Tropen und Subtropen. Im Mittelmeerraum kommen neben Mantis religiosa mehrere Arten der Gattungen Iris, Ameles, Rivetina, Apteromantis, Geomantis, Perlamantis und Empusa (z.B. Empusa pennata) vor.
Fossil sind Vertreter der Fangschrecken in verschiedenen Bernsteinvorkommen, insbesondere im Baltischen Bernstein (Eozän) nachgewiesen. Die älteste Bernsteininkluse mit einer Fangschrecke aus der Familie der Chaeteessidae stammt aus dem sogenannten New Jersey Bernstein (USA) (Obere Kreide, Turonium).[4].
Systematik [Bearbeiten]
Äußere Systematik [Bearbeiten]
Fangschrecken sind sehr eng mit den Schaben (Blattodea) und den Termiten (Isoptera) verwandt. Manche Systematiker fassen Fangschrecken, Schaben, Termiten und Bodenläuse (Zoraptera) in dem gemeinsamen Taxon Oothecariformia zusammen (Siehe dazu auch Systematik der Gladiatoren). Andere stellen Schaben und Fangschrecken zusammen in die Ordnung Dictyoptera (auch Oothecaria).[2]
Innere Systematik [Bearbeiten]
Die Fangschrecken werden in verschiedene Familien eingeordnet. Unterordnungen werden bisher nicht verwendet. Die folgende bis auf die Ebene der Unterfamilien dargestellte Systematik folgt der Taxonomischen Datenbank der Fangschrecken und wurde um einige bekanntere Arten ergänzt:[1][5]
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