Trendanalyse beim Trading von Selzer-McKenzie SelMcKenzie
Author D.Selzer-McKenzie
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1.1.1. Trendanalyse
Das grundlegende Konzept des Trends
Das Trendkonzept ist absolut unverzichtbar für den tech-nischen Ansatz der Marktanalyse. All die Hilfsmittel, die die Technische Analyse verwendet — gleitende Durch¬schnitte, Trendlinien usw. —, haben die einzige Aufgabe, bei der Bestimmung des Markttrends zu helfen, um an diesem Trend partizipieren zu können. In einem allgemei¬nen Sinn ist der Trend einfach die Richtung des Marktes, in der er sich bewegt. Doch Anleger brauchen eine prä¬zisere Definition, um damit zu arbeiten. Zunächst bewe¬gen sich Märkte nicht generell geradlinig in eine bestimm¬te Richtung. Marktbewegungen werden charakterisiert
Reihe aufeinanderfolgender Wellen, mit recht eindeuti¬gen Gipfeln und Tälern. Es ist die Richtung dieser Gipfel und Täler, die einen Markttrend konstituiert. Ob sich sol¬che Gipfel und Täler aufwärts, abwärts oder seitwärts bewegen, verrät uns den Trend des Marktes. Ein Auf¬wärtstrend wird demnach definiert als eine Serie sukzes¬sive höherer Gipfel und Täler; ein Abwärtstrend ist genau das Gegenteil, eine Serie niedrigerer Gipfel und Täler; gleich hohe Gipfel und Täler identifizieren einen seitwärts gerichteten Kurstrend.
Der Trend hat drei Richtungen
Man unterscheidet den Aufwärtstrend, Abwärtstrend und Seitwärts-trend aus einem sehr guten Grund. Die meisten Anleger tendieren dazu, von Märkten anzunehmen, dass sie sich immer entweder in einem Auf- oder Abwärtstrend befinden. Tatsache ist aber, dass sich Märkte eigent¬lich in drei Richtungen bewegen — aufwärts, abwärts und seitwärts. Es ist wichtig, sich dessen bewusst zu sein, dass sich die Kurse in mindes¬tens einem Drittel der Zeit — konservativ gerechnet — in flachen, horizon¬talen Mustern bewegen, die man als Trading-Range bezeichnet. Diese Art von Seitwärtsbewegung reflektiert eine Periode des Gleichgewichts, in der sich die Kräfte von Angebot und Nachfrage in einer relativen Ba¬lance zueinander befinden. Die meisten technischen Hilfsmittel und Systeme sind ihrer Natur nach trendfolgend, was bedeutet, dass sie in erster Linie für Märkte entwickelt wurden, die sich nach oben oder un¬ten bewegen. Üblicherweise funktionieren sie schlecht oder gar nicht, sobald die Märkte in trendlose Phasen übergehen. Gerade in diesen
Perioden von Seitwärtsbewegungen erleben technische Trader ihre größten Frustrationen und Systemtrader verzeichnen ihre größten Kapi¬talverluste. Ein Trendfolgesystem braucht nach seiner ureigenen Defini¬tion einen Trend, um seine Sache zu erledigen. Das Versagen liegt hier nicht im System begründet. Vielmehr hat der Trader den Misserfolg selbst zu verantworten, wenn er versucht, ein System auf eine trend¬lose Marktsituation anzuwenden, welches für Trendmärkte entwickelt wurde.
Der Trader wird mit drei möglichen Entscheidungen konfrontiert — einen Markt zu kaufen (long gehen), einen Markt zu verkaufen (short gehen) oder gar nichts tun (draußen bleiben). Wenn ein Markt steigt, ist die Kaufstrategie vorzuziehen, wenn er fällt, ist der zweite Ansatz der richti¬ge. Wenn der Markt hingegen seitwärts tendiert, ist die dritte Möglich¬keit — aus dem Markt draußen zu bleiben — üblicherweise die klügste. Eine Ausnahme können Anlagezertifikate darstellen. Discount- und Bo¬nuszertifikate, Expresszertifikate und Aktienanleihen können auch und gerade in seitwärts tendierenden oder eben trendlosen Märkten einen positiven Ertrag erwirtschaften.
Zusätzlich zu den drei Richtungen, die ein Trend haben kann, wird er auch in drei weitere Kategorien klassifiziert: in den langfristigen, den mittelfristigen und den kurzfristigen Trend. In Wirklichkeit gibt es eine unendliche Anzahl von Trends, die miteinander interagieren, von extrem kurzfristigen Trends, die nur Minuten oder Stunden anhalten, zu außer¬gewöhnlich langen Trends, die fünfzig oder hundert Jahre andauern. Die meisten Technischen Analysten begrenzen die Trendklassifikation aller-dings auf drei. Es gibt aber ein gewisses Maß an Mehrdeutigkeit, wie verschiedene Analysten einen Trend definieren. Die Dow-Theorie z. B. klassifiziert den übergeordneten Trend als länger als ein Jahr dauernd. Charles Dow definierte den mittelfristigen oder sekundären Trend über
eine Zeitspanne von drei Wochen bis zu vielen Monaten, was auch für die Tradingmärkte richtig erscheint. Als kurzfristige Trends gelten normaler¬weise Bewegungen, die kürzer als zwei oder drei Wochen sind, teilweise sind sogar Stundencharts wie in der täglichen Analyse des Newsletters „Daily Trading" üblich (kostenlos abonnieren unter www.SelMcKenzieSelzerMcKenzie--zertifikate.de).
JederTrend wird zu einem Teil des längeren Trends. So ist z. B. der mittelfristige Trend eine Korrektur innerhalb des übergeordneten Trends. In einem langfristigen Aufwärtstrend pausiert der Markt, um sich selber über ein paar Monate zu korrigie¬ren, bevor er seinen Aufwärtspfad wieder auf¬nimmt. Diese sekundäre Korrektur wiederum be¬steht aus kürzeren Wellen, die als kurzfristige
Abb. 1.5 Beispiel der drei Ausprägungen von Trends: primär, sekundär und tertiär. Die Punkte 1, 2, 3 und 4 zeigen den primären Aufwärtstrend. Die Welle 2-3 repräsentiert eine sekundäre Korrektur innerhalb des primären Aufwärtstrends. Jede sekundäre Welle wiederum unterteilt sich in kurzfristige Trends, beispielsweise die Welle 2-3 in die untergeordneten Wel¬len A—B—C.
Dellen und Rallys identifiziert werden. Dieser Vorgang wiederholt sich viele Male — jeder Trend ist Teil des nächstgrößeren Trends und besteht seinerseits aus kürzeren Trends (siehe Abb. 1.5 und 1.6).
In Abbildung 1.5 ist der übergeordnete Trend aufwärts gerichtet, was durch die steigenden Gipfel und Täler (Punkte 1, 2, 3, 4) definiert wird. Die Korrekturphase (2-3) repräsentiert eine mittelfristige Korrektur inner¬halb des langfristigen Aufwärtstrends. Beachten Sie aber, dass die Welle 2-3 wiederum in drei kleinere Wellen (A, B, C) zerfällt. An Punkt C wird der Analyst sagen, dass der langfristige Trend noch aufwärts gerichtet ist, die mittel- und kurzfristigen Trends hingegen nach unten gehen. An Punkt 4 sind alle drei Trends ansteigend. Es ist wichtig, die Unterschiede zwi-schen den verschiedenen Trendgraden zu verstehen. Wenn Sie jemand nach dem Trend in einem gegebenen Markt fragt, ist es schwierig, wenn nicht gar unmöglich, darauf zu antworten, solange Sie nicht wissen, wel¬chen Trend die Person meint. Sie werden bei Ihrer Antwort diese drei verschiedenen Trendklassifikationen berücksichtigen müssen.
Gewisse Missverständnisse erwachsen aus der unterschiedlichen Wahr¬nehmung verschiedener, Trader, was mit einem Trend gemeint ist. Einem langfristig orientierten Positionstrader werden die Kursbewegungen we¬niger Tage bis weniger Wochen unbedeutend erscheinen. Für einen Day¬Trader hingegen wird ein Kursanstieg von zwei oder drei Tagen bereits einen primären Aufwärtstrend bilden. Hier ist es besonders wichtig, die verschiedenen Grade eines Trends zu verstehen und sicherzugehen, dass alle Personen, die in eine Transaktion involviert sind, von denselben Din¬gen sprechen. Es lässt sich eine generelle Aussage treffen, dass die meis¬ten Trendfolgeansätze auf den mittelfristigen Trend, der mehrere Monate dauert, gerichtet sind. Der kurzfristigeTrend wird in erster Linie fürTiming¬Aufgaben genutzt. In einem mittelfristigen Aufwärtstrend dienen kurzfris¬tige Korrekturbewegungen zum Eingehen von Long-Positionen
Unterstützung und Widerstand
In der bisherigen Diskussion um Trends wurde gesagt, dass sich Kurse in
einer Serie von Gipfeln und Tälern bewegen, und dass die Richtung dieser
Gipfel und Täler den Trend des Marktes bestimmt. Aus Gipfeln und Tälern
entstehen jedoch Unterstützung und Widerstand. Der Begriff ist selbst
erklärend und definiert Unterstützung als ein Niveau oder eine Zone auf
dem Chart unter den aktuellen Kursen, wo das Kaufinteresse stark genug
ist, um den Verkaufsdruck zu übersteigen. Als
Resultat wird der Kursverfall aufgehalten, und
die Aktie fängt wieder an zu steigen.Eine Unter
stützungslinie wird normalerweise im Vorhinein
durch ein früheres Reaktionstief festgelegt. In
Unterstützung Abbildung 1.7 bilden die Punkte 2 und 4 Unter
Abb. 1.7 Die Abbildung zeigt steigende Unter-stützungs- und Widerstandslinien in einem Aufwärtstrend. Die Punkte 2 und 4 bilden als vorherige Reaktionstiefs Unterstützungslinien. Die Punkte 1 und 3 sind Widerstandslinien, markiert durch vorherige Gipfel.
Widerstand ist das Gegenteil von Unterstützung und stellt ein Kursniveau oder einen Kursbereich oberhalb der aktuellen Kurse dar, wo das Ange¬bot die Oberhand über die Nachfrage gewinnt und sich der Kursanstieg umkehrt. Eine Wider¬standslinie wird üblicherweise durch einen früheren Kursgipfel festgelegt. In Abbildung 1.7 markieren die Punkte 1 und 3 solche Wider-standslinien. Die Abbildung zeigt einen Aufwärts¬trend. In einem Aufwärtstrend zeigen Unterstüt¬zungs- und Widerstandslinien ein ansteigendes Muster. Abbildung 1.8 zeigt hingegen einen Ab-wärtstrend mit fallenden Unterstützungs- und Widerstandslinien. In einem Abwärtstrend sind die Punkte 1 und 3 Unterstützungslinien unter¬halb und die Punkte 2 und 4 Widerstandslinien
oberhalb der aktuellen Kurse. In einem Aufwärtstrend markieren Wider¬standslinien Unterbrechungen dieses Trends, die normalerweise zu ir¬gendeinem Zeitpunkt überschritten werden. In einem Abwärtstrend sind Unterstützungslinien nicht hinreichend in der Lage, die Abwärtsbewe¬gung dauerhaft zu stoppen, aber zumindest temporär.
Ein gesundes Verständnis der Bedeutung von Unterstützung und Wider¬stand ist Voraussetzung für das volle Verständnis des Trendkonzepts. Damit ein Aufwärtstrend fortgesetzt werden kann, muss jedes sukzes¬sive Tief (Unterstützungslinie) höher als das vorangegangene sein. Je¬des Zwischenhoch (Widerstandslinie) muss das vorherige übertreffen. Wenn die Korrekturbewegung in einem Aufwärtstrend den gesamten Weg des vorangegangenen Kursanstiegs zurücklegt, kann dies ein früh¬zeitiges Warnzeichen dafür sein, dass der Aufwärtstrend gebrochen wird oder zumindest in einen Seitwärtstrend übergeht. Wird die Unter¬stützungslinie verletzt, ist ein Trendwechsel nach unten wahrscheinlich. Jedes Mal, wenn das Niveau eines vorangegangenen Kurshochs getes¬tet wird, befindet sich der Aufwärtstrend in einer besonders kritischen Phase. Kommt es hier zu einem fehlgeschlagenen Ausbruchsversuch, oder die Kurse durchbrechen in einem Abwärtstrend eine Unterstüt¬zungslinie nicht mehr nach unten, ist dies ein erstes Warnzeichen für einen Wechsel der vorherrschenden Trendrichtung.
Bis jetzt wurde „Unterstützung" als vorheriges Tief und „Widerstand" als vorheriges Hoch definiert. Das ist allerdings nicht immer der Fall, was uns zu den interessanteren und weniger bekannten Aspekten von Unterstützung und Widerstand führt — dem Vertauschen ihrer Rollen. Immer wenn eine Unterstützungs- oder Widerstandslinie signifikant gebrochen wird, vertauschen sie ihre Rollen und wandeln sich in ihr Gegenteil. Mit anderen Worten: Eine Widerstandslinie wird zur Unter¬stützungslinie, und Unterstützung wird zu Widerstand.
Die Psychologie von Unterstützung und Widerstand
Lassen Sie uns die Marktteilnehmer zu Illustrationszwecken in drei Gruppen unterteilen — die Inhaber von Call-Positionen, die Inhaber von Put-Positionen und die Unentschlossenen. Die Inhaber von Call-Positio¬nen sind Trader, die bereits Positionen eingegangen sind; die Inhaber von Put-Positionen haben sich bereits auf die Seite der Verkäufer ge¬schlagen; die Unentschlossenen sind entweder aus dem Markt gegan¬gen oder haben sich noch nicht entschieden, in welche Richtung sie einsteigen sollen.
Angenommen, dass ein Markt anfängt, sich von einer Unterstützungs¬zone, in der die Kurse eine Zeit lang fluktuierten, nach oben zu bewe¬gen. Die Call-Besitzer (die in der Nähe der Unterstützungszone gekauft haben) sind erfreut, doch sie bereuen, nicht mehr Calls gekauft zu haben. Wenn die Kurse noch einmal auf die Unterstützungszone zurück¬fallen, könnten sie ihre Long-Positionen aufstocken. Die Put-Besitzer realisieren (oder befürchten stark), dass sie sich auf der falschen Seite des Marktes befinden. Sie hoffen (und beten), dass die Kurse noch ein¬mal in den Bereich zurückfallen, an dem sie die Puts gekauft haben, so-dass sie ihre Positionen ohne Verluste schließen können. Diejenigen, die noch warten, können in zwei Gruppen unterteilt werden — jene, die noch nie eine Position hatten, und solche, die — aus welchen Gründen auch immer — kürzlich eine Long-Position in der Unterstützungszone verkauft hatten. Die Letzteren ärgern sich natürlich, dass sie zu früh verkauft ha¬ben, und hoffen auf eine Chance, ihre Position in der Nähe ihres Ver¬kaufskurses erneut aufzubauen. Die Unentschlossenen erkennen nun, dass sich die Kurse nach oben bewegen, und entscheiden sich, bei der nächsten sich bietenden Kaufgelegenheit long zu gehen. Alle vier Grup¬pen von Marktteilnehmern entschließen sich, „in die nächste Korrektur hinein zu kaufen'.' Sie alle haben ein Eigeninteresse, in der Unterstüt¬zungszone unterhalb der aktuellen Kurse zu kaufen. Es ist klar, dass er
neute Käufe aller vier Gruppen in dem Moment einsetzen, wenn sich die Kurse dieser Unterstützung nähern und die Kurse nach oben treiben. Je mehr Handelsaktivitäten in der Unterstützungszone stattfinden, umso bedeutender wird sie, weil sich eine größere Zahl von Marktteilnehmern in dieser Region engagiert. Die Handelsaktivität in einer Unterstützungs-oder Widerstandszone kann auf drei Arten bestimmt werden: die Zeit¬dauer des Aufenthalts, das Volumen und wie weit in der Vergangenheit der Umsatz stattgefunden hat.
Je länger die Zeitspanne ist, in der sich die Kurse in einer Unterstüt¬zungs- oder Widerstandszone aufhalten, umso bedeutender wird diese Zone. Wenn die Kurse beispielsweise drei Wochen lang konsolidieren, bevor sie steigen, ist die Unterstützungszone signifikanter, als wenn die Aktie nur drei Tage in diesem Kursbereich gehandelt worden wäre. Der getätigte Umsatz ist eine weitere Methode, die Bedeutung von Unter¬stützung und Widerstand zu messen. Wird die Bildung einer Unterstüt¬zungslinie von starken Umsätzen begleitet, deutet dies auf eine größere Anzahl von Aktien hin, die den Besitzer wechseln, und das ist natürlich bedeutsamer, als wenn nur geringer Handel stattgefunden hätte. Ein dritter Weg, um die Signifikanz einer Unterstützungs- oder Widerstands¬zone zu bestimmen, ist die Kürze der Zeitspanne, die seit den starken Umsätzen verstrichen ist. Die Technische Analyse beschäftigt sich auch mit der Reaktion von Marktteilnehmern auf Kursbewegungen und auf Positionen, die sie bereits eingegangen sind oder versäumt haben, ein¬zugehen. Deshalb steht zu vermuten, dass die Wirkung umso stärker ist, je kürzer die Ereignisse zurückliegen.
Nun lassen Sie uns den Spieß umdrehen und davon ausgehen, dass die Kurse fallen anstatt zu steigen. In dem obigen Beispiel einer Aufwärtsbe¬wegung hatten die gemeinsamen Reaktionen der Marktteilnehmer zu¬sätzliche Käufe in jeder Abwärtskorrektur zur Folge und verursachten so
eine neue Unterstützung. Fangen die Kurse aber an zu sinken und fallen unter die bisherige Unterstützungszone, passiert in der Korrektur das genaue Gegenteil. Alle diejenigen, die in der Unterstützungszone ge¬kauft hatten, erkennen, dass sie einen Fehler begangen haben. Was im ersten Fall die Unterstützung hervorrief, war der unter den aktuellen Kur¬sen vorherrschende Überhang an Kauforders. Nun sind die früheren Kauflimits oberhalb des Marktes zu Verkaufslimits unterhalb des Mark¬tes geworden. Und je signifikanter die vorherige Unterstützungszone war — was bedeutet, je höher hier die Umsätze waren und je kürzer sie zurückliegen —, umso kräftiger wird sie jetzt in ihrer neuen Eigenschaft als Widerstandszone. All diejenigen Einflüsse, die durch die drei Grup¬pen von Marktteilnehmern — die Inhaber von Call- und Put-Positionen bzw. die Unentschiedenen — Unterstützung verursacht hatten, sorgen jetzt für einen Deckel über den Kursen, der bei aufeinanderfolgenden Gegenreaktionen oder Rallys als Widerstand wirkt.
Chartanalyse ist eigentlich ein Studium der menschlichen Psychologie und des Verhaltens von Marktteilnehmern bei sich ändernden Marktbe¬dingungen. Unglücklicherweise tendieren Menschen dazu, sich zu sehr auf die Chartterminologie und die verkürzten Ausdrücke zu verlassen und dabei die Kräfte zu übersehen, die den Chartbildern eigentlich zu¬grunde liegen. Es gibt handfeste psychologische Gründe dafür, warum Unterstützungs- und Widerstandslinien auf Kurscharts auftauchen und dazu benutzt werden können, Marktbewegungen vorherzusagen.
Trendlinien
Die einfache Trendlinie ist eines der simpelsten technischen Hilfsmittel, die von Chartisten eingesetzt werden, aber sie ist auch eine der wert¬vollsten. Eine Aufwärtstrendlinie ist eine gerade Linie, die entlang aufei¬nander folgender Reaktionstiefs nach oben gezogen wird, wie es die durchgezogene Linie in Abbildung 1.12 demonstriert. Eine Abwärts
trendlinie wird durch aufeinanderfolgende Kursgipfel nach rechts unten gezogen, wie in Abbildung 1.13 gezeigt.
Für das korrekte Zeichnen einer Trendlinie gibt es einige hilfreiche Richt¬linien. Zunächst müssen Anzeichen eines Trends da sein. Für das Ziehen einer Aufwärtstrendlinie bedeutet dies, dass es mindestens zwei Reak¬tionstiefs geben muss, von denen das zweite höher liegt als das erste. Natürlich braucht es immer zwei Punkte, um irgendeine Gerade zu zie¬hen. In Abbildung 1.12 beispielsweise konnte der Chartist erst dann ei¬nigermaßen zuversichtlich davon ausgehen, dass ein Reaktionstief ge¬bildet wurde, nachdem die Kurse von Punkt 3 aus angefangen haben zu steigen, und erst dann kann er eine versuchsweise Trendlinie durch die Punkte 1 und 3 ziehen. Manche Chartisten verlangen, dass das Hoch an Punkt 2 übertroffen werden muss, um den Aufwärtstrend zu bestäti¬gen, bevor die Trendlinie gezogen wird. Die Kriterien mögen differieren, doch der wesentliche Punkt besteht darin, dass sich der Charttechniker relativ sicher sein will, dass ein Reaktionstief gebildet wurde, bevor er es als Auflagepunkt einer Trendlinie benutzt. Sobald zwei ansteigende Tiefs identifiziert wurden, wird eine gerade Linie gezogen, die die bei¬den Tiefs miteinander verbindet, und nach rechts oben verlängert.
Um die Gültigkeit einer Trendlinie zu bestätigen, sollte diese Linie aller-dings ein drittes Mal von den Kursen berührt und wieder verlassen wer¬den. In Abbildung 1.12 bestätigte der erfolgreiche Test der Aufwärts-trendlinie bei Punkt 5 die Gültigkeit dieser Linie. Abbildung 1.13 zeigt einen Abwärtstrend, doch die Regeln sind dieselben. Der erfolgreiche Test der Trendlinie erfolgte bei Punkt 5. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass zwei Punkte benötigt werden, um eine Trendlinie zu ziehen, und ein dritter Punkt, um aus ihr eine gültige Trendlinie zu machen.
Wie man die Trendlinie benutzt
Sobald der dritte Punkt bestätigt wurde und der Trend sich in seiner ursprünglichen Richtung fortsetzt, wird diese Trendlinie zu einem in ver¬schiedener Weise nützlichen Hilfsmittel. Eine der Grundannahmen des Trendkonzepts besagt, dass ein in Bewegung befindlicher Trend dazu tendiert, in Bewegung zu bleiben. Daraus lässt sich weiterhin folgern, dass er normalerweise diese Steigung beibehalten wird. Die Trendlinie hilft dann nicht nur, die Extrempunkte von Korrekturphasen zu bestim¬men, sondern — und das ist noch wichtiger — sie drückt aus, wann der Trend wechselt. In einem Aufwärtstrend beispielsweise wird die unver¬meidliche Korrekturdelle die Aufwärtstrendlinie häufig berühren oder ihr zumindest sehr nahe kommen. Weil der Trader in Aufwärtstrends Korrekturbewegungen zum Kauf nutzen will, wird diese Trendlinie zu einer unterstützenden Grenze unterhalb der Kurse, die als Kaufbereich genutzt werden kann. Eine Abwärtstrendlinie eignet sich als Wider¬standszone für Verkäufer (siehe Abb. 1.15 und 1.16). Solange die Trend¬linie nicht verletzt wird, kann sie dazu verwendet werden, Kauf und Verkaufsbereiche zu bestimmen. Bei Punkt 9 in den beiden Abbildun¬gen signalisiert die Verletzung der Trendlinie allerdings einen Trend¬wechsel und macht eine Liquidation aller Positionen in Richtung des vorherigen Trends erforderlich. Sehr oft ist der Bruch der Trendlinie einer der besten Frühwarnungen eines Trendwechsels.
Was bestimmt die Signifikanz einer Trendlinie? Es gibt zwei Antworten auf diese Frage: Je länger sie intakt war und je öfter sie getestet wur¬de. Eine Trendlinie beispielsweise, die achtmal erfolgreich getestet wurde und fortlaufend ihre Gültigkeit demonstriert hat, ist offensichtlich signifikanter als eine, die nur dreimal berührt wurde. Weiterhin ist eine Trendlinie, die seit neun Monaten besteht, von größerer Bedeutung als eine, die erst neun Wochen oder neun Tage alt ist. Je signifikanter die
Trendlinie ist, umso mehr Vertrauen flößt sie ein und umso bedeutender ist ein Durch¬bruch.
Was ist für den gültigen Bruch einer Trendlinie nötig?
Allgemein gesagt ist ein Schlusskurs jenseits der Trendlinie signifikanter als eine Verletzung nur auf Intraday-Basis. Man sollte noch einen Schritt weiter gehen und sagen, dass manch¬mal sogar ein Durchbruch auf Schlusskurs¬basis nicht genug ist. Die meisten Techniker verwenden eine Reihe von Zeit- und Kursfil¬tern in dem Versuch, gültige Brüche von Trend¬linien zu isolieren und falsche Signale zu elimi¬nieren.
Trendlinien können auch dazu benutzt werden, um bei der Bestimmung von Kurszielen zu helfen. Sobald eine Trendlinie gebrochen ist, werden die Kurse gewöhnlich jenseits der Trendlinie eine Strecke zurücklegen, die der vertikalen Distanz entspricht, die die Kurse auf der anderen Seite der Linie überschritten haben. Mit anderen Worten: Wenn sich die Kurse in dem vorangegangenen Aufwärtstrend z. B. um 50,00 Euro (vertikal gemessen) ober¬halb der Aufwärtstrendlinie bewegt haben, kann man erwarten, dass die Kurse um diesel-ben 50,00 Euro unter die Trendlinie fallen wer¬den, nachdem sie gebrochen wurde
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