Altersvorsorge Trading SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Author D.Selzer-McKenzie
Video: http://youtu.be/ChhT_kW9ojU
VORSORGEN ODER
VERZICHTEN?
Die Sparfreude der Deutschen geht zurück. Darunter leidet
die Altersvorsorge. Wer sich nicht rechtzeitig auf den Weg macht, muss seine
Lebensgewohnheiten im Ruhestand massiv zurückschrauben. Denn die gesetzliche
Rente sinkt auf das Niveau einer Basisversorgung. Also, warten oder starten?
Die Entscheidung ist gar nicht schwer... von Kay Schelauske
D
ie Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst. Besser als mit
diesem Wortspiel des 2007 verstorbenen österreichischen Kom-
munikationswissenschaftlers und
Philosophen Paul Watzlawick lässt sich das vielen längst
leid gewordene Thema kaum angehen. Dabei dürfte sich manch ausländischer
Beobachter wundern: Kennt er doch die Deut-schen als ein Volk der Sparer. Das
sind wir immer noch. Aber auch diese Me-daille hat zwei Seiten.
Die Sparbereitschaft ist zwar in den letzten beiden Jahren
in der erwerbs-tätigen Bevölkerung weiter gestie¬gen, von 52 auf aktuell 60
Prozent. Aber es wird weniger Geld und dies nur für kürzere Zeit zurückgelegt.
So sparen hierzulande zwei von drei Bürger vor allem mit einem klaren
Ziel vor Augen: Sie wollen sich z. B. ein Auto kaufen oder
einen Urlaub finanzieren. Und nur ein Drittel legt 200 oder mehr Euro auf die
hohe Kante - dies immerhin in jedem zwei-ten Fall auch für die Altersvorsorge. Zu
diesen Ergebnissen kommt der kürzlich veröffentlichte „Sparerkom-pass
Deutschland 2013", für den das Meinungsforschungsinstitut forsa Ende
vergangenen Jahres eine re-präsentative Umfrage im Auftrag der Bank of Scotland
durchführte.
SPARERFEINDLICHE GELDPOLITIK
Die andere Seite der Medaille offen¬bart einen gefährlichen
Trend. Die Ersparnisse nehmen im Verhältnis zum verfügbaren Einkommen ab
-deutlich abzulesen an der seit 2010 rückläufigen Sparquote. Gleichzeitig hat
sich das Konsumklima weiter auf-
gehellt, so das Ergebnis der jüngsten GfK-Studie, und
verzeichnet nun mit 7,3 den höchsten Wert seit Ausbruch der Finanzkrise im
September 2007. Wunderbar für die deutsche Kon-junktur. Denn der private Konsum
behauptet sich als wichtige Stütze und verhinderte im ersten Quartal dieses
Jahres, dass Deutschland er¬neut in die Rezession gerutscht wäre, schreiben die
Marktforscher. Die stei¬gende Konsumlust könnte jedoch be¬reits eine Antwort
auf die anhaltende Niedrigzinspolitik der Notenbanken sein - die sparerfeindlicher
kaum sein könnte.
Die klassische Geldanlage lohnt sich einfach nicht mehr -
ganz gleich, ob auf den bislang stets so beliebten Spar-büchern, als
Tagesgelder oder in Bun-desanleihen. Die Erträge werden heu-
te von der mehr als dreimal so hohen Inflationsrate
schlichtweg aufgefres¬sen (siehe Grafik Seite 10). Ergo wird lieber konsumiert.
Wer weiß schon, was morgen ist. Der jüngste Zugriff auf isländische
Bankeinlagen und die schwelende Euro-Schuldenkrise höh-len die langfristige
Sparbereitschaft noch zusätzlich aus. So könnte die künftige
Vorsorgebereitschaft wider besseren Wissens der Bürger weiter nachlassen. Hinzu
kommt ein gefühl-ter oder tatsächlicher Geldmangel, der die Bürger daran
hindert, ausreichend vorzusorgen. Mit einer Quote von 52 Prozent führt der
„Sparerkompass 2013" keinen Grund häufiger an. Wäh-rend manche sicherlich
zumindest 50 Euro pro Monat in die Altersvorsor¬ge stecken könnten, ist selbst
dieser Obolus z. B. für Alleinerziehende oder Bezieher niedriger Einkommen oft
zu
viel. So blickt nur jeder Dritte seiner finanziellen Zukunft
im Rentenalter optimistisch entgegen.
Laut einer ebenfalls repräsentativen Umfrage des Institutes
für Demo-skopie Allensbach im Auftrag des Gesamtverbandes der Deutschen
Versicherungswirtschaft (GDV) vom August dieses Jahres geht sogar nur jeder
Vierte der 30- bis 59-Jährigen davon aus, im Alter keine finanziellen Sorgen zu
haben. Vielmehr richtet sich jeder Zweite darauf ein, nach der Be-rufsphase
sehr sparsam wirtschaften zu müssen. 20 Prozent der Befragten rechnen gar mit
einer gravierenden Versorgungslücke — besonders in den unteren
Einkommensschichten.
RENTENBEITRAG KÖNNTE SINKEN
Zu Recht. Die gesetzliche Altersren-
te ist zwar sicher, aber nicht in ihrer Höhe, denn die wird
weiter sinken — trotz der aktuell positiven Finanz¬lage. So verfügte die
gesetzliche Rentenversicherung im vergangenen Jahr über Einnahmen in Höhe von
254,3 Milliarden Euro, die sich nach Angaben der Deutschen Rentenver-sicherung
aus Rentenversicherungs-beiträgen in Höhe von 192,9 Milliar-den Euro und aus
Bundeszuschüssen im Umfang von 60 Milliarden Euro speisten. Dem standen
geringere Ausgaben in Höhe von 249,2 Milliar-den Euro gegenüber. Entsprechend
konnte der Pflichtbeitrag zur gesetz-lichen Rentenversicherung Anfang dieses
Jahres um 0,7 auf 18,9 Prozent gesenkt werden. Nach Einschätzung der
Vorsitzenden des Bundesvorstan-des des Rentenversicherungsträgers, Annelie
Buntenbach, könnte sich bei
unveränderter Gesetzeslage Anfang 2014 sogar Spielraum für
eine erneu¬te Senkung des Beitragssatzes erge¬ben. So weit, so gut.
Nur die Welt dreht sich weiter. Mit ihr verändern sich die
demografi-schen Grundlagen unseres Landes. Nach den Prognosen des
Statisti¬schen Bundesamtes wird die Bevölke¬rung bis 2060 auf 65 bis 70
Millionen Menschen sinken. Gleichzeitig wird sich der Altersaufbau verschieben:
Während die Zahl der unter 20-Jäh¬rigen sowie 65-Jährigen und Älteren heute
noch etwa gleich ist, wird der Anteil der alten Menschen bis 2030 auf 29 bzw.
bis 2060 auf 34 Prozent
ansteigen. Die Gründe sind hinläng¬lich bekannt: eine zu
geringe Gebur¬tenrate, eine anhaltend steigende Lebenserwartung von knapp drei
Monaten pro Jahr sowie eine Zuwan-derung aus dem Ausland, die die Ent-wicklung
zwar abmildere, aber nicht stoppe. Was das für das gesetzliche Rentensystem
bedeutet, liegt auf der Hand: Immer weniger Beitragszahler müssen immer mehr
Rentenempfän¬ger finanzieren. Manche reden daher schon dem Renten-Kollaps das
Wort. Doch: Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.
Da der Gesetzgeber an den demografi-schen Schrauben nur
bedingt drehen
kann, wurde im Zuge der zurücklie-genden Rentenreformen
massiv ins System eingegriffen (siehe Kasten). Der vorerst letzte Einschnitt
war die Rente mit 67: Für alle, die keine 45 Jahre Rentenbeiträge eingezahlt
ha¬ben — und das sind schon heute die wenigsten —, steigt der Rentenbeginn
schrittweise bis zum 67. Lebensjahr an. Vorzeitige Wechsel in den Ruhe¬stand
müssen mit Rentenabschlägen bezahlt werden. „Durch diese Ma߬nahmen wurde die
gesetzliche Rente zukunftsfest gemacht, aber gleichzei¬tig zu einer
Basisversorgung umgestal¬tet", sagt Prof. Bernd Raffelhüschen, Leiter des
Instituts für Finanzwissen¬schaft an der Universität Freiburg, be¬tont aber
gleichzeitig: „Mehr als zuvor ist der Bürger damit gefordert, selbst für einen
auskömmlichen finanziellen Ruhestand zu sorgen."
ALTERSARMUT WIRD VERMIEDEN Deutlich sichtbar werden diese
Ver¬änderungen an der Entwicklung des Netto-Rentenniveaus: Dieser Wert drückt
das Verhältnis einer Netto-Standardrente vor Steuern bei 45
Ver¬sicherungsjahren im Verhältnis zum durchschnittlichen Jahresentgelt aus und
ist seit 1985 von seinerzeit 57,4 auf bereits unter 50 Prozent gesunken.
Tendenz weiter fallend. Denn nach Prognosen des Rentenversicherungs-trägers wird
das Netto-Rentenniveau bereits in 13 Jahren bei nur noch 46 Prozent liegen —
und wohl schon 2030 bei 43 Prozent verharren. Dieser Min¬destwert wurde
gesetzlich verankert und darf nicht unterschritten werden. Raffelhüschen: „Die
Niveaus sind so niedrig, dass Altersarmut noch ver¬mieden wird, aber zur
Sicherung des Lebensstandards reicht es nicht."
sendwende auf heute durchschnittlich 3,6 Prozent und
markiert damit, laut der Ratingagentur Assekurata, einen historischen
Tiefststand. Besonders deutlich zeigte sich diese Entwicklung beim
Garantiezins, der inzwischen nur noch bei 1,75 Prozent und damit viel-fach
unterhalb der Inflationsrate liegt. Branchenweit legen die Versicherer die
Kundengelder zu 90 und mehr Prozent in fest verzinslichen Wertpapieren an. Wie
stark die Gesellschaften von dem anhaltenden Niedrigzinsniveau be-troffen sind,
hängt aber von der Dura-tion, also der Laufzeitenverteilung der angelegten
Gelder, ab.
Nach Angaben von Assekurata müs¬sen knapp zwei Drittel der
Kunden-verpflichtungen mit einem garantier¬ten Zins von mindestens drei Prozent
bedient werden. In einem kürzlich erschienenen Fachartikel schreiben Alexander
Kling und Prof. Jochen Ruß vom Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften an
der Uni-versität Ulm: „Der durchschnittliche Garantiezins im Bestand
klassischer Produkte liegt in Deutschland, Öster-reich und der Schweiz oberhalb
der Kapitalmarktzinsen." Diese Garantien geben die Gesellschaften ihren
Kun-den durch fest zugesagte sogenannte Rentenfaktoren über sehr lange Zeit-
VERZICHT IM RUHESTAND
Erwartungen an den eigenen Lebensabend
...weiß nicht/ ...werde
meinen
keine Angabe Lebensstandard
halten können
...auf einiges verzichten
Quelle: Sparerkompass Deutschland 2013, Bank of Scotland
eine private Renten- oder Lebensversicherung
eine betriebliche Altervorsorge
Immobilien
Sparguthaben
26%
Taggeld oder Festgeld
23%
Aktien oder Fonds
20%
andere Altersvorsorge-Produkte 6%
Gold
4%
Ich nutze keine private Altersvorsorge
10%
weiß nicht / keine Angabe
5%
räume von 50 Jahren und mehr hin-weg, eben hinein in die
Rentenphasen der Versicherten, geben die Autoren weiter zu bedenken.
In den vergangenen 30 Jahren profi-tierten die Versicherer
aufgrund ihrer aufsichtsrechtlich geforderten Überge-wichtung auf Anleihen von
Kurssteige-rungen infolge fallender Zinsen. „Den Höhepunkt markierte der
beispiellose Renditeverfall durch die Finanz- und Eurokrise", sagt
Christoph Leichtweiß und verweist auf die Rendite zehnjäh-riger Bundesanleihen,
die seither von 4,7 auf im Tief 1,16 Prozent gefallen ist. „Dieser
kurstreibende Effekt bleibt künftig aus, denn die Zinsen können diesen Verfall
mathematisch nicht wiederholen", ergänzt der Geschäfts-führer der
Ypos-Consulting, einem auf Finanzmarktthemen spezialisier¬ten Beratungsunternehmen.
Daran können auch die Lebensver-sicherer nichts ändern; von
künftig eher steigenden regulatorischen An-forderungen — Stichwort Solvency II
— ganz zu schweigen. Und so handelte man auf der Produktseite und lancier¬te
Vorsorgelösungen, mit denen die Reise durch das anhaltende Niedrig-
54%
38%
Quelle: Sparerkompass Deutschland 2013, Bank of Scotland
zinstal gelingen soll. Die Konsequenz für den
Versicherungsnehmer war schon vorher klar: Abschied nehmen von den jährlichen
Kapitalgarantien. Nur was bieten die Gesellschaften im Gegenzug?
GARANTIEN ALLEIN SIND ZUWENIG
Garantien sind für viele Kunden wichtig. Am Ende ist jedoch
keiner zufrieden, wenn er nur die garantierte Leistung ausgezahlt bekommt, ganz
besonders wenn diese so niedrig ist wie heute", sagt Claus Mischler,
Lei¬ter Produktentwicklung bei Standard Life. Der Versicherer hat sich daher
für eine flexiblere Form der Garan¬tie entschieden und diese mit einer
Performance-Sicherung bei der Ka-pitalanlage kombiniert. „Damit sind die
während der gesamten Vertrags-laufzeit erwirtschafteten Erträge zum
Rentenbeginn für den Kunden garan-tiert", sagt Mischler (lesen Sie hierzu
das Interview auf Seite 13).
Zuerst kam jedoch die Ergo mit ihrer „Rente Garantie"
aus der Deckung. Das Neue: Es wird ein Mindestver-tragsguthaben, konkret die
Summe der eingezahlten Beiträge abzüglich Kosten, sowie eine Leibrente zum
Beginn der Rentenphase garantiert. Hierfür muss der
Versicherungsneh¬mer bei Vertragsabschluss festlegen, wann die Rentenzahlungen
beginnen sollen. Die Anlage der eingezahlten Beiträge folgt einem dynamischen
Hybridmodell: Der kleinste Teil des Beitrags wird beim Rückversicherer
investiert, um die Garantie sicherzu-stellen. Ein weiterer Beitragsanteil soll
durch Investments im Geldmarkt als „Stabilitätskomponente" dienen.
Nennenswerte Erträge können nur mit dem dritten Beitragsanteil gene¬riert
werden: dieser wird jeweils zur Hälfte am Renten- und Aktienmarkt angelegt,
Letzteres gekoppelt an eine Volatilitätsvorgabe. Soll heißen: Je nachdem, wie
stark die Kursschwan-kungen an den Börsen ausfallen, wird ein mehr oder weniger
großer Be-standteil in Aktien investiert.
„Flexibilität und dauerhafte Rendite-chancen haben heute
einen ähnlichen Stellenwert. Mit den vor Jahrzehnten konzipierten klassischen
Produkten können wir die Kundenwünsche nicht optimal umsetzen", sagt
Daniel von Borries, Vorstandsvorsitzender bei dem Lebensversicherer. Konkret
sind anders als früher erstmals Kapitalzu¬zahlungen und -entnahmen während der
Ansparphase möglich. Letztge-
nanntes gilt auch für die Rentenbe-zugsphase und sei so kaum
bei Mit-bewerbern möglich. Von Borries: „Für den Kunden fühlt sich die Ergo
Rente Garantie fast wie eine klassische Le-bensversicherung an."
OBOLUS STATTJAHRESGARANTIE Auch der Marktführer hat sich bei
sei-nem neuen Produkt „Perspektive" vom jährlichen Garantiezins
verabschiedet. Stattdessen wird ebenfalls ein Bei-tragserhalt und eine
Mindestrente je-weils erst zum Vertragsbeginn garan-tiert. Bei einem
Monatsbeitrag von 100 Euro und einer 30-jährigen Ver-tragslaufzeit ergäbe sich
ab Rentenal¬ter 65 Jahre eine lebenslange monat¬liche garantierte Rente in Höhe
von 128 Euro. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Vonseiten der Allianz wird
zudem noch auf eine weitere Garantie-komponente verwiesen: Die jährlich dem
Kundenvertrag gutgeschriebene Überschussbeteiligung lasse das Ga-rantiekapital
über den absoluten Bei-tragserhalt steigen und dieses Kapital bilde dann zum
Rentenbeginn die Ba-sis zur Berechnung der garantierten und tatsächlichen
Rente.
Bei der Kapitalanlage verändert sich hingegen nichts. Wie
bei der wei¬terhin angebotenen klassischen Le-
bensversicherung geschieht dies im Sicherungsvermögen, dem
sogenann-ten Deckungsstock des Versicherers. Gleichwohl sollen die
Versicherungs-nehmer, die der Allianz mit „Pers-pektive" mehr Freiraum bei
ihrer Veranlagung eröffnen, hierfür einen finanziellen Obolus erhalten: einen
Mehrertrag von 0,3 Prozent gegen¬über der „Klassischen" als Teil der
Überschussbeteiligung.
Ob die „neuen" Lebensversicherungen gerade mit Blick
auf die Kapitalanla¬ge wirklich einen Einstieg wert sind, bleibt am Ende eine
persönliche Ent-scheidung. Aber es geht auch nicht darum, das „richtige"
Produkt zu fin-den. „Es kommt auf die Streuung an", betont Raffelhüschen.
Und: Es gilt, überhaupt erst mal aktiv zu werden. In den dann folgenden
Schritten, aber nicht erst viele Jahre später, lässt sich das eigene Engagement
dann immer mehr am voraussichtlichen Bedarf ausrichten.
Erfreulicherweise zeigt sich das Gros der 30-bis
59-Jährigen, nachden Resul-taten der GDV-Studie, mit dem Leben
überdurchschnittlich zufrieden. Und das soll im hohen Alter, dessen Errei-chen
immer wahrscheinlicher wird, vorbei sein? Auch wenn es in diesen Zeiten
wahrlich keine Freude macht: Mit etwas Leichtigkeit und mehr Zu-versicht lassen
sich die Weichen in eine lebenswerte Zukunft stellen. Oder um es mit Watzlawick
zu sagen: Die Lage ist hoffnungslos, aber...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.