Donnerstag, 31. März 2011

Friaul Julisch Venetien Italia Reise Travel SelMcKenzie Selzer-McKenzie

Friaul Julisch Venetien Italia Reise Travel SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Ein Reisebericht von D.Selzer-McKenzie

Wasserflächen glitzern, Gräser wiegen sich vor grünen Inseln im Wind. Dazu die Wasservögel
und die Camarguepferde — die Lagunen von Lignano, Marano und Grado sind eine Welt für sich.
► Wind und Gezeiten prägen den Lebensrhythmus
in der Provinz Friaul-Julisch Venetien in Italien.
„Klein-Florida" hat Ernest Hemingway, der vor 50
Jahren zur Entenjagd in der Gegend weilte, die Halbinsel
Lignano einmal genannt. Der Badeort ist der
bedeutendste an der Adria. Seine schier endlos langen
goldgelben Sandstrände sind berühmt. Inzwischen
hat Lignano tatsächlich etwas Amerikanisches:
Vom Meer aus dominieren Hochhauszähne
den Strand und die dunkelgrünen Pinetas.
Rosano wartet im Hafen mit seiner kleinen Barkasse.
Er wird uns in die Naturschutzgebiete Valle
Canal Novo und in die Flussmündungen von Stella
und Isonzo schippern. Sobald er in die Mündung
der Stella einbiegt, wird es ländlich. Niedrige Hausdächer
schauen über die mit Schilf bewachsenen
Ufer. Angler warten geduldig auf das Anbeißen der
Fische. In dieser Mischung aus Salz- und Süßwasser
tummeln sich jede Menge Meeräschen, Goldbrassen,
Barsche und Aale, aber auch Muscheln und
Krabben. Das Wasser der Stella ist sehr sauber, denn
der Fluss, der im Landesinnern seine Quelle hat,
fließt fast 30 Kilometer unterirdisch und wird von
keiner Industrie an seinen Ufern verschmutzt. Hier
muss Rosano sehr langsam fahren, denn es gibt
wegen der sonst gefährdeten Uferböschungen auch
Geschwindigkeitskontrollen. Außerdem erfordert
die Fahrrinne seine uneingeschränkte Aufmerksamkeit,
weil der Wasserstand durch die Gezeiten
derAdria einen Höhenunterschied von bis zu einem -
Meter hat.
Valle Canal Novo
Eines der Schilder weist zur Ortschaft Marano
Lagunare. Schon von weitem ist der 'ffirm der Kirche
San Martino zu sehen. Glauco Vicario, Vertreter des
nahen Naturreservates, erwartet uns dort auf der
Piazza. „Von den 2000 Einwohnern sind 300
Fischer", berichtet er, „der Name kommt wahr-
scheinlich von einer Familie Mario. Der 2000 Jahre
alte Ort war immer eng mit Venedig verbunden. Er
hat sogar einen eigenen Dialekt, der sich vom friulanischen
unterscheidet." Dann geleitet Glauco uns
zu Fuß zum nahen Lagunen-Besuchszentrum Valle
Canal Novo, das auf einer Insel bei Marano innerhalb
eines alten Brackwasserteiches eingerichte
wurde. Eine große Schar Graugänse, für derer
Wiederansiedlung die Erfahrungen des deutscher
Forschers Konrad Lorenz nützlich waren, tummel
sich im Wasser vor den „casoni". In diesen lande
typischen reetgedeckten Hütten, den Schutzhütte'
der Fischer in den Lagunen nachempfunden, infor
mieren Bilder und Aquarien über die Lebewesen irr
auf und über dem Wasser. Ein Holzsteg führt durc'
das Röhricht zu einer Ansitzhütte für die Vogelbi
obachtung, ohne dass die Tiere gestört werden.
Die Zeit drängt Rosano gibt Gas und prescht sta
durch die Lagunenwelt übers Meer weiter nach Gr<
do. Immer wieder sehen wir Fischemetze in der Adil
16ewegen seiner ts zu einem Zwi-
schenstopp. Unser Hotel liegt direkt am Hafen, in dem
aber nur Freizeitkapitäne ihre Schiffe festmachen.
Gradus, wie die Stadt zur Römerzeit hieß, war ursprünglich
der Zugang zum Meer für die bedeutendste
Stadt nach Rom, für Aquileia. Ein Vorposten
der Römer gegen die Bedrohung durch die einfallenden
Volksstämme der Westgoten, Hunnen, Ostgoten
und Langobarden. Zur Römerzeit lebten hier
200.000 Menschen, heute noch gerade mal um die
3500. Neben den großen Handelsstraßen, die sich
hier kreuzten, spielten Fluss und Meer für den
Warentransport — Bemstein, Gewürze und wertvolle
orientalische Stoffe — eine große Rolle, wie die Reste
des antiken Flusshafens heute noch bezeugen. Der
Fluss Aquilis, Namensgeber für die Stadt, ist mittlerweile,
vermutlich durch ein Erdbeben, verschwunden.
Auf den frühchristlichen großflächigen Mosaikböden
der Basilika Santa Maria dell'Assunta sind
Fischer beim Fang und jegliches Meeresgetier festgehalten.
Kein Wunder also, dass die Ausgrabungsstätten
von Aquileia zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt
wurden.
Rosano freut sich, dass wir nach dem Busausflug ins
Hinterland wieder auf seinem Schiffchen Platz nehmen.
Er fährt uns in das Naturschutzgebiet der
Isonzomündung, das sich 2400 Hektar groß an den
letzten 15 Kilometern des Isonzo hinzieht Dieses
nördlichste Feuchtgebiet des Mittelmeers ist Rast-
und Überwinterungsplatz für viele ZugVögel. Einige
haben sich auf dem Rücken von grasenden
Camargue-Pferden niedergelassen. Kühe weiden
auch am Ufer. Außerdem gibt es hier eine große
Zahl von Pflanzenarten, die sowohl typisch für Süßwasser
als auch für Brack- oder Salzwasser sind.
Die Klippen von Duino
Dann nimmt Rosano Kurs aufs Meer in Richtung
Triest. Die Lagunenlandschaft verschwindet im
Dunst Stattdessen tauchen die weißen Klippen von
Duino auf. Das Naturschutzgebiet dort liegt auf einem
engen Landstreifen zwischen dem Meer und
den dahinter liegenden Karsthöhen. Dieses wilde
Gebiet mit seinen Rillen und Wannen könnte man
auf dem Rilke-Weg erkunden. Doch Rosano lässt
uns erst beim Schloss Miramare an Land, das wie
ein weißes Schiff auf der Felsterrasse sitzt. Er verabschiedet
sich dann mit einem freundlichen: „Mandi,
amici!" (Die Bewohner von Friaul sagen „mandi"
statt „ciao"!) Vom kleinen Hafen schreiten wir auf
den Spuren von Kaiserin Sisi, die einst ihren
Schwager Erzherzog Maximilian, den späteren
Kaiser von Mexiko, und seine Frau Carlotta besuchte,
in die vielbesuchte Anlage im Stil einer mittelalterlichen
Burg. Im Volksmund heißt es: Wer im
Schloss schläft, stirbt im Ausland Es hat seinen
Bewohnern trotz allem Prunk kein Glück gebracht
Ein Besuch in Triest ist so, als ob man ein gtt
Buch über Architektur durchblättert vom Ami
theater aus der Römerzeit bis zu den Palastbai
des Klassizismus, des Jugendstils und des Eklekti
mus. Triest war zur Zeit der Habsburger bedeuten
Handelshafen der Kaiserstadt Wien. Hier dringt
Meer bis zur Stadtmitte vor. Inzwischen komr
auch immer wieder große transatlantische Lu)
liner in die Bucht, die fast alle Wassersportarten
laubt. Internationale Segelsportler trainieren 1
und kämpfen gegen die Windböen der Bora
Jedes Jahr im Oktober findet die Barcolana
eine Regatta von internationalem Ruf.
Das Wohnzimmer von Triest ist die Piazza. d
Unitä, die sich mit ihren prunkvollen Palästen
zum Meer öffnet Große Schriftsteller haben sich
der Kulisse der Stadt inspirieren lassen. hak) Sv
und Umberto Sabo sind hier geboren. Ihre Bror
statuen begegnen einem in Lebensgröße. Die
Engländers James Joyce steht am Canal Grande,
nem Kanal, der allerdings bei weitem nicht so g
ist wie der gleichnamige in Venedig. Von hier
lassen sich all die Orte aufsuchen, die ihn zu sein
berühmtesten Werk inspiriert haben: die Pia
Verdi und ihr Theater, die historischen Ces wie
Konditorei Pirona, deren treuer Kunde er war, t.
die Apotheke, die noch fast genau so aussieht wie
100 Jahren, als er dichtete: Den ganzen Tag höre
das Rauschen des Wassers..

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