Mittwoch, 4. April 2012

Trading Derivate Ausübungsmethoden SelMcKenzie Selzer-McKenzie



Trading Derivate Ausübungsmethoden SelMcKenzie Selzer-McKenzie




Author D.Selzer-McKenzie

Wer gelegentlich die Details und das Kleingedruckte von Options-scheinprospekten liest, hat sicher schon so manche Weltreise hinter sich. „Amerikanisch", „europäisch", aber auch „asiatisch" und „Ber¬muda Style" sind die Vokabeln, mit denen sich die Profis gegenseitig in Kurzform das Ausübungsrecht eines Derivats beschreiben. In der vorliegenden Akademie werden diese Begriffe erläutert und die wich¬tigsten Unterschiede der einzelnen Ausübungsarten aufgezeigt.

Um ein naheliegendes Missverständnis gleich zu Anfang des Textes auszuräumen: die Bezeichnungen haben keinen Bezug zu den Re-gionen. Zutreffend ist also weder die Annahme, dass in den USA keine europäischen Optionen gehandelt würden, noch die Idee, dass Optionen auf japanische Aktien immer asiatisch ausgestattet wären. Weltweit können alle Optionen auf alle Basiswerte struk¬turiert werden. Die Bezeichnungen sind nur als Name für die je¬weilige Ausübungsart zu verstehen. Das Gros unserer in Deutsch¬land gelisteten Optionsscheine ist zum Beispiel mit amerikanischer Ausübungsart ausgestattet, was wiederum nichts damit zu tun hat, dass der Hauptfirmensitz von Goldman Sachs in New York liegt.



AMERIKANISCH VERSUS EUROPÄISCH

Den Unterschied zwischen einer europäisch und einer amerika¬nisch ausgestatteten Option haben wir bereits in.einer vorherigen Akademie-Folge kurz erläutert: Ein europäischer Optionsschein kann nur am letzten Tag der Laufzeit vom Kunden ausgeübt wer¬den; ein amerikanisch ausgestatteter Optionsschein kann dagegen über die gesamte Laufzeit hinweg an jedem Tag durch den Käufer ausgeübt werden.

Den Gesetzen der Logik folgend, ist ein amerikanisch ausgestat¬teter Optionsschein damit einem europäisch ausgestatteten Op¬tionsschein vorzuziehen, denn alle Rechte der europäischen Va¬riante (nämlich am Laufzeitende ausüben zu dürfen) sind in der amerikanischen Variante inklusive. Darüber hinaus bietet diese aber auch das Recht, die Ausübung an jedem Tag vor dem Verfall erklären zu können. Dies kann unter besonderen Bedingungen, auf die wir noch näher eingehen werden, für den Anleger einen großen Vorteil bedeuten. Da also der amerikanikhe Options¬schein somit quasi die europäische Variante plus ein zusätz¬liches Recht verbrieft, kostet er entweder mehr oder genauso

viel wie ein ansonsten gleich ausgestatteter Optionsschein mit europäischer Ausübungsart.

Doch unter welchen Bedingungen ist ein amerikanisch ausgestatte¬ter Optionsschein demjenigen mit europäischem Ausübungsrecht überlegen? Genauer gefragt, wann ist es ein Vorteil, an jedem Tag ausüben zu können statt nur am letzten Tag der Laufzeit? Da die Investoren bei Optionsscheinen das Emittentenrisiko tragen, ist eine amerikanische Ausübungsart grundsätzlich attraktiver. Anstatt dar¬auf angewiesen zu sein, dass der Emittent bis zum Ende der Laufzeit zahlungsfähig bleibt, kann der Kunde bei einer Verschlechterung der Bonität des Emittenten täglich ausüben und die Position somit schließen.

Naheliegend erscheint auch die Aussage, dass ein Anleger, der den Optionsschein nicht bis zum Verfall halten möchte, sondern schon vorher sein Geld anderweitig investieren möchte, zwingend einen „Amerikaner" bräuchte. Doch auf den zweiten Blick erweist sich diese These als Trugschluss: Goldman Sachs stellt als Marketmaker in den eigenen Produkten grundsätzlich an allen Börsentagen einen Markt, sodass der Ausstieg vor Fälligkeit kein Problem darstellt: Der Anleger verkauft einfach, unabhängig von der Tatsache, ob es sich um einen europäisch oder amerikanisch ausgestatteten Opti¬onsschein handelt. Der Verkauf hat im Gegensatz zur Ausübung zumeist auch einen für den Anleger positiven Effekt. Er kann so nicht nur den innerem Wert, sondern zusätzlich den Zeitwert rea¬lisieren. Zu beachten ist hierbei, dass Emittenten in der Regel ihr eigenes Kreditrisiko einpreisen. Da dies bei amerikanischen Optio¬nen deutlich geringer ausfällt, kann der Emittent in diesen Fällen den Anlegern einen marginal höheren Preis bieten als bei Options¬scheinen europäischer Ausübungsart.



DER FAKTOR DIVIDENDE

Der für den Anleger ausschlaggebende Unterschied liegt in der Zahlung von Dividenden. Hierzu ein einfaches Beispiel mit extre¬men Zahlenverhältnissen, um den Zusammenhang deutlich zu machen: Angenommen, die Akademie-Aktie würde aktuell bei 100 Euro notieren, und das Unternehmen hätte angekündigt, eine Bardividende von 40 Euro zahlen zu wollen. Die Marktteilnehmer gehen in diesem Beispiel davon aus, dass der Beschluss so auch von der Hauptversammlung gefällt werden wird.

In einem solchen Szenario würde vermutlich die Akademie-Aktie an dem Tag, an dem die Aktien erstmals „ex-Dividende" notieren, um 40 Euro fallen. Denn wenn das gesamte Unternehmen zuvor mit 100 Euro pro Aktie von den Anlegern bewertet wurde und nun 40 Euro pro Aktie auszahlt, dann sollte das Unternehmen nach der Dividendenzahlung rund 60 Euro pro Aktie wert sein. Ein Aktionär verbucht in einem solchen Fall weder einen Gewinn noch einen Verlust: vor der Dividendenzahlung besaß er eine Aktie im Wert von 100 Euro, danach bleiben ihm 40 Euro in bar und eine Aktie im Wert von 60 Euro.

Wie stellt sich dieser Umstand nun für Optionsscheinanleger dar? Und worin liegt der Unterschied zwischen Scheinen mit amerikanischem und solchen mit europäischem Ausübungs¬recht? Zur Beantwortung dieser Frage gehen wir zum Beispiel von zwei Optionsscheinen aus, die bis auf das jeweilige Opti¬onsrecht in ihrer Ausstattung identisch sind. Einziger Unter¬schied: Der Optionsschein A ist mit einem amerikanischen und der Optionsschein B mit einem europäischen Optionsrecht aus¬gestattet. Beide Optionsscheine haben ein Ratio von 1, einen Ausübungspreis von 50 Euro und eine Laufzeit bis zu dem Tag, an dem die Akademie-Aktie „ex-Dividende" handelt. Hält der

Anleger nun beide Optionsscheine bis zum Verfalltag, so ist nachträglich kein Unterschied zwischen Optionsschein A und B zu verzeichnen. Einziges differenzierendes Ausstattungsmerkmal wäre vor Ablauf der Laufzeit die Möglichkeit gewesen, den Op¬tionsschein A schon zu einem früheren Zeitpunkt ausüben zu können. Beide Optionsscheine würden bei Fälligkeit zum ange¬nommenen Aktienkurs nach Dividende von 60 Euro abgerech¬net; dem Anleger würde entsprechend ein Ergebnis von 60 Euro minus 50 Euro gleich 10 Euro automatisch gutgeschrieben.

Der Unterschied zwischen beiden Optionsscheinen zeigt sich je¬doch nachträglich sehr deutlich in Anbetracht der Möglichkeiten, die ein Anleger mit dem Optionsschein A im Vergleich zum Op¬tionsschein B einen Tag vor Dividendenzahlung hatte. Denn an diesem Tag notierte der Aktienkurs noch bei 100 Euro. Durch die Ausübungserklärung hätte der Anleger mit dem amerikanisch aus¬gestatteten Optionsschein die Abrechnung zu diesem deutlich hö¬heren Kurs sicherstellen können. Mit dem Optionsschein B konnte er nicht vor dem Fälligkeitstag ausüben und musste daher zu dem niedrigen Ex-Dividende-Kurs abgerechnet werden.

Welches Ergebnis hätte der Anleger nun erzielt, wäre der Opti-onsschein A tatsächlich am Tag vor der Dividendenzahlung aus¬geübt worden? In diesem Falle wäre der Optionsschein A zu dem Schlusskurs des Vortages, annahmegemäß also 100 Euro, abge¬rechnet worden. Damit hätte der Anleger 100 Euro minus 50 Euro und somit das Resultat von 50 Euro vereinnahmt. Diese Mög¬lichkeit hat er mit dem europäisch ausgestatteten Optionsschein B nicht, da er diesen nur bei Fälligkeit ausüben kann.

Doch bleibt dem Anleger keine andere Möglichkeit, als tatsächlich den aufwendigen Weg über die Ausübungserklärung zu nehmen?



Bei der vorzeitigen Ausübung eines Optionsscheins muss der An¬leger gegenüber seiner Depotbank oder dem Discount-Broker die Ausübung erklären, der bzw. die eine entsprechende Erklärung gegenüber Goldman Sachs abgeben muss. Dieser Vorgang ist zeit¬lich limitiert — die Ausübungserklärung muss Goldman Sachs bis 11.00 Uhr Frankfurter Zeit zugehen. In der Regel kostet ein sol¬cher Schritt den Anleger eine erhöhte Gebühr seines Online-Bro¬kers, wobei er bis zum Schlusskurs des Optionsscheins keine Ge¬wissheit über den ihm zufließenden Betrag hat und diesen wegen des fünftägigen Settlements auch nicht sofort wieder zum Kauf neuer Wertpapiere einsetzen kann. Weitaus attraktiver ist dagegen der Verkauf des Optionsscheins.

Da der Inhaber eines Optionsscheins mit amerikanischem Aus-übungsrecht durch Ausübung den vollen Betrag erlösen kann, wird der Emittent dies beim Marketmaking dadurch berücksich¬tigen, dass er bei einem Kauf mindestens den inneren Wert bietet. So kann der Anleger den Optionsschein verkaufen und das Geld sofort für neue Käufe disponieren.

ZWISCHENLÖSUNG „BERMUDA STYLE"

Zwischen Amerika und Europa liegt die Inselgruppe Bermuda. Auch die Ausübung nach „Bermuda Style" ist zwischen der ame¬rikanischen und der europäischen Ausübung „angesiedelt": Wäh¬rend bei der europäischen Ausübung für den Anleger die Aus¬übung nur an einem einzigen, nämlich dem letzten Tag der Lauf¬zeit möglich ist und bei der amerikanischen Ausübung an jedem Tag bis zur Fälligkeit, ist die Ausübung nach Bermuda Style da¬gegen an einer Reihe im Voraus festgelegter Stichpunkte während der Laufzeit möglich. So könnte eine solche Regelung zum Beispiel eine jährliche Ausübungsmöglichkeit oder eine Möglichkeit zu je¬dem Quartalsende vorsehen. Diese Ausübungsart gibt dem Anle¬ger bereits mehr Flexibilität als die europäische, reicht aber bei weitem nicht an die der amerikanischen Ausübungsart heran.



A4       Akademie Reloaded 02 2012     Goldman Sachs Akademie - Ausübungsmethoden



mit würde bei einem europäischen Produkt, beziehungsweise ei-nem noch nicht zuvor ausgeübten amerikanischen Produkt, die Rendite (179,59 Euro / 100 Euro - 1) x 100%, also +79,59% betragen. Der durchschnittliche Abrechnungskurs, also (105 Euro + 110,25 Euro + + 179,59 Euro) / 12 würde nur 139,27 Euro betragen, die Rendite demzufolge nur +39,27 Prozent.

ZUM THEMA HEDGING

Weshalb es gerechtfertigt ist, von asiatischer Ausübung zu sprechen, wird deutlich, wenn man sich überlegt, wie eine Abrechnung zum Durchschnittskurs ökonomisch umgesetzt werden kann. Der Emit¬tent wird bei jeder Position, die er verkauft, eine Gegenposition nachbilden, mit der er das Risiko, das er durch den Verkauf der Wertpapiere übernommen hat, replizieren kann. Diese Absicherung des übernommenen Risikos wird „Hedging" genannt. Wie würde nun ein Emittent eine Position absichern, für die er den durch¬schnittlichen Basiswert nach einem Zeitraum auszahlen muss?



Angenommen, ein Emittent hätte ein Zertifikat verkauft, für das ein Anleger nach einem Jahr den Quartalsdurchschnitt der Kurse der Akademie-Aktie bekommen würde. Es handelt sich hier also um ein vierteljährlich asiatisch ausgeübtes Zertifikat mit einjäh¬riger Laufzeit. In diesem Fall würde der Emittent den gesamten Anlagebetrag, zum Beispiel 2.000 Euro, zu Beginn der Laufzeit im entsprechenden Basiswert anlegen. So würde er zu einem Kurs von 100 Euro 20 Akademie-Aktien kaufen und wäre damit gegen Kursveränderungen der Akademie-Aktie abgesichert.

Angenommen, die Akademie-Aktie würde von 100 Euro nach drei Monaten auf 120 Euro und nach weiteren drei Monaten wei¬ter auf 150 Euro steigen, nach neun Monaten auf 140 Euro fallen und am Ende der Laufzeit nach zwölf Monaten wieder bei 130 Euro landen. Der Auszahlungsbetrag für den Anleger wäre ent¬sprechend der Durchschnittswert der Quartalsschlussstände und müsste somit (120 Euro + 150 Euro + 140 Euro + 130 Euro) / 4 = 135 Euro betragen - ein Gewinn von +35 Prozent. Wie aber muss der Emittent seinen Hedge auflösen, um genau diese Aus¬zahlung abzusichern?

Zu diesem Zweck muss er die ursprünglich gekaufte Absiche-rungsposition Stück für Stück verkaufen, und zwar jeweils einen Teil zu jedem Zeitpunkt der Durchschnittsbildung. Würde der Emittent nämlich von den 20 zur Absicherung gekauften Aktien jeweils fünf nach einem Quartal verkaufen, also zu 120 Euro, 150 Euro, 140 Euro und 130 Euro, so würde er 2.700 Euro erlösen. Diese 2.700 Euro entsprächen genau der Performance des Anle-gers, der 35 Prozent Gewinn auf ein Investment von 2.000 Euro hätte erzielen können und so eine Auszahlung in Höhe von 2.700 Euro erhielte.

ASIATISCHE AUSÜBUNG KANN VORTEILE BIETEN

Der Begriff „Ausübung" bei der asiatischen Ausübung ist also deshalb gerechtfertigt, weil der Anleger Schritt für Schritt ausgeübt wird, indem die Absicherungsposition zu jedem Durchschnittsbil-dungstermin zu einem Teil verkauft wird. Er ist daher im Beispiel nach einem halben Jahr bereits „zur Hälfte ausgeübt". Da die Rückzahlung des Gesamtbetrages jedoch erst am Laufzeitende er-folgt, kann der Emittent auf den schon ausgeübten Teil, der aber noch nicht ausgezahlt wurde, Zinseinkünfte erzielen. Dieser Um-stand macht eine asiatische Ausübung insbesondere bei speziellen Zertifikaten interessant, so zum Beispiel, wenn der Anleger in Form eines Kapitalschutzes oder einer verbesserten Auszahlung einen anderen Vorteil erhält, der dann zum Teil über diese Zins-einkünfte finanziert werden kann.

Ein Beispiel dafür ist das Goldman Sachs Rainbow-Zertifikat GS15RA auf einen Basket bestehend aus dem EURO STOXX 50®, dem S&P® 500 und dem Nikkei 225 Index. Hier tragen die Zinsvorteile der quartalsweisen asiatischen Ausübung dazu bei, die Kosten der Kapitalgarantie und der Optionen des Rainbow-Mechanismus aufzufangen.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es neben der asiatischen Ausübung (dem sogenannten „Asianing-out") auch die Möglichkeit gibt, den Einstieg mit einem Durchschnittskurs zu realisieren ( „Asia¬ning-in" ). Die Funktionsweise ist technisch verwandt, doch sind Produkte mit diesem Feature rar.

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