Freitag, 14. Juni 2013

Djenne Mali Reise Travel SelMcKenzie Selzer-McKenzie


Djenne Mali Reise Travel SelMcKenzie Selzer-McKenzie





 

Ein Reisebericht von D.Selzer-McKenzie

Die Reise ans Ende der Welt, ins sagenumwobene Timbuktu, endete in der Hafenstadt Mopti. Islami¬sche Rebellen machten die Weiterfahrt auf dem Niger zum unkalkulierba-ren Risiko. Doch auch die Impressionen in Bamako, Sögou und Djennö waren farbenfroh, exotisch, ein¬drucksvoll

Träge fließt der Niger. Längs der Ufer erstreckt sich Ba-mako. Zweieinhalb Millionen Menschen sollen hier leben. Genau weiß das niemand. Wenige repräsentative Gebäu-de fallen auf: Libyens Diktator Gaddafi hatte hier investiert und erfreut sich auch heute noch einer erstaunlichen Be¬liebtheit. Bamako ist eine weitläufige Stadt: Kolonialbau¬ten, französisch angehauchte Villenviertel, Menschenge¬dränge im Zentralmarkt, postkoloniale Ministerien, einige bessere Hotels, dazwischen auch Elendshütten, dichter Autoverkehr, ein ansehnliches Nationalmuseum, der ver¬lassene Bahnhof, von dem aus keine Züge mehr nach Da¬kar im Senegal fahren, und nicht zuletzt Handwerkerquar¬tiere, wo die Schmiede auch heute nicht anders arbeiten als im Mittelalter. Also das Übliche — nicht uninteressant, sehr afrikanisch, aber am Ende kein Ort zum Verweilen. Ich wollte ja auch weiter: nach Timbuktu! Es war noch ein weiter Weg, der vor mir lag.

Dankbar für jeden Gast

Reichlich 200 Kilometer östlich von Bamako liegt S6gou, Schauplatz des Niger-Festivals. Hier treffen sich einmal im Jahr Künstler, Musiker, Maler, Tanzgruppen — aus dem gesamten westafrikanischen Umfeld. Zu diesem Zweck wurde eine Buden- und Zeltstadt am Ufer des Niger auf-gebaut. Viel Publikum ist hier zusammengekommen. Die Stadt, zumindest ein Teil von ihr, quillt förmlich über von Menschen: Darstellern, Besuchern, Neugierigen, Verkäu-

 

fern, „leichten Mädchen"; womöglich auch Taschendieben. Die malische Kulturszene hat für ein Wochenende ihr Do-mizil hierher verlegt. Auch etliche Europäer aus Bamako sind darunter; Touristen aber nur in sehr geringer Zahl. Der Krieg im Norden hat den Tourismus fast zum Erliegen gebracht. Für viele Malier nichts anderes als eine Katas-trophe. Umso dankbarer ist man für jeden Gast, der die Reisewarnungen ignoriert. Aber in Sägou lohnt es sich, einfach zu schauen, sich treiben zu lassen in der fließen-den Masse, den Reiz des farbenfrohen Spektakels wahr-zunehmen. Man ist entspannt. Der Krieg weit weg.

Unweit der Stadt liegt das Dorf Säkoro mit einem res-taurierten Königspalast des Bambara-Volkes. Könige

und deren Nachfahren ver¬körpern in Afrika auch heute noch eine traditionalistische Autorität. Früher musste hier jeder Bittsteller drei be¬wachte Pforten passieren, bevor er in den eigentlichen Audienzraum gelangte. Das Besondere: Jedes Mal musste der Besucher eine Kalebasse Hirsebier austrin¬ken. Also das schönste Bier: Freibier. Der Grund: „Der Betrunkene sagt die Wahrheit" Und auf die wollte der König nicht verzichten.

Schönste Stadt Malis

Szenenwechsel. Djenn6 liegt auf einer Erhebung mitten im Binnendelta des Niger. In der Regenzeit eine wahrhaf¬tige Insel, ist die Stadt nunmehr von teilweise ausgetrock-neten Niederungen umgeben und nur über zwei Brücken zugänglich. Die Altstadt von Djennö wurde schon vor ge-raumer Zeit von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Zu Recht. Denn Djennö gilt als schönste Stadt Malis mit ihrer erhaltenen Lehmarchitektur, den verwinkelten Gas-sen, der Ursprünglichkeit, seiner unvergleichlich schönen Freitagsmoschee und nicht zuletzt dem Montagsmarkt. Die Kehrseite ist allerdings auch nicht zu übersehen: viel Müll, viel Dreck und mitunter offene, stinkende Kloake. Dank ausländischer Entwicklungshilfe wurden in allen Stadtvierteln Brunnen angelegt, aber an das Abwasser hat man offenkundig nicht gedacht. Das riecht man. Aber die hygienischen Verhältnisse seien besser als früher, heißt es zumindest. Dennoch: Malaria grassiert — vor allem in der Regenzeit. Dann leidet auch die einzigartige Lehmarchitek¬tur der Stadt. Und die bedarf somit ständiger Pflege. Die berühmte Moschee wird jährlich im Zuge eines volkstüm¬lichen Wettbewerbs neu verputzt.

Pirogen auf dem Niger

Erneuter Szenenwechsel. Mit einer motorisierten Pinasse geht es auf dem großen Fluss nach Mopti. Mopti ist das wichtigste Handelszentrum am Niger, eine wahrhaftige (Fluss-) Hafenstadt. Ungezählte große Pirogen und klei-

 

nere Pinassen liegen vertäut am Fluss. Sie stellen das wichtigste Verkehrmittel auf dem Niger dar, zumal für die drei größeren Nigerschiffe der Wasserstand außerhalb der Regenzeit zu niedrig ist. Mopti ist ein Ort höchster Lebendigkeit. Alles scheint zu werkeln oder zu handeln. Ein Stapelplatz wie zu alter Zeit: Steinsalzplatten aus der Sahara, getrockneter Fisch aus dem Niger, Hölzer aus dem Süden und vieles mehr. Eine Werft bietet Anschauung, wie die Niger-Boote entstehen; handwerklich kaum anders als seit Jahrhunderten.

Jugendtraum Timbuktu

Von Mopti ist Timbuktu heutzutage in einer Tagesreise zu erreichen. Sollen wir? Darf ich meinen Jugendtraum verwirklichen? Mein umsichtiger Begleiter Traorö sagt: „Nein!" Er sei zwar noch vor Kurzem dort gewesen, aber jetzt sei es nicht mehr ratsam. Ich war vorbereitet. Dass es mit Timbuktu nichts werden würde, schwante mir genau am 25. November 2011, als mich folgende Meldung elek-trisierte: „Entführungsdrama in Westafrika: In der Stadt Timbuktu in Mali wurden mehrere Ausländer entführt—die Angreifer töteten einen deutschen Urlauber, als er sich zur Wehr setzte."

Als Angreifer wurde die terroristische Gruppe al-Qaida im Maghreb ausfindig gemacht. (Meines Wissens befinden sich die Entführten immer noch in der Gewalt ihrer Entfüh-rer, wenn sie überhaupt noch am Leben sind.)

Enttäuschung meinerseits, selbstverständlich, aber man muss auch verlieren können. Wie recht Traor6 mit seiner Weigerung hatte, nach Timbuktu zu fahren, erwies sich kurz darauf. Scheinbar aus heiterem Himmel, zumindest unerwartet, brachten Touareg-Rebellen und islamistische Gruppen Timbuktu in ihre Gewalt. Drei Europäer, die sich zu diesem Zeitpunkt in der Stadt aufhielten, konnten mit-hilfe Einheimischer herausgeschleust werden. Sie entgingen somit ihrer Entführung und Ermordung

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